Gebäudesystemtechnik
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Elektrotechnik
Smart Home in Deutschland - Ergebnisse einer Kurzstudie
ep8/2010, 2 Seiten
Ausgangslage Die Kurzstudie basiert im Wesentlichen auf Interviews und schriftlichen Befragungen mit Betreibern von Smart-Home-Initiativen. Die erhaltenen Informationen wurden durch eigene Recherchen und Auswertungen von Sekundärliteratur angereichert. Die wesentlichen Fragestellungen waren: Welche Initiativen haben sich in Deutschland gebildet, wo liegen ihre Schwerpunkte und welche Entwicklung wollen sie nehmen? Welchen gesellschaftlichen Nutzen lassen Smart-Home-Anwendungen erwarten? Auf welchen Technologien basieren die aktuellen Anwendungen und welche technischen Entwicklungen sind zu erwarten? Wie sind die derzeitige Marktsituation und ihre Entwicklung einzuschätzen? Welche zentrale Handlungsempfehlung an die Akteure aus Politik, Forschung, Industrie und Verbänden zur nachhaltigen Verbreitung von Smart-Home-Anwendungen in Deutschland lässt sich aus den Ergebnissen ableiten? Da der Begriff Smart Home durchaus unterschiedlich besetzt ist, soll folgende Definition als Basis dienen: Das Smart Home ist ein privat genutztes Heim (z. B. Eigenheim, Mietwohnung), in dem die zahlreichen Geräte der Hausautomation (wie Heizung, Beleuchtung, Belüftung), Haushaltstechnik (z. B. Kühlschrank, Waschmaschine), Konsumelektronik und Kommunikationseinrichtungen zu intelligenten Gegenständen werden, die sich an den Bedürfnissen der Bewohner orientieren. Durch Vernetzung dieser Gegenstände untereinander können neue Assistenzfunktionen und Dienste zum Nutzen des Bewohners bereitgestellt werden und einen Mehrwert generieren, der über den einzelnen Nutzen der im Haus vorhandenen Anwendungen hinausgeht. Hohes Potential vorhanden Aktuell werden Chancen in vier Bereichen gesehen: Energiemanagement. Bis 2020 sollen 80 % der deutschen Haushalte, also ca. 31 Mill. Wohnungen mit Smart Metern ausgerüstet sein. Ambient Assisted Living (Altengerechte Assistenzsysteme für ein gesundes und unabhängiges Leben). Marktpotentiale für AAL-Anwendungen im Bereich von mehreren Milliarden Euro jährlich. Sicherheit. Sicherheitsbedürfnis nimmt zu; sowohl Schutz vor Einbruch und Diebstahl als auch die technische Sicherheit wie z. B. Rauchwarnmelder. Komfort. bleibt wichtig als Anreiz und Einstieg der Kunden in das Smart Home im hochpreisigen Bereich. Hindernisse Mangelhafte Information und defizitäres Wissen über technische Möglichkeiten bei Architekten und Kunden behindern jedoch immer noch den Durchbruch. Aber es gibt auch immanente hemmende Faktoren: Die Lebenszyklen der Systeme und Geräte sind unterschiedlich. Bei einer Sanierung sind Entscheidungen zu treffen, die mehrere Generationen Haus-, Konsum- und Unterhaltungselektronik betreffen. Dies veranschaulicht die Grafik (Bild ). Von 2010 bis 2030 Interessant ist ein Ausblick im Vergleich mit der heutigen Situation. Auf der technischen Seite ist derzeit noch eine deutliche Trennung von Konsumelektronik, Haushaltstechnik und Hausautomation im Haus, der mobilen Umgebung (Auto, ÖPNV,...) und dem Ziel der Mobilität (Hotelzimmer, Ferienwohnung,...) festzustellen. Die Entwicklung wird von einer sehr raschen Abfolge der Innovationszyklen geprägt. Das Internetprotokoll wird verstärkt die Basis für den Datenaustausch sein. Aktuelle Trends sind die zunehmende Personalisierung und Individualisierung von Geräten und Services, die Digitalisierung und Virtualisierung der realen Welt schreitet voran und der Embedded-PC. Er wird in absehbarer Zeit zur selbstverständlichen Komponente von Geräten. Bis 2030 wird ein klares Verschmelzen der Bereiche erwartet. Mittelfristig bestehen die bereits oben genannten Trends weiter und werden durch Konvergenzprozesse im Dienstebereich weiter verstärkt. Dienste