Elektrotechnik
Alleskönner Stromkabel?
ep12/2001, 2 Seiten
1 Warum PLC Die Technik der Datenübertragung über das Niederspannungsnetz der Energieversorger bis hin zur Steckdose des Endverbrauchers (s. ep 6/1999 S. 560 u. 563 und ep 12/2000 S. 1066-1068) ermöglicht neben der Überwindung der berühmten „letzten Meile“ auch die Datenverteilung innerhalb eines Hauses, ohne auf separat verlegte Datenleitungen angewiesen zu sein. Vorhandene Infrastruktur (Energienetz) kann für weitere Dienste (Kommunikation, Daten) benutzt werden. Zusätzliche Telekommunikationsanlagen sollen entfallen. Außer dem Vorteil, ohne Einwählen ständig online zu sein, bietet sich die Möglichkeit von so genannten Mehrwertdiensten, z. B. Fernabfrage, Fernsteuerung, oder Betreuungsservice durch den Anbieter. Im Mittelpunkt steht besonders die hohe Übertragungsrate mit aktuell bis zu 2,3 MBit/s, die in Zukunft noch erhöht werden soll. 2 Die aktuellen Anbieter Neben internationalen Anstrengungen im PLC-Bereich sind in Deutschland besonders folgende Unternehmen involviert: RWE: Etwa 600 Kunden nutzen bisher die vom rheinisch-westfälischen Versorgungsunternehmen in Essen und Mülheim an der Ruhr angebotene Technik. Als nächstes soll die Stadt Düren folgen. Angedacht sind 150 000 Kunden bis Ende 2003 in den Versorgungsgebieten in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz,Niedersachsenund Bayern. Das Angebot unterteilt sich in drei Bereiche: Power Net, Power School und Home. Das erste Produktpaket umfasst die Breitbandanbindung, wobei die Telefonie erst für nächstes Jahr angedacht ist. Das zweite Paket betrifft die Versorgung von speziellen Benutzergruppen, den Schulen. Es werden Klassenräume oder ganze Gebäude so vernetzt, dass ein Internetzugang über alle Steckdosen möglich ist. Nach Einzelfallprüfungen sind bisher über 20 Schulen im Rhein-Ruhr-Gebiet angeschlossen. Beim dritten, bundesweit angebotenen, Paket schliesslich können elektrische Geräte über eine Internet-Plattform auf dem RWE-Server ferngesteuert werden, wobei die Datenverteilung innerhalb eines Hauses jedoch nicht über die Stromleitung geschieht, sondern auf einer Honeywell-Funklösung basiert. Technikausrüster für RWE Powerline ist die Schweizer Firma Ascom. MVV: Aufbauend auf einem eigenen Glasfaserring für Datenübertragung, der alle Umspannwerke und Trafohäuschen verbindet, bietet das Mannheimer Versorgungsunternehmen ein „Vype“ genanntes Powerlineprodukt in mehreren Mannheimer Stadtteilen an. Bis Ende 2002 sollen rund 130000 Haushalte in der ganzen Stadt anschlussfähig sein. Die Technik liefert die israelische M@in.net Ltd. EnBW: Die Ostwürttemberg Donau Ries AG (ODR) als Tochterunternehmen der EnBW offeriert im süddeutschen Ellwangen über 80 nachgerüstete Umspannstationen nahezu 7500 Kunden ihr Produkt „Power Surf“. Durch die Vernetzung von Schulen in Ellwangen und Bruchsal macht das Unternehmen aber auch seine Ambitionen in Punkto Hausvernetzung und speziell Bedienung ausgewählter Kundenkreise deutlich. Nachdem Siemens als Techniklieferant abgesprungen ist, arbeitet die ODR mit Ascom zusammen. Oneline: Außer den vorgenannten Versorgungsunternehmen drängt hier ein Hersteller der Technik auf den Powerline-Markt. Das Unternehmen mit Preussen Elektra als 55 %-igem Anteilseigner baut das gesamte operative Geschäft auf und sucht anschließend Joint-Ventures mit Stromversorgern. Aktuell besteht ein solches mit Avacon, so dass im nächsten Jahr in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt entsprechende Projekte anlaufen werden. Technisch unterscheidet man sich von anderen Anbietern durch die Fähigkeit zur Telefonie und die Einspeisemöglichkeit von Daten an nahezu beliebigen Orten in das Stromnetz. 