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Betriebsführung | Recht

Aus dem Gerichtssaal - Latente Gefahr aus dem Fußboden

ep2/2008, 9 Seiten

Bei diesem Schadensfall mit enormen Sanierungs- und Folgekosten einigten sich Kläger und Beklagte außergerichtlich. Einzelheiten dazu sind weder dem zuständigen Gericht noch dem Gutachter bekannt. Es kann daher nur darüber spekuliert werden, ob die Aussagen im Gutachten oder andere Gründe zu diesem Ergebnis führten. Hervorzuheben ist aber, dass sich der Kläger – ein Fertighaus-Hersteller – gegenüber allen am Bau Beteiligten besonders positiv verhielt.


Gegenstand des Klageverfahrens Gegenstand des Verfahrens war der Totalausfall von elektrischen Fußbodenheizungen in einer Reihe von Fertighäusern, die ein Unternehmen (nachfolgend als FHH bezeichnet) im Auftrag von privaten Bauherren errichtet und technisch durch überwiegend ortsansässige Elektrohandwerksbetriebe (nachfolgend als EHB bezeichnet) ausrüsten ließ. In diesen Häusern wurden elektrische Fußbodenheizungen installiert, die nicht in Heizestrich, sondern in einen latenten Wärmespeicher eingebracht wurden. Die Heizungen sind teilweise nach einer Betriebszeit zwischen 2 und 5 Jahren ausgefallen. Eine Reparatur machte aufgrund eines gravierenden Systemfehlers im Aufbau keinen Sinn (Bild ). Da mit dem Heizungsausfall der vom FHH vertraglich geschuldete Erfolg auch durch eine Teilsanierung nicht erfüllbar war, hat dieser mit einem Sanierungsaufwand von insgesamt etwa 1000 Euro je m² Wohnfläche die Gesamterneuerung der Fußbodenheizungen in Auftrag gegeben. Obwohl zum Zeitpunkt der Auftragserteilung an EHB die Fehlerursache und damit auch die Verantwortlichkeit noch unbekannt war, hat sich der FHH als der einzige finanziell Geschädigte trotzdem positiv verhalten: · Er erstellte den Bauherren das vertraglich geschuldete Werk durch eine allumfassende Sanierung vertragsgemäß und übernahm sämtliche Schadennebenkosten (Umzug und Miete in Wohnhotels, Möbellagerung in Speichern, Verdienstausfall usw.). · Er bezahlte auch Leistungen seiner handwerklichen Nachauftragnehmer, dem EHB, einschließlich der Nacharbeitskosten vollständig, was schon allein heute die Ausnahme ist! Darin unterscheidet sich das Unternehmen wohltuend von vielen anderen so genannten Bauträgern, also Unternehmen, die sich mit der Erstellung von Wohn- und Gewerbeimmobilien und anschließender gewerbsmäßiger Veräußerung befassen und dabei häufig vor miesen Tricks nicht zurückschrecken. Die Ermittlung der Schadensursache war ein langer Prozess. Bestandsaufnahmen vor Ort, Laboruntersuchungen, Konsultationen mit Herstellern und Prüfinstituten usw. Zum besseren Verständnis des sehr komplexen Sachverhalts und der Gründe, warum es zu diesem Desaster kam, macht eine Erläuterung zum Umfeld dieses Falls erforderlich. Besonderheiten im Fertighausbau Fertighäuser sind in den vergangenen 20 Jahren besonders bei Einfamilienhäusern wegen der wesentlich verkürzten Bauzeit immer beliebter geworden, nachdem sie über lange Zeit ein eher negatives Image hatten. Als Fertighaus bezeichnet man ein Haus, das industriell vorgefertigt, in Teilen an die Baustelle geliefert und dort endmontiert wird. Das erfordert im Vorfeld einen erhöhten Planungsaufwand, der oft durch Standardisierung von Konstruktionsteilen am Haus, aber auch bei der Fertigung von einzelnen Bauelementen aufgefangen wird. Ablauf eines Bauauftrages: · Der Bauherr als Auftraggeber wendet sich direkt an das Fertighausunternehmen seiner Wahl. · Aus einem Katalog hochgradig vorgefertigter Hausvarianten sucht er die für seine Bedürfnisse und seine finanziellen Möglichkeiten günstigste Variante aus, die häufig nur noch im Innenausbau an die Bauherrenwünsche angepasst werden muss. · Hierzu berät der FHH den Bauherrn u. a. auch zu haustechnischen Ausrüstungen und Installationen aller Art. · In einem Anlage-Protokoll zum Werkvertrag werden alle Einzelheiten zum Umfang und zur Güte festgehalten. Der Werkvertrag wird im Regelfall auf der Grundlage der Vergabe-und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) abgeschlossen. Gemeinsam mit dem Abstimmungsprotokoll über die Ausstattung des Fertighauses bildet er die Grundlage für das Erstellen der Unterlagen zum Einholen der Baugenehmigung sowie auch für das Erstellen der Ausführungsplanung für die industrielle Vorfertigung des Hauses bzw. seiner Einzelteile. Bevor es an die Produktion des Hauses geht, findet eine Bemusterung statt. Bei diesem Treffen wird die individuelle Ausstattung wie Fassadengestaltung und Innenausstattung, Farbe und Form des Daches und seiner Bedeckung, Art und Herrichtung der Fenster und Haustüren, Art und Umfang der Haustechnik, des Heiz- und Klimasystems und vieles anderes mehr festgelegt. Die Planung und Auswahl muss sehr sorgfältig erfolgen, denn spätere Änderungen sind bei Fertighäusern aufwändiger und somit oft teuer. Nach Abklärung und Bestätigung aller relevanten Vertragsleistungen werden die Fertigteile vom Hersteller produziert. Parallel dazu wird das Grundstück vorbereitet und erschlossen sowie ggf. die Baugrube ausgehoben und der Keller gebaut oder eine Sohlplatte gegossen. Innerhalb kurzer Zeit kann dann das Haus aufgestellt werden, bei anspruchsvollen Fertighausbauvorhaben muss mit etwa 10 bis 12 Wochen reiner Bauzeit gerechnet werden. Kürzere Bauzeiten sollten hinsichtlich der Qualität die besondere Aufmerksamkeit des Bauherrn, aber auch der beteiligten EHB finden. Wichtige Rolle der Planungsphase In dieser Phase werden häufig bereits spätere Konflikte der Vertragsparteien programmiert, wenn die Planung beispielsweise nicht normenkonform erfolgt. In der Praxis treten häufig diese Probleme auf: · Im Kostenangebot des FHH ist eine Mindestaustattung der haustechnischen Ausrüstung, also auch der elektrotechnischen Anlagen enthalten. Diese erfüllen häufig gerade die Mindestanforderungen aus [1]. · Für jeden