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Schaltanlagen | Elektrotechnik

Einhaltung der Grenzerwärmung in NS-Schaltanlagen (1)

ep10/2001, 5 Seiten

Steigende Anforderungen an die Betriebswärmeabfuhr und das Isolationsvermögen eingesetzter Betriebsmittel sowie an die in den Folgejahren zu erwartende höhere Anlagenauslastung durch eine weitere Energiebedarfssteigerung machen die Berücksichtigung zunehmender Sicherheitsanforderungen, eine laufende Bewertung des potentiellen Risikos und daraus abzuleitende Maßnahmen zur Schadensverhütung bereits bei der Planung, Herstellung und Errichtung von Schaltanlagen notwendig. Der zweiteilige Beitrag zeigt entstandene Schäden und stellt wirtschaftliche Lösungen aus der Praxis vor, die eine hohe Funktionsfähigkeit sicherstellen.


1 Einleitung und aktuelle Situation Der ständig zunehmende Bedarf an elektrischer Energie (Strombelastung), die wachsenden Ansprüche an den Schutz und die Sicherheit des Menschen sowie der unaufhaltsame Einfluss und vermehrte Einsatz elektronischer Einrichtungen erfordern im Niederspannungsbereich innerhalb von Schaltanlagen und Verteilersystemen eine strengere Betrachtungsweise hinsichtlich des Unfallpotentials, der Störlichtbogengefahren und möglicher Brandursachen durch eine erhöhte Betriebswärme. Im Gegensatz zu den Schaltanlagen der 50er und 60er Jahre, die in einer offenen Gerüst- oder in Tafelbauform mit nur einer Bedienungsfront zum Schutz gegen direktes Berühren aktiver Teile in abgeschlossenen elektrischen Betriebsstätten errichtet wurden, werden heute kompakte Schaltanlagen und Verteilersysteme in der Nähe von Lastschwerpunkten zur Bedienung durch Laien oder unterwiesene Personen aufgestellt. Das führt vor allem bei einer Aufstellung in allgemein zugänglichen Betriebsstätten zu einem wachsenden Schutz-und Sicherheitsbedürfnis. Berechtigte Forderungen zum Schutz des Bedienungspersonals, insbesondere das Verhindern von Störlichtbogenunfällen während des Bedienens oder während des Arbeitensanelektrischen Betriebsmittelnunter Spannung, führen so zu allseitig geschlossenen, also vollständig gekapselten Schaltanlagen in hoher Schutzart und zu einem allseitigen Schutz gegen direktes Berühren von unter Spannung stehenden Teilen. Der Wettbewerbs- und Preisdruck erfordert ständig neue Ideen bei der Konzeption und Planung einer Schaltgerätekombination, wobei stets der Einsatz von kompakten Geräten und damit eine Minimierung des Schaltanlagenvolumens angestrebt wird. Die kleinstmögliche Bauform bei Schaltgeräten wie bei Schaltgerätekombinationen wird als die (bestmögliche?) kostengünstigste Lösung erarbeitet bzw. angewandt. Außerdem entspricht es allgemeiner Erkenntnis, dass technische Betriebsmittel und Einrichtungen durch ständigen Gebrauch mit den Jahren einem steten Verschleiß unterliegen. Hinzu kommt, dass diese - wie bereits eingangs erwähnt - Jahr für Jahr zunehmender Strombelastung ausgesetzt sind. Dies gilt für den Betrieb der Gebäudeausrüstung ebenso wie für die Anwendung in der Industrie. Elektrische Energie wird z. B. verstärkt gebraucht, weil die Büroeinrichtungen kontinuierlich technisch komfortabler und gerätetechnisch besser ausgestattet werden. Gleiches gilt für den Fertigungsprozess im Industriebetrieb, der ständig weiter rationalisiert und automatisiert wird. 2 Erfordernisse sowie Bestimmungen und Gebote Die Einzelheiten lassen erkennen, dass die Anforderungen an Niederspannungs-Schaltanlagen und Verteilersysteme und hier insbesondere bezüglich der inneren