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Elektrotechnik
B.KWK-Kongress 2003
ep2/2004, 2 Seiten
Kongressthema: KWK und Politik KWK ist unbestritten das effizienteste und gleichzeitig im Langzeitbetrieb getestete System zur Nutzung von Brennstoffen, gleich ob fossil oder erneuerbar. Durch die gleichzeitige Gewinnung von Strom und Nutzwärme sind Gesamtwirkungsgrade von mehr als 90 % möglich (vgl. ep 11/03, S.866-869). Aus Sicht der Regierung ist KWK die wichtigste Technologie zur aktuellen Minderung der klimaschädlichen CO2-Emissionen. Dennoch gibt es bei der Erfüllung der gestellten Ziele Bremsen und Rückstände, die die Entwicklung hemmen - so die Einschätzung der Interessenvertretung des Bundesverbandes KWK (B.KWK). Damit war gleichzeitig das Thema des ersten Tages des am 12. und 13.11. durchgeführten B.KWK-Kongresses vorgegeben. Schwerpunkt waren die Mängel des KWK-Gesetzes vom 19.3.2002. Zum wiederholten Mal forderte der Bundesverband KWK umgehend eine Nachbesserung des KWK-Gesetzes, da andernfalls Deutschland sein Klimaschutzziel im Rahmen der Kyoto-Verpflichtungen deutlich verfehlt, so der Präsident Johannes van Bergen. Nach den inzwischen feststehenden Entscheidungen der potenziellen Käufer wird das KWK-Gesetz nur 4 bis 5 Millionen Tonnen an jährlicher CO2-Einsparung durch Investitionsentscheidungen in KWK-Anlagen auslösen, d. h. etwa 50 % des von der Bundesregierung angestrebten Ziels. Dabei bräuchte die Branche nach Meinung van Bergen eigentlich überhaupt keine staatliche Unterstützung, um sich auf dem Markt zu behaupten. Sie brauche sie nur deshalb, weil die Preissignale auf dem Strommarkt durch überkommene Privilegien für Strom aus Großkraftwerken, die mit Kernkraft und Kohle betrieben werden, verfälscht seien, und weil die Netzkostenvorteile der KWK infolge der derzeit noch geltenden unsachgemäßen Netzzugangsregelungen nicht voll zur Geltung kämen. Zudem werde insbesondere im Bereich kleiner KWK-Anlagen das Gesetz unverändert durch einseitig gesenkte Einspeisevergütungen vieler Stromnetzbetreiber unterlaufen. Nach bewährten Vorbildern wurde diese Diskussion in einem Podiumsgespräch mit Abgeordneten des Bundestages sowie Vertretern des B.KWK und des VDEW fortgesetzt. Dabei wurde von keinem Diskussionsteilnehmer die klimapolitische Notwendigkeit eines KWK-Ausbaus in Abrede gestellt. Die beiden energiepolitischen Sprecher der Regierungsfraktionen, Rolf Hempelmann (SPD) und Michaele Hustedt (B90/Grüne), erklärten ihre Unterstützung des B.KWK-Vorschlages, umgehend eine verbindliche Regelung der Einspeisevergütung für Klein-KWK-Anlagen bis 2 MW vorzunehmen. Hutstedt sprach sich konkret dafür aus, eine entsprechende Vorschrift im Rahmen eines Artikelgesetzes zusammen mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz zu beschließen. Auch dem zweiten Vorschlag des B.KWK, die im KWK-Gesetz erst für Ende 2004 vorgesehene offizielle Überprüfung von dessen Wirksamkeit vorzuziehen, bringen die beiden Energiepolitiker Sympathien entgegen. Er soll vor dem Hintergrund der anstehenden Regelung des nationalen Zuteilungsplans für Treibhausgas-Zertifikate geprüft werden. In diesem Zusammenhang wurde auch der aktuelle Vorschlag des B.KWK, wie die KWK im Rahmen des künftigen Emissionshandels behandelt werden soll, mit Interesse aufgenommen. Bereits der abendliche Ausstellerempfang bot den insgesamt 90 Kongressteilnehmern die Gelegenheit zu fachspezifischen Informationen und Diskussionen. Diese Wissensvermittlung wurde am zweiten Tag durch acht Vorträge zur technischen Entwicklung der KWK und zum wirtschaftlichen Umfeld fortgesetzt. Leistungsstärkere KWK-Anlagen in Wohngebieten Schon der erste Fachvortrag machte deutlich, dass die KWK-Leistung nicht beim