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Gebäudesystemtechnik | Elektrotechnik

EIB/KNX-System in der Dresdner Frauenkirche

ep9/2007, 2 Seiten

Normalerweise ist die Funktionalität der Elektroinstallation bei Neubauten recht klar umrissen. Ganz anders stellte sich die Situation bei dem elf Jahre dauernden Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche dar. Hier zeigte das EIB/KNX-System sehr eindrucksvoll sein Potential.


Zeitgemäße Nutzung Der Wiederaufbau folgte im Wesentlichen drei Leitgedanken: Die Frauenkirche George Bährs sollte unter weitgehender Verwendung historischer Bausubstanz gemäß den Originalplänen wiedererrichtet werden. Dabei sollten moderne Technologie eingesetzt und heute gültige Erkenntnisse von Baustatik und Bauphysik berücksichtigt werden, um eine lebendige Nutzung im 21. Jahrhundert zu ermöglichen. Eine Voraussetzung für die erforderliche Flexibilität der Elektroinstallation bildet das EIB/KNX-System. Es stellte während der langen Bauphase unter anderem sicher, dass die zwangsläufig sich ergebenden zusätzlichen Anforderungen und Änderungen umgesetzt werden konnten. Denn die Komplexität dieses Bauvorhabens war 1992 nach Ansicht von Dipl.-Ing. (FH) Bernd Zeiler, dem leitenden Fachplaner und Bauleiter Elektrotechnik, nicht ersichtlich. Zudem konnten mit dem EIB/KNX-System auch die Herausforderungen gemeistert werden, die sich durch die Kombination von altem Sandstein und neuer Technik ergeben haben. Denn die Frauenkirche einschließlich der Ruinenteile besteht zu etwa 45 % aus historischem Steinmaterial, d. h. allein in der Außenfassade sind 7110 Werksteine integriert. Für die sinnvolle Erschließung wurde das kreisförmige Bauwerk in Segmente unterteilt. In jedem Viertel, d. h. in vier Türmen, ist ein Steigepunkt, der sich vom Erdgeschoss bis in 25 m Höhe erstreckt. Dort sind 400-A-Stromschienen und EIB/KNX-Steuerleitungen angeordnet. Weitere EIB/KNX-Linien befinden sich oberhalb des Kranzgesimses in der Kuppel zur Versorgung der Emporen und der Laterne sowie in der Unterkirche und dem jetzt als Garderobe genutzten Außenbauwerk. Daraus resultieren insgesamt acht Linien mit jeweils etwa 60 EIB/KNX-Geräten. Verantwortlich für die gesamte Installation in der Dresdner Frauenkirche zeichnet die Elektro-Arbeitsgemeinschaft, bestehend aus Elektro Dresden-West und Köhler Elektrotechnik, Riesa. Dieser Zusammenschluss garantierte, wie Bernd Zeiler betonte, aufgrund der gut ausgebildeten Mitarbeiter in beiden Unternehmen Kontinuität auf der Baustelle über die lange Zeit und damit eine qualitativ hochwertige Ausführung. Ebenso wichtig war die kompetente Betreuung durch Horst Klinke, den zuständigen Vertriebsmitarbeiter bei Stotz-Kontakt und Striebel&John, hinsichtlich der eingesetzten EIB/KNX-Komponenten von ABB. Die EIB/KNX-Geräte wie Spannungsversorgungen SV/S, Linienkoppler LK/S, Schaltaktoren AT/S, Binäreingänge, Jalousieaktoren JA/S und Analogeingänge AE/S sind in den insgesamt 100 Unterverteilungen montiert (Bild ). Taster wurden örtlich über Universalschnittstellen US/U angeschlossen. Weitere Komponenten einschließlich eines Heiztransformators sind im Laternendach untergebracht. Dort befinden sich auch die beiden Wetterstationen mit Helligkeits-, Dämmerungs-, Regen- und Windsensor. Mit den aktuellen Wetterdaten werden über Jalousieaktoren die elektrischen Antriebe der Fenster angesteuert oder bei Windstärke 6 Alarmmeldungen zum Räumen der Laternenplattform abgesetzt. Überwachungsfunktionen Das EIB/KNX-System wird in der Dresdner Frauenkirche auch dafür genutzt, Betriebs- und Störmeldungen zu erfassen und über Gateways an die übergeordnete Leittechnik zu übertragen, sodass hier zentral ein Überblick über die gesamte Haustechnik besteht. Dies betrifft beispielsweise die Auslösung des Spannungs- und des Überspannungsschutzes oder Fehlermeldungen