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Elektrotechnik
Schalterfachtagung 2010 in Berlin: Leistungsschalter - mehr Sicherheit und Intelligenz
ep7/2010, 1 Seite
Wartungsfrei heißt nicht prüfungsfrei In den zehn Vorträgen und fünf Workshops kristallisierte sich die Erkenntnis heraus, dass die Entwicklungen auch in den Leistungsschalter-Technologien zügig voranschreiten. So werden die Geräte immer intelligenter, wirtschaftlicher und letztendlich auch immer sicherer. In punkto Zuverlässigkeit wurde in der Hochspannungstechnik schon vor Jahrzehnten ein Optimum erreicht. Gekapselte Schaltanlagen sind vor Witterungseinflüssen und Korrosion geschützt und benötigen, so die Hersteller, keinerlei Wartung. Dennoch kann auf eine Prüfung der Schaltzeiten nicht verzichtet werden, denn „wartungsfrei“ bedeutet nicht gleichzeitig „prüfungsfrei“. In seinem Vortrag klärte Dr. Thorsten Neumann (Mebedo) darüber auf, dass gemäß Betriebssicherheitsverordnung die Prüfungsintervalle über eine Gefährdungsbeurteilung festzulegen sind. Nur so kann sich der Betreiber einer Anlage, trotz postulierter Wartungsfreiheit, der ordnungsgemäßen Funktion sicher und vor juristischen Folgen geschützt sein. Was viele Teilnehmer ebenfalls aufhorchen ließ: Der Betreiber von Schaltanlagen ist laut Gesetz verpflichtet, über die Gefährdungsbeurteilung seine Beschäftigten vor Unfällen zu schützen. Aufgrund dieser muss ein Schutzkonzept entwickelt werden, das dem aktuellen Stand der Technik Rechnung trägt. Erforderliche Arbeiten, auch bei wartungsfreien Anlagen, wie die Prüfungen der Schaltzeiten müssen prinzipiell durch beidseitige Erdung gesichert sein. Hier bringen neue Leistungsschalter-Analysatoren, die auch bei beidseitiger Erdung messen, einen deutlichen Gewinn für die Sicherheit. Auch die Anlagen selbst werden immer sicherer - und darüber hinaus wirtschaftlicher und kompakter, wie Dr. Hold Dienemann (Siemens) in seinem Vortrag aufzeigte. So benötigt eine moderne HIS-Anlage (Highly-Integrated-Switchgear) bei gleicher Leistungsfähigkeit nur noch 20 % vom Platzbedarf einer älteren AIS-Schaltanlage (Air-Insulated-Switchgear). Möglich macht dies eine neue Kompaktbauweise: Denn bei Freiluft-Leistungsschaltern befindet sich nicht nur das Löschsystem für den Lichtbogen unter SF6 -Gas. Auch Trenner und Erder arbeiten in einer SF6 -Gas-Umgebung. Zudem ziehen in GIS-Anlagen (Gas Insulated Switchgear) auch neue Wandlertechniken und intelligente Feldsteuerungen ein. Durch diese hochentwickelte Elektronik, auch in der Feldebene, bieten sich viele neue Möglichkeiten, etwa beim Monitoring, um den Zustand der Hochspannungsanlage direkter und kontinuierlicher zu beurteilen. Mögliche Fehler können so viel schneller erkannt werden, was wiederum die Sicherheit deutlich erhöht. MS-Anlagen: Auf dem Weg zum Smart Grid In der Mittelspannung hat sich seit über 35 Jahren die extrem zuverlässige Vakuumschalttechnik fest etabliert. Neben Einsatzgebieten bei den Energieversorgern und in der Industrie wächst ihre Bedeutung vor allem bei der Einspeisung von Strom aus regenerativen Energien. Das Vakuum-Schaltprinzip wird selbst bei anspruchsvollsten Anwendungen eingesetzt, beispielsweise beim Schalten von Generatoren mit Betriebsströmen bis zu 6300 A und Kurzschlussströmen bis zu 72 kA bei Netzspannungen von 24 kV. Dr. Dieter Sämann (Siemens) ist sich sicher: Diese