Elektrotechnik
Auftreten von Netzunterspannungen
ep1/2002, 2 Seiten
Blitzschutz-Potentialausgleich und Überspannungsschutz ? Ein kleines Einfamilienhaus mit Zweileiter-Freileitungshausanschluss ist weder mit einem Fundamenterder noch mit einer Potentialausgleichsschiene versehen. Vor einiger Zeit hat der Eigentümer eine Blitzschutzanlage errichten lassen. Diese ist an den vier Hausecken über Staberder geerdet. Jetzt möchte der Eigentümer seine Elektroanlage auch gegen Überspannungen schützen. Hierbei kommt es ihm im Wesentlichen auf zwei Stromkreise für Fernseher und Kühlschrank an. · Muss die nachzurüstende PAS mit der äußeren Blitzschutzanlage verbunden werden? Wenn ja, in welcher Weise? · Welchen Umfang und welche Geräte empfehlen Sie für den Überspannungsschutz? ! Mit der Errichtung der äußeren Blitzschutzanlage wurde schon viel getan. Es bleibt aber auch noch viel zu tun. Ein wirksamer Blitz- und Überspannungsschutz ist aufwändig, kann aber schlimme Personen-und Sachschäden verhüten. Blitzschutz-Potentialausgleich. Die Verbindung der PAS mit der äußeren Blitzschutzanlage ist für den Blitzschutz-Potentialausgleich erforderlich ([1], Abschn. 6.1; [2], Abschn. 3.1; [3], Abschn. 5). Sie hätte schon bei der Errichtung der äußeren Blitzschutzanlage hergestellt werden müssen. Ihr Fehlen kann zu gefährlichen Überschlägen zwischen dem äußeren Blitzschutz und den im Hause befindlichen elektrischen Anlagen und Geräten sowie metallenen Rohrleitungen und dgl. führen. Weil die äußere Blitzschutzanlage nicht mit einem Ringerder, sondern mit vier Staberdern ausgeführt wurde, ist es erforderlich, die Leiter für den Blitzschutz-Potentialausgleich an jede der vier Ableitungen anzuschließen. Sie müssen folgenden Mindestquerschnitt haben ([2], Nationales Vorwort, Zu 2.5 und Tabelle NC.4): 16 mm2 Cu, 25 mm2 Al oder 50 mm2 Stahl. Am besten wird Kabel NYY 1 x 16 mm2 oder stärker, bis zu 50 mm2, verwendet. Der Anschluss erfolgt vorzugsweise jeweils dicht über der Messtrennstelle an die Ableitung. Dafür sind ggf. Zweimetallklemmen entsprechend den zu verbindenden Metallen erforderlich. Außerdem müssen die Verbindungsstellen zum Schutz der Ableitungen vor elektrochemischer Korrosion mit Korrosionsschutzbinde umwickelt werden. Wenn es ungünstig ist, alle vier Leiter sozusagen sternförmig zur PAS zu führen, kann wahlweise eine Potentialausgleichs-Ringleitung im Keller, vorzugsweise als Kabel NYY 1 x 16 mm2 oder stärker nahe der Decke verlegt werden. An diese werden die vier Leiter trennbar angeschlossen. Von ihr führt dann ein einziger Blitzschutz-Potentialausgleichsleiter zur PAS. Die PAS soll etwa in Höhe der Geländeoberfläche angeordnet werden, also im Keller relativ hoch oder im Erdgeschoss möglichst tief. Sie muss zum Zwecke des Blitzschutz-Potentialausgleichs und des Hauptpotentialausgleichs mit folgenden im Hause vorhandenen Leitern verbunden werden ([2], Abschn. 3.1; [3], Abschn. 5; [4], Abschn. 413.1.2.1); [5], Abschn. 9): · metallene Rohrleitungen, Gebäudeausrüstungen und Gebäudeteile, · Hauptschutzleiter der Starkstromanlage (beim TN-System der PEN-Leiter), · Schirme von Informationskabeln. Isolierstücke in metallenen Rohrleitungen müssen mit Trennfunkenstrecken überbrückt werden ([2], Abschn. 3.1.2; [3], Abschnitte 5 und 6). Überspannungsschutz. Ein voll wirksamer Überspannungsschutz kann nur mit der Gesamtheit von Grob-, Mittel- und Feinschutz, die man auch „Überspannungsschutz-Kaskade“ nennt, erreicht werden ([3], Abschn. 1; [6], Abschn. 3.2). Der Überspannungs-Grobschutz ist praktisch das Gleiche wie der Blitzschutz-Potentialausgleich. Er schließt die Verbindungen zwischen dem Schutzleiter (beim TN-System dem PEN-Leiter) und den betriebsmäßig unter Spannung stehenden Leitern (Außenleiter, Neutralleiter) über Blitzstromableiter (Überspannungs-Schutzeinrichtungen der Anforderungsklasse B, Geräte mit Funkenstrecke) ein. Für sich allein kann er vor Bränden und groben Zerstörungen schützen und somit Anwendung finden, wenn keine empfindlichen Anlagen und Geräte zu schützen sind. Die Anordnung erfolgt im Hauptstromversorgungssystem (Anlageteil vor