sind intuitiv nutzbar und personalisiert, das Heim adaptiert sich in einigen Bereichen bereits an die Nutzerbedürfnisse: Smart-Home-Funktionalitäten und -Dienste werden zur Basisausstattung von Wohnungen. Das adaptive, integrierte und vernetzte Heim (einschließlich Energieerzeugung und -versor-1 2 FÜR DIE PRAXIS Gebäudeautomation Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 8 672 Autor Dr. Hartmut Strese ist Senior Consultant und Projektleiter bei der VDI/VDE-IT Innovation + Technik Gmb H. Smart Home in Deutschland - Ergebnisse einer Kurzstudie Dr. Hartmut Strese, Berlin Der Artikel fasst Ergebnisse einer Kurzstudie des Referates „Entwicklung konvergenter IKT“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie im Rahmen der Begleitforschung zum Programm Next Generation Media zusammen. Ziel der Studie war es, den aktuellen Status der Initiativen zur Einführung von Smart-Home-Anwendungen in Deutschland darzustellen und einen Ausblick zu geben, wie sich diese Thematik in der näheren Zukunft weiterentwickeln wird. Diverse Lebenszyklen Quelle: Dr. Brillinger, ME Consult, 2002 und IFA 2009 gung) wird beim Neubau technisch und wirtschaftlich realisierbar. Die Fernsteuerung von Geräten im Heim ist Standard. Dabei wird die Mensch-Maschine-Kommunikation z. T. über Schnittstellen wie Sprache, Gestik etc. erfolgen. Usability ist ein Schwerpunkt der Entwicklung geworden. Es ist zu erwarten, dass in technische Artefakte des Smart Home kognitive Fähigkeiten integriert sein werden, um intuitive, adaptionsfähige und personalisierte Lösungen bereitstellen zu können. Geräte, Applikationen und Dienste verfügen über ein Verständnis für die eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten im jeweiligen Kontext. „Brüche“ zwischen den Lebensbereichen sind in Bezug auf das Informations- und Kommunikationsverhalten nicht mehr erkennbar. Anforderungen an das Smart Home Aus diesen Szenarien wird deutlich, dass alle Dienste rund um das Smart Home mehreren Kriterien genügen müssen: Eine nutzwertorientierte, überzeugende Produktpräsentation, Verringerung der Investitionshürden, Modularität und prinzipielle Erweiterbarkeit der Dienste, einfache Bedienung, die ein Gefühl der Technikdominanz gegenüber der eigenen Selbstbestimmung nicht aufkommen lässt und eine gezielte Aufklärung der Endkunden unter Einbezug der Multiplikatoren. Diese Qualitätskriterien und Anforderungen für Dienste im Smart Home sind ein Maßstab, an dem sich Produkt- und Serviceideen spiegeln lassen. Soll die Entwicklung des Smart-Home-Marktes weiter forciert werden, so müssen sich strategische Entscheidungen für Einstiegsangebote bereits heute an diesen Kriterien messen lassen. Die weitere Entwicklung führt zur Konvergenz der Dienste. Es wird nicht mehr zwischen Lebensbereichen unterschieden, der Nutzer kauft Komfort, Sicherheit, Information unabhängig vom Ort. Diese Dienste sind intuitiv nutzbar und personalisiert, das Heim adaptiert sich an die Nutzerbedürfnisse. Überblick über die Situation in Deutschland Es wurden die wesentlichen Smart-Home-Initiativen betrachtet und analysiert (Bild ). In allen Initiativen ist der Vernetzungsgedanke recht stark ausgeprägt. In vielen sind insbesondere die späteren Nutzer eingebunden und können ihre Anforderungen und Wünsche formulieren. Zum Teil wird der Öffentlichkeit die Möglichkeit geboten, sich die Ergebnisse der Arbeit anzusehen; insbesondere regional sind einige der Aktivitäten gut vernetzt. Die eher marktorientierten Angebote sind stärker bei der Entwicklung von Geschäftsmodellen und der Einbindung des Handwerks,aber auch inhaus Gmb H und Connected Living e.V. sind sehr aktiv. Die Anbieterseite beteiligt sich meist durch Bereitstellung von Geräten; die Einbeziehung von möglichen Dienstleistern (Medien, Versorgung, Pflege) ist eher gering. Die mehr