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Gebäudesystemtechnik | Elektrotechnik

X-10 - Hausautomation per PLC und Funk

ep2/2010, 3 Seiten

Powerline- und funkbasierte Hausautomationssysteme sind – wegen des Verzichts auf eine zusätzliche Verkabelung – zur Nachrüstung besonders gut geeignet. Durch die Kombination beider Varianten lassen sich die Vorzüge beider Lösungsansätze verbinden und so interessante Anlagenstrukturen realisieren. Das Hausautomationssystem X-10 nutzt dieses Konzept und wird durch verschiedene Hersteller unterstützt.


Historie Wer sich mit der Haus- und Gebäudeautomation beschäftigt, wird sehr bald mit einem X-10 genannten System zur Hausautomation konfrontiert. So häufig einerseits auch darauf verwiesen wird, so dürftig und fragmentarisch sind andererseits die hierzu verfügbaren Informationen. Das gilt sowohl für das Web [1] als auch das eine oder andere englischsprachige Fachbuch [2]. Aber die Komponenten von X-10 werden in einer großen Anzahl von Online-Shops gehandelt und dort findet man dann auch den einen oder anderen technischen Hinweis. X-10 ist ein powerline-basiertes Heimvernetzungsprotokoll, das bereits vor mehr als 30 Jahren entwickelt wurde. Zunächst fand es vor allem im anglo-amerikanischen Wirtschaftsraum Verbreitung. Hierfür war vor allem die Tatsache entscheidend, dass General Electric als Produzent bei der technischen Spezifikation des Systems die Bedingungen und Bedürfnisse des heimischen Marktes berücksichtigte. Erste Versuche X-10 im deutschsprachigen Markt zu etablieren war vor etwa zwei Jahrzehnten nur bescheidener Erfolg beschieden. Obwohl es durchaus gelang Referenzobjekte zu realisieren, haben sich die daran beteiligten deutschen Hersteller später anderen Systemen zugewandt. Probleme bereiteten vor allem das 3-Phasen-Drehstromnetz und der zulässige Signalpegel. Nach einer Weiterentwicklung des Protokolls und infolge von Änderungen gesetzlicher Regelungen bezüglich der Signalpegel hat die Verbreitung von Geräten in Europa im letzten Jahrzehnt deutlich zugenommen. Dazu hat auch die Tatsache beigetragen, dass ein breites Angebot an Hausautomationssoftware für dieses System verfügbar ist. Geräte für 230 V, 50 Hz und mit dem CE-Zeichen werden derzeit von verschiedenen europäischen Firmen gefertigt. Eine der bekanntesten ist hierbei die im niederländischen Eindhoven beheimatete Firma Marmitek [3], deren Produkte zum Sortiment des Reichelt-Versandes [4] gehören. Die angebotenen Komponenten sind schon wegen der Bauform insbesondere auf den Nachrüstmarkt ausgerichtet (Bild ). Systemarchitektur X-10 ist ein System vornehmlich zur Steuerung von Jalousien und Beleuchtungen. In Verbindung mit einer auch als Computer Interface nutzbaren Komponente können Schaltuhren auf Tages-, Wochen- und Jahresbasis sowie Automatikfunktionen realisiert werden. 2.1 PLC und Funk Die derzeit unter dem Kürzel X-10 angebotenen Systeme basieren durchweg auf einer Kombination von Powerline Communication, also der Nutzung des vorhandenen Stromnetzes zur Informationsübertragung und der Anwendung von Funkkomponenten. Aktorseitig sind die Module über das Stromnetz angeschlossen und die Bedienung erfolgt über Funkkomponenten (diverse Fernbedienungen) welche über einen Transceiver an das PLC-Netz angebunden sind. 2.2 Frequenz und Reichweite Im X-10-System wird die zu übertragende Nachricht auf eine Trägerfrequenz von 120 kHz aufmoduliert und um Störungen der Übertragung durch andere Verbraucher zu vermeiden im Bereich des Nulldurchganges