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Sicherheitstechnik

Video-Überwachungstechnik - Teil 1: Aspekte bei der Auftragsannahme

ep8/2008, 2 Seiten

Die Video-Überwachungstechnik ist in der Sicherheitstechnik das System, welches sich deutlich von allen anderen unterscheidet. Während z. B. in der Brandmeldetechnik überwiegend nach klaren Vorgaben und fest definierten Grundsätzen vorzugehen ist, wird die Videotechnik vom räumlichen Denkvermögen und mathematischen Kenntnissen beherrscht. Zwischen dem, was eine Kamera sieht und wie der Mensch etwas wahrnimmt, gibt es große Unterschiede.


Schriftlicher Auftrag Der Kunde hat seine eigenen Vorstellungen davon, was er sehen möchte. Da die meisten Kunden in der Videotechnik Laien sind, ist auch die Darstellung ihrer Wünsche von laienhaften Schilderungen geprägt. Hier ist der erste Ansatzpunkt, um Fehler zu vermeiden. Die Äußerungen des Kunden müssen so nachvollziehbar definiert und schriftlich festgehalten werden, dass einerseits der Kunde seine Wünsche berücksichtigt findet und andererseits eine technisch einwandfreie und genaue Darstellung der vom Kunden geäußerten Wünsche möglich ist. Die Schriftform ist besonders wichtig, sollte es später zu Meinungsverschiedenheiten mit dem Kunden kommen. Sichtweise des Kunden deuten Kunden haben eine andere Sichtweise, als Techniker. Wenn der Kunde vor sich eine Ausgangstüre sieht, die er überwacht haben möchte, weil ihm auf diesem Wege Ware abhanden kommt, so sieht er sie mit dem für seine Augen eigenen Sichtwinkel. Er sieht den gesamten Bereich um die Türe herum und geht ggf. davon aus, später am Monitor auch eine sich bereits in größerem Abstand nähernde Person frühzeitig sehen zu können. Dass er später aber nur die Türe und die unmittelbare nähere Umgebung sehen wird, weil z. B. nur so eine Person in ausreichender Größe darzustellen und zu identifizieren ist oder der Einsatz eines Videosensors nicht sinnvoll ist, weil im weiteren Umgebungsbereich der Türe ständig Bewegung herrscht, muss ihm erst verdeutlicht werden. Probeaufbau zur Beratung Hierzu ist notfalls ein Probeaufbau durchzuführen, der vereinfacht aus einer akkugespeisten Kamera mit Varioobjektiv und einem kleinen Servicemonitor bestehen kann. Ansonsten hat der Kunde später die Möglichkeit zu sagen, er habe sich das Ergebnis nicht vorstellen können. Dem Errichter wird man dann den Vorwurf machen, dass er entgegen den Vorgaben des BGB keine ausreichende Beratung durchgeführt habe. Checkliste verwenden Die Festlegungen des Kunden lassen sich mit vorgefertigten Tabellen abarbeiten. Je Kamerastandort werden dazu mindestens die folgenden Punkte festgehalten: · Kameratyp (S/W, Farbe, Tag/ Nacht usw.) · Mindestbreite des Überwachungsbereiches · Mindesthöhe des Überwachungsbereiches (evtl. als Alternative zur Breite) · Überwachungsgegenstand (Person, Fahrzeug usw.) · Detailgrößen (Personenerkennung, -identifizierung, kleinster zu erkennender Gegenstand usw.) · Situation im Überwachungsbereich (Bewegungsform und -häufigkeit) · Einsatz einer Detektion (Objektgröße, -richtung, -geschwindigkeit usw.) Während der Beratung kann diese Detailaufnahme handschriftlich erfolgen. Am Ende der Beratung werden diese Zusammenstellungen vom Kunden und von der beratenden Person unterschrieben. Der Kunde kann sich eine Kopie fertigen und erhält mit dem Angebot nochmals die Detailaufnahme in Reinschrift. Damit können durch den Kunden im Nachhinein