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Blitz- und Überspannungsschutz

Blitz- und Überspannungsschutz bei PV-Anlagen

Erfahrungswerte aus der täglichen Praxis
ep2/2020, 4 Seiten

Bei dem seit Jahren sich stark wandelnden Solarstrommarkt und der damit verbundenen Häufung von nicht fachgerecht montierten Solarstromanlagen ist eine immer noch vorhandene Unsicherheit der Planer, Errichter und Prüfer im Bereich des fach- und normgerecht umzusetzenden Blitz-und Überspannungsschutzes von PV-Anlagen zu beobachten. Daher wurde eine intensive Diskussion im Arbeitskreis 221.2.2 der DKE sowie mit weiteren Experten geführt. Als Ergebnis wird an dieser Stelle der aktuelle Stand der normativen Anforderungen an mehreren typischen Praxisfällen aufgezeigt.


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Die Aussage in VDS 2010 [4] zur Errichtung eines kompletten Blitzschutzsystems bei der Überschreitung der Anlagengröße von 10 kWp ist nur bei privatrechtlicher Vereinbarung zwischen Versicherungsnehmer und Versicherungsgeber bindend.

In Zweifelsfällen wird von den Autoren zur Beantwortung der Frage, ob eine äußere Blitzschutzanlage notwendig ist, eine Risikoanalyse nach der aktuellen DIN EN 62305-2 (VDE 0185-305-2) [5] zur Klärung der Notwendigkeit eines kompletten Blitzschutzsystems nach DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3) [6] empfohlen.

Die Notwendigkeit von Überspannungsschutzmaßnahmen leitet sich für die AC-Seite der PV-Anlage von den Kriterien nach DIN VDE 0100-443 (VDE 0100-443) [7] und für die DC-Seite zusätzlich von den Vorgaben nach DIN EN 62305-3 Beiblatt 5 (VDE 0185-305-3 Beiblatt 5) [3] ab.

Sowohl die vereinfachte Risikoanalyse zur Entscheidungsfindung über den Einsatz von Überspannungsschutz entsprechend Anhang ZB von DIN VDE 0100-712 (VDE 0100-712) [8], als auch die vereinfachte Risikoanalyse entsprechend Anhang ZA von DIN VDE 0100-443 (VDE 0100-443) [7] wird in Deutschland nichtangewendet (entgegen [9]).

Wichtiger Hinweis. Der im Abschnitt 712.542.101 der aktuellen DIN VDE 0100-712 (VDE 0100-712) [8] aufgeführte „Potentialausgleich von Metallkonstruktionen der PV-Anlage“ wir ebenfalls als Funktionspotentialausgleich bzw. Funktionserdung definiert, da er nicht dem Schutz gegen elektrischen Schlag dient.

In Bild 1 wird die zu realisierende Funktionserdung bzw. der Funktionspotentialausgleich aufgeführt.

Bild 1: Geb

DIN EN 62305-3 Beiblatt 5 (VDE 0185-305-3 Beiblatt 5) [3] empfiehlt auch bei PV-Anlagen auf Gebäuden ohne äußeren Blitzschutz unabhängig einer Leistungsgröße des Wechselrichters die Umsetzung der Funktionserdung bzw. des Funktionspotentialausgleichs. Dabei sind die Vorgaben des Wechselrichter- und Solarmodul-Herstellers zu beachten.

Bei PV-Anlagen auf Gebäuden mit äußerem Blitzschutz ist diese Funktionserdung bzw. der Funktionspotentialausgleich ohnehin normativ verpflichtend.

In Bild 1 ist entsprechend DIN EN 62305-3 Beiblatt 5 (VDE 0185-305-3 Beiblatt 5) [3] ein Mindestquerschnitt des Kupferleiters von 6 mm2 anstatt von 4 mm2 nach DIN VDE 0100-712 (VDE 0100-712) [8] Abschnitt 712.542.3.101 aufgeführt. Diese Anforderungen stehen momentan im Widerspruch zueinander, diese Ungereimtheit soll aber in zukünftigen Normungsprozessen angeglichen werden.

Da in DIN VDE 0100-712 (VDE 0100-712) [8] aber ein eindeutiger Bezug auf das aktuelle Beiblatt 5 [3] der DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3) [10] gegeben ist, empfehlen die Autoren dieses Fachbeitrages die Umsetzung entsprechend Bild 1.


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Quellen

[14] Schutz bei Überspannungen in Niederspannungsanlagen – Neuerungen in der DIN VDE 0100-443 und DIN VDE 0100-534; Herausgeber Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) Frankfurt am Main, Stand: Juli 2017. n

[12] DIN EN 61643-11 (VDE 0675-6-11):2019-03 Überspannungsschutzgeräte für Niederspannung – Teil 11: Überspannungsschutzgeräte für den Einsatz in Niederspannungsanlagen – Anforderungen und Prüfungen.

[13] DIN EN 50539-11 (VDE 0675-39-11):2013-12 Überspannungsschutzgeräte für Niederspannung – Überspannungsschutzgeräte für besondere Anwendungen einschließlich Gleichspannung – Teil 11: Anforderungen und Prüfungen für Überspannungsschutzgeräte für den Einsatz in Photovoltaik-Installationen.

[10] DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3):2011-10 Blitzschutz – Teil 3: Schutz von baulichen Anlagen und Personen.

[11] DIN VDE 0100-534 (VDE 0100-534):2016-10 Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 5-53: Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel – Trennen, Schalten und Steuern – Abschnitt 534: Überspannungs-Schutzeinrichtungen (SPDs).

[8] DIN VDE 0100-712 (VDE 0100-712):2016-10 Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 7-712: Anforderungen für Betriebsstätten, Räume und Anlagen besonderer Art – Photovoltaik-(PV)-Stromversorgungssysteme.

[9] Haselhuhn, R.: Blitz- und Überspannungsschutz an PV-Anlagen – Eine Entscheidungshilfe; Elektropraktiker, Berlin 73 (2019) 11, S. 877–880.

[6] DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3):2011-10 Blitzschutz – Teil 3: Schutz von baulichen Anlagen und Personen.

[7] DIN VDE 0100-443 (VDE 0100-443):2016-10 Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 4-44: Schutzmaßnahmen – Schutz bei Störspannungen und elektromagnetischen Störgrößen – Abschnitt 443: Schutz bei transienten Überspannungen infolge atmosphärischer Einflüsse oder von Schaltvorgängen.

[3] DIN EN 62305-3 Beiblatt 5 (VDE 0185-305-3 Beiblatt 5):2014-02 Blitzschutz – Teil 3: Schutz von baulichen Anlagen und Personen – Beiblatt 5: Blitz- und Überspannungsschutz für PV-Stromversorgungssysteme.

[4] VDS 2010:2015-04 Risikoorientierter Blitz- und Überspannungsschutz; Herausgeber: Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV); VdS Schadenverhütung GmbH, Köln.

[5] DIN EN 62305-2 (VDE 0185-305-2):2013-02 Blitzschutz – Teil 2: Risiko-Management.

[1] DIN 820-2:2018-09 Normungsarbeit – Teil 2: Gestaltung von Dokumenten.

[2] Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz – EnWG) vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1970, 3621), zuletzt geändert durch Art. 1 G v. 5.12.2019 I 2002.


Weitere Bilder



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(Quelle: HUSS)


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Autoren
  • F. Ziegler
  • J. Birkl
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