Technik bildet die Basis zur Schaffung integrierter und intelligenter Energiesysteme, den sogenannten Smart-Grids. Die dezentralen Systeme kombinieren fossile Primärenergie mit Energiequellen aus erneuerbaren Photovoltaik-, Windkraft- und Biogasanlagen. Dies erfordert wesentlich komplexere Strukturen als bisher sowohl in der Lastregelung als auch bei der Aufrechterhaltung der Netzstabilität. Stefan Burghard (Greiner Schaltanlagen) ergänzte in seinem Vortrag, dass die Überwachung und Steuerung dezentraler Schaltanlagen auch über große Distanzen gewährleistet sein muss. Genau diese neuen Anforderungen können nur intelligente Stromnetze bewältigen. Anbindungen von Kommunikationsprotokollen wie IEC 61850, Modbus, DNP3 oder IEC 60870-103 an intelligente Energienetze gehören die Zukunft, so Dr. Thorsten Fugel (ABB). In den Leistungsschaltern der neuesten Generation werden mittlerweile auch Kombi-Sensoren, Schutzrelais sowie Strom- und Spannungswandler integriert. Damit kann zum Beispiel die Dauer eines für Mensch und Maschine gefährlichen Störlichtbogens von 300 ms in einem konventionellen Schutzgerät auf unter 4 ms reduziert werden. Lebensgefährliche Folgen für das Bedienpersonal werden ebenso erheblich reduziert wie unverhältnismäßig hohe Kosten durch den Ausfall sensibler Bereiche. Neuentwicklungen wie die ultraschnellen Erdungsschalter, sogenannte UFES-Schaltanlagen (Ultra Fast Earth Switchgear), machen es möglich. Eine revolutionäre Methode, die Schaltanlagen ebenfalls sicherer machen wird, präsentierte Thanos Kontridis vom Fachbereich Elektrische Energieversorgung der TU Darmstadt. Er stellte den Teilnehmern die faszinierende „Fuzzy Logik“ (Unscharfe Logik) vor. Mit ihr wird die subjektive und damit fehlerbehaftete Zustandsbewertung der Anlage durch ein objektives Asset Management ersetzt, das die Anlage von der Beschaffung bis zur Entsorgung komplett begleitet. Dies schützt Anwender und Betreiber zuverlässig vor dem unberechenbarsten Fehlerfaktor: dem Menschen. Fazit Auf der gemeinsamen Schalterfachtagung von Megger und Siemens wurde eines sehr deutlich: Die technischen Komponenten und Systeme zu einer intelligenten Energieversorgung für die Städte des 21. Jahrhunderts stehen bereit. Dazu gehören vor allem Schaltanlagen, die mit intelligenten und sicheren Systemen ausgerüstet sind. Die Tagung brachte die Teilnehmer auf dem Gebiet der Leistungsschalter auf den neuesten Stand, wobei vor allem die Sicherheit und künftige Techniken im Fokus standen. Geschätzt wurde insbesondere auch der persönliche Austausch von Praktikern und Spezialisten, wie Megger-Geschäftsführer Jürgen Göbelhaider abschließend bilanzierte. G.Halfar BRANCHE AKTUELL Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 7 555 Schalterfachtagung 2010 in Berlin Leistungsschalter - mehr Sicherheit und Intelligenz „Sicherheit für Ihren Kopf“ hieß das Motto der gemeinsamen Schalterfachtagung von Megger und Siemens, die Ende April in Berlin stattfand. Über 100 Teilnehmer informierten sich dort über neue Erkenntnisse und Produkte auf dem Gebiet der Leistungsschalter für die Hoch- und Mittelspannung. Über 100 Teilnehmer informierten sich auf der Fachtagung in Berlin-Siemensstadt über die Entwicklungen rund um Leistungsschalter Foto: Megger
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- G. Halfar
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