Elektrotechnik
bautec 2002 in Berlin: Vom Niedrigenergiehaus zum Energiesparhaus
ep4/2002, 1 Seite
Die EnEV stellt Architekten vor allem beim Neubau eine neue Aufgabe: Zusammen mit Energieplanern haben sie im Rahmen der neuen Vorschriften ein Optimum aus Wärmeverlust (Transmissionswärme) und anspruchsvoller Anlagentechnik zu realisieren. Ziel ist in der Regel vor allem die Minimierung der Investitions- und nunmehr auch der Heizkosten. Durch den Übergang auf den „verlustbehafteten Primärenergiebedarf“ als Bemessungsgröße wird der gesamtgesellschaftliche Charakter der EnEV deutlich. Zukunft bauen, Bestand verbessern, Chancen sichern - so das Motto der internationalen Baufachmesse - die in diesem Jahr wiederum größte in Deutschland. Im Vergleich zur letzten Messe vor 2 Jahren verringerte sich die Zahl der Aussteller von 1600 auf 1300. Weitgehend komplett war die Bauindustrie vertreten. Schwächer besetzt waren demgegenüber die als Premiere unter dem Motto „Das komplette Haus“ angekündigte Anlagen- und Heiztechnik wie auch die Gebäudeautomatisierung. Die parallel stattfindende Build IT mit dem Bundeswirtschaftsministerium konnte dieses Defizit nicht ausgleichen. EnEV senkt Primärenergieverbrauch bautec-Schwerpunkt Nr.1 war die EnEV, die nach langen Auseinandersetzungen nunmehr ab 1.2. d. J. gilt und dabei vor allem im Neubau zu wesentlichen Veränderungen führt. Damit wurde gleichzeitig die Wärmeschutzverordnung `95 sowie die Heizanlagen-Verordnung nach etwa zweijährigen Abstimmungen durch eine Neuregelung ersetzt (vgl. ep 5/00 S. 384-385, 12/00 S. 1014, 5/01 S. 352, 6/0l S. 426). Die EnEV und vor allem der im Neubau einzuführende Gebäudepass waren herausragende Themen an zahlreichen Informationsständen und Messeständen der Bauindustrie, der Anlagentechnik und der Erdgasversorger (Bild ). Erste Adressen waren vor allem die im ganzen Bundesgebiet aktive Deutsche Energie-Agentur (dena) und das ebenfalls über Berlin hinaus tätige Kompetenzzentrum IEMB (s. Infokasten). Auch die im Zusammenhang mit der EnEV durchgeführte Großveranstaltung „Planer-Forum“ ist erwähnenswert (Bild ). Ziel der EnEV ist die Energieeinsparung beim Neubau von beheizten Gebäuden um etwa 25 bis 30 % gegenüber den bisher geltenden Vorschriften. Dadurch wird das erfolgreich erprobte Niedrigenergiehaus-Niveau praktisch zum Standard, ohne dass damit die künstlerische Freiheit des Architekten eingeschränkt wird. Baulicher Wärmeschutz und eine moderne Anlagenheiztechnik sollen gewünschte Solltemperaturen ebenso wie eine hygienisch-gesundheitlich unbedenkliche Raumluft gewährleisten. Gleichzeitig besteht das politische und wirtschaftliche Ziel, wegen zunehmender Klimagefährdungen und der Verknappung fossiler Energieträger diese Aufgabe mit höchster Energieeffizienz bei niedrigstem Ressourceneinsatz durchzuführen. Inzwischen wurde ein technischer Stand erreicht, der die Realisierung des neuen Standards mit einem Kostenmehraufwand von 1 bis 2 % erlaubt. Durch die erzielte Energieeinsparung amortisiert sich dies in wenigen Jahren. Im Unterschied zu den bisherigen Vorschriften ist nunmehr der Primärenergiebedarf, der den „Endenergiebedarf“ zum Heizen, zur Lüftung und zur Warmwasserbereitung abdeckt, der wichtigste Bewertungsmaßstab. Dabei wird zusätzlich die Energiemenge einbezogen, die außerhalb des Gebäudes in vorgelagerten Prozessketten