forschungsorientierten Initiativen werden z. T. stark durch die öffentliche Hand gefördert. Weiße Flecken gibt es insbesondere in den Neuen Bundesländern und Baden-Württemberg. Die Kooperation ist nicht ausreichend entwickelt, die Initiativen agieren autark im regionalen Umfeld. Nationaler oder internationaler Erfahrungsaustausch betrifft Forschungs-und Entwicklungsthemen, kaum Strategien der Marktdurchdringung und Geschäftsentwicklung. Trotz dieser Initiativen hängt die Entwicklung im Vergleich zu den technischen Möglichkeiten und gesellschaftlichen Notwendigkeiten zurück. Die Erhöhung der Sichtbarkeit von marktverfügbaren Lösungen für Anbieter und Anwender ist dringend notwendig. Dabei muss eine überzeugende Darstellung des kurzfristigen, mittelfristigen Nutzens und der Rentabilität gelingen. Eine langzeit-orientierte Nutzung der Musterhäuser bzw. Living-Labs kann dazu beitragen. Noch immer ist die technische Systemintegration unterentwickelt, es fehlt der „Systemintegrator Smart Home“. Potenzielle Anwender müssen wissen, wer z. B. bei Fehlern oder Ausfällen im Smart Home verantwortlich ist. Außerdem ist die Einleitung eines Standardisierungsprozesses dringend geboten. Es sollten belastbare Strategien entwickelt und vereinbart werden, um Interoperabilität sicher zu stellen und das Entstehen möglichst offener Systeme zu fördern. Dem technisch nicht versierten Kunden müssen Geräte und Dienste angeboten werden, die sich nahtlos und ohne aufwändige Konfigurationsarbeiten in seine Umgebung integrieren lassen. Dienstleister werden die wirtschaftlichen Chancen durch neue Serviceangebote erst erkennen, wenn die Geschäftsmodelle transparent und überzeugend sind. Potenzielle Kunden fürchten die fehlende Verlässlichkeit: Wenn heute eine Wohnung mit einem System ausgestattet wird, stellt sich die Frage, ob diese auch mittelfristig zuverlässig funktioniert und ob gewährleistet ist, dass neue Gerätegenerationen ohne Probleme integriert werden können? Die Risikoverteilung innerhalb der Wertschöpfungskette verhindert gegenwärtig Investitionen in die Infrastruktur. Anbieter scheuen das Risiko, sich auf systemintegrierte Angebote einzulassen. Noch wird zu wenig im Sinne eines Life-Cycle-Managements gedacht. Der Branche fehlen geeignete Arbeitskräfte zur systemischen Entwicklung von individuellen Smart-Home-Szenarien. Das große Potential vorhandener Wohnungen wird noch vernachlässigt. Ihre Zahl (und die der Sanierungen) ist um ein Vielfaches höher als die jährlichen Neubauten, eine inkrementelle Wandlung in ein Smart Home ist nötig. Schlussfolgerung Die Smart-Home-Initiativen arbeiten meist nebeneinander her. Eine gemeinsame Strategie, dem Smart-Home-Markt in Deutschland zum Durchbruch zu verhelfen und international wettbewerbsfähig auftreten zu können, ist überfällig. Für die Umsetzung bedarf es konzertierter, gemeinsam abgestimmter Aktionen und eine Demonstration im größeren Maßstab. Nur ab einer Mindestanzahl eingebundener Anwender (z. B. mindestens 1000 Wohneinheiten) lassen sich wirklich Rückschlüsse zu Machbarkeit, Akzeptanz und Wirtschaftlichkeit ziehen. Ein gemeinsames Netzwerk „Smart Home Deutschland“ könnte die Initiativen im Sinne einer strategischen Allianz bündeln. Einzubeziehen wären sowohl die Fachverbände wie Bitkom, VDE, ZVEI, ZVEH oder DGBMT als auch die politischen Akteure. Gebäudeautomation FÜR DIE PRAXIS Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 8 673 OFFIS 3. V. EWE AG LONMARK Deutschland e. V. Paderborn e. V. Tobit Software AG Smart Living Gmb H & Co. KG in Haus-Zentrum - FhG IMS RWTH Aachen FhG IESE TU Kaiserslautern FhG FOKUS Connected Living e. V. FU Berlin, Kleinmachnow GEWOBA, TH Wildau HiFi Forum Gmb H Universität der Bundeswehr Vision Wohnen Smart-Home-Initiativen
Autor
- H. Strese
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