Skip to main content 
Regenerative/Alternative Energien | Elektrotechnik

Umweltverträgliche Kühlverfahren in der Gebäudetechnik - heute und morgen

ep1/1999, 6 Seiten

Neben den überwiegend in Ballungsgebieten weitverbreiteten Fernwärmenetzen erobern solare Heizungssysteme immer größere Marktanteile. Inzwischen gehören teilweise sogar über Wärme angetriebene leistungsstarke Kühlsysteme und Klimaanlagen zum Stand der Technik. Sie sind Vorstufe einer noch umweltschonenderen Energieversorgung, die auch die solarthermische Vollklimatisierung zum Ziel hat und damit den Stromverbrauch im Niedrigenergiehaus der Zukunft drastisch senken soll. Neue Tätigkeitsfelder für den Elektrofachmann könnten entstehen. 1 Klimatisierung fördert Behaglichkeit und Gesundheit Der Bedarf an klimatechnischen Ausrüstungen wächst. Das beweisen nicht nur Fertigungsstätten der Halbleitertechnik, der Mikrosystemtechnik und andere Bereiche der Hochtechnologie, sondern auch Kliniken und eine Vielzahl größerer und vor allem besonders hoher Gebäude. Unverkennbar ist in allen Fällen der Trend zur Erhöhung der Behaglichkeit im Büro-und Wohnbereich, der Trend zum intelligenten Haus der Zukunft. Dazu gehört vor allem die thermische Behaglichkeit, in DIN 1942 Teil 2 wie folgt definiert: „Thermische Behaglichkeit ist gegeben, wenn der Mensch Lufttemperatur, Luftfeuchte, Luftbewegung und Wärmestrahlung in seiner Umgebung als optimal empfindet und weder wärmere noch kältere, weder trockenere noch feuchtere Raumluft wünscht.“ Ergänzt man diese Zielvorgabe um den Gesundheitsaspekt, so wird die Aufgabenstellung für die Klimatechnik komplett. Sie muß Frischluft zuführen, frei von Gerüchen jeder Art und sauerstoffreich. 2 Wärmeantrieb contra Elektromotor Die derzeit angebotene Klimatechnik erfüllt die genannten Aufgaben nur im begrenzten Umfang. Sie ist darüber hinaus energieintensiv und leistet damit - solange fossile Energieträger oder die damit erzeugte Elektroenergie zum Einsatz kommen - einen wesentlichen Beitrag zur befürchteten Klimakatastrophe. Solare Bauweisen sollen helfen, das aus dem Heizenergieverbrauch entstehende Gefährdungspotential, also Emissionen des klimageführten CO2-Gases, zu verringern. Eine Reduzierung des Energiebedarfs für die Raumkühlung wird allenfalls mit Verschattungselementen sowie durch Senkung der Kühllasten beispielsweise durch Verwendung stromsparender Geräte erreicht [1]. Die meisten der gegenwärtig betriebenen Einrichtungen zur Raumklimatisierung arbeiten im Kühlteil wie der moderne Kühlschrank im Haushalt mit Kompressoren. Sie sind elektromotorisch angetrieben und verbrauchen auch im Heizbetrieb Strom [2]. Schwerpunkte ihres Einsatzes lagen zunächst nur in wärmeren Regionen. In den letzten Jahren stieg aber in den gemäßigten Klimazonen die Zahl der installierten Geräte gemessen am Wirtschaftswachstum überproportional. Für den Zeitraum von 1992 bis 1998 rechnet die Branche in Deutschland sogar mit ihrer Verdopplung. Steigende Anforderungen an den Wohnkomfort und in der Bürowelt lassen den Schluß zu, daß der Bedarf an Klimatechnik sich auch weiterhin überdurchschnittlich entwickelt. Das erfordert nicht zuletzt den Einsatz neuer, umweltverträglicher Energieversorgungen. Ihr Kennzeichen ist die Ablösung des elektrischen Antriebes durch Wärmeenergie, die CO2-arm oder sogar CO2-frei zur Verfügung gestellt werden kann. Dabei muß diese Klimatechnik möglichst