weiteren Stromkreis, aber auch für jedes weitere Installationsgerät, wie Schukosteckdose, Schalter, TK-Anschlussdose wird pauschal ein Zusatzpreis vereinbart. Dabei bleiben oftmals die Anforderungen aus der Normenreihe von [2] unberücksichtigt, die Elektropraktiker, Berlin 62 (2008) 2 112 BETRIEBSFÜHRUNG Aus dem Gerichtssaal Latente Gefahr aus dem Fußboden Bei diesem Schadensfall mit enormen Sanierungs- und Folgekosten einigten sich Kläger und Beklagte außergerichtlich. Einzelheiten dazu sind weder dem zuständigen Gericht noch dem Gutachter bekannt. Es kann daher nur darüber spekuliert werden, ob die Aussagen im Gutachten oder andere Gründe zu diesem Ergebnis führten. Hervorzuheben ist aber, dass sich der Kläger - ein Fertighaus-Hersteller - gegenüber allen am Bau Beteiligten besonders positiv verhielt. sogar die 8 cm-dicken Wärmedämmplatten mit einer Abschmelztemperatur von über 240 °C wurden zerstört bei der Übergabe an den Bauherrn zu Streitigkeiten führen. Um Konflikte zu vermeiden und zur eigenen Sicherheit hat auch jeder EHB seine Ausführungspläne seinem Auftraggeber - in diesem Fall dem FHH - zur Prüfung und Bestätigung vorzulegen. Der FHH muss wiederum diese Unterlagen dem Bauherrn zur Prüfung und Bestätigung übergeben, bevor mit der Ausführung der Leistungen begonnen wird. Nur so sind später gegenseitige Ansprüche zwischen den am Bau beteiligten Parteien auszuschließen. Deshalb verwundert es immer wieder, wie wenig gerade in dieser Phase die gesetzlichen Vorgaben beachtet werden. Gerade die Nichtbeachtung der in elektrotechnischen und baurechtlichen Bestimmungen sowie gesetzlichen Regelungen enthaltenen Anforderungen führen später zum Streit, wenn Fehler in der Bemessung oder im Umfang der Ausstattung auftreten. Sie werden begünstigt durch die besondere vertragsrechtliche Situation: Der einzige Vertragspartner des Bauherrn ist der Fertighaushersteller. Dieser erstellt die Bau-Planungsunterlagen und ist für die gesamte ordnungsgemäße und vertragsgerechte Leistungserfüllung bis zur ordnungsgemäßen und mängelfreien Abnahme und Übergabe verantwortlich. Zwitterstellung des EHB Eine direkte Abstimmung mit den EHB und ggf. auch anderen Nachauftragnehmern ist dem Bauherrn oftmals nur mit Zustimmung und Mitwirkung des FHH möglich. Bei nicht vollständiger Leistungsabgrenzung entstehen dadurch vielfach Informationsdefizite, die zu Nacharbeiten führen oder Nachbesserungen zur Folge haben. Der FHH vergibt an EHB also Leistungen, die er bereits vorher mit den jeweiligen Bauherren vereinbart hat. Er gibt also im Regelfall dem EHB die technische Lösung vor, von der dieser nicht oder nur unter besonderen Bedingungen abweichen kann. Gefährlich wird dies für EHB immer dann, wenn es sich dabei um „Sonderlösungen“ oder auch um neue technologische Systeme handelt. Werden hier - wie in diesem Fall - die vertragsrechtlichen Bestimmungen seitens des EHB nicht konsequent durchgesetzt, gehen Streitigkeiten stets zu dessen Nachteil aus! Elektrofußbodenheizung Die Fußboden-Speicherheizung hat in den letzten Jahrzehnten immer mehr an Bedeutung gewonnen. Nahezu jedes zweite Ein-und Zweifamilienhaus wird mit einer derartigen Heizung ausgestattet. Die wesentlichen Vorteile sind vor allem · kostengünstige Installation · wirtschaftliche und energieeffiziente Betriebsweise · Behaglichkeit aufgrund niedriger Fußboden-Oberflächentemperaturen · günstige raumluft-hygienische Verhältnisse · kein Renovierungs- und zusätzlicher Reinigungsaufwand für Heizflächen · zukunftsorientiert und umweltfreundlich durch die Nutzbarkeit alternativer Energien. Anforderungen gemäß Norm Die baulichen und bauphysikalischen Anforderungen für Fußboden-Speicherheizungen sind in der DIN 44576 [5] enthalten. Danach erfolgt der Aufbau von beheizten Fußbodenkonstruktionen auf einem tragenden Untergrund, z. B. auf Beton oder auf Holzbalkendecken. Auf der Tragschicht sind Wärmedämmung und Trittschalldämmungen mehrlagig und fugenversetzt zu verlegen. Die obere Deckschicht muss bis zu 85 °C temperaturbeständig sein. Auf ihr ist eine Polyäthylenfolie von mindestens 0,2 mm Dicke vollflächig zu verlegen. Die Folienbahnen müssen sich um mindestens 8 cm überlappen und sind an den Rändern bis über die Höhe des fertigen Fußbodenaufbaus hoch zuführen. Die Abdeckfolie soll die Durchfeuchtung der Wärme- und Trittschalldämmung beim Einbringen des Heizestrichs verhindern. Sie ist weder als Dampfsperre noch als Abdichtung gegen Feuchtigkeit anzusehen. Außerdem ist eine Trennung des Heizestrichs von den angrenzenden Wänden, durchdringenden Bauteilen und Türdurchgängen durch Randstreifen erforderlich. Elektropraktiker, Berlin 62 (2008) 2 Diese müssen mindestens bis zur Oberkante Estrich, bei Fliesen oder Parkett sogar bis zur Oberkante des Bodenbelags reichen. Damit soll eine Bewegung der Estrichplatte in jede Richtung von bis zu 5 mm ermöglicht werden. Der Heizestrich stellt bei der Fußboden-Speicherheizung den eigentlichen Heizkörper dar. Er ist als schwimmender Estrich nach den Vorgaben von [6] herzustellen. Für elektrische Fußboden-Speicherheizungen sind Estrichdicken von 80-100 mm erforderlich. Sie werden rechnerisch durch die vom zuständigen Elektro-Versorgungsnetzbetreiber bestimmten technisch möglichen Aufladezeiten ermittelt. Auf dem Heizestrich lassen sich nach der Austrocknung alle Arten von textilen, keramischen und bahnenförmigen Bodenbelägen verlegen, sofern sie vom Hersteller für Fußboden-Speicherheizungen zugelassen sind. Nachteil des Heizestrichs Für den modernen Hausbau besitzt das Einbringen eines solchen Heizestrichs trotz seiner wirtschaftlichen Vorteile einen wesentlichen Nachteil: einerseits erfordert das erhebliche Gewicht besondere Anforderungen an die Gebäudestatik, andererseits wird mit dem Einbringen des Estrichs - im Regelfall als selbstnivellierender Fließestrich - ein hoher Wasseranteil in das Bauwerk eingebracht. Damit ist ein