nur noch Änderungen vorgenommen werden, die als Zusatzleistungen zu definieren sind. Nutzen des Aufwandes Dieser Arbeitsgang mag im Moment wie ein übertriebener Aufwand erscheinen, aber neben der rechtlichen Absicherung liegt der Nutzen in der einfacheren Angebotserstellung. Es muss nicht bis ins kleinste Detail beschrieben werden, was mit der angebotenen Videotechnik erreicht werden soll, sondern es erfolgt ein Verweis auf die zuvor beschriebene Auflistung. Im Angebot erfolgt bei den einzelnen Leistungspositionen nur noch ein Hinweis, welchem Kamerastandort diese zuzuordnen sind. In gleicher Weise wird auch mit anderen Systemkomponenten verfahren, wie z. B. Monitore, Videoaufzeichnung usw. Höhe und Weite Die geplante Montagehöhe ist immer zu berücksichtigen. Dabei ist es egal, wie aufwendig ein Probeaufbau durchgeführt wird oder anhand von Plänen die einzusetzenden Geräte ermittelt werden. Eine in der Hand gehaltene Kamera hat eine maximale Höhe zwischen 2,0 m und 2,4 m. Damit befände sich die später zu montierende Kamera im ungeschützten Handbereich. Folglich werden sie entsprechend höher montiert. Steilheit des Blickwinkels. Je nach Steilheit des späteren Blickwinkels verändert sich die Entfernung „Kamerastandort zum Überwachungsobjekt“ erheblich gegenüber der Entfernung „provisorische Kamera unterhalb des späteren Montageortes zum Überwachungsobjekt“. Werden in der Angebotsphase Objektive mit Festbrennweite geplant, weichen dadurch die späteren Videobilder am Monitor u. U. deutlich von den Vorgaben des Kunden ab. Das Beispiel in Bild zeigt, welche Differenzen alleine durch unterschiedliche Betrachtungswinkel erfolgen können. Beleuchtung. Was für die Kameras zutrifft, gilt in gleicher Weise auch für die Planung und Berechnung von Beleuchtungsanlagen für die Videotechnik. Was das Auge aufgrund seiner Adaptionsfähigkeit leistet, können die meisten Kameras nur bei einer ausreichend zur Verfügung gestellten Beleuchtung annähernd erreichen. Aber nicht immer muss die Diskussion über die Notwendigkeit einer zusätzlichen Beleuchtung für die Videotechnik geführt werden. Im Bereich des Elektropraktiker, Berlin 62 (2008) 8 698 BETRIEBSFÜHRUNG Video-Überwachungstechnik Teil 1: Aspekte bei der Auftragsannahme A. Kraheck, Troisdorf Die Video-Überwachungstechnik ist in der Sicherheitstechnik das System, welches sich deutlich von allen anderen unterscheidet. Während z. B. in der Brandmeldetechnik überwiegend nach klaren Vorgaben und fest definierten Grundsätzen vorzugehen ist, wird die Videotechnik vom räumlichen Denkvermögen und mathematischen Kenntnissen beherrscht. Zwischen dem, was eine Kamera sieht und wie der Mensch etwas wahrnimmt, gibt es große Unterschiede. MEISTERWISSEN Adolf Kraheck, Troisdorf, ist freier Fachautor auf dem Gebiet unabhängiger sicherheitstechnischer Beratung und Planung. Überwachungsbereich als Funktion der Kameraposition Arbeitsschutzes sind Mindestbeleuchtungsstärken für Arbeitsplätze im Innen- so wie im Außenbereich und für Verkehrswege vorgegeben. In vielen Fällen reichen diese Mindestbeleuchtungsstärken für eine einwandfreie Kamerafunktion aus. Damit liegt die Verantwortung für die Beleuchtung vorrangig beim Kunden und in Verbindung mit der Videotechnik muss nur noch die darüber hinausgehend notwendige Beleuchtung Berücksichtigung finden. Varioobjektive Bei der Kameratechnik bzw. Objektivauswahl gibt es die Möglichkeit, für beide Seiten das Risiko