genau die eingangs genannten Bedingungen erfüllen. Die Transformation von Wärmeenergie kann grundsätzlich nach zwei unterschiedlichen Verfahren erfolgen. Vollzieht sich der thermodynamische Kreisprozeß in Kontakt zur Atmosphäre, spricht man von sorptionsgestützter Klimatisierung. Im Gegensatz zu diesem offenen Prozeß stehen die geschlossenen Verfahren, also von der Atmosphäre abgetrennte thermodynamische Kreisprozesse. Letztere vollziehen sich in Sorptionskältemaschinen und liefern Kaltwasser. Beiden Verfahren gemeinsam ist der Verzicht auf Zwischenwandlung in mechanische Energie, wie sie für Kompressor-Kühleinrichtungen üblich ist. 3 Absorptionskältemaschinen - umweltverträglich und in weiten Bereichen wirtschaftlich Bild verdeutlicht den Prozeß am Beispiel der inzwischen im Langzeitbetrieb erprobten Absorptionskältemaschine. Im Absorp-Elektropraktiker, Berlin 53 (1999) 1 Alternative Energien Umweltverträgliche Kühlverfahren in der Gebäudetechnik - heute und morgen H. Kabisch, Berlin Kühlsysteme und Klimaanlagen müssen von speziellen Institutionen unabhägig von der Jahreszeit eingesetzt werden und verfügbar sein. Deshalb ist der Test der Funktionsfähigkeit solarer Systeme in Zeiten geringer Sonneneinstrahlung besonders wichtig, um redundante Anlagen zu vermeiden. Dipl.-Ing. Helmut Kabisch ist als freier Fachjournalist in Berlin tätig. Autor Kältemitteldampf Austreiber Verflüssiger Heizwasser Kühlwasser Kältemitteldampf reiche Lösung Absorber Verdampfer Kühlwasser Lösungsmittelpumpe Kaltwasser Drosselventil 12...14 °C 6 °C Prinzipdarstellung einer Absorptionskälteanlage, die mit Wärme aus BHKW oder Fernwärmenetzen angetrieben wird und etwa zwei Drittel der eingesetzten thermischen Energie (Heißwasser) zur Temperaturabsenkung des Kaltwassers von 12 - 14°C auf 6°C nutzt tionsmittelkreislauf saugt ein Lösungsmittel den aus dem Verdampfer kommenden Kältemitteldampf (Wasserdampf) in den Absorber. Die so „angereicherte Lösung“ wird von der Lösungsmittelpumpe in den Austreiber gefördert. Durch die dort zugeführte Wärmeenergie verdampft ein Teil des Kältemittels. Es wird anschließend im Verflüssiger kondensiert. Über ein Ventil gelangt das kondensierte Kältemittel (Wasser) wieder in den Verdampfer, wo es bei niedrigen Druck verdampft wird. Die dafür erforderliche Wärme wird dem Kaltwasser entzogen. Elektroenergie wird nur für Hilfseinrichtungen zum Antrieb der Pumpe und zur Ventilverstellung sowie für Überwachung und Anlagenautomatisierung einschließlich evtl. Fernsteuerung benötigt. Absorptionskältemaschinen ab 45 - 50 kW Kälteleistung sind technischer Standard. Sie beziehen die thermische Energie als Abwärme von Blockheizkraftwerden (BHKW), die vielfach zusätzlich als Notstromaggregate nach VDE 108 genutzt werden und gemeinsam mit der Kältemaschine an einem Ort aufgestellt werden. Einen anderen Weg verfolgen die Energieversorger in Großstädten. Beispielsweise bieten sie wie in Dresden ihren Fernwärmekunden die Möglichkeit, zusätzlich vor Ort Kältemaschinen bedarfsabhängig zu installieren. In Berlin sichert ein ähnliches Konzept die Bereitstellung von Kälteenergie zur Zeit an zwei Schwerpunkten. Eine Zentrale versorgt das Universitätsklinikum Steglitz mit 5 MW; die zweite ist mit einer künftigen Spitzenleistung von etwa 30 MW eine der größten in Europa und beliefert die neu entstehenden Gebäude am Leipziger und am Potsdamer Platz. In allen Fällen wird