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Messen und Prüfen | Elektrotechnik

E-Check und Wiederholungsprüfung - Teil 6.3: Nachweis der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen gegen elektrischen Schlag

ep1/1999, 3 Seiten

Im Teil 6.1 wurden die Vorbereitung der Prüfung dargelegt, über den notwendigen Umfang diskutiert und erläutert, wie der Zustand einer bestehenden Anlage und ihrer Schutzmaßnahmen zu beurteilen sind. Teil 6.2 behandelte die Prüfung der Schutzmaßnahmen bei indirektem Berühren im TN- und TT-System. Nachfolgend werden Meßungenauigkeiten und die Schutzmaßnahme mit FI-Schutzschalter ohne Schutzleiter betrachtet.


5.5 Einfluß der in der Anlage vorhandenen Ableit-/Fehlerströme Wird mit der Methode des ansteigenden Prüfstroms festgestellt, daß der Auslösestrom Ia des FI-Schutzschalters vom üblicherweise im Neuzustand vorhandenen Wert Ia ~ 0,7·In abweicht, so kann dies ein Hinweis sein auf: - Fehlerströme durch Isolationsfehler in der Anlage oder die angeschlossenen Geräte. - Ableitströme durch kapazitive Beschaltungen in den angeschlossenen Geräten. - Betriebsmäßige Ableitströme, z. B. von Warmwasserbereitern. Der als Auslösestrom angezeigte Wert kann kleiner oder größer sein als der Normalwert Ia ~ 0,7·In, da er möglicherweise auch durch die gegenüber dem Prüfstrom phasenverschobenen Fehler- bzw. Ableitströme in den anderen Außenleiter beeinflußt wird. Um diese mitunter sehr schwer zu ergründenden Zusammenhänge zu vereinfachen, sollten Isolationsfehler unbedingt vor der Prüfung der Schutzmaßnahme durch die Messung des Isolationswiderstands o.ä. [1.4] ermittelt und beseitigt werden [13]. Um in Zweifelsfällen zur Beurteilung des FI-Schutzschalters den unbeeinflußten Auslösestrom ermitteln zu können, ist der Schalter abgangsseitig freizuschalten und dann zu prüfen. 5.6 Bewertung der Methoden zum Prüfen des Schutzleiters Ist ein Schutzleiter nicht oder falsch angeschlossen, so kann eine sonst ordnungsgemäß errichtete Schutzmaßnahme nicht wirksam werden. Sie muß - durch den Schutzleiter - an jeder Anschlußstelle wirksam werden können. Dies macht deutlich, daß die Schutzleiter ganz bewußt geprüft werden müssen. Es genügt nicht, wenn ihr Vorhandensein und ihr ordnungsgemäßer Zustand nur routinemäßig kontrolliert oder gar als vorhanden angenommen werden, wenn die übrigen Messungen erfolgreich beendet wurden. Jeder Prüfer muß daher über die Wirksamkeit der einzelnen Prüfmethoden bezüglich ihrer Aussage zum Zustand des Schutzleiters informiert sein und dieses Wissen bei der Prüfung umsetzen. · Möglich, und wegen der rationellen Art der Durchführung oft praktiziert, ist es, im TN-System an jeder Schutzleiteranschlußstelle die Schleifenwiderstandsmessung mit einem Prüfstrom von 1 A ... 4 A vorzunehmen. Der sich hier ergebende geringe Widerstandswert ist indirekt auch der Beweis für den niederohmigen, also ordnungsgemäßen Schutzleiter. Schutzleiterdefekte sind an den vom Durchschnittswert erheblich abweichenden Meßergebnissen zu erkennen. · Bei Stromkreisen mit dem TN-S-System und FI-Schutzschaltern geringer Nennfehlerstromstärke (In = 10/30/100 mA) sowie den dann zur Messung des Schleifenwiderstands verwendeten sehr kleinen Meßströmen (0,3 ... 0,5·In), der sogenannten Methode „Prüfen ohne Auslösen“, ergeben sich meist keine genauen Widerstandsmeßwerte. Die Displayangaben „0-1“ oder „0“, als Meßangabe des Prüfgeräts für den Widerstand der gesamten Schleife, können jedoch als Nachweis eines ausreichend niederohmigen Schutzleiters gewertet werden. · Die beste, allerdings auch aufwendigste Prüfmethode ist die Niederohmmessung (Bild c). Mit ihr wird tatsächlich der eigentlich interessierende Prüfling, der Schutzleiter, mit der für diese Messungen nach DIN VDE 0413 vorgeschriebenen Methode - hierzu gehört die Stromrichtungsumkehr - gemessen. Die zu ortsfesten