bei der Gewinnung, der Energieumwandlung und der Verteilung der jeweils eingesetzten Brennstoffe entstehen. Der Primärenergiebedarf ist damit gleichbedeutend mit dem ökologischen Maß, den CO2-Emissionen. Der Neubau darf grundsätzlich einen vorher gebäudespezifisch errechneten Primärenergiebedarf nicht überschreiten. Dabei können in gewissen Grenzen Defizite im Bereich des baulichen Wärmeschutzes mit effizienteren - beispielsweise hoch ausgenutzten - Heizungssystemen ausgeglichen werden. Auch der umgekehrte Fall ist denkbar. Grundlage für die einschlägigen Berechnungen sind neben der EnEV DIN V 4108-6 (Berechnung des Jahres-Endenergiebedarfs) und DIN V 4701-10 (Berechnung der primärenergetischen Effizienzkennzahl, der sog. Anlagen-Aufwandszahl). Besonders günstig ist der Einsatz von erneuerbaren Energien, die zur Versorgung von Gebäuden eingesetzt werden und mit diesen in räumlichem Zusammenhang stehen. Das gilt für Solarenergie, Umweltwärme, Erdwärme und Biomasse, beispielsweise aber nicht für Wind- und Wasserkraft. Werden mindestens 70 % der Heizenergie durch erneuerbare Energien mittels selbständig arbeitender Wärmeerzeuger oder durch Kraft-Wärme-Kopplung genutzt, entfällt die Begrenzung des Primärenergiebedarfs. Selbst wenn nicht die 70-%-Grenze erreicht wird, mindern sie den Primärenergiebedarf. Das gilt beispielsweise für eine solarthermisch gestützte Warmwasserversorgung, mit Gas-oder Elektroheizung. Auch der durchdachte Umgang mit Glasflächen, die transparente Wärmedämmung und der zur Kühlung im Wintergarten eingesetzte PV-versorgte Ventilator wirken in gleicher Richtung. Allerdings: Grüner Strom bleibt bei der Primärenergieermittlung unberücksichtigt. Nunmehr bessere Karten für Stromwärme Die insbesondere aus wirtschaftlichen Gründen zunächst heiss umkämpfte Orientierung auf den verlustbehafteten Primärenergiebedarf begrenzt die Wärmegewinnung aus dem Stromnetz. Ursache ist vor allem der gegenwärtig noch hohe Stromanteil, den kohlebeheizte Kraftwerke liefern, die nicht Kraft-Wärme-gekoppelt sind. Ihr elektrischer Wirkungsgrad ist technisch-physikalisch begrenzt und erreicht im Durchschnitt in Deutschland 36 %. Zusätzlich sind die CO2-Emissionen bei der Kohleverbrennung wesentlich größer als bei der Nutzung von Erdgas. Maßgeblicher Faktor für die Bewertung der Brennstoffe ist Elektropraktiker, Berlin 56 (2002) 4 237 Branche aktuell bautec 2002 in Berlin Vom Niedrigenergiehaus zum Energiesparhaus Die neue Energie Einspar Verordnung (EnEV) und ihre Auswirkung auf die Bauwirtschaft - sowohl im Bereich Neubau, als auch bei der Gebäudesanierung - war zentrales Thema der diesjährigen bautec. Zahlreiche Produkte wurden präsentiert, die zur Erfüllung der neuen Vorschriften dienen können. Auch die Bildschirmtechnik half bei der Beantwortung zahlreicher Fragen zur EnEV. Foto: Kabisch Einer der größten Versammlungsräume des ICC reichte kaum aus, um u.a. den wohl bekanntesten Vortragenden auf dem EnEV-Planer-Forum, Umweltminister Jürgen Trittin, zu hören. Foto: Messe Berlin Wärmepumpen-Kompaktgerät zur Lüftung, Wärme-und Warmwasserversorgung von Passivhäusern. Im Gerät befindet sich ein Wärmetauscher, der laut Hersteller der Frischluft bis zu 99 % der Abwärme zuführt. Abmessungen: 1816x1106x528 mm. Quelle: Fa. Paul
Autor
- H. Kabisch
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