Blockheizkraftwerk (BHKW) beginnt. Dr.H.J.Ziesing, Leiter der Abt. Energie, Rohstoffe, Umwelt im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) referierte über die Rolle der KWK im künftigen Park für Großkraftwerke. Bereits seit Jahren ist vor allem in Ballungszentren wie beispielsweise in Berlin-Mitte die KWK mit den sogenannten Gas- und Dampfkraftwerken (GuD-Kraftwerke) eine Realität. Die Zukunft der KWK ist in diesem Leistungsbereich aber besonders fraglich - so die Meinung der Stromwirtschaft. Besondere Aktualität gewinnt dieses Problem durch die Notwendigkeit, ab etwa 2010 in Deutschland den teilweise veralteten Kraftwerkspark im Leistungsbereich bis zu 40 GW zu erneuern (vgl. ep 9/03, S.652). Über die GuD-Technik hinaus gibt es im MW-Bereich einzelne KWK-Anlagen, die aufgrund des verwendeten Brennstoffs teilweise sogar eine noch bessere C02-Bilanz aufweisen. Dazu gehören beispielsweise Holzheizkraftwerke, die seit Inkrafttreten der Biomasseverordnung am 21.7.01 bis zu einer elektrischen Leistung von 20 MW gefördert werden. Die Harpen EKT, ein Unternehmen das Wärmeanlagen plant, errichtet und auch betreibt, stellte u.a. ein in Berlin-Neukölln errichtetes 20 MWel-Heizkraftwerk vor. Es liefert außerdem noch 65 MWth und ersetzt etwa zur Hälfte das bisherige kohlebefeuerte Heizkraftwerk. Die über ein Fernwärmenetz an 50.000 Einwohnern gelieferte Energie verringert die C02-Emissionen um mindestens 50 % und senkt gleichzeitig den Wärmepreis für die Bewohner um etwa 30 %. Ein anderer Brennstoff für Kraft-Wärme-gekoppelte Kraftwerke ist der Teil des Mülls, der thermisch verwertbar ist. Bereits das 1996 verabschiedete Kreislaufwirtschaftsgesetz hat festgelegt, dass ab Mitte 2005 der ganze Müll aus Haushalt, Gewerbe etc. - auch als Siedlungsmüll bezeichnet - generell in „Abfall zur Beseitigung“ und „Abfall zur Verwertung“ getrennt werden muss. Jeder Müll muss deshalb zunächst in einer Recycling-Anlage getrennt werden. In der ersten Phase werden alle verwertbaren Stoffe mechanisch aussortiert. Danach schließen sich die Trocknung des Restabfalls und die Trennung von Restglas und Mineralien an. Etwa 93 % des Abfalls wird thermisch in Kraftwerken und in der Zementproduktion zur Energiegewinnung genutzt. Der Brennwert dieses „Abfalls (thermischer) Verwertung“ liegt erfahrungsgemäß 30 % über dem der Rheinischen Braunkohle. Inzwischen sind in allen Bundesländern die Recycling-Anlagen wie auch die neuen Müllverbrennungs-Kraftwerke in Bau. Spezielle Rauchgasreinigungsanlagen sichern die Einhaltung der äußerst niedrigen Grenzwerte für Dioxine, Quecksilber und andere Schadstoffe. Die Kraftwerke liefern bis etwa 20 MWel. Strom und Wärme aus der Tiefe in den Startlöchern Nicht alle zukunftsträchtigen KWK-Systeme der oberen Leistungsklasse waren in Berlin ein Thema. Das betrifft vor allem die in der Perspektive auch in Deutschland erwarteten Erdwärmekraftwerke, mit denen die EE Geothermie auf die Stromgewinnung erweitert wird. Der Zufall wollte es, dass zeitgleich mit dem KWK-Kongress am 12.11. in Mecklenburg-Vorpommern Deutschlands erstes stromlieferndes Erdwärmekraftwerk mit einer Bruttoleistung von 210 kWel den Dauerbetrieb netzgekoppelt aufnahm. In diesem Stromerzeugungsprozess reduziert sich die Restwärme des Energieträgers Wasser von Elektropraktiker, Berlin 58 (2004) 2 BRANCHE AKTUELL B.KWK-Kongress Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) für jede Leistung Berlin ist ein ausgezeichneter Tagungsort für den ortsansässigen Bundesverband KWK. Darüber hinaus bietet die Stadt die ganze Breite unterschiedlicher KWK-Anwendungen. Dazu gehören Fernwärme-, Nahwärme- und Objektversorgungssysteme - wie in vielen anderen deutschen Großstädten sowie Wohn- und