die thermische Energie nicht nur zur Kühlung, sondern auch zur Heizung genutzt. Bild zeigt, daß durch die zusätzliche Kühlleistung die Ausnutzung der Abwärme vergleichmäßigt wird und damit der Jahreswirkungsgrad des BHKW deutlich verbessert werden kann. Die Fa. MAN errechnete für die Strom-, Wärme- und Kälteversorgung eines über BHKW-Notstromaggregate versorgten Verwaltungsgebäudes mit Rechenzentrum eine Amortisationszeit von fünf Jahren. Sie bezog sich auf drei BHKW mit einer elektrischen Gesamtleistung von 618 kW und einer thermischen Gesamtleistung von 975 kW. Einbezogen wurden auch die nachgeschalteten zwei Absorptionskälteanlagen mit einer Gesamtleistung von 700 kW. Diese Anlage kann - verglichen mit einer konventionellen Versorgung - schon im sechsten Jahr mit Gewinn betrieben werden. 4 Kältegewinnung auch mit Wärmepumpen Im Gegensatz zur Absorptionskältemaschine kann die Wärmepumpe selbst im Elektropraktiker, Berlin 53 (1999) 1 51 Alternative Energien Elektro Kälte Wärme 800 MWh 700 600 500 400 300 200 100 mtl. Durchschnittsarbeit KN-Nachheizfläche Zuluftventil Kreuzwärmetauscher Wärmepumpe Heißwasserspeicher (Sondertarif) durch Brauchwasser Zuluft Abluft Außenluft Funktionsschema einer Heizung/Kühlung mit Wärmepumpe und Wärmerückgewinnung aus Abluft Die Kopplung von Strom-, Wärme- und thermisch angetriebener Kälteerzeugung erfüllt die Forderung nach größtmöglicher Primärenergienutzung nahezu optimal. Sie bietet sich nicht nur zur Bereitstellung von Klimatisierungs-, sondern auch von Prozeßkälte im Tieftemperaturbereich an Auf der Nürnberger Kältetechnikmesse IKK 10/98 erstmalig vorgestellte Zentrale zur umweltfreundlichen Versorgung von Niedrigenergiehäusern mit Frischluft, Wärme und Kälte untersten, dem gut wärmegedämmten Einfamilienhaus zuzuordnenden Leistungsbereich zur Kühlung genutzt werden. Eine einfache Umschaltung von Winter- auf Sommerbetrieb genügt. Das Funktionsprinzip der Wärmepumpe beruht auf Absorption - siehe Absorptionskältemaschine -, jedoch ist hier ein elektromotorisch angetriebener Verdichter, der allerdings nur wenig Antriebsenergie benötigt, erforderlich [3]. Zunehmend wird die Wärmepumpe mit unterschiedlichsten Wohnungslüftungen, die die Wärmerückgewinnung erschließen, zu einem umweltfreundlichen Energielieferanten für die Wohnung verknüpft (Bild ). Dabei wird kalte Außenluft angesaugt, gefiltert und mit der durch die Abluft vorhandenen Restwärme versetzt. Zusammen mit einer Wärmepumpe wird die einströmende Luft erwärmt oder gekühlt (Bild ). In jedem Raum strömungsgünstig direkt im Luftsystem integrierte sogenannte elektrische KN-Nachheizflächen ermöglichen die Zimmertemperaturregelung. Da beim Einsatz in Niedrigenergiehäusern keine weiteren Zusatzheizungen notwendig sind, reduzieren sich die Heizkosten nach Angaben des Herstellers bis zu 40 %, wobei dabei auch eine vereinbarte Förderung der Elektroenergiekosten berücksichtigt wurde. 