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Blitz- und Überspannungsschutz | Elektrotechnik

Blitzschlagverteilung in Deutschland

ep5/2002, 3 Seiten

Durch Gewitter entstehen von Jahr zu Jahr immer höhere Sachschäden. Betroffen sind heute insbesondere elektronische Geräte im Privathaushalt und in der Industrie. Zwar wurden für den Schutz auch immer bessere Schutzmethoden entwickelt und eingesetzt, doch müssen diese Methoden zur Reduzierung der Blitzschlagschäden auch im Bezug auf ihre Rentabilität optimal ausgelegt werden. Moderne Methoden der Risikoanalyse helfen dabei, das Gefährdungspotential abzuschätzen.


Risikoanalyse Risikoanalysen basieren auf Annahmen. So wird abgewägt wie groß der Schaden sein kann, wenn ein Blitz einschlägt. Wichtiger Parameter ist natürlich der Verursacher selbst, der Blitz: · Wie hoch ist seine Stromstärke? · Welches elektromagnetische Feld erzeugt er? · Wie oft tritt ein solches Ereignis auf? Die Intensität eines Blitzes und das dadurch erzeugte elektromagnetische Feld kann durch die Ergebnisse von Direkteinschlägen an Objekten ermittelt werden. Wichtig bei der Risikoanalyse sind u. a. die Nutzungsart von Gebäuden und Objekten sowie die Sicherheitsrelevanz der installierten technischen Anlagen. Als Beispiel seien hier nur die Sicherheitsanforderungen für Großrechenanlagen und Fertigungsbetriebe oder die Notbeleuchtung in Theatern oder die Notstromversorgung in Krankenhäusern genannt. Ferner werden in der Risikoabschätzung die Lage des zu schützenden Objekts in Relation zu seiner direkten Umgebung betrachtet, da hier z. B. die Bauhöhe und Bauart der benachbarten Gebäude auch Auswirkungen auf das Objekt selbst haben können. Nicht zuletzt gilt aber auch, dass das Risiko eines Blitzeinschlages natürlich um so größer wird, je öfter in seiner Umgebung Blitze einschlagen. Bereits in den Anfängen des Blitzschutzbaues in Deutschland wurde dieser Parameter berücksichtigt. Blitzhäufigkeit Verschiedene Messreihen in den letzten Jahrzehnten haben hier zufriedenstellende Ergebnisse geliefert. Für die Bewertung, wie viele Blitzeinschläge in einer bestimmten Region einschlagen, gab es bisher nur indirekte Beobachtungen. Eine aus heutiger Sicht recht zweifelhafte Formel zur Ermittlung der Blitzschlaghäufigkeit war die Berechnung aus der Anzahl der in einem solchen Gebiet beobachteten Gewittertage. In den einschlägigen Vorschriften wird als Maß für die Berechnung der Blitzdichte pro km2 und Jahr angegeben: Ng = 0,04·Td 1,25 (1) Td Gewittertage pro Jahr auf Basis der Gewittertagekarte Ein Gewittertag ist definiert als ein Tag, an dem Wetterbeobachter in einem Tageszeitraum ein Gewitter festgestellt haben. Dabei wird nicht berücksichtigt, ob es sich um eine heftige Gewitterfront mit mehreren hundert Entladungen oder um einen einzelnen Blitz im Winter handelt. Dieser Effekt lässt sich bei Beobachtung der Gewitter, besonders in den verschiedenen Jahreszeiten, leicht nachvollziehen (Bild ). Die Gl. (1) birgt große Unsicherheiten bei der Berechnung des Risikopotentials. Inzwischen gibt es aber auch andere Gewitterbeobachtungsformen, die objektiv die Blitzzahlen an beliebigen Orten messen und auswerten können. Bereits Mitte der siebziger Jahre wurden dafür erste Ortungssysteme für die direkte Messung von Gewitterblitzen in den USA entwickelt. BLIDS - der BLitz-Informations-Dienst von Siemens - betreibt seit über zehn Jahren ein flächendeckendes Ortungssystem, das Blitzeinschläge auf wenige hundert Meter genau lokalisiert. Auf Basis der langjährigen Aufzeichnungen kann so die statistische Blitzschlagverteilung in Deutschland direkt angegeben werden. Das Blitz-Ortungssystem nutzt die elektromagnetischen Eigenschaften des Blitzes zu seiner Beobachtung aus. Jeder Blitz erzeugt bei seiner Entstehung ein starkes elektromagnetisches Feld, ähnlich einem starken Radiosender. Dieser Impuls wird an verschiedenen Messpunkten registriert. Durch Vergleich der Laufzeiten an den jeweiligen Messempfängern lassen sich die Blitze zuverlässig orten. Zur Unterstützung dienen zusätzliche Messempfänger, die auch die Richtung des Signals peilen können. Für die Praxis lassen sich diese Messdaten auf Landkarten darstellen (Bild ). Messung der Blitzhäufigkeit Um die Blitzhäufigkeit zu ermitteln, müssen die Blitzschläge für ein bestimmtes Gebiet über den gesamten Messzeitraum gezählt werden. Die gewonnenen Informationen lassen sich entweder