Erwärmung enorm gestiegen sind und weiter steigen. Ein sicherer Betrieb ist zukünftig nur dann gewährleistet, wenn Hersteller, Errichter und Betreiber durch geeignete Maßnahmen der Entstehung von Übertemperaturen und dem Überschreiten vorgegebener Grenztemperaturen durch eine konsequente Beachtung zugehörender Bestimmungen und Gebote zur Einhaltung der Grenzerwärmung bereits bei der Planung und Ausführung entgegenwirken, um Fehlfunktionen und Folgeschäden (Brand etc.) zu verhindern. Potentielle Gefahren durch eine kontinuierlich steigende betriebliche Beanspruchung machen die konsequente Beachtung vorgegebener Bestimmungen und Gebote sowie zugehörende Kontrollen unabdingbar. 2.1 Generelle Anforderungen · Ein umbauter Raum als separate elektrische Betriebsstätte wird aus Kostengründen für die relativ kleine, kompakte Schaltanlage nicht mehr zur Verfügung gestellt. · Eine Aufstellung erfolgt in unmittelbarer Nähe der Energieanwendung, also im Lastschwerpunkt, um Spannungsabfall und damit unnötige Verlustleistungen und Erwärmung der Umgebung über die Kabellängen zu vermeiden. · Der Betrieb, d. h. Schalthandlungen an den Schaltanlagen erfolgen vermehrt durch Laien oder unterwiesene Personen, da Elektrofachkräfte kaum in kürzester Zeit verfügbar sind. · Bedingt durch das Aufstellen der Schaltanlage im Lastschwerpunkt, außerhalb eines elektrischen Betriebsraumes an allgemein zugänglichen Orten, wird ein Schutz gegen direktes Berühren (Schutz gegen elektrischen Schlag), gegen Staub und gegen das Eindringen von Wasser in IP 54 erwartet. · Planung und Herstellung entsprechend zugehörender Bau- und Ausführungsbestimmung nach EN 60439-1/VDE 0660 Teil 500, Ausgabe 8.2000 als typgeprüfte (TSK) oder partiell typgeprüfte (PTSK) Schaltgerätekombination. 2.2 Zusätzliche Erfordernisse · Einsatz kompakter Schaltgeräte und Aufbau der Schaltanlage in Kompaktbauweise; höhere Packungsdichte und Bestückungsvielfalt (auch in Kombination mit elektronischen Betriebsmitteln). · Großzügige Anschlusstechnik bei Kompakt-Schaltgeräten insbesondere für den Errichter, unter Beachtung der Luft- und Kriechstrecken speziell in feuchter Umgebung (Kondenswasserbildung in Schränken hoher Schutzart, insbesondere bei einer Luftfeuchtigkeit von 65 %). · Sicherstellung einer hohen Funktionssicherheit bei innerer Erwärmung - durch Beachtung der Schaltgeräte-Verlustleistung und leitenden Verbindungen, - insbesondere bei der Kombination mit elektronischen Betriebsmitteln, - durch Berücksichtigung der Kalibrationstemperatur bimetall-behafteter Schalt- und Schutzgeräte (30...45 °C). · Berücksichtigung von - Aufstellungs-Ort, z. B. Sonneneinstrahlung, Kellerraum (kühl) etc. - Aufstellungs-Art, z. B. Wand-, Nischen- oder freistehende Montage. · Zu erwartende Energiebedarfssteigerung in den Folgejahren; Energieverteilung Elektropraktiker, Berlin 55 (2001) 10 806 Einhaltung der Grenzerwärmung in NS-Schaltanlagen (1) H. J. Rübsam, Meerbusch Steigende Anforderungen an die Betriebswärmeabfuhr und das Isolationsvermögen eingesetzter Betriebsmittel sowie an die in den Folgejahren zu erwartende höhere Anlagenauslastung durch eine weitere Energiebedarfssteigerung machen die Berücksichtigung zunehmender Sicherheitsanforderungen, eine laufende Bewertung des potentiellen Risikos und daraus abzuleitende Maßnahmen zur Schadensverhütung bereits bei der Planung, Herstellung und Errichtung von Schaltanlagen notwendig. Der zweiteilige Beitrag zeigt entstandene Schäden und stellt wirtschaftliche Lösungen aus der Praxis vor, die eine hohe Funktionsfähigkeit sicherstellen. Dipl.