den Zählern). Die Ausführung kann aus [3] und [6][7][8] entnommen werden, wo sie ausführlich beschrieben ist. Eine Übersicht über die auf dem Markt befindlichen Blitzstromableiter enthält [9]. Für den Mittelschutz werden Überspannungs-Schutzeinrichtungen der Anforderungsklasse C und für den Feinschutz solche der Anforderungsklasse D verwendet. Als wirksame Bauteile enthalten die Geräte C ausschließlich Varistoren (spannungsabhängige Widerstände) und die Geräte D auch eine gasgefüllte Funkenstrecke. Die Anwendung des Mittel- und Feinschutzes ohne Grobschutz kann nur gegen energiearme Stoßspannungen schützen, die z. B. durch Schaltvorgänge bewirkt werden, weil die Geräte bei direkten oder nahen Blitzeinschlägen der Beanspruchung nicht standhalten, zerstört werden und keinen Schutz bieten können. Der Feinschutz wird in der Nähe des empfindlichen Verbrauchers angeordnet, z. B. mit der Steckdose in gemeinsamer Einbaudose. Sehr praktisch und wirksam sind manche steckbaren Geräte D, die zwischen die Steckdose und den Stecker des Verbrauchers eingefügt werden. Für Verbraucher, die an zwei verschiedene Netze angeschlossen werden (z. B. Geräte für Kabelfernsehen, Feststationen von schnurlosen Telefonen, Computer mit Anschluss an das Telefonnetz) empfehlen sich steckbare Überspannungs-Schutzeinrichtungen der Anforderungsklasse D, die in die Anschlussleitungen beider Netze eingefügt werden und die Überspannungen zwischen den beiden Netzen reduzieren. Die beschriebenen Maßnahmen sind auch für die in das Haus eingeführten Informationsleitungen erforderlich ([3], Abschn. 1.3). Dafür gibt es allerdings andere Überspannungs-Schutzeinrichtungen. Literatur [1] DIN 57185 Teil 1/VDE 0185 Teil 1:1982-11 Blitzschutzanlage; Allgemeines für das Errichten. [2] Vornorm DIN V ENV 61024-1/VDE V 0185 Teil 100:1996-08 Blitzschutz baulicher Anlagen; Teil 1: Allgemeine Grundsätze (IEC 1024-1: 1990, modifiziert). [3] Hering, E: Blitzschutz-Potentialausgleich, Trennfunkenstrecken und Blitzstromableiter. Elektropraktiker, Berlin 53(1999)2, S. 122-126. [4] DIN VDE 0100-410/VDE 0100 Teil 410:1997-01 Errichten von Starkstromanlagen mit Nennspannungen bis 1000 V; Teil 4: Schutzmaßnahmen; Kapitel 41: Schutz gegen elektrischen Schlag. [5] DIN VDE 0100 Teil 540:1991-11 -; Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel; Erdung, Schutzleiter, Potentialausgleichsleiter. [6] Hering, E.: Überspannungs-Grobschutz im Einfamilienhaus. Elektropraktiker, Berlin 54(2000) 8, S. 668-674. [7] Hering, E.: Blitzstromableiter und Einsatzrichtlinie. Elektropraktiker, Berlin 53(1999)4, S. 302-305. [8] Hering, E: Blitzstromableiter und Überstrom-Schutzeinrichtungen. Elektropraktiker, Berlin 53(1999)7, S. 630-634. [9] Hering, E.: Verfügbare Blitzstromableiter für Hauptstromversorgungssysteme. Elektropraktiker, Berlin 55(2001)2, S. 140-143. E. Hering Auftreten von Netzunterspannungen ? In meinem Kundenkreis treten regional Unterspannungen von etwa 180 V auf. Der Versorgungsnetzbetreiber (VNB) reagierte bisher nicht auf die Reklamationen der Kunden. Wie kann man am besten vorgehen, den VNB zum Handeln zu bewegen? ! Leider kann ich Ihrer Anfrage nicht entnehmen, ob es sich bei Ihren Kunden um Haushalte, Gewerbe oder z. B. landwirtschaftliche Betriebe handelt. Diese Frage ist aus einem bestimmten Grund von Bedeutung. Aussagen über die Spannungsqualität finden Sie in der „Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden“ (AVBElt V) Leseranfragen Elektropraktiker, Berlin 56 (2002) 1 § 4 - eine Durchführungsverordnung zum Energiewirtschaftsgesetz - sowie im Musterwortlaut der Technischen Anschlussbedingungen (TAB 2000), aber auch in der bisher geltenden Ausgabe der TAB sowie in der IEC 38, einer internationalen Norm zur Harmonisierung von Netz-Nennspannungen, und in DIN EN 50160 „Merkmale der Spannung in öffentlichen Elektrizitätsversorgungsnetzen“. Für Sie bzw. Ihre Kunden trifft erst einmal die AVBElt V zu, als gesetzliche Vorgabe. Bei „elektrischem Strom“ handelt es sich, wie bei einem Auto oder einer Flasche Bier, um ein Produkt, das verkauft wird. Es unterliegt dem Produkthaftungsgesetz und muss bestimmte Qualitätsanforderungen erfüllen. Nach den AVBElt V § 4 gilt folgendes Qualitätsmerkmal: „Das Elektrizitätsversorgungsunternehmen stellt zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen zur Verfügung: · Drehstrom mit einer Spannung von etwa 380 V oder 220 V, · Wechselstrom mit einer Spannung von etwa 220 V oder 110 V. Die Frequenz beträgt etwa 50 Hz.