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Elektrotechnik
DIN VDE 0100-534 in der Praxis - Errichtungsbestimmungen fachgerecht umsetzen
ep8/2010, 2 Seiten
ÜSE Typ 1 am Speisepunkt der Anlage DIN VDE 0100-534 [1] gibt der Elektro- und der Blitzschutzfachkraft in einem gemeinsam genutzten Normenwerk Hinweise für Planung, Errichtung, Prüfung und Betrieb von Überspannungs-Schutzeinrichtungen in Gebäude-Installationen. Dabei wird auf Verträglichkeit mit den in der Anlage angewendeten Schutzmaßnahmen gegen elektrischen Schlag geachtet. Wird der Einsatz von ÜSE Typ 1 oder Typ 2 gefordert, müssen diese am Speisepunkt der Anlage errichtet werden. Gemäß der Anforderung können zusätzliche ÜSE Typ 2 oder Typ 3 installiert werden. Speisung aus öffentlichem Energieversorgungsnetz Werden Überspannungs-Schutzeinrichtungen zum Blitzschutz-Potentialausgleich eingesetzt, liegt der Speisepunkt einer Anlage im Sinne der Norm bei Anlagen, die aus dem öffentlichen Versorgungsnetz gespeist werden, direkt hinter dem Hausanschlusskasten. Solange der Markt noch keine Hausanschlusskästen mit integrierten ÜSE bereitstellt, kann beim Einsatz von ÜSE Typ 1 [3] die Schutzbeschaltung mit ÜSE Typ 1 in einem plombierbaren Isolierstoff-Gehäuse im Verlauf der Hauptleitung direkt hinter dem Hausanschlusskasten erfolgen. Dabei ist die Richtlinie des Verbandes der Netzbetreiber zu berücksichtigen. Die übliche V-Verdrahtung reduziert Zusatzspannungen, die den Schutzpegel erhöhen (Bild ). ÜSE Typ 1 können auch unmittelbar vor der Zählerverteilung in einem separaten Isolierstoff-Gehäuse, im unteren Anschlussraum der Zählerverteilung oder - bei Sonderfällen im oberen Anschlussraum - auch hinter dem Zähler installiert werden. Am letztgenannten Installationsort sind kombinierte ÜSE Typ 1 und Typ 2 optimal. Bei allen Installationen sind Beeinflussungen von Betriebsmitteln durch induktive Wirkungen aus Stoßströmen möglichst auszuschließen. Speisung aus eigenem Energieversorgungsnetz In Anlagen mit eigener Mittelspannungs-Einspeisung kann gemäß DIN VDE 0100-534 der Speisepunkt der Anlage in der Niederspannungs-Hauptverteilung (NSHV) definiert sein. In diesem Fall muss die Richtlinie des Verbandes der Netzbetreiber für den Einsatz von Überspannungs-Schutzeinrichtungen (ÜSE) Typ 1 nicht herangezogen werden. Die dort genannten Einschränkungen gelten in diesen Anwendungen nicht. Typischerweise werden die Zuleitungen solcher Niederspannungs-Verteilungen ungeschnitten bis in die Schaltanlagen geführt und dort direkt an Leistungsschaltern angeschlossen. Der fachgerechte Anschluss von ÜSE Typ 1 am Gebäudedurchtritt der Hauptleitungen kann - speziell bei Nachrüstungen - oft nur mit großem Aufwand erfolgen. In der Praxis werden ÜSE Typ 1 direkt im Einspeisebereich von Niederspannungs-Verteilungen dieser Art installiert. Der räumliche Bereich um den Verlauf von Hauptleitungen, die erst in Niederspannungs-Verteilungen mit ÜSE Typ 1 beschaltetet werden, ist der Blitzschutzzone 0 zuzuordnen. Bei derartig ausgestülpten Schutzzonen müssen Maßnahmen getroffen werden, die Beeinflussungen benachbarter Betriebsmittel reduzieren. AUS DER PRAXIS Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 8 