-Ing. Hans J. Rübsam ist beratender Ingenieur in Meerbusch. Autor · Die Berücksichtigung einer ständigen Erweiterbarkeit - höhere Anlagen-Auslastung, Bestückung vorhandener Reserveplätze, - höhere Betriebsströme der einzelnen Stromkreise, - höhere Nennbetriebsspannungen bis 690 V. Die ständig weiter ansteigende Beanspruchung der installierten Schaltanlagen und die sich häufenden Schadensfälle sind der Anlass, zusätzliche Anforderungen zu definieren und notwendige Maßnahmen zur Betriebswärmebegrenzung daraus abzuleiten. 3 Sicherheitsanforderungen und Maßnahmen zur Schadensverhütung Elektrische Betriebsmittel in Schaltanlagen und Verteilersystemen geben ihre Stromwärmeverluste an die sie umgebende Luft ab. Um eine einwandfreie Funktion dieser Betriebsmittel sicherzustellen, sind die jeweils maximal zulässigen Betriebstemperaturen für Schaltgeräte/Betriebsmittel in Schaltgerätekombinationen einzuhalten. Je nach Aufstellungsort, Aufstellungsart, Umgebungsklima, Betriebsart und Höhe der effektiven Verlustleistung PVeff sind Wärmeabführungen erforderlich, um Ausfälle zu verhindern, wie z. B. das vorzeitige Ansprechen thermischer Überstromauslöser oder die Zerstörung wärmeempfindlicher Bauteile. Besondere Vorsicht ist bei der Beurteilung der Erwärmung geboten, wenn in der Schaltgerätekombination auch elektronische Betriebsmittel eingebaut sind. Während die konventionellen Betriebsmittel eine kurzzeitige leichte Übererwärmung meist ohne Schaden überstehen, reagieren elektronische Betriebsmittel oft mit einer empfindlichen Reduzierung ihrer Lebensdauer und u. U. sogar mit Totalausfall. Bei der Bewertung der Erwärmung ist besonders darauf zu achten, dass gerade in Schaltschränken die Luft im oberen Teil deutlich wärmer sein kann als im unteren. In kritischen Fällen sollten also empfindliche Geräte und Bauteile einen „sicheren“ Einbauplatz im unteren Teil des Schrankes erhalten. Gerade bei konventionellen Lösungen von Steuerungs- oder Energieverteilungssystemen in Einsatztechnik, auch in Kombination mit elektronischen Betriebsmitteln, wird nicht nur eine moderne, gute Anlagentechnik, sondern auch eine rationelle und wirtschaftliche Ausführung verlangt. Nachstehend geht es nicht um neue technische Entwicklungen von Schaltgeräten und Schaltgerätekombinationen, sondern um kreative Schaltanlagenkonzepte für heute und für die nächsten 5 bis 10 Jahre. Dazu müssen steigende Anforderungen an die Betriebswärmeabfuhr und das Isolationsvermögen eingesetzter Betriebsmittel sowie an die in den Folgejahren zu erwartende höhere Anlagenauslastung durch eine weitere Energiebedarfssteigerung beachtet werden. Hinsichtlich der Sicherheitsanforderungen, der Bewertung des potentiellen Risikos und der daraus abzuleitenden Festlegung von Maßnahmen zur Schadensverhütung werden auf der Grundlage von Beispielen aus der Praxis nachstehend die 10 Gebote im Umgang mit der Erwärmung in NS-Schaltanlagen unter Berücksichtigung einfluss-reicher Veränderungen in den folgenden Betriebsjahren dargelegt; diese beinhalten nicht den Anspruch auf Vollständigkeit: 1. Ermittlung und Berücksichtigung des „wahren“ bzw. zukünftig zu erwartenden Bemessungsbelastungsfaktors für die Schaltanlage. Energieverteilung 2. Ermittlung und Berücksichtigung möglicher Oberwellenströme einschließlich Neutralleiterbelastung beim Einsatz elektronischer Leistungsbaugruppen. 