“ Mit „etwa“ ist nicht viel anzufangen, obwohl meiner Meinung nach 180 V nicht mehr „etwa 220 V“ sind. Aber dies ist meine persönliche Meinung, die nützt Ihnen nicht viel. Es gibt jedoch im selben § 4 eine weitere Aussage unter (4) : „Spannung und Frequenz werden möglichst gleichbleibend gehalten. Allgemein übliche Verbrauchsgeräte müssen einwandfrei betrieben werden können.“ Diese Aussagen gelten allerdings für die Spannungsqualität am Ende des Hausanschlusses, nicht jedoch z. B. am Ende einer maroden und für den heutigen Leistungsbedarf völlig unterdimensionierten Kundenanlage. Der VNB ist nur verantwortlich für die Spannungsqualität am Ende des Hausanschlusses. Nach der IEC 38 wurden inzwischen aus 220 V die 230 V und aus 380 V die 400 V. Die Geräteindustrie fertigt ihre Produkte inzwischen für diese neue Netz-Nennspannung. Für diese Spannungen gilt zur Zeit ein Toleranzbereich von -10 % und +6 %. Völlig unabhängig von möglichen juristischen Auslegungen hinsichtlich zulässiger Spannungstoleranzen ist doch erstmal eines wichtig : Können bei 180 V allgemein übliche Verbrauchsgeräte noch einwandfrei betrieben werden ? Mir erscheint hier das Wort „einwandfrei“ besonders wichtig. Ich gehe davon aus, dass die Geräte eben nicht einwandfrei funktionieren, sonst hätten sich Ihre Kunden ja nicht beschwert. Aber noch ein Punkt ist wichtig, sind die Geräte, die nicht funktionieren, „allgemein übliche“ Geräte? Das kann ich nicht beantworten, ein Fernsehgerät mit Sicherheit, aber sonst? Ich glaube, dies ist ein erfolgversprechender Ansatzpunkt, den betroffenen VNB zu einer Reaktion zu bewegen. J. Pietsch Verbinden von Erdungsanlagen ? In unserer Gartenanlage ist ein oberirdischer Flüssiggaslagerbehälter aufgestellt. In etwa 20 m Entfernung befindet sich ein Gebäude. Muss der Behälter an die Erdungsanlage dieses Gebäudes angeschlossen werden oder ist er separat zu erden? ! Der Flüssiggaslagerbehälter fällt in den Geltungsbereich der Technischen Regeln zur Druckbehälterverordnung - TRB 801 Nr. 25. Die „Anlage zu TRB 801 Nr. 25“ in der Fassung vom Januar 2001 enthält im Abschnitt 7.1.8 zur Erdung derartiger Behälter eine Reihe von Festlegungen, die in der Praxis oftmals missverstanden werden. Dieser Abschnitt lautet: „Die Anlagen müssen so ausgeführt werden, dass Zündgefahren infolge elektrostatischer Aufladungen vermieden werden, z. B. durch Anwendung der ZH 1/200 (Richtlinien für die Vermeidung von Zündgefahren infolge elektrostatischer Aufladungen)“. Ferner sind geeignete Blitzschutzmaßnahmen zu treffen, auf VDE 0185 Teile 1 und 2 wird hingewiesen. Erdung von oberirdischen Flüssiggaslagerbehältern < 3 t Inhalt Nach der TRF 1988, Abschnitt 3.2.2.5, benötigen oberirdische Flüssiggaslagerbehälter eine Erdung, falls sie einen Widerstand > 106 haben. Bei Vorliegen einer Betonplatte in gewachsenem Erdreich ist eine Erdung nicht erforderlich." Die „Anlage zu TRB 801 Nr. 25“ spricht also zwei Erdungsmaßnahmen an: 1. Erdung gegen elektrostatische Aufladungen und 2. Erdung zum Zwecke des Blitzschutzes. Während hier die Erdung gegen elektrostatische Aufladungen mit der Angabe des Widerstands zwischen Behälter und Erde bzw. dem Vorliegen einer Betonplatte in gewachsenem Erdreich eindeutig geregelt ist, bedarf es zur Blitzschutzerdung einiger Erläuterungen: Bei einem Blitzeinschlag in den Behälter besteht die Gefahr, dass gefährlich hohe Blitzstromanteile über die Flüssiggasleitung in das zu versorgende Gebäude gelangen. Eine gute Erdung des Behälters soll diese Stromanteile möglichst auf ein ungefährliches Maß senken. Nach VDE 0185 Teil 2, Abschnitt 6.2.31.4, Leseranfragen Elektropraktiker, Berlin 56 (2002) 1 31
Autor
- J. Pietsch
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