übertragen (Bild ). Um damit auch in Drehstromnetzen arbeiten zu können, wird die Nachricht noch zweimal wiederholt. Die Reichweite des Signals über das Stromnetz wird mit etwa 80 m angegeben. Die Funkkomponenten arbeiten mit einer Frequenz von 433 MHz und es wird mit einer Reichweite in Gebäude von rund 30 m gerechnet. Beide Reichweiten werden maßgeblich durch die jeweiligen örtlichen Bedingungen bestimmt. In den Herstellerunterlagen wird zudem darauf verwiesen, dass die Anlagen durch den parallelen Betrieb von powerlinebasierten Lösungen (z. B. Babyphone) gestört werden können. 2.3 Adressierung Die Komponenten eines X-10-Systems werden anhand von 9 Bit langen Adressen unterschieden. Davon werden 4 Bit (16 Adressen) für einen Hauscode verwendet und 5 Bit stehen zur Adressierung einzelner Einheiten (16 Adressen) sowie zur Aktivierung zentraler Funktionen (16 Bitkombinationen) zur Verfügung (Bild ). Zur Einstellung des Hauscodes (A-P) und der jeweiligen Geräteadresse (1-16) sind die Komponenten mit einem bzw. zwei Drehschaltern ausgestattet. X-10 verfügt damit zwar über einen Adressraum von 256 Adressen. Innerhalb einer (typischen) Anlage stehen aber nur jeweils 16 Adressen zur Verfügung. Diese Begrenzung gilt aber nur für kleine Anlagen. Neben dem auch als X-10 Standardprotokoll bezeichneten Telegrammaufbau ist eine erweiterte Variante (Bild ) vereinbart worden, die eine differenziertere Ansteuerung von Funktionen und Komponenten erlaubt. Die Kommunikation erfolgt beim Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 2 142 FÜR DIE PRAXIS Gebäudeautomation X-10 - Hausautomation per PLC und Funk H. Möbus, Groß Düben Powerline- und funkbasierte Hausautomationssysteme sind - wegen des Verzichts auf eine zusätzliche Verkabelung - zur Nachrüstung besonders gut geeignet. Durch die Kombination beider Varianten lassen sich die Vorzüge beider Lösungsansätze verbinden und so interessante Anlagenstrukturen realisieren. Das Hausautomationssystem X-10 nutzt dieses Konzept und wird durch verschiedene Hersteller unterstützt. Autor Dr.-Ing. Horst Möbus ist als Honorardozent und Fachautor tätig, Groß Düben. 230 V 120 kHz 50 Hz Telegramme werden 3fach gesendet X-10 - nicht nur für den Nachrüstmarkt, aber gerade dort gut geeignet Standardprotokoll von X-10 ausschließlich in einer Richtung von der Sensorik (z. B. Fernbedienung) zur Aktorik (z. B. UP-Dimmer oder Schalter). Im Konzept des erweiterten Protokolls sind einfache Statusmeldungen zumindest vorgesehen. 2.4 Adressierbare Module Die Sende- und Empfangsmodule sind mittels Drehschalter adressierbar und in der Lage vordefinierte Telegramme zu senden bzw. zu empfangen. Bei den Fernbedienungen wird der Hauscode per Drehschalter eingestellt. Die Geräte- bzw. Funktionszuordnung erfolgt über die zu drückenden Taste. Die „Intelligenz“ der Empfänger ist auf die Auswertung der ankommenden Telegramme beschränkt. Gerätetechnik Geräte des Systems werden von verschiedenen Herstellern angeboten. Eine vollständige Übersicht über das verfügbare Sortiment ist daher kaum zu realisieren. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf das vom Reichelt-Versand in Deutschland gehandelte Sortiment (Tafel ). 