678 DIN VDE 0100-534 in der Praxis Errichtungsbestimmung fachgerecht umsetzen Mit der DIN VDE 0100-534:2009-02 [1] hat die Fachwelt die deutsche Fassung des Harmonisierungsdokumentes zur Auswahl und Errichtung von Überspannungs-Schutzeinrichtungen (ÜSE) bekommen. Planer, Errichter, Betreiber und Prüfer von ÜSE können auf dieser Basis - auch unter Anwendung von DIN EN 62305:2006-10 [2] - die Verfügbarkeit von Niederspannungsanlagen fachgerecht und anwendungssicher erhöhen. ÜSE NSHV ÜSE Typ 1 schützt in V-Verdrahtung das Hauptstromsystem Quellen: Phoenix Contact Gebäudeeigene Mittelspannungsanlage sowie NSHV nutzen ein gemeinsames Potential-Ausgleichssystem, das mit der Erdungsanlage verbunden ist Mögliche Einbauorte von ÜSE Typ 1 in Niederspannungs-Schaltanlagen sind Einspeisefeld, Abgangsfelder oder Drehstrom-Sammelschiene Gebäudeeigene Mittelspannungsanlage Bauliche Anlagen mit hohem Bedarf an elektrischer Energie werden häufig direkt über geschirmte Einleiterkabel aus dem Mittelspannungsnetz versorgt (Bild ). Die Stehstoßspannungs-Festigkeit typischer Mittelspannungsversorgungs-Transformatoren liegt je nach Spannungsebene zwischen 60 und 170 kV. Der Übergang von Blitzschutzzone 0 auf Zone 1 wir durch diese Transformatoren hergestellt. Bei fachgerechter Ausführung des Potentialausgleichs werden Blitzteilströme durch die Schirme der Mittelspannungskabel an den aktiven Teilen der Transformator-Anlage vorbeigeführt. Galvanische Stromflüsse zwischen Ober- und Unterspannungswicklungen finden nicht statt [4]. Überspannungs-Schutzeinrichtungen vom Typ 2 begrenzen verbleibende kapazitive und induktive Einkopplungen. Zukunftsfähige Niederspannungs-Hauptverteilungen sind als TN-S-System mit zentralem Erdungspunkt (ZEP) ausgeführt. Inwieweit hier Überspannungs-Schutzeinrichtungen vom Typ 1 mit hohem Ableitvermögen erforderlich sind, muss in weiterführenden Untersuchungen ermittelt werden. ÜSE Typ 1 in Energiefluss-Richtung Planer und Errichter müssen die Anforderungen eines in allen Betriebszuständen vollständigen Blitzschutz-Potentialausgleichs bei der Installation von ÜSE Typ 1 berücksichtigen. Bei der Installation hinter der Einspeise-Schalteinrichtung ist bei offenem Leistungsschalter kein allpoliger Potentialausgleich gegeben (Bild ) [5]. Störlichtbogen-Wirkungen - mit all ihren Konsequenzen - können bei Blitzstrom-Einkopplungen nicht ausgeschlossen werden. Aus diesem Grund müssen ÜSE Typ 1 vor der Einspeise-Schalteinrichtung der Schaltanlage installiert werden. Darüber hinaus sind bei nachgeordneter Anordnung der ÜSE Typ 1 auftretende induktive Beeinflussungen von Betriebsmitteln ein weiteres Argument für eine Installation vor dieser Schalteinrichtung. ÜSE Typ 1 auch in Abgangsstromkreisen Es ist gängige Praxis, eine einzige ÜSE Typ 1 erst hinter den Leistungsschaltern zu installieren. So kann zwar mit nur einer ÜSE Typ 1 an der Drehstromschiene kostengünstig nicht nur die Einspeisung in den Blitzschutz-Potentialausgleich einbezogen werden, sondern auch die Leitungen, die das Gebäude verlassen. Das Restrisiko einer Störlichtbogenwirkung in der Niederspannungs-Hauptverteilung aufgrund von Blitzeinwirkungen wird dabei selten berücksichtigt. Werden