Energietechnik/-Anwendungen
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Elektrotechnik
Blind- und Wirkleistung bei Wechselrichtern
ep5/2007, 2 Seiten
Netzgekoppelte Wechselrichter Netzgekoppelte Wechselrichter erzeugen Wechselstrom, indem die Geräte den Null-Durchgang der Netzspannung erfassen und ihren Ausgangsstrom entsprechend darauf abstimmen. Der Wechselrichter liefert daher einen Strom mit nahezu gleicher Phasenlage. Die Abweichung entsteht dabei durch einen Zeitverzug oder eine Differenz zwischen Spannungsmessung und Stromvorgabewert der Ausgangsbrücke, und kann sowohl induktiv als auch kapazitiv sein. Der Leistungsfaktor cos ist bei netzgekoppelten Systemen ein Qualitätsmerkmal des Wechselrichters, da Energiezähler in der Regel nur die Wirkleistung summieren. Der vom Zähler angezeigte Wert ist daher nur eine Kennzahl des Wirkleistungsanteils des erzeugten Stroms. Der Blindleistungsanteil wird dabei nicht vom Zähler erfasst. Eine Abweichung von nur einem Prozent (cos von 0,99) reduziert im gleichen Maß den Energieertrag. Dies bedeutet gleichzeitig 1 % weniger Einspeisevergütung. Wie groß diese Abweichung letztlich ist, das hängt sehr stark von der implementierten Messschaltung und den verwendeten Auswertealgorithmen ab. Blindleistung im Inselnetz Im Gegensatz zu netzgekoppelten Wechselrichtern werden Inselwechselrichter nicht an ein bestehendes Wechselspannungs-Netz angeschlossen, sondern erzeugen ein autonomes Stromnetz. Abhängig von den angeschlossenen Verbrauchern richten sich Form und Phasenlage des Stroms nach den angeschlossenen Stromabnehmern. Bei einem Leistungsfaktor cos ungleich 1 kommt es auch dazu, dass Strom in den Wechselrichter zurückfließen muss. Dieses Bertriebsverhalten wird als „Vier-Quadranten-Betrieb“ bezeichnet (Bild ) und läuft in folgenden Phasen ab: · Spannung positiv, Strom negativ Leistung aus dem Verbraucher wird vom Inselwechselrichter aufgenommen, · Spannung positiv, Strom positiv Leistung wird vom Verbraucher aufgenommen, · Spannung negativ, Strom positiv Leistung aus dem Verbraucher wird vom Inselwechselrichter aufgenommen, · Spannung negativ, Strom negativ Leistung wird vom Verbraucher aufgenommen. Dieses Verhalten gilt generell sowohl für induktive als auch für kapazitive Lastprofile. In realen Systemen treten jedoch hauptsächlich induktive Profile - bedingt durch die Verwendung von Motoren und Kompressoren - auf. Kapazitive Systeme entstehen bei Inselsystemen, welche ausschließlich für die Versorgung der Beleuchtung betrieben werden. Um den speziellen Anforderungen dieser einzelnen Verbraucher gerecht zu werden, muss daher die Topologie eines Wechselrichters auf diese Betriebsweise ausgelegt sein. In der Regel sind das Vollbrückenschaltungen mit einer pulsweiten modulierten Ansteuerung (PWM). Der vom Wechselrichter aufgenommene Strom wird allerdings nicht zurück in die Batterie geladen, sondern je nach Topologie größtenteils im Wechselrichter zwischengespeichert. Die Blindleistung pendelt also nur zwischen der angeschossenen Last und dem Wechselrichter hin und her. Die Energie aus der Batterie erzeugt rein den Wirkleistungsanteil . Nieder- und Hochfrequenz-Konzepte Die ältere, aber nach wie vor am meisten verbreitete Technologie, ist jene der so genannten Niederfrequenz-Wechselrichter. Dieses System erzeugt Wirkleistung, indem die Gleichspannung aus der Batterie direkt in 50 Hz Wechselspannung umgewandelt wird. Anschließend wird diese über einen Niederfrequenz-Transformator direkt auf die erforderliche Ausgangsspannung angehoben und am Ausgang zur Verfügung gestellt. Dieses Konzept punktet vor allem durch seinen einfachen Aufbau. Ein Manko hingegen ergibt sich aus der voluminösen Bauweise und dem hohen Gewicht des Niederfrequenz-Trafos. Darüber hinaus entstehen konzeptbedingt hohe Ummagnetisierungsverluste am Transformator, welche sich auf den Wirkungsgrad auswirken. Bei Niederfrequenz-Konzepten (Bild ) erfolgt der Energiefluss bei Blindleistung zwischen der Eingangskapazität und der