3. Vermeidung von Wärmenestern und Wärmestau durch optimale Anordnung der Schaltgeräte und Komponenten, sodass eine durchgängige innere Konvektion und Luftzirkulation nicht behindert wird. 4. Montage von Hochstrom-Kompaktschaltgeräten ( 100 A) auf Montageschienen mit einem seitlichen Abstand von 20 mm zueinander, um die rückseitige Wärmeabstrahlfläche der Schaltgeräte zu vergrößern. 5. Berücksichtigung der Kalibrationstemperatur bimetall-behafteter Schalt- und Schutzgeräte innerhalb der Schaltschrank-Umgebungstemperatur. 6. Einsatz von Druckausgleichsstutzen oder Be- und Entlüftungsstutzen bei Schaltschränken hoher Schutzart ( IP 54) zum Luftaustausch. 7. Festlegung des Leiterquerschnitts entsprechend dem Betriebsstrom in Abhängigkeit von der zulässigen Leitertemperatur und der Lufttemperatur innerhalb des Schaltschrankes um den Leiter. 8. Einsatz hochwärmebeständiger Isolierstoffe (schwerentflammbar, selbstverlöschend) zur Vermeidung von Isolationsfehlern bei thermischer Überbeanspruchung oberhalb der für sie zugelassenen Grenztemperaturen. 9. Überprüfung der Anschlussschrauben und Anschlussklemmen an Stromschienen und Schaltgeräten entsprechend dem empfohlenen Anzugsdrehmoment nach DIN 43673 T1. 10. bei einer Aufstellung und Errichtung von Schaltschränken vor einer Wand einen Abstand von ca. 80...120 mm von der Wand vorsehen, um bessere Wärmeableitung (äußere Konvektion durch Kaminwirkung) zu erreichen. Nachweis der Einhaltung der Grenzübertemperaturen: Gerade für den Bereich der nach PTSK-Bestimmung erstellten Schaltanlagen und Verteilersysteme, bei denen ein gleiches Maß an Personen- und Betriebssicherheit wie nach TSK-Bestimmung zu erreichen ist, wurde eine Prüfungsform durch Extrapolation nach VDE 0660 Teil 507, Ausg. 11.1997 / IEC 60890 gefunden, die mit verantwortbarem Aufwand gesicherte Ergebnisse mit annähernd gleicher Aussagekraft wie die TSK-Prüfung erbringt. Nachstehend werden Lösungen aus der Praxis zur Sicherstellung einer hohen Funktionsfähigkeit vorgestellt, die auch bei Veränderungen in den folgenden Betriebsjahren einen störungsfreien Betrieb sicherstellen. 3.1 Berücksichtigen des zu erwartenden Bemessungsbelastungsfaktors Bei der Planung von Schaltanlagen und Verteilersystemen wird - sofern keine Angaben über die tatsächlichen Ströme vorliegen - der Bemessungsbelastungsfaktor gemäß VDE 0660 Teil 500 Abschnitt 4.7, Tabelle 1 gewählt; bei 10 und mehr Stromkreisen z. B. der Faktor 0,6. Er wird dann auch bei der Typprüfung nach Abschnitt 8.2.1 angewendet. Verändert sich jedoch bei steigendem Energiebedarf in den Folgejahren dieser Faktor in Richtung 1,0 (z. B. auch durch Nutzung der Reserveplätze), so ändern sich innerhalb der Schaltgerätekombination neben der erforderlichen Neujustage von Überstromschutz- und -Schaltgeräten oder dem Austausch von Sicherungsschmelzeinsätzen insbesondere die Belastung der zugehörenden inneren Verdrahtung neben dem Anstieg der Betriebstemperatur. Hier wird kaum (nie!) nachgebessert und es kommt wie nachstehend beschrieben zum Ausfall. Beispiel aus der Praxis: In einem großen Automobilwerk kam es durch den nachträglichen Anschluss weiterer und „höherwertiger“ Verbraucher innerhalb einer typgeprüften Isolierstoff-Verteileranlage der Schutzart IP 55 zu erhöhter innerer Erwärmung; die Grenzerwärmung wurde überschritten. Das wiederum führte zum Abschmelzen der Isolierstoffumhüllung der flexiblen Kupferverbindungsschienen, damit zur Unterschreitung der Luft- und Kriechstrecken und letztlich zur Lichtbogenzündung (Bild ). Erst nach einiger Zeit löste endlich der zugehörende, entfernt