3 Verwendete Technik Breitbandsignale werden über Kopplergeräte am Schnittpunkt zwischen Telekommunikations- und Energienetz (oft in der Trafostation) aufmoduliert und an der Steckdose ebenfalls über ein entsprechendes Gerät demoduliert. Zur Datenübertragung werden der 50-Hz-Schwingung hochfrequente Schwingungen überlagert. Diese höherfrequenten Schwingungen haben jedoch die in diesem Falle unangenehme Eigenschaft, dass sie sich vom stromführenden, nicht abgeschirmten, Leiter entfernen. Das heißt, elektromagnetische Wellen mit leistungsabhängiger Ausbreitung werden gesendet und können umgekehrt über die Stromleiter als Antenne empfangen werden. Die angewendeten verschiedenen Modulationsverfahren bei PLC nutzen Frequenzen innerhalb einer großen Bandbreite bis 30 MHz. Dadurch ausgesendete Störfelder können andere Funkdienste wie Polizei-, Militär- und Amateurfunk beeinträchtigen. Deshalb wurde die Übertragungs- bzw. Sendeleistung stark eingeschränkt. Entsprechende Verordnungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie geben seit diesem Jahr die Benutzung von Frequenzen innerhalb eines weiten Spektrums zwischen 1 MHz und 30 MHz unter anderem auch für die PLC-Anwendung frei. In der nationalen Nutzungsbestimmung 30 (NB 30) der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (Reg TP) werden dabei die Grenzwerte für Störfeldstärken in und längs von Leitern bestimmt. Die Technik der Datenübertragung auf Energieleitungen ist prinzipiell nicht neu, sie wird seit langem für die Rundsteuertechnik (z. B. Ansteuerung der Strassenbeleuchtung) der Energieversorger verwendet. Auch andere Produkte nutzen bereits das 230-V-Netz zur Kommunikation: · hausinterne Gegensprechanlagen, · Babyphones, · vernetzte Industrie-Bussysteme. Im Unterschied zu PLC wird allerdings mit Frequenzen aus dem Cenelec-Band (9 kHz bis 148,5 kHz nach EN 50065) für relativ kurze Zeitspannen gesendet. Relative Geschwindigkeit: Wie eingangs erwähnt werden Übertragungsraten von bis zu 2,3 MBit/s erreicht. Dies entspricht etwa dem 30-fachen einer ISDN-Übertragung und ist auch wesentlich schneller als die DSL-Technik (Digital Subscriber Line). Allerdings handelt es sich bei Powerline um ein „shared medium“, d. h. mehrere Nutzer teilen sich die Übertragungskapazität. In der Regel werden die Breitbandsignale in den Trafostationen der Stromversorger aufmoduliert, welche jeweils für die Energieanbindung von 100 bis 300 Haushalten konzipiert sind. Die beschriebenen 2,3 MBit/s gelten für die Gesamtanbindung. Laden viele Kunden gleichzeitig Daten aus dem Netz, sinkt der Datendurchsatz für den Einzelnen entsprechend. Die erreichbaren Geschwindigkeiten bei einer Massenanwendung bleiben abzuwarten. Kommunikationstechnik Elektropraktiker, Berlin 55 (2001) 12 984 Alleskönner Stromkabel? Powerline Communication-Technologie trotz Kritik im Vormarsch S. Schröder, Berlin Investitionen in mehrstelliger Millionenhöhe in viele Experimentier- und Testphasen mündeten bei einigen Anbietern seit Sommer diesen Jahres in kommerziell offerierten Produkten zur Powerline Communication (PLC). In zahlreichen Medienmeldungen wurde die Thematik von allen Seiten beschrieben. Doch wie ist der Stand der Dinge? 