einer Fehlentscheidung zu minimieren. Da heutzutage der Preisunterschied zwischen einem Objektiv mit Festbrennweite und einem Varioobjektiv vertretbar klein ist, kann dem Kunden der vorrangige Einsatz von Varioobjektiven angeboten werden. Bildkorrekturen möglich. Mit diesen Objektiven ist es möglich, alle Abweichungen vom „ermittelten“ Videobild auszugleichen und dem Kunden genau das Videobild zur Verfügung zu stellen, das er vorgegeben hat. Abweichungen entstehen durch die Verwendung unterschiedlicher Objektivformate, Beschneidungen des Monitorbildes bei Röhrenmonitoren sowie Beschneidungen des dargestellten Bildes bei TFT-Monitoren durch die eingesetzte Software usw. Änderungen möglich. Bei späteren Änderungswünschen des Kunden, die den Betrachtungswinkel betreffen oder sogar die Verlegung des Kamerastandortes erfordern, muss nicht ein neues Objektiv gekauft werden. Somit lassen sich die Folgekosten reduzieren. Dies trifft insbesondere auf Warenhäuser zu, bei denen Kamerastandorte ggf. in regelmäßigen Abständen zu ändern sind. Analog kontra Digital Während noch vor ein paar Jahren das Aus für die Analogtechnik prognostiziert wurde, werden die Töne der Hersteller mittlerweile deutlich moderater. Das Für und Wider bei diesen beiden Techniken ist keine Sache der persönlichen Anschauung, sondern sollte einzig und allein an den Kundenwünschen und -erfordernissen ausgerichtet sein. Um das Sicherheitsbedürfnis des Kunden befriedigen zu können, ist die Technik einzusetzen, die diesem Ziel am nächsten kommt. Unter Umständen kann das zu einer Kombination aus analoger und digitaler Technik führen. Videoaufzeichnung Für die Videoaufzeichnung wird heute fast ausschließlich digitale Technik eingesetzt. Immer größere und preiswertere Festplatten verleiten aber dazu, immer größere Datenmengen aufzuzeichnen und zu archivieren. Der Kunde sollte genauestens darüber informiert werden, welche Konsequenz sich aus unbedachten Vorgaben ergeben können. Die Vorgaben des Kunden sind bis ins Detail schriftlich festzuhalten, um bei einer überdimensionierten Speicherkapazität nicht in Erklärungsnot zu geraten. Speicherkapazität. Die Ermittlung der erforderlichen Speicherkapazität hat ihre Tücken. Die dafür notwendigen Faktoren sind u. a. die: · Anzahl der Kameras, · Größe der einzelnen (komprimierten) Videobilder, · Anzahl der Videobilder pro Zeiteinheit, · Zeiten, in denen aufgezeichnet wird und · Archivierungsdauer. Die Anzahl der Kameras und die Bildgröße sind feste Faktoren. Aber bereits bei der Komprimierung entsteht eine unbekannte Variable. Komprimierung. Werden Videosequenzen komprimiert, indem in regelmäßigen Abständen ein Vollbild als Referenzbild aufgezeichnet wird und in der Zwischenzeit nur die Veränderungen gegenüber diesem Referenzbild zur Aufzeichnung kommen, so ist das für den Ruhezustand definierbar. Zufällige Veränderungen sind aber nicht berechenbar. Es kann sich beispielsweise um den Werkschutz handeln, der mit 60 km/h auf dem Werksgelände unterwegs ist und kurzzeitig den Überwachungsbereich kreuzt. Es kann aber auch eine Gruppe von Mitarbeitern sein, die sich im Überwachungsbereich trifft und sich dort entsprechend lange und sich ständig bewegend aufhält. Bei dem Fahrzeug werden sehr wenige Bilder mit Veränderungen aufgezeichnet, während es bei den Personen zu einer längeren kontinuierlichen Aufzeichnung aller Zwischenbilder kommen wird. Videosensor. Eine vergleichbare Unbekannte