5 Solare Kühlung mit geschlossenen Kältemaschinen Es liegt nahe, über Solarkollektoren erwärmtes Wasser zum Antrieb geschlossener Absorptions- oder Adsorptionskältemaschinen zu nutzen und dadurch die Umweltverträglichkeit der Energieversorgung gegenüber der Verwendung von Abwärme aus BHKW weiter zu verbessern. Die Einsatzmöglichkeiten und damit der solare Deckungsgrad werden aber wesentlich von den zur Zeit nutzbaren Antriebstemperaturen bestimmt (Tafel ). Deshalb sind für geschlossene Verfahren die zwar leistungsstarken, aber auch teueren Vakuum-Röhren-Kollektoren aus heutiger Sicht unverzichtbar. Kostendämpfend wirkt demgegenüber die Nutzung der Solaranlage für Brauchwassererwärmung, Heizung und Raumklimatisierung. Dennoch sind diese Verfahren noch Gegenstand intensiver Forschung, ehe sie als technisch ausgereift und wirtschaftlich vertretbar auf dem Markt angeboten werden können. Bekanntlich sind Solarkollektoren unabhängig von der Bauweise immer noch auf Förderung angewiesen. Bild zeigt den prinzipiellen Aufbau einer solaren Kühlung mit geschlossener Sorptionskältemaschine. Das vom Kollektorfeld gelieferte Warmwasser wird dem Heißwasserspeicher, der für kältere Tage eine Zusatzheizung haben kann, zugeführt. Das Heißwasser liefert der Kältemaschine die Antriebsenergie, um das für eine luftgestützte Klimaanlage benötigte Kaltwasser auf den typischen Wert von 9°C zu kühlen. Für Kühldecken würden 16 - 20°C ausreichen [4]. Die beim Sorptionsverfahren anfallende Wärme wird wie bei allen anderen geschlossenen Kältemaschinen über einen Kühlturm abgeführt. 6 Den weitesten Entwicklungsstand haben solare Absorptionskälteanlagen Im Rahmen der Forschung wurden u.a. eine 125 kW-Anlage in Spanien und eine 77 kW-Anlage in Köln-Porz errichtet. Sie sind Demonstrations- und Versuchsobjekte, um Erfahrungen unter unterschiedlichen klimatischen Bedingungen zu sammeln, die Systeme zu verbessern und die Bewährung im Dauerbetrieb zu testen. Erfahrungen mit den generell weniger ausgereiften ebenfalls geschlossenen Adsorptionskälteanlagen fehlen. Die Spezialisten des Freiburger Instituts für Solare Energieversorgung (ISE) und des Dresdener Instituts für Luft-und Kältetechnik (ILK) kamen 1998 anläßlich des Status-Seminars in Freiburg zu der Einschätzung, daß bislang nur wenige Betriebsergebnisse mit dieser Technik und „praktisch keine Erfahrungen über den Einsatz im Verbund mit Solarenergie“ vorliegen. Sie verwiesen in dem Zusammenhang auf die „nur in Japan gefertigten Maschinen“ und hielten vor allem eine kompaktere Bauweise mit niedrigerem Gewicht für wünschenswert. Grund für diese wenig optimistische Einschätzung für den solaren Antrieb ist auch das gegenüber der sorptionsgestützten Klimatisierung höhere Temperaturniveau (Tafel )[5]. Dennoch setzen die Freiburger Universitätskliniken auf solarthermisch angetriebene Adsorptionskältemaschinen - eine Alternative zu den im Klinikbereich verbreiteten, über Abwärme aus BHKW versorgten Absorptionskältemaschinen. Bereits3/99solleine70kW-Kälteanlage-thermisch angetrieben über ein 90 m2 großes, mit Vakuum-Röhren-Kollektoren bestücktes Feld - fertiggestellt werden. Nach Abschluß eines zweijährigen Versuchsbetriebes, den das ortsansässige ISE wissenschaftlich begleitet, sollen Grundlagen zur Projektierung solarer Klimaanlagen im Krankenhausbereich allgemein verfügbar sein. Danach wird sicherlich auch auf Grundlage der in Deutschland parallel weitergeführten Adsorptions-Forschung zu überprüfen sein, ob die o.g. negative Bewertung dieses Verfahrens korrigiert werden kann. 7 Erste Pilotanlagen mit DEC Die wohl umweltfreundlichste Raumkühlung der Zukunft ist die sorptionsgestützte Klimatisierung (SGK), auch als DEC-Klimatechnik (Desiccate and Evaporative Cooling) bezeichnet. Der zur Atmosphäre hin offene thermodynamische Kreisprozeß kann sowohl mit Ab- als auch mit Solarwärme ab 45°C angetrieben werden