Gewerbegebieten. Dabei wird Erdgas zunehmend durch Erneuerbare Energien (EE) ergänzt. Nahwärme-Übergabestation zur Wärmeversorgung von Etagen, Wohnungen, Reihen-, Ein- und Zweifamilienhäusern mit Plattenwärmetauscher, Elektronikteil, diversen Anschlussmöglichkeiten etc. Foto: Viessmann Elektropraktiker, Berlin 58 (2004) 2 91 BRANCHE AKTUELL 97 auf 72°C. Sie reicht aus, um in Neustadt-Glewe 500 Haushalte mit Wärme zu versorgen. Die erste Anlage dieser Art ist ein Testobjekt und unterstützt die laufenden Forschungsarbeiten mit dem Ziel, das Preis-Leistungs-Verhältnis schrittweise erheblich zu verbessern. Dem diente auch der „1.Fachkongress Geothermischer Strom“, den die Geothermische Vereinigung e.V. zusammen mit dem Geo Forschungs Zentrum Potsdam ebenfalls am 12. und 13.11. durchführte. Dr. M.Kaltschmidt, Direktor des Leipziger Instituts für Energetik und Umwelt informierte u.a., dass noch im Jahr 2004 zwei weitere KWK-Anlagen dieser Art in Groß Schönebeck bei Berlin und in Bad Urach in Betrieb gehen sollen. In den Jahren 2005 bis 2007 könnten die Forscher mit zwei weiteren Anlagen sogar in den einstelligen MW-Bereich vorstoßen. Allerdings wird die Kopplung im Erdwärmekraftwerk nicht nach den Richtlinien des bereits erwähnten KWK-Gesetzes gefördert, sondern nach dem Erneuerbaren-Energie-Gesetz (EEG). Das ergibt sich aus der Bewertung der Geothermie als EE, da sie nach menschlichem Ermessen als unerschöpfliche Energiequelle gilt. Nahwärmekonzepte contra Einzelhausversorgung Während die Fernwärmeversorgung seit Jahrzehnten eine bewährte Form vor allem in Ballungsgebieten mit hoher Siedlungsdichte und Großstädten ist, steht die Versorgung aus dem Nahwärmenetz erst am Anfang ihrer Entwicklung. Es sind dies bedeutend kleinere Netze, die von gebäudenahen oder -integrierten Energiezentralen mit Wärme versorgt werden. Sie liefern ihre Wärme kostengünstig über einfache Kunststoffmantelrohre, die nicht geschweißt werden müssen bis zu einer ebenso einfach aufgebauten Übergabestation (Bild ). Die Energiesysteme können mit Solar-, Umwelt-, Erd-und Abwärme versorgt werden. Nachfolgend werden nur solche behandelt, die erdgasversorgt über BHKW Strom und Nutzwärme liefern und in der Regel parallel dazu noch Wärme mit Brennwertgeräten erzeugen sowie bei Bedarf speichern (Bild ). Das größte Problem bei der Realisierung dieser Systeme ist es, die unterschiedlichen Interessen der Eigentümer unter einen Hut zu bringen und ein gemeinsames, für Mieter und Vermieter wirtschaftlich und ökologisch sinnvolles Konzept zu realisieren. Dieses Problem gab es allerdings bei einem in Türkheim 2002 realisierten Projekt nicht - wie C.Müller vom Energieversorger RES berichtete. Dort hat der Grundstückseigentümer von Anfang an die 56 Neubauplätze mit Nahwärme-Contracting angeboten - bis zur zentralen Temperaturabsenkung in der Nacht. Zusätzlich wurde den Bauherren ein Spitzenmanagement für das BHKW mit einer elektrischen Leistung von 110 kW vorgegeben - eine Regelung, die die Anlage erst rentabel gemacht haben soll. Ähnliche Konzepte wurden u.a. auch in Berliner Wohngebieten realisiert. So entstand in einem Neubaugebiet am Stadtrand eine Energiezentrale mit zwei BHKW-Modulen und einem Heizkessel, deren 3500 m langes Nahwärmenetz vor allem 1700 Wohnungen beliefert. Im Altbaubestand an Mehrfamilienhäusern sind inzwischen mehr als ein Dutzend BHKW-Zentralen entstanden und weitere vorbereitet. Die elektrische Leistung einer Zentrale reicht von 5 kW (bis zu 3 BHKW-Module parallel) bis 18 kW (bis zu 2 Geräten parallel). Dazu gehört u.a. ein Komplex mit drei denkmalgeschützten vierstöckigen Wohngebäuden. Bereits das erste erhielt eine in das Dach integrierte Energiezentrale für zwei 18 kW-BHKW - direkt