installierte LS-Strombegrenzer aus und schaltete die Anlage ab. Empfehlung: Sicherlich lassen sich die tatsächlichen Lastverhältnisse oftmals nicht bereits bei der Planung berücksichtigen, doch sollten Verbraucher, die vorwiegend im Dauerbetrieb gefahren werden (z. B. Beleuchtungs-, Heizungs-, Kühl- und Lüftungsanlagen) außerhalb des empfohlenen Bemessungsbelastungsfaktors gesondert betrachtet werden. Das Gleiche gilt für vorhandene Reserveplatz-Bestückungen. Das Typenschild der Schaltanlage (Bild ) sollte den maximalen Bemessungsbetriebsstrom IBmax und nicht den Sammelschienen-Nennstrom angeben; letzterer kann durchaus um 10 bis 20 % erhöht werden, ohne Schaden zu nehmen, jedoch für die Gesamtanlage ist der maximale Betriebsstrom entscheidend und genau an diesem Wert muss sich der Errichter bei einer Änderung und Erweiterung orientieren. 3.2. Ermittlung und Berücksichtigung möglicher Oberwellenströme Der vermehrte Einsatz von nichtlinearen Lasten, wie elektronisch geregelte Schweißstationen, leerlaufende Transformatoren und Motoren, elektronisch geregelte (Thyristor gesteuerte) Motorantriebe mit regelbarer Drehzahl, Computer, Drucker, Netzteile (USV-Anlagen), Leuchtstofflampen Energieverteilung Elektropraktiker, Berlin 55 (2001) 10 808 Auswirkungen eines Lichtbogens innerhalb einer isolierstoffgekapselten Verteileranlage der Schutzart IP 55 durch Überschreiten vorgegebener Grenztemperaturen Typenschild entsprechend VDE 0660 Teil 500. Es sollte den maximalen Bemessungsbetriebsstrom IBmax und nicht den Sammelschienen-Nennstrom angeben Auswirkungen eines Lichtbogens innerhalb einer stahlblechgekapselten Hauptverteilung mit elektronischen Vorschaltgeräten, führt zu einer immer stärkeren Verschmutzung bzw. Störung durch Oberwellen innerhalb des Stromversorgungsnetzes. Bestimmte Oberschwingungen heben sich im Neutralleiter eines Dreiphasen-Vierleiter-Systems auf, andere addieren sich - auch im PEN-bzw. Neutralleiter - bis zum doppelten Wert; das wiederum führt neben höheren Strömen auch zu höheren Frequenzen, speziell im Bereich der 3. (150 Hz) und 5. (250 Hz), teilweise auch 7. Harmonischen (350 Hz). Mit der in benachbarten ferromagnetischen Werkstoffen (Stahlblechumhüllungen) entstehenden magnetische Induktion wird Verlustleistung erzeugt. Sie kann neben den über zugehörende Leiter induzierten Spannungen und damit erzeugten Strömen verursachten Wirbelstromverlusten eine erhebliche Überhitzung zur Folge haben. Die aktuellen Kenntnisse über die Auswirkungen solcher Störquellen sind notwendig und unumgänglich. Beispiel aus der Praxis: Bild zeigt eine Niederspannungs-Hauptverteilung in einem Industriebetrieb, bei der weder die Erwärmung noch die Netzversorgung überwacht bzw. überprüft wurden. Durch eine schlecht gestaltete Anpassung von Netzdrosseln an die angeschlossenen Verbraucher (Thyristorgleichrichter/Phasenanschnittsteuerung) führte ein erhöhter Überstrom („Oberwellenstrom“) zur Überhitzung des zugehörenden NH-Sicherungsschmelzeinsatzes; dieser platzte und zündete einen Lichtbogen gegen das geerdete Schranksystem. Der Hauptschalter/ Leistungsschalter löste erst nach großer Verzögerung aus, bedingt durch den nur „mäßigen“ Überstrom. Empfehlung: · Ermittlung des „wahren“ Betriebsstromes; genaue Netzversorgungsanalyse über ein Echteffektivwert-Messgerät; normale, den Gleichanteil bildende Messgeräte zeigen einen bis zu 40 % niedrigeren Wert an. · Regelmäßiges Überwachen der Erwärmung innerhalb der Schaltgerätekombination, insbesondere nach Änderungen/Erweiterungen, mittels Temperaturmessung (berührungslos messende Infrarot-Thermometer oder Wärmebildkameras). Hier geht es also weniger um das Thema „verdrosselte Blindleistungskompensation“ als vielmehr um eine „Erwärmung, Überhitzung, Zerstörung“ durch Oberwellen und die erforderliche Kenntnis der „Verschmutzung“ des vorliegenden Versorgungsnetzes. 