als großflächige Übersichtskarte darstellen oder über eine Abfrage in der „Blitzdatenbank“ direkt ablesen. Moderne Kommunikationsmethoden erlauben es, diese Werte direkt im Internet abzurufen oder sie als automatische Auskunft als SMS oder vom Sprachcomputer am Telefon zu erhalten. Spannend ist die Betrachtung der so gewonnenen Ergebnisse im Vergleich mit der Auswertung nach Gewittertagen. Ein Beispiel soll hier demonstrieren, wie sich die Genauigkeit der Risikoanalyse erhöht (Tafel ). Auswertung der Daten Allerdings kann die doch recht genaue Ortung der Gewitterblitze den Anwender dazu verführen, die so gewonnenen Werte zu lokal zu betrachten. Deshalb wird bei der Auswertung der Daten heute empfohlen, nicht nur die Einschlagdichte direkt am Planungsort zu berücksichtigen, sondern auch die Umgebung des Gebietes zu bewerten. Bei Gewittern han-Elektropraktiker, Berlin 56 (2002) 5 412 Report Blitzschlagverteilung in Deutschland Durch Gewitter entstehen von Jahr zu Jahr immer höhere Sachschäden. Betroffen sind heute insbesondere elektronische Geräte im Privathaushalt und in der Industrie. Zwar wurden für den Schutz auch immer bessere Schutzmethoden entwickelt und eingesetzt, doch müssen diese Methoden zur Reduzierung der Blitzschlagschäden auch im Bezug auf ihre Rentabilität optimal ausgelegt werden. Moderne Methoden der Risikoanalyse helfen dabei, das Gefährdungspotential abzuschätzen. Blitzanzahl aus Blitzanzahl der direkt Gewittertagen (Bild ) gemessenen Blitze und Gl. (1) in einem Quadrat von 2 km x 2 km (Bild ) Autobahnkreuz 1,8 bis 2,2 4,03 bis 5,0 Darmstadt A Autobahnkreuz 1,8 bis 2,2 7,9 bis 8,6 Wiesbaden B Tafel Beispiel zur Betrachtung der gewonnenen Ergebnisse Blitzdichte in einem Quadrat von 2 km x 2 km (Basis 9 Jahre) A und B Auswertepunkte für Beispiel in Tafel Gewittertage pro Jahr Quelle VDE delt es sich um großräumige natürliche Ereignisse, die von der allgemeinen Wetterlage bestimmt werden. Das Wetter lässt sich jedoch nicht auf einen Quadratkilometer festlegen. Die BLIDS-Auswertungen zeigen deshalb neben der Blitzdichte auf einem Gebiet von 4 km2 auch die Werte für 100 km2. Der jeweils höhere Wert für die Blitzdichte pro km2 sollte in diesem Fall für die Risikoanalyse benutzt werden. Für Deutschland soll hier eine Empfehlung erarbeitet werden. In Österreich wurde inzwischen in den entsprechenden Richtlinien eine Empfehlung verabschiedet. Dort wird nicht der Mittelwert aus 100 km2 genutzt, sondern ein Mittelwert aus den angrenzenden 2 km x 2 km Feldern gebildet und als Basis für die Risikoanalyse herangezogen. Durchschnittlich wird in Deutschland jeder Quadratkilometer zweibis dreimal pro Jahr vom Blitz getroffen. Insgesamt sind dies eine Million Blitzeinschläge pro Jahr allein in der Bundesrepublik. Die bisher gemessenen Dichtewerte, bezogen auf 10 Messjahre, ergeben Spitzendichtezahlen von ca. 5 Blitze pro Jahr und km2. Besonders exponierte Lagen in den Mittelgebirgen und den Alpen zeigen noch größere Werte. Diese besonders hohen Werte beruhen nach bisherigem Verständnis darauf, dass Türme auf Bergspitzen, besonders in den Wintermonaten, den tief liegenden Wolken als Blitzableiter dienen und sozusagen Blitze „auf sich ziehen“. Die Übersichtskarte (Bild ) zeigt eine typische Verteilung der Blitzdichte: Hohe Blitzzahlen besonders in den südwestlichen Mittelgebirgen, eine geringere Anzahl von Blitzen im Norden. Das relativ grobe Raster der Karte gibt aber nicht alle Informationen preis. Wie im Vergleich mit Bild leicht zu erkennen ist, können innerhalb der Fenster von 50 km x 50 km sehr wohl lokal große Blitzdichte-Unterschiede auftreten. Deshalb ist es wichtig, die lokalen Daten jeweils zu ermitteln. Auch sollten bei der Betrachtung der Blitzdichte größere Veränderungen im unmittelbaren Umfeld einer Anlage Berücksichtigung finden. Für den Praktiker in Blitzschutzbau und Planung sollte auf alle Fälle die in VDE-Bestimmungen empfohlene Methode zur Anwendung kommen: Berechnung des Risikos auf Basis der Ortungsdaten, Berücksichtigung der statistischen Zahlen auf einer zeitlich möglichst langen Basis. S. Thern Elektropraktiker, Berlin 56 (2002) 5 414 Report Blitzdichte 1992 - 2000 (Raster 50 km x 50 km) Informationen zu Blitzschutz und Blitzortung in Deutschland und Europa sind im Internet zu finden unter: www.blitzschutz.de www.blids.de INFO

Autor
  • S. Thern
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