längerer Austrocknungszeitraum von bis zu 28 Tagen erforderlich, der die Bauzeit verlängert und auch die Schimmelbildung begünstigt. Alternativen Seit mehreren Jahren werden deshalb von einigen Anbietern spezielle Systeme, z. B. Trockensysteme mit Trockenestrichen als Last- und Wärmeverteilschicht angeboten. Diese Konstruktionen sind leichter und können erheblich dünner aufgebaut werden. Durch Freigabe von Aufheizzeiten am Tage zu günstigen Tarifen ist diese Bauweise zunehmend in der Anwendung, hierfür sind auch spezielle Flächenheizelemente entwickelt worden. Aber auch die Bauzeitplanung kann wesentlich verkürzt werden, da mit diesem System keine Austrocknungszeiten mehr erforderlich und somit die Häuser schneller bezugsfertig sind. Paraffinschüttung und Trockenestrich Sensible Wärme. In den meisten Wärmespeichermedien wird nur die so genannte sensible Wärme genutzt, d. h. die durch die Temperaturänderung fühlbare Wärme. Die Wärmekapazität eines solchen Speichers kann bestimmt werden durch das Produkt aus der Masse des Speichermaterials, der spezifischen Wärmekapazität und der Temperaturänderung des Speichermaterials. Latente Wärme. Diese Speichermedien verfügen aber zusätzlich zur sensiblen Wärme über die latente Wärme (versteckte Wärme), d. h. hier wird zusätzlich die bei der Aufladung des Speichermaterials durch „Aufschmelzen“ zugeführte Wärme beim Erstarren wieder freigesetzt. Derartige Latentspeichermaterialien sind schon längere Zeit am Markt verfügbar, sind aber für elektrische Fußboden-Speicherheizungen nach heutigem Kenntnisstand nicht eingesetzt worden. Anforderungen an elektrische Heizleiter Elektrische Heizleiter müssen der DIN VDE 0253 [7] entsprechen. Neben den Produktvorgaben für die Fertigung sind hier auch die Anwendungs- und Betriebsbedingungen für Heizleitungen enthalten. Begrifflich wird in den zutreffenden Normen genau unterschieden (siehe auch Begriffsdefinitionen). Heizleiter und Isolation. In der Norm sind für die möglichen Anwendungsfälle geeignete und bewährte Werkstoffe für Isolierhüllen und Mäntel der Heizleitungen aufgeführt. Die am häufigsten eingesetzte Leitung - so auch in diesem Fall - trägt die VDE-Bezeichnung NH2GMY (SIP). Als Isolierhülle des aus einer Chrom-Nickel-Legierung bestehenden Heizleiters wird hier Silikon-Kautschuk (SIR) eingesetzt. Der äußere Mantel besteht aus Polyvinylchlorid (PVC). Um die Beweglichkeit derartiger Leitungen zu erreichen, werden dem PVC Weichmacher beigemischt, die im Wesentlichen aus Carbonsäureester bestehen. Diese Heizleitung ist nach Tabelle 4 aus [7] zugelassen für die Verlegung in trockenen Räumen, in Rohren oder abgedeckten Kanälen sowie direkt im oder unter Putz, weiterhin - und dies ist das Hauptanwendungsgebiet - im Heizestrich nach [6]. Nach dieser Tabelle darf bei dieser Leitung die Nenntemperatur 90 °C nicht übersteigen. Die höchstzulässige Temperatur auf der Oberfläche der Heizleitungen darf maximal 80 °C betragen. Sicherheitsanforderungen. Anforderungen an die Sicherheit von Flächenheizelementen - also industriell vorgefertigte Heizmatten - sind in DIN EN 60335-2-96 [11] enthalten. Im Abschnitt 7 dieser Norm wird u. a. die Anforderung gestellt, dass Flächenheizelemente gekennzeichnet sein müssen mit der zulässigen Einbauart (Decke, Wand oder Fußboden) sowie mit der zulässigen Anwendung - für Direktheizung oder Speicherheizung. Diese Kennzeichnung kann entfallen, wenn die Heizmatte für beide Betriebsarten bestimmt ist. Besonders wichtig ist die Anforderung, dass für Flächenheizelemente jeweils die zulässigen Abdeckwerkstoffe angegeben sein müssen und für andere Abdeckwerkstoffe der Hersteller zu befragen ist. Die in diesem Fall eingesetzten Flächenheizelemente (Heizmatten) mit PVC-Mantel-isolierten Heizleitern NH2GMY 90-1000 sind nur mit atmosphärisch geschlossenen Abdeckungen einsetzbar, z. B. durch Einbettung in Heizstrich. Stand der Normung Grundsätzlich gelten für das Errichten von elektrischen Anlagen bis 1000 V die Anforderungen aus den Normen der Gruppen 100 bis 600 von DIN VDE 0100. Zusätzlich zu diesen Basisnormen werden für Betriebsstätten, Räume und Anlagen besonderer Art zusätzliche, ändernde oder ergänzende Anforderungen in einer eigenen Gruppe aufgestellt. Für elektrische Fußboden-Speicherheizungen sind entsprechende Zusatzanforderungen enthalten in DIN VDE 0100-753 [8]. Darüber hinaus sind in Räumen mit Badewanne oder Dusche die zutreffenden Anforderungen aus DIN VDE 0100-701 [9] zu beachten. Der hier als Einzelfall beschriebene Fehler war an mehreren Häusern aufgetreten, die von unterschiedlichen EHB mit gleichen Leistungsvorgaben installiert wurden. Kritisch muss deshalb an dieser Stelle angemerkt werden, dass keines der befragten EHB die zutreffende Norm DIN VDE 0100-753 „Fußboden- und Deckenflächenheizungen“ kannte, obwohl sie zum Grundbestand eines jeden Handwerksbetriebes in den blauen Ordnern der VDE-Vorschriften gehört. Elektropraktiker, Berlin 62 (2008) 2 114 BETRIEBSFÜHRUNG BEGRIFFSDEFINITIONEN Heizleitung - eine Leitung mit oder ohne Schirm oder Metallmantel für eine fest montierte elektrische Flächenheizung Flächenheizelement - ein Heizelement, das entweder aus flächenförmig ausgebildeten, mit elektrischem Widerstandsmaterial beschichteten Isolationsmatten oder aus einem Grundmaterial besteht, auf dem elektrisch isolierte Heizleiter befestigt sind. Flächenheizelemente werden umgangssprachlich als Heizmatten bezeichnet. Heizeinheit - eine Heizleitung oder ein Flächenheizelement mit fest verbundenen Kaltleitungen oder passenden Kaltverbindungen, die mit der Anschlussstelle der elektrischen Anlage verbunden sind Kaltleitung - eine isolierte Leitung oder ein isoliertes Kabel zur Verbindung der Heizeinheit mit der ortsfesten elektrischen Anlage Nenntemperatur - die höchstzulässige Temperatur des Heizleiters, nach der die Heizleitungen benannt sind und auf die bestimmte Betriebseigenschaften