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Elektrotechnik
Überspannungsschutz für eine Photovoltaikanlage
ep10/2004, 1 Seite
Elektropraktiker, Berlin 58 (2004) 10 830 AUS DER PRAXIS Überspannungsschutz für eine Photovoltaikanlage Für landwirtschaftliche Betriebe im Allgemeinen und für Photovoltaik-Anlagen im Besonderen fordert der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft GDV, Büro Schadensverhütung VdS, Maßnahmen zur Installation eines Überspannungsschutzes. An einem praktischen Beispiel wird dargelegt, wie diese Forderung erfüllt werden kann. Betrachtete Anlage Seit der Erhöhung der Einspeisevergütung zum 1. Januar 2004 stieg die Nachfrage nach Photovoltaikanlagen sprunghaft. Die Läger sind leer und die Kapazitäten der Hersteller bis weit ins nächste Jahr ausgebucht. Glücklich schätzen sich diejenigen, die bereits eine Photovoltaik-Anlage installierten - wie Benno Oberle, Landwirt aus Schwanau-Ottenheim bei Offenburg. Seine Photovoltaik-Anlage ging 2001 ans Netz und verfügt heute über eine Kapazität von 2 x 5 kW (Bild ). Durch die optimalen Bedingungen - Südausrichtung, Dachneigung 20°, sonnenreiche Region - kann Oberle die errechnete Jahresleistung von 2 x 4 500 kWh leicht erreichen. Hauptargument für die Anlage war Oberles positive Grundeinstellung gegenüber regenerativen Energien. Zahlreiche Berichte in der Fachpresse taten ein Übriges. Bei einer anstehenden Dacherneuerung montierte der Landwirt die ersten Photovaltaik-Module selbst. Die ortsansässige Elektrofirma Künstle und die Niederlassung Faulhammer der Sonepar Deutschland standen ihm bei Planung und Ausführung zur Seite. Gefahren durch Blitzschlag Bei Gewittern kann es leicht zu Überspannungsschäden an elektrischen Anlagen und Geräten kommen, Photovoltaik-Anlagen bilden da keine Ausnahme. In den ersten zwei Jahren mussten vier Wechselrichter in Oberles Anlage auf Grund von Überspannungsschäden ausgetauscht werden. Der Schaden war gering, denn er belief sich auf die Ausfallzeiten der Anlage und auf die damit entgangene Einspeisevergütung. Die Kosten für die neuen Wechselrichter und deren Installation wurden von der Gebäudeversicherung übernommen. Mittlerweile fordert diese allerdings präventive Maßnahmen zur Vorbeugung vor weiteren Überspannungsschäden. Unterbleiben diese Maßnahmen, kann die Versicherung den Versicherungsschutz aufkündigen. Durch Überspannungen besonders gefährdet sind die Wechselrichter, die das eigentliche Herzstück der Anlage bilden: · Die Solargeneratoren auf dem Dach können von Direkteinschlägen getroffen werden. · Es drohen Gefahren aus dem Ortsnetz in Form von Nah- und Ferneinschlägen in das NS- und MS-Netz sowie Rückwirkungen durch Schalthandlungen der Energieversorger. Der Hof Oberle wird über eine Freileitung versorgt, die als Stichleitung auf dem Hof endet. Erfahrungen zeigen, dass es gerade an diesen Endpunkten häufig zu Schäden kommt. Ein Einschlag in eine Freileitung erzeugt eine „Überspannungswelle“, die sich vom Einschlagort aus entlang der Leitungsführung ausbreitet. Eine Stichleitung stellt für diese Welle eine Sackgasse dar, so dass sie zwangsläufig in die angeschlossene Verbraucheranlage gelangt. Dort zerstört sie vor allem die Geräte mit der schwächsten Isolation. Dabei handelt es sich um empfindliche Elektronik, wie der AC-Ausgang der Wechselrichter, bei denen eine Spannungsfestigkeit von 1,5 kV in einem solchen Fall nicht ausreicht. Überspannungen durch Induktionen in