in Abgangsfeldern von Niederspannungs-Verteilungen auch die Abgangsleitungen, die das Gebäude verlassen, mit ÜSE Typ 1 beschaltet, besteht zu jedem Zeitpunkt unter allen zulässigen Betriebsbedingungen ein allpoliger Potentialausgleich. Die Anforderungen aus DIN EN 60305 werden damit erfüllt. Gleiches gilt für alle Versorgungs-oder Verbraucher-Stromkreise, die ein Gebäude mit Blitzschutzsystem verlassen. Alternativ können diese Leitungen direkt am Gebäudedurchtritt mit ÜSE Typ 1 in den Blitzschutz-Potentialausgleich einbezogen werden. Fazit Mit DIN VDE 0100-534:2009-02 steht dem Planer, Errichter, Prüfer und Betreiber ein praxistaugliches Dokument zur Verfügung. Es umfasst sowohl die Belange des Schutzes gegen elektrischen Schlag als auch die des Blitzschutzes. Elektro- und Blitzschutz-Fachkraft arbeiten damit auf der Basis eines gemeinsamen Papiers. Literatur [1] DIN VDE 0100-534 (VDE 0100-534):2009-02 Errichten von Niederspannungsanlagen - Teil 5-53: Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel - Trennen, Schalten und Steuern - Abschnitt 534: Überspannungs-Schutzeinrichtungen/ÜSE). [2] DIN EN 62305 (VDE 0185-305): 2006-10 Blitzschutz. [3] Richtlinie für den Einsatz von Überspannungs-Schutzeinrichtungen (ÜSE) Typ 1 (bisher Anforderungsklasse B) in Hauptstromversorgungssystemen. 2. Auflage. Berlin: Verband der Netzbetreiber (VDN) August 2004. [4] Wolff, G. K.: DIN VDE 0100-534:2009-02 - Neue Errichtungsbestimmung für Überspannungsschutzeinrichtungen in Niederspannungsanlagen. Ausgewählte Praxishinweise, 8. VDE/ABB Blitzschutztagung Neu-Ulm. [5] Wolff, G. K.: Fachgerechte Installation von Überspannungsschutz, Planer-Foren 2007, Blomberg und Herrenberg, Phoenix Contact Gmb H & Co. KG (2007-11). G. K. Wolff Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 8 679 Wilhelm Rutenbeck Gmb H & Co. KG Niederworth 1-10 58579 Schalksmühle Telefon (0 23 55) 82-0 Telefax (0 23 55) 82-105 www.rutenbeck.de mail@rutenbeck.de Professionell und praxisgerecht - Universalmodule von Rutenbeck schnelle und sichere Montage herausragende Messwerte für 10-Gbit-Ethernet geeignet designkompatibel de-embedded tested 15 Jahre Garantie made and tested in Germany Bei Auswahl und Errichtung von ÜSE Typ 1 gelten nicht immer Extremanforderungen bezüglich des Blitzstoßstrom-Tragvermögens. Insbesondere bei Versorgungs- oder Verbraucher-Stromkreisen, die ein Gebäude verlassen, sind oftmals Blitzstoßstrom-Tragvermögen von nur wenigen kA ausreichend. Moderne varistorbasierte ÜSE erfüllen sowohl die Anforderungen von Typ 1 als auch von Typ 2. Aufgrund der platzsparenden Bauweise können diese ÜSE auf engem Raum auch mehrere Stromkreise schützen. Kritische Kompromisse - wie die Installation nur einer einzigen ÜSE Typ 1 hinter dem Einspeiseschalter - sollten nun der Vergangenheit angehören. ÜSE Typ 1 schützen mehrere Stromkreise Bei den neuen ÜSE mit der Bezeichnung VAL-MS-T1/T2 von Phoenix Contact handelt es sich um steckbare ÜSE vom Typ 1 oder Typ 2 auf Varistor-Basis, bei denen eine Wartung ohne Eingriff in die Installation jederzeit möglich ist
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Autor
- G. K. Wolff
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