bezogen werden Höchstzulässige Temperatur - die von außen oder durch Wärmestau auftretende höchstzulässige Temperatur an der Leitungsoberfläche. Diese Temperatur bestimmt die im Heizbetrieb entstehende Oberflächen-Temperatur und die durch äußere Einwirkung auf die Heizleitung einwirkende Temperatur, also den maximalen Grenzwert im Betriebs- und Fehlerfall. Aus Gutachtersicht ist deshalb auch darauf verwiesen worden, dass der Schaden bei Kenntnis und Umsetzung der Anforderungen dieser Norm und den zutreffenden Teilen aus den Basisnormen zwar auch aufgetreten, nicht aber dieses Schadensausmaß angenommen hätte. Der Fall im Einzelnen Zwischen einem Fertighaus-Hersteller, dem FHH, und den Bauherren ist jeweils ein Vertrag nach der (alte Bezeichnung) Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) geschlossen worden. Dieser beinhaltete im Beratungsprotokoll als zusätzliche Leistung eine „Elektrofußbodenheizung mit Paraffinschüttung und Trockenestrich“. Hierfür sowie für die gesamte elektrotechnische Anlage forderte der FHH jeweils mehrere Monate später einen ortsansässigen EHB zur Abgabe eines entsprechenden Angebotes auf. Diese Anfrage erging mit Verweis auf ein Heizungssystem eines alleinigen Systemanbieters (nachfolgend als SAB bezeichnet), der zu diesem Zeitpunkt als einziger eine Lösung mit den geforderten technischen Parametern anbieten konnte. Zwar hinterfragen die EHB im Regelfall die geforderten Leistungen für den Fußbodenaufbau mit „Paraffinschüttung und Trockenestrich“. Der Verweis auf den SAB mit einem vorbildlichen Leistungsangebot stellte aber alle Beteiligten zufrieden. Lösung mit Innovationspreis ausgezeichnet Der Grundgedanke des Systemanbieters zur Verwendung von Latentspeichermaterialien als Speichermedium für elektrische Fußboden-Speicherheizungen war durchaus lobenswert. Ermutigt durch den Innovationspreis eines Bundeslandes für dieses System hat er eine „patentierte innovative Lösung“ mit einem paraffinhaltigen Material in Körnerform angeboten. Eine Reihe von Vorteilen sprachen dafür: · Dieses Latentwärme-Speichergranulat ist mit einen Anteil von ca. 35 % Paraffin in der Lage, in der Aufheizzeit Wärme bei konstanter Temperatur zu speichern und zu einem späteren Zeitpunkt bei der gleichen konstanten Temperatur wieder abzugeben. · Das Granulat behält während des gesamten Schmelz- und Erstarrungsprozesses seine Form bei, die natürliche Stützstruktur sorgt in Verbindung mit speziellen Additiven dafür, dass das Wärmeparaffin im aufgeschmolzenem Zustand nicht aus dem Granulat (aus den „Körnern“) heraustritt. · Mit diesem Granulat sind die besten Voraussetzungen dafür gegeben, die üblicherweise zwischen 8 bis 14 cm dicke Beton-Heizestrichschicht um bis zu 50 % zu minimieren. · Hinzu kommen wesentliche Montage- und Nutzungsvorteile durch Wegfall der Estrich-Trocknungszeiten (zwischen 21 und 28 Tagen) sowie die fehlende Feuchtigkeitsbelastung der Bauwerke. · Durch das geringe Eigengewicht, das nur ca. 35 % des Gewichtes des Heizestrichs beträgt, ergeben sich auch erhebliche bautechnische und statische Vorteile. · Alle derartigen Materialien besitzen sämtliche Prüfzulassungen und sind toxikologisch völlig unbedenklich. Leistungen des Systemanbieters Eine derartige gewichtsmindernde, wärmetechnisch hochwertige Systemlösung vom Lieferanten SAB ist auch in die Planung und Konstruktion der vom FHH angebotenen Häuser eingeflossen, z. B. in die statischen Berechnungen. Dadurch konnte auch die Bauzeitplanung wesentlich verkürzt werden, da keine Austrocknungszeiten zu berücksichtigen und die Häuser schneller bezugsfertig waren. Entsprechend der Anforderung des FHH holte der EHB zunächst ein Lieferangebot für die Fußboden-Speicherheizung als Systemlösung beim SAB ein und löste nach Auftragserteilung durch den FHH eine entsprechende Bestellung aus. Dieser ist seiner selbst übernommenen Aufgabe als Systemlieferant zunächst in vollem Umfang nachgekommen, denn er führte folgende Leistungen für seine Abnehmer aus: · Wärmebedarfsberechnung nach DIN 4701 Elektropraktiker, Berlin 62 (2008) 2 · Planen der Heizmattenverlegung, der Steuerung und Regelung · Lieferung der technologischen Unterlagen zum Aufbau des Fußbodens ISA2000 · Lieferung des gesamten Fußbodenaufbaus, bestehend aus Polystyrol-Wärme-Wämmplatten, mineralischen Trittschalldämmplatten, einer Trennfolie, Heizmatten einschließlich Kunststoffnägel zu Heizmattenbefestigung, der Aufladesteuerung einschließlich Aufladeregler und Witterungs- und Restwärmefühler, dem Sicherheits-Temperatur-System (STS neu), den Raumtemperaturreglern und den Trockenestrichplatten Fermacell. Somit gilt der SAB als Hersteller des gesamten Systems und hätte als „Inverkehrbringer“ auch die notwendigen Prüfbescheide und sonstigen Dokumentationen beibringen müssen. Fußbodenaufbau Für die Erstellung des Fußbodenaufbaus hat der SAB in Anlehnung an den Fußbodenaufbau mit Heizestrich nach [6] entsprechende Vorgaben und Anforderungen formuliert (Bild ). Fehlerhaft in diesem Fußbodenaufbau ist jedoch das Einbringen einer Trennfolie zwischen Dämmplatten und Speichergranulat. Sie dient bei Nassestrich lediglich dazu, das Eindringen von Feuchtigkeit in das darunter liegende Dämmmaterial zu verhindern. Da das Speichergranulat ein absolut trockenes körniges Speichermedium ist, darf hier keine Folie eingebracht werden. Das begünstigte den Schaden nur noch zusätzlich. Im Bild ist erkennbar, dass sich sogar die Folie, auf der die Heizmatten befestigt wurden, durch die hohe Temperatur auf der Heizleiter-Oberfläche „aufgelöst“ haben. Wärmebedarfsberechnung und Verlegeplanung Der SAB hat dem EHB anhand der Grundrisse die Wärmebedarfsberechnung nach DIN 4701 ausgeführt und die Verlegepläne für die Heizmatten erstellt. Die in der Energiesparverordnung (EnEV) enthaltenen Neuerungen für die Bewertung und Begrenzung des Energiebedarfs sind in der bautechnischen Lösung des FHH