und liefert weder Eis noch Kühlwasser wie die bisher behandelten Kältemaschinen, sondern konditionierte, d.h. gekühlte und entfeuchtete Luft. Der verfügbare Leistungs-Elektropraktiker, Berlin 53 (1999) 1 Alternative Energien Technologie Absorption Adsorption Sorptionsgestütze Klimatisierung Stoffsystem LiBr-Wasser Silikagel-Wasser LiCl, Silikagel Art der Kaltwasser (z.B. Luft- Kaltwasser (z.B. Lüft- konditionierte Luft-Klimatisierung kühler, Kühldecken) kühler, Kühldecken) (gekühlt, entfeuchtet) Kälteverhältnis 0,6 - 0,75 (einstufig) 0,3 - 0,7 0,6 - 1,1 nutzbare Antriebs- 85 °C - 130 °C 55 °C - 95 °C 45 °C -95 °C temperaturen (einstufige Anlagen) Leistungsbereich, 45 kW - 5000 kW 50 kW - 430 kW 20 kW - 350 kW marktverfügbar (je Modul) Solartechnik Vakuum-Röhren- Vakuum-Röhren- Flachkollektoren, kollektoren kollektoren, Solarluftkollektoren Flachkollektoren Tafel Spezifikationen marktverfügbarer, thermisch angetriebener Klima-Kälte-Technik (Quelle: ISE/ILK) Heizkessel Sonnenkollektor Rotationsentfeuchter Wärmerückgewinnung Befeuchter Speicher Kühllasten warm feucht kühl trocken Gebäude 9 8 1 2 6 5 Funktionsschema einer solaren Kühlung mit geschlossenen Kältemaschinen - einer von zwei Hauptwegen, um mit Sonnenstrahlen die Raumtemperatur zu senken bereich beginnt bereits bei 20 kW und kann, wie die Forschungen zeigen, wohl noch wesentlich nach unten erweitert werden (Tafel ). DEC-Klimatechnik könnte deshalb im Ergebnis weiterer Forschungen sowohl Anwendungsschwerpunkt für den solaren Alt- und Neubau als auch für eine neue Exportlinie werden [6]. Bereits 1996 hat das Dresdener ILK zur Kühlung eines Vortragsraumes die DEC-Technik als Pilotanlage realisiert. Während dort die benötigte Wärme zusätzlich auch über eine Wärmepumpe bereitgestellt wird, setzte das Freiburger ISE zunächst allein auf Solarkollektoren. Es hat sowohl für den sächsischen Landkreis Riesa-Großenhain als auch für das portugiesische Sintra bei Lissabon weitere Pilotanlagen konzipiert. Das ISE begleitet diese Test- und Demonstrationsobjekte wissenschaftlich und wirkt dabei maßgeblich an der schrittweisen Ertüchtigung mit. Das in Bild gezeigte Schema verdeutlicht den Aufbau einer DEC-Klimaanlage am Beispiel der sächsischen Demonstrationsanlage, die einen 330 m3 großen Seminarraum mit Kühlluft versorgt. Grundlage ist das anderweitig erprobte Konzept der Trocknungskühlung - durch Verdunstung von Wasser wird die Zuluft abgekühlt. Das funktioniert besser, wenn die Luft vor dem Befeuchten mit Wasser trocknet - eine Maßnahme, die das Temperaturniveau deutlich senkt (vgl. das folgende Bild ). Dazu benutzt die Anlage Silikagel, ein Granulat, das oft in kleinen Kissen der Verpackung von Kameras oder Computern beigelegt ist. Neu ist bei der Pilotanlage auch die Gewinnung der Wärmeenergie über ein 20 m2 großes Flachkollektorenfeld. Durch die Verbindung mit der Trocknungskühlung heizen sie das Silikagel nach Gebrauch aus und machen es für den erneuten Einsatz fit. Das Diagramm (Bild ) läßt erkennen, wo sich in der Anlage Temperatur und Luftfeuchte ändern. U. a. sind die Veränderungen bei der zuvor erwähnten Entfeuchtung der Zuluft (1 - 2) und der dadurch hervorgerufene Temperaturabfall im Wärmerückgewinner (2 - 3) sowie im Befeuchter (3 - 4) zu nennen. Dabei richtet sich der Grad der Befeuchtung nach den Behaglichkeitsanforderungen im Seminarraum. Der gesamte thermodynamische Zyklus ist in [7] und [8] ausführlich beschrieben. Bei guter Auslegung einer DEC-Anlage ist - so die Ergebnisse des ILK - eine Kühlluft von 19 bis 20°C erreichbar. Untermauert durch die Einhaltung vorgegebener Toleranzen der relativen Luftfeuchte im Temperaturbereich von 20 bis 23°C gilt die eingangs genannte Bedingung „Behaglichkeit“ als realisierbar. Zur solaren Klimatisierung von 350 m2 Bürofläche reichen in Portugal 60 m2 Solarkollektoren aus. Die umweltfreundliche Energieversorgung soll auf lange Sicht die elektrisch betriebenen Fensterklimageräte ersetzen. Der Stromverbrauch reduziert sich damit auf Ventilatoren. Weil solares Strahlungsangebot und Kühlbedarf zeitlich weitgehend zusammenfallen, kann auf große Wärmespeicher verzichtet werden. Ziel des Testbetriebes in Sintra ist nach Vorgabe des Projektleiters Dr. Hennig der Nachweis, daß Bürogebäude weitgehend solar klimatisiert werden können. „Im Mittelmeer können diese Systeme bereits heute nahe an der Wirtschaftlichkeit arbeiten.“ Selbst in Mitteleuropa wird mit solaren Deckungsanteilen von 75 - 80 % gerechnet. Gleiches gilt für Südeuropa, denn dem höheren Solarenergieertrag stehen höhere Kühllasten gegenüber. 8 Forschungen werden fortgesetzt Die Freiburger Forscher rechnen mit solaren Wärmegestehungskosten von 25 - 30 Pf/kWh in Sachsen und 15 - 20 Pf/kWh in Portugal. Verbesserungen erwarten sie sich einmal vom Testbetrieb, aber auch von einem vereinfachten, neuen Konzept. Ziel ist eine Klimaanlage, die ohne zusätzlichen Heizkessel und wärmeseitigen Speicher auskommt und statt der in Riesa installierten Flachkollektoren auf Luftkollektoren aufbaut. Parallel zu diesen Forschungen arbeitet das ISE schon seit Anfang 1996 gemeinsam mit der Eberswalder Firma UFE Solar (Brandenburg) an der Nutzung der Sorption zum Aufhau von Wärmespeichern. In rund einem Jahr sollen erste Prototypen für Versuche zur Verfügung stehen. Ziel sind kleinräumige und damit günstig in Gebäuden plazierbare Speicher, die damit unterirdisch angeordneten Konkurrenz machen können. Preisgünstige Speicher wären die Voraussetzung, um solare Wärme für Brauchwassererwärmung und Raumklimatisierung ganzjährig nutzen zu können [4]. Elektropraktiker, Berlin 53 (1999) 1 Alternative Energien Regler Kollektorkreis Sorptionskältemaschine Luftkühler 100°C 90°C 15°C 29°C 35°C Zusatzheizung Heißwasserspeicher Kühlturm Außenaufstellung Kollektorfeld Temperatur 4 6 8 10 12 14 16 g/kg 20 absolute Feuchte Abluft Wärmerückgewinnungsgrad Kühllast Regeneration Trocknungsgrad Befeuchtung Abluft Entfeuchtung Zuluft Befeuchtung Zuluft Zuluft Wärmerückgewinnungsgrad Sorptionsgestützte Klimatisierungsanlage mit rotierenden Entfeuchter, die im Sommer die Wärme der Sonnenkollektoren auf eine zur Raumkühlung ausreichende Temperatur von weniger als 20°C transformiert. Wärmespeicher und Heizkessel decken den Spitzenbedarf und liefern in den kälteren Monaten zusätzlich zu den Kollektoren Heizenergie. Luftzustandsdiagramm der im Landkreis Riesa-Großenhain installierten solaren, sorptionsgestützten Klimaanlage. Die Numerierung entspricht der im Bild verwendeten. (Quellen: 1 Bewag; 2 MAN; 3, 4 Berliner Luft GMBH; 5, 6, 7 ISE) 9 Neue Tätigkeitsfelder für den Elektrofachmann Keine Frage - der wärmegetriebenen Klimatisierung gehört die Zukunft. Aber selbst bei geschlossenen Sorptionskältemaschinen, die aus Fernwärmenetzen gespeist werden, sind die Kosten vor allem im unteren