angeschlossenen Last. Nachteilig wirkt sich dabei aus, dass die Eingangskapazität direkt an die Batterie gekoppelt ist, und so Rückwirkungen auf diese entstehen können. Das beeinträchtigt wiederum die Lebensdauer der Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 5 418 FÜR DIE PRAXIS Energietechnik Blind- und Wirkleistung bei Wechselrichtern H. Heigel, Wels-Thalheim Wenn sowohl netzgekoppelte Wechselrichter als auch Inselwechselrichter Energie wandeln, könnten ihre Aufgaben nicht unterschiedlicher sein. Netzgekoppelte Wechselrichter produzieren Wechselstrom und speisen diesen in das öffentliche Netz ein. Inselwechselrichter erzeugen eine Wechselspannung, mit der sie ein autonomes Stromnetz aufbauen. Autor Dipl.-Ing. (FH) Hannes Heigl ist Projektmanager bei Fronius, Wels-Thalheim U, I Spannung Strom Tr1 Komplettschaltung siehe Bild 3 HF-Konzept Tr1 Komplettschaltung siehe Bild 2 50-Hz-Konzept Vier-Quadranten-Betrieb mit induktiver Last im Inselnetz. Bei einem Leistungsfaktor ungleich 1 muss der Wechselrichter Blindleistung aufnehmen können. EP0507-418-419 18.04.2007 14:43 Uhr Seite 418 Batterie. Eine weitere Schwachstelle ist, dass in diesem Fall die rückfließende Energie laufend durch das gesamte Gerät und im Speziellen über den Niederfrequenz-Transformator geführt werden muss. Dadurch ergibt sich bei Verbrauchern mit Blindleistungsaufnahme eine entsprechend schlechtere Effizienz des Wechselrichters als bei rein ohmschen Verbrauchern. Das neuere Konzept der Hochfrequenz-Technologie wandelt zuerst den aus der Batterie entnommenen Gleichstrom in einen hochfrequenten Wechselstrom im kHz-Bereich um (Bild ). Danach wird dieser über einen HF-Transformator geführt und auf die Scheitelspannung des Netzes (bei 230V Netzen) gleichgerichtet. Die Energiespeicherung erfolgt im so genannten Zwischenkreis. In der Ausgangsstufe entsteht nun direkt 50 Hz Wechselspannung. Ein großer Vorteil des Systems ist, dass ein Hochfrequenz-Transformator bei gleicher Übertragungsleistung um ein Vielfaches kleiner und leichter realisiert werden kann. Daraus resultiert eine höhere Leistungsdichte verbunden mit einem höheren Wirkungsgrad im Vergleich zu herkömmlichen Niederfrequenzsystemen. Nachteil ist der komplexere Aufbau von HF-Konzepten auf Grund ihrer zweistufigen Topologie. HF-Konzepte für Inselsysteme sind ebenfalls Vier-Quadranten-fähig. Die Blindleistung pendelt bei dieser Technologie über die Ausgangsvollbrücke zwischen angeschlossenen Verbrauchern und dem Zwischenkreis hin und her. Das hat den Vorteil, dass Leistung nur über die Ausgangsbrücke transferiert werden muss. Die Hochfrequenzbrücke und der Transformator bleiben unbeeinflusst, was sogar eine Effizienzsteigerung zur Folge hat. Beispiellösung für den Inselbetrieb Das erste Gerät der neue Inselwechselrichter-Serie, Fronius IS 30, verfügt über eine Hochfrequenztechnik und eine Ausgangsstrom-Begrenzung zum Schutz der verwendeten Bauteile. Die Begrenzung des Stroms erfolgt dabei in zwei Stufen. Bei längerem Überschreiten des nominellen Stromwertes oder bei kurzzeitigem Überschreiten eines Maximalwerts wird der Ausgangsstrom entsprechend limitiert, was ein Absenken der Ausgangspannung zur Folge hat. Durch diese zweistufige Strategie ist es möglich, Lasten mit sehr hohem Anlaufstrom wie Pumpen oder Kühlschankgeneratoren zu starten sowie einen zuverlässigen Dauerbetrieb unabhängig des cos sicherzustellen. Eine weitere Besonderheit des Serie IS ist die Möglichkeit auch ein Dreiphasensysteme aufzubauen. Um die Leistung eines Systems zu erhöhen, können bis zu fünf Geräte pro Phase eingebunden werden. Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 5 419 Tr1 Energiefluss im Inselnetz mit 50-Hz-Konzept des Wechselrichter bei angeschlossener Blindlast Energiefluss im Inselnetz mit Hochfrequenz-Konzept des Wechselrichter bei angeschlossener Blindlast Quelle: Fronius Tr1 L2 D1 D3 D2 D4 EP0507-418-419 18.04.2007 14:43 Uhr Seite 419
Autor
- H. Heigel
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