erfüllt. Auch die elektrische Fußbodenheizung ist als ein integraler Bestandteil der Bewertung mit eingeflossen. Nach der EnEV müssen bei der erforderlichen detaillierten Berechnung der Speicherheizung die aus physiologischen Gründen maximal zulässigen Fußboden-Oberflächen-Temperaturen eingehalten werden. Der Temperaturunterschied zwischen der Fußbodenoberfläche und der Norm-Raumtemperatur - die nach DIN 4701 [12] 20 °C beträgt - soll bei einer Fußboden-Speicherheizung im zeitlichen Mittel maximal 6,5 °K betragen. Die Berechnung des Normwärmebedarfs nach [12] erfolgte durch den SAB mit einem rechnergestützten Programm eines deutschen Herstellers. Dieses Programm geht von der Abdeckung (Einbettung) der Heizmatten in Heiz-Estrich-Beton nach [6] aus. Deshalb ist die Berechnung der Fußboden-Speicher-Heizung insofern fehlerhaft, dass die ermittelten Heizleistungen je m² um ca. 40 % zu hoch liegen. Nach [8] Abschnitt 75.520.3 müssen heizungsfreie Flächen vorgesehen werden, damit die Wärmeabgabe der Fußboden-Speicherheizung durch Raumausstattungen, wie Möbel und bewegliche Trennwände nicht eingeschränkt wird. Die vom SAB geplante Heizmattenverlegung berücksichtigte diese Anforderung nicht. Die Planung und Ausführung der Heizmattenverlegung erfolgte für die gesamte Raumfläche, unterhalb von Schränken sind deshalb Wärmestaus aufgetreten. Warenlieferungen und Prüfzertifikate Zunächst ist gutachterlich festgestellt worden, dass die gelieferten und verbauten Materialien, mit Ausnahme der Flächenheizelemente (Heizmatten), nach deutschen bzw. EU-Normen gefertigt, geprüft, mit einer amtlichen Bauart-Zulassung in Verkehr gebracht wurden und ordnungsgemäß von den EHB verbaut wurden. Unterlassen wurde jedoch eine Prüfung des gesamten Systems Elektropraktiker, Berlin 62 (2008) 2 116 BETRIEBSFÜHRUNG Der rotbraune silikonisolierte Heizleiter hat sein Fesseln auf der Heizmatte verlassen, der PVC-Mantel hat sich teilweise rückstandslos aufgelöst Zerstörter Heizleiter der Schutzklasse I mit Lageverschiebung der Heizmatte Der Sicherheitstemperaturbegrenzer 85 °C unter der Heizmatte ist wirkungslos geblieben, die Korrosion des Kupferschirmes macht den Säureeinfluss sichtbar. total zerstört: Heizleiter - Schutzklasse I - sowie Wärmedämmplatte aus Polystyrol mit einer Abschmelztemperatur von 240 °C das punktuelle Abschmelzen der Trennfolie förderte das vorzeitige Verflüchtigen des Heizleiters keramischer oder textiler Bodenbelag Trockenestrichplatte Latentwärmespeichergranulat Heizmatten, im Türbereich 1 Restwärmefühler im Raum Trennfolie 0,2 mm Trittschalldämmplatte 1 cm mineralisch Wärmedämmplatte Styropor EG: 80 mm OG: 40 mm Trägerschicht: EG: Beton OG: Spanplatte Schematische Darstellung des Fußbodenaufbaus nach Vorgabe des Lieferanten der elektrischen Fußboden-Speicherheizung, insbesondere der Verträglichkeit des Speichergranulates mit den elektrischen Heizleitern sowie die Wirksamkeit des Sicherheits-Temperatur-Systems im Fehlerfall. Ursprung und Normenanforderungen Der Hersteller der eingebauten Heizmatten konnte nicht ermittelt werden. Auch die PVC-isolierten Heizleiter erfüllen die Normenanforderungen nicht. In [7] wird in Abschnitt 8.1 eine Ursprungskennzeichnung gefordert, entweder als Warenzeichen des Herstellers der Heizleitung durch einen Kennfaden (Ursprungskennzeichen) oder als fortlaufende Angabe des Herstellernamens und/oder durch Herstellerzeichen. Darüber hinaus können Heizleitungen nach bestandener Prüfung beim VDE Prüf- und Zertifizierungsinstitut das entsprechende VDE-Prüfzeichen erhalten. Eine Herstellerangabe als Ursprungskennzeichnung war weder durch Kennfaden oder durch Herstelleraufdruck vorhanden. Für Flächenheizelemente (Heizmatten) ist es auch zulässig, dass die Ursprungs-Kennzeichnung auf der Heizmatte selbst erfolgt. In diesem Fall gilt der Hersteller der Heizmatte auch als Hersteller der Heizleitung. Nach der zum Zeitpunkt der Lieferung gültigen Fassung von [4] § 4 (1) Satz 2 gilt als Hersteller auch jeder, der sich durch Anbringen seines Namens, seiner Marke oder eines anderen unterscheidungskräftigen Kennzeichens als Hersteller ausgibt. Auch die Heizmatten besitzen keine Herstellerangabe. Von den betroffenen Bauherren sind teilweise unmittelbar vor dem Tapezieren der Wände die den Heizmatten beigelegten Firmenetiketten des SAB entfernt und gesichert worden. Darauf ist neben den technischen Angaben nur das Firmenlogo des SAB angegeben. Somit ist dieser als Hersteller sowohl der Heizleitungen als auch der Flächenheizelemente (Heizmatten) anzusehen. Raum-Temperaturregelung Für die Raumtemperaturregelung ist in allen Häusern ein Mikrocomputer-Zentral-Steuergerät mit Fuzzy Logic eingesetzt worden, das in Abhängigkeit der Außentemperatur, der im Speicher vorhandenen Restwärme und den Freigabe- oder Aufladezeiten des Energieversogungsunternehmens für das Heizen die notwendige bzw. benötigte Wärmemenge bestimmt. In Verbindung mit den Einzelraum-Temperaturreglern erfüllt das System alle Anforderungen aus [8]. Schutz gegen Überhitzung In 753.424.3.1 von [8] wird gefordert: Zum Vermeiden von Überhitzungen von Fußboden- oder Decken-Flächenheizungen in Gebäuden muss mindestens eine der folgenden Maßnahmen zur Begrenzung der Temperatur in den beheizten Bereichen auf maximal 80 °C angewendet werden: · geeignete Auslegung des Heizungssystems · geeignete Errichtung des Heizungssystems unter Berücksichtigung der Herstellerangaben · Verwendung von Schutzeinrichtungen. Zur Erfüllung dieser Anforderungen hatte der SAB den jeweiligen EHB ein „patentiertes Sicherheits-Temperatur-Systems STS neu“ aus eigener Fertigung angeboten und geliefert. In der Systembeschreibung ist dazu u. a. ausgeführt: Elektropraktiker, Berlin 62 (2008) 2 117 BETRIEBSFÜHRUNG · Das STS besteht aus einer alternierenden Kette von sich abwechselndem Temperatur wächter und Thermosicherung (je 1 Stück je m²). · Das System ist vom