Leistungsbereich noch zu hoch. Auch bei anderen Verfahren ist die Entwicklung im Fluß. Unter diesen Umständen ist eine sachlich begründbare Prognose, wann mit einem stärkeren Einsatz solar angetriebener Raumklimasysteme zu rechnen ist, von den Spezialisten nicht zu hören. Weitgehend unstrittig ist aber die Einschätzung, daß solare und Umweltwärme und vor allem Abwärme aus BHKW in Verbindung mit den vorgegebenen und vermutlich bereits 1999 verschärften energetischen Grenzwerten für Neubauten Zwischenlösungen erfordern. Das sind Konzepte mit und ohne Solarkollektoren, vor allem aber auch mit der Wärmenutzung aus Wärmerückgewinnungssystemen und Wärmepumpen, wie sie beispielhaft beschrieben wurden. Damit wird die Elektroheizung auf kürzere und wohl auch mittlere Sicht in vielen Fällen unverzichtbar bleiben - Nachtspeicheröfen einbezogen. Mittel- und längerfristig könnten neue Grenzwertvorgaben für den energetischen Verbrauch und steuerliche Aspekte die Ablösung von Stromwärme durch umweltfreundliche Energieformen beschleunigen. Die langfristig erkennbare Entwicklung von Kälteanlagen hat bereits vor weit mehr als einem Jahr dazu geführt, daß Elektroinstallateure nach § 7a Handwerkerordnung in der Handwerkskarte den Zusatz „Kälteanlagenbauer“ aufnehmen durften - wenn auch mit Einschränkungen (vgl. ep 06/98, S.532). Für diesen Eintrag ist jedoch ein Fertigungsnachweis beispielsweise mit Kursbesuch und Abschlußprüfung zu erbringen. Auch die BHKW-Technik kann dem erfahrenen Handwerker und Ingenieur weitere Tätigkeitsfelder eröffnen. Lieferanten von leistungsstärkeren BHKW vergeben in der Regel Installationsaufträge an ortsansässige Kleinunternehmer und nicht selten folgen Wartungsaufträge. Wenn erst die Klimagerätetechnik wie in USA und Japan auch in Deutschland zu den Standardeinrichtungen in Haushalten, Hotels und Gewerberäumen gehört, ist die Chance für den Elektro-Betrieb vielleicht verpaßt. Die Innungsverbände sollten rechtzeitig daran denken, solche Erweiterungen des Tätigkeitsgebietes auch auf die solare Energietechnik auszudehnen. Literatur [1] Kabisch, H.: Bericht zum Status-Seminar „Solaroptimiertes Bauen“ zum Stand der praxisorientierten Forschung in Freiburg. Elektropraktiker, Berlin 53 (1999) 1, S. 6 [2] Baade, W.: Geräte zur Raumklimatisierung. Elektropraktiker, Beilage LuK, Berlin 51 (1997), Hefte 4 - 6 [3] Baade, W.: Was ist eine Wärmepumpe? Elektropraktiker, Beilage LuK, Berlin 50 (1996) 10, Seiten 3 - 5 [4] Henning, H.-M., Treffinger, P.: Verfahren der Wärmetransformation für die solare Gebäudetechnik. Themen 97/98, Herausgeber Forschungsverbund Sonnenenergie [5] Autorenkollektiv: Statusbericht „Solar optimiertes Bauen“ 27. - 28.8.98 in Freiburg im Breisgau. Herausgeber: Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Technologie, Forschungszentrum Jülich, Projektträger BEO, PSE Projektgesellschaft Solare Energiesysteme mb H, Freiburg [6] Anonym: Solare Klimatisierung. Kostenloses Faltblatt Nr. 3/Juni 1998, herausgegeben vom Informationsdienst BINE in Bonn [7] Heinrich, G., Franzke, U.: Sorptionsgestützte Klimatisierung.Heidelberg:Verlag C.F.Müller,1997 [8] Hennig, H.-M.: Aktive solarthermische Systeme für die Gebäudeklimatisierung. Tagungsband „Thermische Solarenergienutzung an Gebäuden“ (Marko/Braun). Springer-Verlag, 1997 Elektropraktiker, Berlin 53 (1999) 1 55 Alternative Energien

Autor
  • H. Kabisch
Sie haben eine Fachfrage?