4 Einschätzungen Einige Fachleute sehen für Powerline weniger rosige Aussichten als die Anbieter. Eine Studie von Forrester Research besagt, dass die Technik noch nicht ganz ausgereift sei und infolgedessen einige Schwachstellen zu vermerken sind: Neben der genannten relativen und nicht garantierbaren Geschwindigkeit sind die Preismodelle nach Datenmengen kaum lukrativ. Wenignutzer erreichen eventuell noch nicht einmal den Mindestabsatz und für Vielnutzer kommt diese Abrechnungsart teurer als alternative Technologien. Die Infrastruktur ist nicht flächendeckend und wird von den Betreibern nur sukzessive ausgebaut. Es wird sich auf wenige ausgewählte Regionen beschränkt, dies ist ein Nachteil gegenüber dem relativ zügigen DSL-Ausbau der Deutschen Telekom. Nach Meinung der Forrester-Fachleute gelingt es auch nur dann, Powerline erfolgreich im Markt zu platzieren, wenn bisher vernachlässigte Kundengruppen (z. B. Schulen) gezielt angesprochen werden. Gerade die letzte Aussage wird dadurch bestätigt, dass zwei von den drei besprochenen Anbietern auch auf dieser Vermarktungsschiene fahren. Unter diesem Aspekt kann man auch die Bemühungen zur Hausvernetzung mithilfe der Powerline-Technik verstehen, da auch hier wieder eine spezielle Marktnische gesucht wird, in der das Produkt untergebracht werden kann. Auch die Einbindung in Gebäudekommunikations- und Gebäudeautomationssysteme ist denkbar und stellt ebenfalls einen möglichen Geschäftsbereich dar. Bezüglich der Abstrahlproblematik melden besonders die Funkamateure, aber auch z. B. das polizeitechnische Institut in Münster oder das Institut für Rundfunktechnik in München ihre Bedenken an. Selbst wenn die durch die NB 30 festgelegten Grenzwerte durch die Betreiber eingehalten werden, sind ihrer Meinung nach Störungen z. B. bei den Funkdiensten oder beim terrestrischen Radioempfang zu befürchten. Auf der anderen Seite sah Siemens bei den vom Bundesrat verabschiedeten Grenzwerten für die Powerline-Technik u. a. auch keine Wirtschaftlichkeit mehr. Zumindest ist die sichere Highspeed-Datenübertragung mit Sendeleistungen im Milliwatt-Bereich eine große Herausforderung für die Techniker. Von einigen befürchtete gesundheitliche Beeinträchtigungen durch die Vermehrung des „Elektrosmog“ durch PLC sind aufgrund der geringen Übertragungsleistung im Milliwatt-Bereich weniger zu vermuten. Zum Vergleich sei bemerkt, dass die Sendeleistung von Handys um ein Vielfaches höher liegt. Eine im Auftrag der Reg TP angefertigte Studie über die „Störfeldstärken durch Powerline Communication im 230-V-Netz“ beschäftigte sich u. a. mit der Frage, wie die Pegel für eine Einspeisung der PLC-Signale in die Netzleitungen gewählt werden können, ohne durch ungewollte Abstrahlung den Funkempfang zu beeinträchtigen. Dazu wurden Netzmodelle aufgebaut und auf ihre Hochfrequenz-Tauglichkeit überprüft. Es wurde verdeutlicht, dass besonders Gebäudenetze äußerst schwierig zu klassifizieren und eine definierte Anwendung fast unmöglich ist. Einen Einfluss auf das Abstrahlverhalten haben · die Unsymmetrie des Netzes (zeitlich veränderlich besonders durch den Schaltzustand von Lampen), · die Leitungsführung, · die Dämpfung, · die Verbraucher und · weitere Einflussgrössen. Dazu heißt es im Fazit der Studie: „Es wurde verdeutlicht, dass aufgrund der undefinierten Verhältnisse und der vielfältigen Möglichkeiten bei der Kabelverlegung nicht von einer guten Symmetrie des Netzes ausgegangen werden kann. Einphasige Leitungsführungen, wie z. B. bei ausgeschalteten Lampen, verschlechtern die Symmetrie des Netzes entscheidend. Die Unsymmetrien verursachen eine Umwandlung der symmetrischen Signale in asymmetrische Signale und sind mit dem Risiko einer ungewollten elektromagnetischen Abstrahlung verbunden. Es ist wichtig festzuhalten, dass aufgrund einer einphasigen Leitungsführung auch bei einer guten Symmetrie relativ hohe elektrische Feldstärken erreicht werden können.