Monteur (eingewiesenes Fachpersonal) mittig auf die Heizmatte mittels Klebestreifen zu fixieren. · Das STS wird in die Steuerleitung des Heizungsrelais eingebunden. Mit diesen Angaben soll beschrieben werden, dass in jedem Raum eine unzulässige Temperaturüberschreitung der Fußboden-Speicherheizung durch ein vollflächig verlegtes Sicherheits-Temperatur-System ausgeschlossen ist. Allerdings ist die Anordnung unterhalb des Latentwärme-Speichergranulates direkt auf der Heizmatte falsch, da die Speichertemperatur in der Mitte des Speichers erfasst werden muss. Die vorgegebene falsche Anordnung ist wirkungslos geblieben, da sich in der Mitte der Heizmatte keine Heizleitungen befunden haben und sich das Granulat in diesem Bereich nicht unzulässig erwärmt hat. Als Sicherheitseinrichtung gegen die Entstehung von Brandgefahren hätte das System die Anforderungen nach zwei voneinander unabhängigen temperaturbegrenzenden Einrichtungen verfügen müssen. Die Lösung als „alternierende Kette von Temperaturwächter und Thermosicherung“ ist insofern auch ein konstruktiver Fehler des SAB, da sie lediglich als Einkreis-Lösung in die Steuerleitung des Heizungsrelais eingebunden und somit im Fehlerfall unwirksam geblieben ist. Wie aus den Bildern und erkennbar, sind selbst die unter der Thermosicherung (85 °C) liegenden Trittschall- und Wärmedämmplatten thermisch verfärbt, was erst bei Temperaturen von > 140 °C eintritt. Ein funktionstüchtiges Sicherheits-Temperatur-System des SAB hätte also im Fehlerfall - dem Überschreiten der Temperatur von 80 °C - zwangsläufig abschalten müssen. Keine Bedenkenanmeldung Während aus Gutachtersicht die Fehler im System der elektrischen Fußboden-Speicherheizung nicht dem jeweiligen EHB anzulasten sind, hätten sie das Fehlen der zweiten „Sicherheitsschleife“ für die Temperaturüberwachung aber feststellen und diesbezügliche Bedenken beim SAB anmelden müssen. Darüber hinaus haben alle insofern „sorglos gearbeitet“, da sie · auch die fehlerhafte Anordnung der Sicherheitsschleife hätten erkennen müssen · in keinem Fall eine Funktionsprüfung sowohl des Raumtemperatur-Regelsystems als auch des Sicherheits-Temperatur-Systems vorgenommen haben. Trennfolie Obwohl die im Systemaufbau vorgegebene Trennfolie oberhalb der mineralischen Trittschalldämmung nicht erforderlich war, wurde bei den untersuchten Wohnhäusern eine Folie eingelegt. Es muss angemerkt werden, dass die dem jeweiligen EHB vom SAB gelieferte Trennfolie (0,2 mm dick) nicht verwendet wurde. Anstelle dessen ist PE-Malerabdeckfolie von 0,05 mm Dicke, in einem Fall sogar nur die PE-Umverpackung der Wärmedämmplatten verlegt worden (Bild ). Diese Folien sind bei den aufgetretenen Temperaturen an den Berührungsstellen mit den Heizleitern frühzeitig abgeschmolzen und haben den vorzeitigen Verflüchtigungsprozess des Heizleiters begünstigt (Bild ). Schadensursache und Wirkung Für den Fußbodenaufbau wurde ein Leitungstyp verwendet, dessen höchstzulässige Temperatur auf der Oberfläche 80 °C betragen und der nur in einem atmosphärisch geschlossenen System verwendet werden darf. Die Heiztemperatur des Heizleiters erreicht bei Einbettung in Heizestrich diese Temperatur nicht. Bei der Umhüllung mit dem Speichergranulat ist kein atmosphärisch geschlossenes System entstanden, die zwischen den „Granulat-Körnern“ vorhandenen Lufträume wirken als zusätzlicher Widerstand. Der Hersteller des Speicher-Granulates hat in einem Datenblatt die Arbeitstemperatur mit maximal 50 °C angegeben, der Schmelzpunkt - die Temperatur, bei der ein Wechsel des Aggregatzustandes von fest nach flüssig eintritt - liegt nur bei 40 °C. Während dieses Phasenwechsels absorbiert das Speichergranulat eine bestimmte Wärmemenge, die so genannte Schmelzwärme. Trotz Wärmezufuhr ändert sich jedoch die Temperatur des Granulates ebenso nicht wie im umgekehrten Phasenwechsel von flüssig auf fest, die gespeicherte Wärme wird auch hier bei konstanten Temperaturen abgegeben. Wenn also das Granulat die höhere Temperatur des Heizleiters nicht aufnehmen kann, führt dies zu einer weiteren Eigenerwärmung des Heizleiters selbst. Begünstigt durch das Vorhandensein von Luft ist nach einer mehr oder weniger langen Betriebszeit der Heizung der Weichmacheranteil aus dem PVC-Mantel ausgetreten und vom umgebenden Speichergranulat aufgesaugt worden. Dessen chemisch-physikalische Eigenschaften sind bestens geeignet zur Aufnahme der Weichmacher. Sie sind aber nicht die Ursache für den Weichmacherverlust aus dem PVC-Mantel. Nachteile von PVC-haltigem Material Gerade in der Elektrotechnik ist der schnelle Alterungsprozeß hinlänglich bekannt, wenn PVC-haltige Materialien erhöhten Temperaturen oder der Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind. Selbst bei geringeren Temperaturbelastungen altert das PVC-Material unter Lufteinwirkung allmählich, wird spröde und verändert das Temperaturprofil im Heizleiter. Die Temperaturerhöhung im nicht atmosphärisch geschlossenen System hat zu einer frühzeitigen Verflüchtigung des säurehaltigen Weichmachers in das den Heizleiter umgebene Wärmespeicher-Granulat geführt. Durch den aufgesaugten Weichmacher wurde das Granulat in seiner Funktion als Wärmeleiter bzw. Wärmespeicher insofern beeinträchtigt, dass sich dessen Schmelzpunkt unkontrolliert „nach oben“ verschoben hat. Auch beim Abschmelzen der fälschlicherweise unter den elektrischen Flächenheizelementen (Heizmatten) verlegten PVC-Trennfolien ist zusätzlich Säure freigesetzt und ebenfalls vom Speichergranulat „aufgesaugt“ worden, was die Schmelzpunktverschiebung des Granulates weiter begünstigt und somit die Überschreitung der höchstzulässigen Temperatur nach [8] ermöglicht hat. Diese Temperaturüberschreitung hat unter atmosphärischen Bedingungen, also den zwischen den Granulatkörnern vorhandenen Lufteinschlüssen, zum Verspröden des PVC-Mantels geführt, was auch für die Heizkabelbefestigungen auf dem