in der Transformatorstation. Auch die in einem Turm auf 25 m Höhe eingebaute 100-kVA-Netzersatzanlage einschließlich Dieselversorgung, die Notbeleuchtungsanlage und die Brandmeldeanlage sind eingebunden. Darüber hinaus gibt es Meldungen bei der Überschreitung definierter Pegelstände des Grundwassers, bei Störungen des Geläuts in den beiden Glockentürmen, der Turmuhr oder der Orgel. Diese Informationen bieten stets einen aktuellen Überblick über den Betriebszustand der gesamten haustechnischen Anlagen und ermöglichen das Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 9 814 AUS DER PRAXIS EIB/KNX-System in der Dresdner Frauenkirche Normalerweise ist die Funktionalität der Elektroinstallation bei Neubauten recht klar umrissen. Ganz anders stellte sich die Situation bei dem elf Jahre dauernden Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche dar. Hier zeigte das EIB/KNX-System sehr eindrucksvoll sein Potential. Die EIB/KNX-Geräte sind in insgesamt 100 Unterverteilungen installiert Foto: ABB Stotz-Kontakt EP0907-806-817 22.08.2007 8:33 Uhr Seite 814 schnelle Eingreifen bei Störungen. Beleuchtungstechnik Natürlich übernimmt das EIB/ KNX-System auch das Schalten elektrischer Verbraucher. Dazu zählt unter anderem die Beleuchtung in den Nebenräumen, sowie die LED-Leuchten, die den Treppenbereich auf der Laternenplattform akzentuieren. Die Beleuchtung der Innenkuppel durch Deckenleuchten mit Niedervolt-Halogenlampen in den Emporen ist über eine Schnittstelle mit dem EIB/KNX verknüpft und lässt sich so zentral ein- und ausschalten. Ansonsten steht für deren Ansteuerung ein spezielles Lichtmanagementsystem zur Verfügung, mit dem sich auch Lichtszenen programmieren lassen. So kann für Gottesdienst, Hochzeiten oder Konzerte die jeweils passende Lichtstimmung erzeugt werden. Sollten sich weitere Anforderungen ergeben, ist eine Nachrüstung jederzeit möglich. Weitblick erforderlich Viele Nachrüstungen haben sich während der langen Bauzeit ergeben, da 1992 noch nicht die Komplexität dieses Projekts offensichtlich war. Mit der Entscheidung für EIB/KNX konnten alle Herausforderungen jedoch gemeistert werden. Die konstruktive Zusammenarbeit von Denkmalpflege, Architekten und Haustechnikern schuf so ein eindrucksvolles Ergebnis. Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 9 Die Dresdner Frauenkirche blickt mit ihren verschiedenen Vorgängerkirchen auf eine tausendjährige Geschichte zurück. Im 18. Jahrhundert entstand der berühmte Kuppelbau George Bährs, der zweihundert Jahre das Stadtbild Dresdens prägte. Am Vormittag des 15. Februar 1945 - zwei Tage nach dem verheerenden Bombenangriff auf Dresden - stürzte die ausgebrannte Frauenkirche in sich zusammen. Denn bei dem Feuer platzte mehr und mehr Sandstein von den Pfeilern ab, bis diese die Last der 12000 t schweren Kuppel nicht mehr tragen konnten. Ihre Ruine verblieb als Mahnmal im Herzen der Stadt. Die Überzeugung, dass die zerstörte Frauenkirche wieder aufgebaut werden müsse, teilten viele Menschen innerhalb und außerhalb Dresdens. Im November 1989 gründeten engagierte Bürger eine Initiative für den Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche, traten am 13. Februar 1990 mit dem „Ruf aus Dresden“ an die Öffentlichkeit und trugen die Wiederaufbauidee in die ganze Welt. Und so wurden 102,8 Mio. der Netto-Baukosten von 131,1 Mio. bzw. der Gesamt-Baukosten von 182,6 Mio. durch Spenden, Zuwendungen oder Erbschaften aufgebracht. Seit dem 30. Oktober 2005 präsentiert sich die Frauenkirche, deren Wiederaufbau in einer festlichen Weihe ihren Abschluss fand, wieder in ihrer vollen barocken Schönheit. Elf Jahre dauerte der Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche Wiederaufbau als Gemeinschaftsprojekt EP0907-806-817 22.08.2007 8:33 Uhr Seite 815

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