Geräten führenden Schutzleiter sind gegebenenfalls einseitig aufzutrennen, um Fehlmessungen als Folge einer zwangsläufigen Erdung, z. B. bei Warmwasserbereitern, zu vermeiden. Mit dieser Messung - wenn sie vor der Schleifenwiderstandsmessung durchgeführt wird - können auch die unter 5.2 genannten Schäden vermieden werden. Bei sehr kurzen Schutzleiterstrecken können die Anzeigewerte sehr fehlerhaft sein. Aber auch hier kommt es dann nicht auf den exakten Meßwert, sondern auf die vom Prüfer zu treffende Aussage „ausreichend niederohmig“ an. · Die Messung des Erdschleifenwiderstands im TT-System kann nicht als Methode zum Nachweis des ordnungsgemäßen Schutzleiters genutzt werden. Der gemessene Gesamtwiderstand der Schleife wird vom Widerstand des Schutzerders bestimmt (Bild a). Es ist zwar bei der Angabe eines hohen Erdschleifenwiderstands wahrscheinlich, daß eine Schutzleiterverbindung besteht, ob sie niederrohmig und somit ordnungsgemäß ist, kann jedoch aus dem Meßergebnis nicht erkannt werden. Hier ist die Niederohmmessung unumgänglich. 5.7 Schutzmaßnahme TT-System mit Überstromschutzeinrichtung (Schutzerdung) Wird die Schutzmaßnahme Schutzerdung (TT-System mit Überstromschutzeinrichtung) vorgefunden, so sollte die Wiederholungsprüfung nicht weitergeführt werden. Diese Schutzmaßnahme ist höchstwahrscheinlich nie funktionsfähig (normengerecht) gewesen und als ein schwerwiegender Mangel anzusehen, der unverzüglich durch das Einführen einer der heute zugelassenen [2] Maßnahmen beseitigt werden muß (Tafel ). Sofern kein PEN-Leiter zur Verfügung steht [23], ist eine Umstellung auf die Schutzmaßnahme TT-System mit FI-Schutzeinrichtung erforderlich. Die entsprechende Forderung an den Betreiber sollte mit der Information über die damit verbundenen Konsequenzen einer mehr oder weniger vollständigen Rekonstruktion der Anlage verbunden werden. 5.8 Schutzmaßnahme mit FI-Schutzeinrichtung ohne Schutzleiter Diese in Neuanlagen unsinnige und nach [2] auch nicht zulässige Lösung wurde in der Vergangenheit hin und wieder praktiziert. Durch einen Beschluß des zuständigen DKE-Komitees (Beiblatt 2 zur VDE 0100) wurde ihre Anwendung bei der Umstellung von Anlagen mit der ehemals zugelassen Schutzmaßnahme „Isolierender Raum“ (Bild ) als Übergangslösung bis zum Jahr 2002 sogar erlaubt. Diese „Schutzmaßnahme“ benutzt den Menschen als Schutzleiter! Da an ihrer Stelle ohne zusätzlichen Aufwand auch andere Schutzmaßnahmen angewandt werden können (Bild ), ist Elektropraktiker, Berlin 53 (1999) 1 E-Check Dipl.-Ing. Klaus Bödeker ist freier Fachjournalist, Berlin. Autor E-Check und Wiederholungsprüfung Teil 6.3: Nachweis der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen gegen elektrischen Schlag K. Bödeker, Berlin Im Teil 6.1 wurden die Vorbereitung der Prüfung dargelegt, über den notwendigen Umfang diskutiert und erläutert, wie der Zustand einer bestehenden Anlage und ihrer Schutzmaßnahmen zu beurteilen sind. Teil 6.2 behandelte die Prüfung der Schutzmaßnahmen bei indirektem Berühren im TN- und TT-System. Nachfolgend werden Meßungenauigkeiten und die Schutzmaßnahme mit FI-Schutzschalter ohne Schutzleiter betrachtet. diese Variante selbst als Notlösung untauglich! Sie ist als erheblicher Mangel zu werten, der beseitigt werden muß bevor die Wiederholungsprüfung positiv abgeschlossen werden kann. Lediglich bei ausdrücklicher und berechtigter Bezugnahme auf den Komiteebeschluß sollte die Prüfung positiv und mit einer entsprechenden Empfehlung zur alsbaldigen Umstellung abgeschlossen werden (Tafel ). 