3.3 Vermeiden von Wärmestau und Wärmenestern Bei der Planung, Zuordnung und Montage von Schaltgeräten und Komponenten innerhalb eines Schaltschrankes ist darauf zu achten, dass die Eigenthermik, d. h. die innere Konvektion und Wärmeströmung, nicht durch einen verschachtelten Geräteaufbau unterbunden wird. Empfehlung: · Eine Wärmeströmung kann zusätzlich durch den Einsatz diagonal angeordneter Lüftungskiemungen, z. B. unten im Sockel von vorne (zum Schrank hin geöffnet) und auf der Rückwand hinten oder bei abgesetztem Dachblech gefördert werden. · Bei einem Schaltschrank in gefordert hoher Schutzart ( IP54) können örtliche Wärmenester durch den Einsatz eines Etagenlüfters („Umluft-Quirl“) vermieden werden. Durch die Luftumwälzung wird die örtliche Wärme gut und gleichmäßig auf die Schaltschrankaußenwände geführt und dort entsprechend abgeleitet (erzwungene innere Konvektion). Energieverteilung Achtung: Horizontale Schottungen (waagerechte Trennwände) durch perforierte Fachböden realisieren; vertikale Schottungen durch geschlossene Trennwände ausführen, um eine optimale Kaminwirkung innerhalb der Schaltanlage zu erzielen. 3.4. Hochstrom-Kompakt-Schaltgeräte auf Montageschienen Kompakte Schaltgeräte mit hoher Leistung ( 100A) und geringen Abmessungen beinhalten geringe Wärmeabstrahlflächen. Bei hoher Bestückungsdichte entfallen einzelne Abstrahlflächen an den Seiten und bei einem Aufbau auf Montageplatte auch auf der Rückseite. Dabei können und dürfen die Anschlüsse der Schaltgeräte eine Übertemperatur von 70 K und damit eine Betriebstemperatur von 105°C annehmen. Beispiel aus der Praxis: In dem in Bild dargestellten Beispiel wurden mehrere Kompakt-Leistungsschalter „dicht-an-dicht“ nebeneinander auf einer Montageplatte montiert. Bei einer Überstrom-Abschaltung eines Leistungsschalters wurde eine Schaltüberspannung erzeugt. In Verbindung mit dem Austritt ionisierter (leitender) Gase und zusammen mit der relativ hohen Luftfeuchte sowie dem sich niedergeschlagenen Kondenswasser auf der Montageplatte und den Schaltgeräten wurde ein Lichtbogen gezündet, der letztlich die Anlage zerstörte. Empfehlung: Montage von Kompakt-Schaltgeräten auf Montageschienen. Bei hoher Packungsdichte ist besonders auf die Art, Lage und Ausführung der Anschlusstechnik, insbesondere bei einem Einsatz von Kabelschuhen, zu achten; Wärmeabstrahlflächen, insbesondere auch nach hinten, sind zu gewährleisten; Ansammlung von Staub und Kondenswasser in der Nähe der elektrischen Anschlüsse ist zu vermeiden. Anmerkungen: Die Grenzerwärmungen für die einzelnen Anlagenteile einer Schaltgeräte-Kombination, die bei der Typprüfung nicht überschritten werden dürfen, orientieren sich an der Tabelle 2 der VDE 0660 Teil 500. Bild veranschaulicht diese Angaben und stellt sie den Grenzwerten gegenüber, die bei der Typprüfung eingehalten werden müssen; vergleiche dazu VDE 0660 Teil 500, Abschnitt 8.2.1. Energieverteilung Lichtbogenzündung innerhalb einer Schaltanlage durch Schaltüberspannung und Feuchtigkeit Grenzerwärmung von Schaltgeräten und Schaltgerätekombinationen

Autor
  • H.-J. Rübsam
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