3.1 Aktor-Module Obwohl es sich bei X-10 um ein vergleichsweise überschaubares System handelt, ist dennoch eine recht große Anzahl von Aktoren in verschiedenen Bauformen verfügbar. Fernschaltlampensockel können direkt in die jeweilige Leuchte eingeschraubt werden. Eine interessante Lösung sind auch die UP-Fernschalter/-Dimmer. Diese Geräte ermöglichen nach wie vor eine Bedienung vor Ort und gestatten eine Einbindung der angeschlossenen Verbraucher in eine Fernbedienung und die Realisierung von Automatikfunktionen. Darüber hinaus sind diese Geräte ebenso gut für die Nachrüstung geeignet wie Fernschaltlampensockel. Gleiches gilt auch für die diversen Zwischenstecker, die sich lediglich bezüglich der Schaltleistung (auch als Dimmer verfügbar) unterscheiden. Nur bedingt für die Nachrüstung geeignet sind die in den Bauformen UP und REG gefertigten Fernschalter/ -dimmer. 3.2 Bediengeräte Um eine möglichst komfortable Bedienung zur gewährleisten gibt es diverse Fernbedienungen, die sich vor allem im Leistungsumfang unterschieden. Neben einfachen Varianten, die als Schlüsselanhänger zur Ansteuerung des Garten-/Garagentores bzw. der Eingangsbeleuchtung genutzt werden können, gibt es Fernbedienungen die als zentrales Bediengerät fungieren. Diese Fernbedienungen erlauben zudem auch die Ansteuerung von A/V-Technik. Der drahtlose Schalter ist wie die verschiedenen Fernbedienungen per Funk mit dem PLC-Netz von X-10 verbunden und im Unterschied zu den Fernbedienungen zur Anbringung an einem festen Platz vorgesehen. Gleiches gilt für das Touchpanel, das als zentrales Bediengerät für anspruchsvolle Anlagen konzipiert ist. 3.3 Transceiver Zur Verbindung der Funkkomponenten mit dem PLC-Netz gibt es Transceiver. Diese empfangen die Funksignale der Bediengeräte und leiten diese als systemeigene Telegramme in das Stromnetz weiter. Bei der Platzierung der Geräte ist die Reichweite der Funkkomponenten zu beachten. 3.4 Computer Interface Zur Programmierung anspruchsvoller Anlagen stehen diverse PC-Programme zur Verfügung. Die Verbindung zwischen dem PC und der PLC- Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 2 143 Gebäudeautomation FÜR DIE PRAXIS Tafel X-10-Komponenten zur Steuerung von Leuchten und Jalousien (Auszug) Bilder Reichelt-Versand Abbildung Gerät Fernschaltlampensockel Stecker-Fernschalter/-dimmer REG-Schalter/ Dimmer Einbauschalter/ -dimmer UP-Fernschalter/ -dimmer Abbildung Gerät Fernbedienung (4 Geräte) Universal-Fernbedienung Touch-Fernbedienung Funk-Schalter (3 Geräte) einfaches Touchpanel Transceiver Computer Interface 4 Bit 5 Bit Hauscode Geräte zentrale Funktionen Kodierung von Adressen Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 2 144 FÜR DIE PRAXIS Gebäudeautomation Anlage wird mit einem Computer Interface hergestellt. Neben dieser Aufgabe kann diese Komponente auch als zentrale „intelligente“ Steuerungskomponente genutzt werden. Es besteht also die Möglichkeit, Programme (Timer, Makros usw.) in diese Geräte zu übertragen und dort abarbeiten zu lassen. Der Umfang der über diesen Weg zur Verfügung stehenden Programmiermöglichkeiten wird vom Speichervermögen des Interfaces bestimmt. 3.5 Phasenkoppler und Filter Um bei 3-Phasen-Drehstromnetzen die Übertragung des Signals in die andere Phase zu gewährleisten, werden Phasenkoppler benötigt. Filter dienen dazu, das auch zur Signalübertragung genutzte Stromnetz vor den störenden Einflüssen aus dem übergeordneten Netz (Bauform REG) bzw. von angeschlossenen Verbrauchern (Bauform Zwischenstecker) zu schützen. 