6 Schutz bei direktem Berühren Ist dieser Schutz für die Steckdosenstromkreise in den - als Orte hoher Gefährdung erkannten - Bädern und Außenanlagen nicht vorhanden, so sollte er trotz des zweifellos vorhandenen Bestandsschutzes unter Bezugnahme auf die Unfallstatistiken und die Empfehlungen der Norm DIN VDE 0100 Teil 739 [11] immer gefordert werden. Allerdings ist zum Erfüllen dieser Forderungen nicht unbedingt eine Neuinstallation erforderlich. Die dezentral einsetzbaren FI-Schutzschalter(-Steckdosen) ermöglichen das Nachrüsten einer bestehenden Installation auf einfache Weise. Das Prüfen der dem Zusatzschutz dienenden FI-Schutzschalter erfolgt zweckmäßiger Weise ebenso wie unter 5.2 und 5.3 beschrieben. Möglich ist auch die Anwendung eines FI-Testers [13], da in diesem Fall ja das Nachweisen der Wirksamkeit der Schutzmaßnahme bei indirektem Berühren nicht erforderlich ist. 7 Abschließende Betrachtung Es ist für den Praktiker oft sehr schwierig, in seiner Arbeit an den elektrischen Anlagen all das durchzusetzen, was in den Normen und Fachbeiträgen gefordert wird. Die Wünsche und oft auch das Unverständnis des Kunden, der Kampf um die oft tatsächlich lebenswichtigen Aufträge, der Wettbewerbs- und Kostendruck usw. macht Kompromisse notwendig, provozieren die Frage, ob denn wirklich immer alles notwendig sei, was dort „oben am grünen Tisch“ aufgeschrieben wurde. Andererseits, es gibt viele Beispiele für unsachgemäße Arbeit. Oft werden die Grundregeln der fachgerechten Arbeit auf unverantwortliche Weise schamlos verletzt. So mancher ist nicht abgeneigt, auf Kosten der Sicherheit Zeit zu sparen, billiger zu arbeiten. In den Normen und Fachbeiträgen kann nun aber kein Mittelweg zwischen Qualität und Pfusch angeboten werden. Es muß das im allgemeinen unverzichtbare Minimum an Aufwand für die Sicherheit genannt werden. Ob dann Abstriche an diesen allgemeinen, als nötig erkannten Vorgaben, d. h. weniger Prüfaufwand usw., ohne Qualitätsminderung möglich sind, das kann nur vor Ort entschieden werden. Und auch nur von dem, der dort als „verantwortliche“ Elektrofachkraft tätig ist. Es bleibt also wieder nur der Hinweis, daß nur vor Ort, in eigener Verantwortung über den Umfang der Prüfung, Stichproben und fachgerechte Kompromisse entschieden werden kann. Ebenso muß wiederholt werden, daß viel Fachkompetenz nötig und „Als Prüfer die beste Fachkraft gerade gut genug“ ist [1.6]. Literatur [1] bis [23] siehe Heft 11/98, Seite 1057. Elektropraktiker, Berlin 53 (1999) 1 E-Check a) Eine Schutzmaßnahme bei indirektem Berühren wurde nicht verlangt z. B. für „Hausinstallationen in Räumen mit isolierendem Fußboden in denen sich keine ... mit Erde in Verbindung stehenden Einrichtungen befinden ...“ (VDE 0100/05.73 § 6, 2.2.2) „... das Erweitern, Ändern und Instandsetzen elektrotechnischer Anlagen in Räumen, die Wohnzwecken dienen sofern bisher keine Schhutzmaßnahmen mit Schutzleiter angewendet worden sind.“ (TGL 200-0602/03, 2.3.1., 09/82) d) Nach [21] anstelle von c) auch zulässige Lösung. Die in der Anlage bereits vorhandene Schutzmaßnahme klassische Nullung hat Bestandsschutz und kann genutzt werden, sofern es nicht zweckmäßig/möglich ist, die Schutzmaßnahme TN-S-System einzuführen. b) Mit dem Einführen des Erdpotentials in einen Raum, dessen Elektroanlage unter Bezugnahme auf eine unter a) genannte Ausnahmeregelung errichtet wurde, ändern sich die Ausgangsbedingungen (Raumart), die Ausnahmeregelung trifft nicht mehr zu, es ist eine Schutzmaßnahme vorzusehen. c) Diese nach DIN VDE 0100 Beiblatt 2 bis zum 10. März 2002 zulässige Lösung hat den Nachteil, daß der Körper eines fehlerhaften Geräts der Schutzklasse I unter Spannung steht, ohne daß die RCD abschaltet. Eine Abschaltung erfolgt erst im Fall der dargestellten Berührung. Folgeschäden (Schock, Sturz) sind nicht ausgeschlossen. Bei mehreren Geräten der Schutzklasse I mit Fehlern in unterschiedlichen Leitern erfolgt auch bei einer Berührung keine Abschaltung. PEN Einführen einer Schutzmaßnahme in sogenannten „isolierenden Räumen“

Autoren
  • K. Bödeker
  • R. Kindermann Teile 7.2
  • 7.3
  • 7.4
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