“ 5 Kann das Handwerk mitarbeiten? Die noch relativ geringe Ausbreitung von PLC-Anwendungen erlaubt es den Anbietern, die erforderlichen Arbeiten selbst auszuführen. Spezielle Messungen und eventuell notwendige Anpassungen des Leitungsnetzes obliegen ebenfalls noch den Betreiberfirmen. Insofern sind auch die kommerziell vertriebenen Powerline-Applikationen in gewissem Sinne noch als Feldtests zu verstehen. Bei einem weiteren Ausbau der Technologie ist allerdings eine Zusammenarbeit mit dem Elektrohandwerk durchaus vorstellbar. Die Technik-und auch die Marktentwicklung sind entsprechend zu beobachten. In der Hausvernetzung ist die entsprechende Kompetenz vorhanden. Durch das Elektrohandwerk werden die Hausnetze (Telekommunikation, Multimedia, Gebäudeautomation) installiert und auch heute bereits Powerline-Lösungen (Powerline-EIB) beherrscht. An dieser Kompetenz kommt kein Versorgungsnetzbetreiber vorbei. Kommunikationstechnik Elektropraktiker, Berlin 55 (2001) 12 985 RWE: · Power Net 1000 mit 1 GByte Freidatenvolumen bei einer monatlichen Grundgebühr von 68,45 DM und einem Kaufpreis von 297,29 DM für das erste Modem. Der Preis für zusätzliches Datenvolumen beträgt 6,8 Pf. pro MByte. · Power Net 1500 mit 1,5 GByte Freidatenvolumen bei einer monatlichen Grundgebühr von 95,84 DM und kostenlos zur Verfügung gestellten Modems. Der Preis für zusätzliches Datenvolumen beträgt 6,8 Pf. pro MByte. · Power Net 2000 mit 2 GByte Freidatenvolumen bei einer monatlichen Grundgebühr von 97,79 DM und einem Kaufpreis von 248,39 DM für das erste Modem. Der Preis für zusätzliches Datenvolumen beträgt 3,9 Pf. pro MByte. · Power Net 10000 mit 10 GByte Freidatenvolumen bei einer monatlichen Grundgebühr von 248,39 DM und einem Kaufpreis des ersten Modems von 197,54 DM. Der Preis für zusätzliches Datenvolumen beträgt 2,9 Pf. pro MByte. Außer bei Power Net 1500 ist eine einmalige Anschlussgebühr von 97,79 DM zu entrichten. MVV: · Vype family mit 29,14 DM monatlicher Grundgebühr und 6,45 Pf. pro übertragenem MByte. · Vype flat (Voraussetzung: vorhandener Vype family Anschluss) mit monatlicher Gebühr von 48,70 DM für unbegrenzten Datenverkehr. · Vype profi mit 66,30 DM monatlicher Grundgebühr bei 1 GByte Freidatenvolumen. Für jedes weitere MByte werden 3,72 Pf. berechnet. Eine einmalige Anschlussgebühr von 232,74 DM gilt für alle drei Angebote. ODR: · Power Surf 100 für 29,00 DM im Monat inklusive 100 MByte Freidatenvolumen. Jedes weitere MByte kostet 9,5 Pf. · Power Surf 1000 für 69,00 DM im Monat inklusive 1 GByte Freidatenvolumen. Jedes weitere MByte kostet 9 Pf. Die einmaligen Anschlussgebühren betragen jeweils 285,00 DM für diese Angebote. · Power Surf 3000 für 199,00 DM im Monat inklusive 3 GByte Freidatenvolumen. Jedes weitere MByte kostet 8,5 Pf. · Power Surf 8000 für 459,00 DM im Monat inklusive 8 GByte Freidatenvolumen. Jedes weitere MByte kostet 8 Pf. Die Anschlussgebühren für diese Angebote betragen jeweils 650,00 DM. Stromkunden der ODR surfen im ersten Monat kostenlos. Aktuelle Anbietertarife
Autor
- S. Schröder
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