Heizmattenträgermaterial zutrifft. Die Bilder bis zeigen, dass diese Befestigungen allmählich unter thermischem Einfluss „ausleiern“ und ebenfalls verspröden. Das Heizkabel ist nicht mehr sicher fixiert, tritt aus dem PVC-Mantel aus und kann sich „frei bewegen“ - siehe Längenänderungen auf den Bildern. Elektropraktiker, Berlin 62 (2008) 2 118 BETRIEBSFÜHRUNG unter der mineralischen Trittschalldämmplatte sind in der Wärmedämmplatte 6 cm tiefe Krater abgeschmolzen Temperaturen von mehr als 240 °C traten hier auf An Berührungsstellen von ausgetretenen Heizleitern treten Temperaturerhöhungen bis hin zum Verbrennen auf, bei Heizleitungen der Schutzklasse I sogar einschließlich metallischer - nicht betriebsmäßig stromführender - Umhüllung. Schadensursache Alleinige Schadensursache ist also die Einbettung von PVC-isolierten Heizleitungen in das atmosphärisch nicht geschlossene System Latentwärme-Speichergranulat. Beim Einbetten der Leitungen in Heizestrich oder bei Verwendung anderer Flächenheizelemente mit einem für diese Verlegebedingungen geeigneten temperaturbeständigen Heizleiter wäre der Fehler nicht aufgetreten. Verantwortlichkeit für die Schäden Mit dem Systemanbieter ist auch der Gesamtverantwortliche auszumachen. Irgendwie erinnert das Ganze auch an Friedrich Wilhelm Voigt, jenen aus Ostpreußen stammenden Schuhmacher, der unter dem Namen Hauptmann von Köpenick weltbekannt wurde. Mit einer bei verschiedenen Trödlern erworbenen Hauptmanns-Uniform hielt er mittags zur Zeit des Wachwechsels auf der Straße willkürlich zwei Trupps mit Gardesoldaten an, unterstellte zehn Mann unter Hinweis auf eine gefälschte Kabinettsorder „auf allerhöchsten Befehl“ seinem Kommando und fuhr mit ihnen in der S-Bahn nach Köpenick. Dort besetzte er mit ihnen das Rathaus und verhaftete den Bürgermeister und dessen Kämmerer. Die Stadtkasse beschlagnahmte er gegen Quittung, die er mit dem Nachnamen seines letzten Gefängnisdirektors unterschrieb. Angesichts der Hauptmanns-Uniform wagte niemand die Frage nach der Legitimation zu stellen. So scheint es auch hier zu sein: Der Systemanbieter - dessen Suche nach energieeffizienten Speicherheizungen hier ausdrücklich lobend erwähnt sein soll - hat für die vielfach verkaufte Lösung den Innovationspreis seines Bundeslandes erhalten - mit Orden, Ehrenzeichen und Urkunden. Muss man da noch die Frage stellen, ob das ganze System geprüft worden ist? Derartige Prüfungen hätten Monate, wenn nicht Jahre gedauert und gewaltige Summen gekostet, warum also zertifizieren lassen? Sorglos in dieser Frage hat der Systemanbieter seine berufliche Existenz geopfert. Die beteiligten Unternehmen aus dem Elektrohandwerk sind weitestgehend mit einem blauen Auge davon gekommen - dank des Fertighaus-Herstellers, denn der war als Allererster dem perfekten Marketing und dem Showbusiness des Systemanbieters „auf den Leim gegangen“ und hat deshalb alle Kosten übernommen! Zusammenfassung Fehlende Normenkenntnis und Planungsfehler Den ausführenden EHB, soweit die von ihnen errichteten Anlagen begutachtet wurden, ist die Existenz von DIN VDE 0100-753 „Fußboden- und Deckenflächenheizungen“ und damit auch deren Normeninhalt nicht bekannt gewesen. Die Norm zeichnet sich aber dadurch aus, dass sie nicht nur im normativen Teil gerade dem Errichter einer Fußboden-und/oder Deckenflächenheizung durch konkrete Anforderungen gerade zu eine perfekte Leistungsbeschreibung liefert, sondern als normativen Anhang A eine ausführliche „Information für den Bauherren und den Benutzer der Flächenheizungsanlage“ liefert. In diesem Leitfaden wird Inhalt und Umfang der vom Errichter zusätzlich zu den nach [14] geforderten Unterlagen zu übergeben sind. Die Beachtung hätte zwar den Schaden nicht verhindert, die Folgen aber insbesondere für die Bauherren erheblich minimieren können. Die Fehler in der Planung und Ausführung sind ebenso hinreichend beschrieben worden wie die Ursachen und Wirkungen, die zu dem Schaden geführt haben. Die wichtigsten Fehlerursachen im Einzelnen Nach den Prozess-Unterlagen hat es zwischen dem FHH und BETRIEBSFÜHRUNG den EHB keinen schriftlichen Vertrag gegeben. Auf Befragen wurde erklärt, dass „mein Unternehmen schon langjährige Beziehungen zum Auftraggeber unterhält, und die Auftragserteilung gewissermaßen auf Zuruf erfolgte“. Auf welcher Basis dieses Auftragsverhältnis begründet ist - nach BGB, VOB oder eigener Allgemeiner Geschäftsbedingungen, z. B. der AGB für die Elektrohandwerke des ZVEH - konnte nicht beantwortet werden. Zum geforderten Leistungsteil Elektrofußbodenheizung mit Paraffinschüttung und Trockenestrich EG u. DG verlangten die EHB weder Prüfzeugnisse noch Zertifikate. Obwohl sie die Leistung nicht kannten, meldeten sie diesbezüglich keine Bedenken nach § 4 Nr. 3 VOB/B beim FHH an. Das Latentwärmespeicher-Heizsystem ist ohne eine allumfassende Prüfung als Systemlösung in Verkehr gebracht worden, dies bezieht sich sowohl auf den konstruktiven Fußbodenaufbau als auch auf die erforderliche elektrische Prüfung des Heizungssystems. Hierunter ist die Prüfung der Sicherheit gegen elektrischen Schlag, auf Brandsicherheit durch ein zwangsläufig wirkendes Temperatur-Sicherheitssystem ebenso zu verstehen wie Prüfung der physikalischen und chemischen Verträglichkeit der zum Einsatz kommenden Baustoffe. Bei den vom Systemlieferanten gelieferten Heizmatten konnte der Hersteller nicht ermittelt werden. Die Heizleiter besitzen einen -Aufdruck mit Kennzeichnung des Leitermaterials. Auf den Produktetiketten der Heizmatten ist jedoch neben dem Firmenlogo des SAB ein VDE-Prüfzeichen aufgedruckt. Bei der VDE-Prüfstelle ist jedoch für diese Erzeugnisse des SAB keine Prüfzulassung erteilt worden. Eine Prüfung auf Wirksamkeit und Funktionstüchtigkeit der Temperaturregelung. besonders des „patentierten Sicherheits-Temperatur-Systems“, ist durch die EHB nicht vorgenommen worden. Dieses Erfordernis zur Prüfung