3.6 Sonstige Komponenten Neben den zur Steuerung von Leuchten und Jalousien geeigneten Komponenten werden Geräte wie etwa Bewegungsmelder und Alarmzentralen mit Anbindung an das Telefon-/ GSM-Netz angeboten. Interessante Anwendungsmöglichkeiten versprechen zudem sogenannte Micro-Module, die wegen ihrer geringen Größe zum Einbau in vorhandene UP-Dosen geeignet sind. Weiterhin sind diverse Varianten von Fernschaltern, Bediengeräte mit Zeitgebern, IR-Interfaces, Funk-Repeater, Kombigeräte aus Transceiver und Phasenkoppler, All-Housecode-Transceiver u. v. a. m. verfügbar. Weitere Informationen findet man sowohl bei dem Hersteller Marmitek [3] als auch bei den unter [5] bis [7] genannten Online-Händlern. Leider sind die Produktunterlagen diverser Geräte vielfach nur in englischer Sprache verfügbar. Programmierung Wie eine Anlage zu programmieren ist, wird entscheidend durch deren Größe bestimmt. Einfache Kleinstanlagen werden durch Einstellen der Adressen an den Aktor-Modulen und „Einlernen“ der Bediengeräte programmiert. Zur Realisierung anspruchsvoller Lösungen werden diverse Programme angeboten. Active Home. Seitens des Herstellers wird das Programm Active Home bzw. dessen leistungserweiterte Version Active Home Pro (Bild a) angeboten. Die einfache Version verfügt im Gegensatz zur Pro-Version über eine deutsche Benutzeroberfläche. Active Home läuft unter Windows. Die damit erstellten Programme werden im Computer Interface gespeichert und von dort abgearbeitet. X10Control. Mit dem als Freeware (Bild b) verfügbaren kleinen Windows-Programm können die Komponenten von X-10 direkt vom PC aus angesteuert werden. Home Seer. Das kommerziell gehandelte Windows-Programm (Bild c) mit englischer Benutzeroberfläche ist recht weit verbreitet. Damit können nicht nur Anlagen auf der Basis von X-10-Komponenten programmiert und gesteuert werden. Indigo. Hierbei handelt es sich um ein kommerziell gehandeltes Mac-Programm mit englischer Benutzeroberfläche zur Programmierung und Steuerung von X-10. Mac-Rechner sind in Amerika deutlich weiter verbreitet als in Europa. Mister House. Bei diesem Open Source Projekt wird ein Linux-Rechner zur Programmierung und Steuerung einer X-10-Anlage genutzt. Das Programm und alle dazu nötigen Unterlagen sind frei im Netz verfügbar. Wer diese Möglichkeit nutzen möchte, sollte über ausreichende Englisch-Kenntnisse verfügen, um mit den Unterlagen arbeiten zu können. Zur Erstellung von Makros sind darüber hinaus Erfahrungen im Umgang mit der Programmiersprache Perl von Vorteil. Fazit X-10 ist ein interessantes, niederschwelliges Angebot sowohl aus der Sicht der Kosten als auch bezüglich des Einarbeitungsaufwandes. Das System ist vorzugsweise zum Einsatz im Bereich der Nachrüstung konzipiert, aber durchaus auch für den Neubau geeignet. Die vergleichsweise bescheidene Verbreitung des Systems im deutschsprachigen Raum hat sicher weniger technische Gründe, sondern ist vielmehr durch die vorhandenen Vertriebswege bedingt. Ein Blick ins Web macht aber deutlich, dass sich diese Situation in absehbarer Zeit durchaus ändern könnte. Literatur [1] www.Wikipedia.de/X10 [2] Cherry, N.: Linux Smart Homes for Dummies. Wiley Publishing Inc. Indianapolis USA 2006. [3] www.marmitek.com [4] www.reichelt.de [5] www.comm4all.com [6] www.sicherwohnen.com [7] www.intellihome.be [8] www.activehome.com [9] www.ziemers.de [10] www.homeseer.com Startbits Hauscode Startbits Hauscode Art der Erweiterung Geräteadr. Daten/Kommandos Geräte-/Funktionsadr. Telegrammaufbau - vereinfachte Darstellung a) X-10-Standardprotokoll b) Erweitertes Protokoll Quelle 1-4: Fa. Marmitek Anspruchsvolle Anlagen können über das Computer Interface und/oder durch einen PC gesteuert werden a) Active Home Pro [8] b) X10Control [9] c) Home Seer [10] a) b)

Autor
  • H. Möbus
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