über einem Schlafzimmer. Erwähnenswert ist auch das von 4 Straßen umschlossene Modellprojekt. In der ersten Baustufe wurde eine Nahwärmeversorgung für einen Bedarf von 1090 kW (Heizung und Warmwasser) und eine Vorlauf-/Rücklauftemperatur von 70/50°C mit elf Wärme-Übergabestationen geschaffen. Zusätzlich erhielten zwei Wohnhäuser solarthermische Kollektoren, die in das Versorgungssystem eingebunden wurden. Auch hier ist die Energiezentrale in ein Gebäudedach integriert. Insgesamt kamen die Planer zu dem Ergebnis, dass das Nahwärmekonzept selbst im Gebäudebestand aus der Gründerzeit eine wirtschaftlich und ökologisch günstigere Energieversorgung darstellt als eine dezentrale Einzelhausversorgung. Insbesondere dürften die um 15 % niedrigeren Energiekosten von zentraler Bedeutung sein. Das betrifft einmal die reduzierten Investitionen, andererseits werden die laufenden Energiekosten häufig um etwa 5 % reduziert. Objektversorgung mit Mini-BHKW Ein großes, bisher nur begrenzt erschlossenes KWK-Potenzial eröffnet sich bei allen Unternehmen und Wohnungs-/Hauseigentümern mit Wärmebedarf. Um es zu nutzen, sollte der Planer von Energieanlagen prüfen, ob Zwänge verschiedener Art, Wirtschaftlichkeit und Realisierungsmöglichkeit nicht auch für eine eigene Stromerzeugung mit KWK sprechen. Dazu gehören beispielsweise eine Ersatzstromanlage, deren Funktion auch BHKW übernehmen können, die Gewinnung von Kälte mit wärmebetriebenen Systemen und die Inanspruchnahme von Fördermitteln. Das betrifft insgesamt KWK-Objektversorgungssysteme in Industriebetrieben (Nutzung von Prozesswärme), im Hotel-, Gaststätten- und anderen Gewerbe, in Zweckbauten (Büro-und Verwaltungsbauten, Krankenhäusern etc.) sowie im besonderen Maße den sanierungsbedürftigen Wohnungsbestand. Der Kongress des B.KWK machte deutlich, dass zur Lösung dieser KWK-Aufgaben nach wie vor nur das langjährig erprobte BHKW zur Verfügung steht und in diesem Jahrzehnt kaum ein größerer Beitrag durch Brennstoffzellen-BHKW erwartet werden kann (vgl. ep 5/02, S.394-397). Dem entspricht auch der wachsende Bedarf im Leistungsbereich bis 50 kW. So konnte der Marktführer für Mini-BHKW (5 kW el) Senertec in knapp zwei Jahren 3000 Geräte liefern -- vom Serienbeginn 1996 bis Anfang 2002 waren es lediglich 5000. Die Investitionskosten sind in sechs bis acht Jahren amortisiert, schneller als bei EE. Ein wesentlicher Grund für dieses Wachstum sind die Förderungen durch die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) sowie Zuschüsse von Städten, Kommunen und Energieversorgern. Erstere bietet für alte und neue Wohnungsgebäude das CO2-Minderungsprogramm und ein spezielles CO2-Gebäudesanierungsprogramm an. Um im konkreten Sanierungsfall die sinnvollsten Maßnahmen realisieren zu können, stehen sechs unterschiedlich zusammengesetzte Maßnahmepakete zur Auswahl, alle kombinierbar auch mit einem BHKW (vgl. ep 2/04, S. ???, Abschnitt „Förderung auch für Wärmepumpen“). Gewährt werden zinsverbilligte Kredite und bei großen C02-Einsparungen sogar ein Teilschuldenerlass. Seit Mitte 2003 gibt es auch ein Förderprogramm für den gewerblichen Bereich. Insgesamt werden mit diesem Programm Wohnwert und Klimaschutz, aber auch Arbeitsplätze in der Bauindustrie und die Stadterneuerung gefördert. Erfreulicherweise lagen schon sechs Monate nach dem Programmstart 175.000 Anträge bei der KfW vor. Wenn auch bei weitem nicht alle mit dem Ziel, selbst Strom zu erzeugen. H. Kabisch BHKW, das auch die Funktion eines Notstromaggregates übernehmen kann Foto: Sokratherm Aktuelle Nachrichten und Metallpreise unter www.elektropraktiker.de
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Autor
- H. Kabisch
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