Leiterschleifen Die Gefährdung einer Photovoltaikanlage durch einen direkten Blitzeinschlag ist eher unwahrscheinlich. Eine größere Gefahr geht von Nah-und Ferneinschlägen aus. Gemeinsam mit den Gleichstromleitungen zum Wechselrichter bilden die Kollektoren und der DC-Eingang des Wechselrichters eine große Leiterschleife. Auch bei entfernt einschlagenden Blitzen werden in dieser hohe Spannungen induziert, deren Ursache starke magnetische Wechselfelder sind. Durch eine geschickte Leitungsführung, bei der die Leiterschleifen so klein wie möglich gehalten werden, kann man diesem Effekt entgegenwirken. Zu vermeiden sind solche Schleifen in keinem Fall. Daher ist die Installation von zusätzlichem Überspannungsschutz - am DC- sowie am AC-Eingang - zu empfehlen. Überspannungsschutzkonzept Um diesen Gefahren wirkungsvoll zu begegnen wurde durch einen Fachberater der Sonepar Süd ein Überspannungsschutz-Konzept entwickelt. Zu berücksichtigen waren die allgemeinen Anforderungen der DIN V VDE V 0185 für den Blitz- und Überspannungsschutz sowie die speziellen Anforderungen der Photovoltaikanlage gemäß DIN VDE V 0100 Teil 712. Für einen Freileitungsanschluss bei einem landwirtschaftlichen Betrieb eignen sich Überspannungsableiter der Bauform SPD Typ 1 und 2 (bislang Anforderungsklasse B und C), da hier mit hohen Blitzteilströmen zu rechnen ist. Neben dem Schutz der Photovoltaikanlage spielt vor allem die Verfügbarkeit der Produktionsanlagen eine wichtige Rolle. Während der Getreideernte müssen Gebläse, Schneckenförderer und Getreidetrocknungen sicher funktionieren. In der kurzen Zeitspanne, in der das Getreide reif und die Ernte vom Wetter her möglich ist, hätte ein Ausfall der Anlagen erhebliche Folgen. Auch bei den Melkanlagen sowie bei den Be-und Entlüftungen in Ställen kann ein Ausfall hohe Schäden anrichten. Zum Schutz der Wechselrichter sind Ableiter der Bauform SPD Typ 2 - bislang Anforderungsklasse C - ausreichend. Dabei ist sowohl der DC-Eingang als auch der AC-Ausgang zu beschalten. Die Produkte müssen einfach, schnell und kostengünstig installiert werden können. Vom Hersteller vorkonfektionierte Schutzeinheit An der Gebäudeeinspeisung wurde die Blitzstromableiter-Kombination Powerset B/C 3+1 und je Wechselrichter ein PV-Set AC/DC (Photovoltaik-Set) von Phoenix Contact installiert. Beim PV-Set handelt es sich um eine beim Hersteller vorkonfektionierte Überspannungsschutzeinheit in einem Gehäuse in Schutzart IP 65, das speziell auf das Schutzbedürfnis von Wechselrichtern abgestimmt ist (Bild ). Da in der Landwirtschaft und hier besonders beim Getreideanbau starke Verschmutzung durch Stäube an der Tagesordnung sind, ist die hohe Schutzart in diesem Umfeld ideal. Die Schutzbeschaltung basiert auf einer Varistor-Funkenstrecken-Kombination, die für einen Schutzpegel von unter 1,5 kV sorgt. Überspannungen werden dadurch auf Werte begrenzt, die der Wechselrichter verkraftet. Mit der Installation des Überspannungsschutzes wurde auch den Forderungen des Sachversicherers Rechnung getragen [1]. Literatur [1] VdS 2010:2002-07 Risikoorientierter Blitz- und Überspannungsschutz. Bestellung bei: VdS-Schadenverhütung Verlag, Köln. V. Schulze Wohngebäude der Familie Oberle mit Photo-Generatoren und Freileitungsanschluss Das vorkonfektionierte PV-Set mit der AC- (rechts) und der DC-seitigen (links) Schutzbeschaltung im IP 65-Gehäuse Fotos: Phoenix Contact
Autor
- V. Schulze
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