ist die Aufzeichnung aufgrund eines auslösenden Videosensors. Im Normalfall geht der Kunde davon aus, dass der Überwachungsbereich an einer Laderampe täglich rund 1 h frequentiert wird. Daraus lässt sich die maximale Speicherkapazität verhältnismäßig genau ermitteln. Viele Überwachungsbereiche unterliegen aber einer ständigen Änderung. Neben der reinen zusammenhängenden Ladezeit kommen noch Zeiten hinzu, in denen die Ware bereits an der Laderampe positioniert wird. Das muss wiederum nicht zusammenhängend geschehen, sondern kann sich über unterschiedlich lange Zeiträume hinziehen. Video und Netzwerk Mit der digitalen Videoaufzeichnung geht i. d. R. auch die Netzwerktechnik einher. Die all zu häufige Argumentation lautet, dass durch die Mitbenutzung des vorhandenen Netzwerkes keine Kosten für eine eigene Verkabelung entstehen. Ein Wettbewerbsvorteil mit Haken. Die Leitungsverlegung ist nicht vollständig zu vermeiden, da im Bereich geplanter Kamerastandorte garantiert kein Netzwerkkabel vorbeiführt. Kein Unternehmen hat sein Netzwerk rein vorsorglich auch auf den Außenbereich ausgedehnt. Qualität des Firmennetzwerkes. Ohne entsprechende fachliche Kenntnisse kann kein Errichter für die Videotechnik beurteilen, welche Qualität ein zur Verfügung stehendes Firmennetzwerk hat und welche Kapazitäten tatsächlich zur Verfügung gestellt werden können. Netzwerke in Unternehmen sind zu einem Großteil nicht so ausgelegt, dass sie die für eine umfangreiche Videobildübertragung notwendigen Ressourcen zur Verfügung stellen. Das Netzwerk ist häufig insgesamt zu langsam oder einzelne Komponenten müssen getauscht werden, damit das Gesamtsystem nicht ausgebremst wird. Haftungsfrage. Wer der Aussage über die Kosteneinsparung folgend für die Videotechnik kein eigenes Netzwerk aufbauen will, sollte sich über die Folgen im Klaren sein. Bei der Einrichtung von Hard- und Software und auch bei der späteren Betreuung besteht immer die Möglichkeit, durch Unkenntnis oder einfach durch Unachtsamkeit Schäden am Netzwerk des Unternehmens zu verursachen. Diese können wiederum zum Ausfall eines auf die IP-Technik angewiesenen Produktionsbetriebes führen. Die Haftungsfrage ist dabei u. U. schnell geklärt. Fataler ist aber eine fehlende Deckung der eigenen Versicherung, weil Arbeiten an einem fremden Netzwerk ohne geeignete Qualifikation als grob fahrlässig anzusehen sind. Zusammenfassung Bei der Video-Überwachungstechnik können im Vorfeld, während der Beratung und Planung, die meisten und größten Fehler vermieden werden. Bei einer korrekten Vorarbeit ist in der Ausführungsphase das Fehlerrisiko minimal und beschränkt sich im Wesentlichen auf Mängel in der Qualität der Ausführung. Aber selbst namhafte Kunden, die aus Gründen der Gewinnmaximierung bewusst Angebote so weit abspecken, dass sie zur Beauftragung führen, verhalten sich unfair. Bei Abnahmen wird mit fadenscheinigen Erklärungen dem Errichter die Schuld geben, dass die Video-Überwachungsanlage nicht ordnungsgemäß funktioniert. So könnten z. B. Anwender damit nicht umgehen. Schon steht der Vorwurf einer mangelhaften Leistung im Raum, der nur durch rechtzeitige und detaillierte Dokumentation aller Kundenvorgaben und -gespräche zu entkräften ist. Elektropraktiker, Berlin 62 (2008) 8 699 BETRIEBSFÜHRUNG Blitzschutz und rechtliche Lage der Videoüberwachung Fortsetzung ELEKTRO PRAKTIKER

Autor
  • A. Kraheck
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