ist in der Herstellerdokumentation des SAB nicht enthalten. Das ist aber eine Grundanforderung für Sicherheitssysteme und hätte deshalb vom jeweiligen EHB durchgeführt werden müssen. Zu bemängeln ist die unterbliebene Feineinstellung der Regelung für die elektrische Fußboden-Speicherheizung. Diese Leistung hat zwar keinen ursächlichen Zusammenhang mit dem Schaden, ist aber als Ausführungsmangel anzusehen, da sie in den vorgenannten Normen verbindlich gefordert und als Nebenleistung im Sinne der ATV DIN 18299 Abschnitt 4.1 angesehen wird. Auch die geforderte Einweisung des Nutzers/Betreibers durch die Ausführungsunternehmen ist unterblieben, obwohl dies in [8] verbindlich gefordert wird. Ebenfalls in [8] sind die speziellen Anforderungen an die Kennzeichnung und Nachweisführung für elektrische Fußbodenheizungen enthalten: Abschnitt 753.514: Der Errichter muss für jedes Heizungssystem einen Plan mit den folgenden Einzelheiten erstellen: ·- Bauart und Zahl der errichteten Heizeinheiten · Flächenheizleistung · Anordnung sowie Lage/Tiefe der Heizeinheiten · Lage der Verbindungsdosen · Leiter, Abschirmungen (hier sollten Angaben zum Leiterquerschnitt und Nicht-/Vorhandensein eines Schirms gemacht werden) · beheizte Fläche · Bemessungsspannung · Bemessungswiderstand (kalt) der Heizeinheit · Bemessungsstrom der Überstrom-Schutzeinrichtung · Bemessungsdifferenzstrom der Fehler-Schutzeinrichtung. Dieser Plan ist dauerhaft im oder am Stromkreisverteiler für das Heizungssystem zu hinterlegen. Ein derartiger Plan ist von keinem EHB geliefert worden. Zum sicheren Betreiben der elektrischen Anlagen werden ebenfalls in DIN VDE 0100-610 „Errichten von Niederspannungsanlagen; Prüfungen; Erstprüfungen“ [14] folgende Anforderungen gestellt: Das Besichtigen muss mindestens, sofern zutreffend, diese Überprüfungen beinhalten (Auszug): · Vorhandensein von Schaltungsunterlagen, Warnhinweisen und anderen ähnlichen Informationen (siehe DIN VDE 0100-510 (VDE 0100 Teil 510). Anmerkung 1. Das Vorhandensein von Schaltplänen, Warnhinweisen und anderen ähnlichen Informationen, wie auch die Kennzeichnung der Stromkreise, Sicherung, Schalter, Klemmen usw. sind im Hinblick auf spätere Wiederholungsprüfungen besonders wichtig, da Prüfergebnisse vorausgegangener Prüfungen und das Dokumentieren, z. B. besonderer Verlegearten, wesentliche Informationsquellen für jeden Prüfer sind. Es sollte insbesondere im Hinblick auf spätere Widerholungsprüfungen darauf geachtet werden, dass der Zeitpunkt der Errichtung einer Niederspannungsanlage einschließlich der ihrer Erweiterung oder Änderung eindeutig dokumentiert ist. Anmerkung 2. In den Montage-und Betriebsanleitungen der Hersteller sind aufgrund von Festlegungen in den Gerätebestimmungen die Besonderheiten für Montage und Betrieb dargelegt. Die Einhaltung der Vorgaben der Hersteller der Betriebsmittel sollte geprüft werden. · Kennzeichnung der Stromkreise, Sicherungen, Schalter, Klemmen usw. Derartige Unterlagen sind von keinem EHB weder an den FHH noch an die Bauherren übergeben worden. Trauriges Fazit Sowohl aus vertraglicher als auch aus technischer Sicht sind die geltenden Rechtsvorschriften hinsichtlich der Abnahme gegenüber der Bauherrenschaft damit nicht eingehalten. Keiner der EHB hat Ausführungsunterlagen erstellt und sich bestätigen lassen. Es wurden keine ausreichenden Pläne, Betriebs- und Wartungshinweise und Hersteller-Dokumente einschließlich Garantieerklärungen an die Bauherren übergeben. Auch hier gilt, dass diese vertragliche Nebenleistung mit dem Preis der Hauptleistung abgegolten und deshalb von den Bauherren bezahlt wurde. Zu bemängeln ist leider auch die Nichtbeachtung der nach [3] vorgegebenen Verantwortlichkeit für das Erstellen der Ausführungsunterlagen und zum Zeitpunkt der Übergabe der Revisionsdokumentation, die der Auftragnehmer für jede neue und erweiterte und ergänzte elektrotechnische Anlage zu erbringen hat. Nur auf gerichtliche Anforderung sind Gewährsbescheinigungungen und Messprotokolle übergeben worden. Auch Garantieurkunden und Gebrauchs- bzw. Bedienungsanleitungen haben die Bauherren nicht erhalten. Die Beschriftung der Anlage erfolgte völlig unzureichend - vielfach in „ägyptischer Keilschrift“. Leider ließ auch teilweise die handwerkliche Ausführung der Elektroinstallation stark zu wünschen übrig. Literatur: [1] DIN 18015-2:2004-08 Elektrische Anlagen in Wohngebäuden - Teil 2: Art und Umfang der Mindestausstattung [2] DIN VDE 0100 „Errichten von Niederspannungsanlagen“ (Normenreihe) [3] Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB); Teil B Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen [4] DIN 18382 „Nieder- und Mittelspannungsanlagen mit Nennspannungen bis 36 kV“ (ATV) VOB/C [5] DIN 44576-1 bis 4:1987-03 Elektrische Raumheizung; Fußboden-Speicherheizung (Normenreihe) [6] DIN 18560-2: 05.92 Estriche im Bauwesen; Heizestrich [7] DIN VDE 0253:1987-12 Isolierte Elektrische Heizleitungen [8] DIN VDE 0100-753 Errichten von Niederspannungsanlagen; Anforderungen für Betriebsstätten, Räume und Anlagen besonderer Art; Fußboden- und Deckenflächenheizungen [9] DIN VDE 0100-701 ;...;...; Elektrische Anlagen in Räumen mit Badewanne oder Dusche [10] VdS-Richtlinie 2023 Elektrischen Anlagen in baulichen Anlagen mit vorwiegend brennbaren Baustoffen [11] DIN EN 60335-2-96 (VDE 0700 Teil 96) Sicherheit elektrischer Geräte für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke - Teil 2-96: Besondere Anforderungen für Flächenheizelemente [12] DIN 4701 (Normenreihe) Regeln für die Berechnung der Heizlast von Gebäuden [13] Gesetz über die Haftung für fehlerhafte Produkte (Produkthaftungsgesetz - Prod Haft G) i.d.F. vom 15. Dezember 1989 [14] DIN VDE 0100-610 ;...;...; Prüfungen; Erstprüfungen H.-J. Slischka Elektropraktiker, Berlin 62 (2008) 2 120 BETRIEBSFÜHRUNG

Autor
  • H.-J. Slischka
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