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Kabel und Leitungen | Elektrotechnik

Netzwerk-Anschlusstechnik für übermorgen

ep11/2009, 2 Seiten

Private und öffentliche Auftraggeber verlangen nach immer leistungsfähigeren und zukunftssicheren Netzwerkkabeln sowie entsprechenden Komponenten. Wo große Bandbreiten und gute Übertragungseigenschaften gefordert sind, bietet sich als Anschlusstechnik das GG45-Modul an. Die Erfahrungen mit dieser Technik werden im Folgenden anhand einiger Praxisbeispiele dargestellt.


Erhöhte Anforderungen Mit einer Standzeit von 15 Jahren und mehr sind passive Verkabelungssysteme für Kommunikationsnetzwerke eine sehr langfristige Investition. Anders als die „aktive Welt“ der PCs, Switche und Router kann man sie nicht einfach alle paar Jahre durch leistungsfähigere Produkte ersetzen. Deshalb sollten sie hohe Reserven haben, um die ständig steigenden Datenraten und Übertragungsgeschwindigkeiten auch in Zukunft bewältigen zu können. Bei den meisten Planern und Bauherren hat sich diese Einsicht längst durchgesetzt. Da die Verkabelung ohnehin nur einen geringen Prozentsatz der Gesamtkosten ausmacht, setzen sie vor allem bei Neubauten, aber auch bei aufwändigen Renovierungen seit Jahren auf leistungsfähige Produkte. RJ45 bis 500 MHz In der Etagenverkabelung sind das geschirmte Kupferkabel der Kategorien 7 oder 7A bis zu 1000 Megahertz (MHz). Bei der Anschlusstechnik dominiert nach wie vor das RJ45-Steckgesicht. Als Folge der Entwicklung des 10-Gigabit-Ethernet-Standards haben die meisten Hersteller ihre RJ45-Module so weit verbessert, dass sie heute eine Bandbreite von 500 MHz bieten. In Verbindung mit Cat. 7/7A-Kabeln kann man damit problemlos Übertragungsstrecken (Links) der Klasse EA realisieren. Einigen Anwendern reicht das aber nicht aus. Ihre Ausschreibungen verlangen weitaus höhere Frequenzen und bessere Übertragungseigenschaften. Hier bietet sich als Anschlusstechnik GG45 an (Bild ). Bis zu 1000 MHz GG45 ist eine geschirmte Cat. 7/7A-Anschlusstechnik, die speziell für sehr hohe Übertragungsraten entwickelt wurde und bis 1000 MHz spezifiziert ist. Seit 2002 ist sie in der Norm ISO/IEC 11801 neben TERA weltweit als Anschlusstechnik für die Errichtung von Klasse-F-Netzwerken (600 MHz) gesetzt. In Kombination mit Kabeln der Kategorie 7A erfüllt sie auch die Anforderungen an Übertragungsstrecken der neuen Klasse FA (bis 1000 MHz). Die Module eignen sich für die Beschaltung mit AWG24- bis AWG22-Kabeln (Kupferaderdurchmesser). Ihre 360°-Schirmgeflecht-Kontaktierung mittels U-Clip und Schirmkappen sorgt für einen hohen EMV-Schutz. Sie verfügen über einen Snap-In-Clip, mit dem sie in den Aufnahmen von Datendosen und Panels befestigt werden (Bild ). Kompatibel mit RJ45 Neben den höheren Bandbreiten haben die GG45-Module einen weiteren Vorteil, der sie auch gegenüber TERA absetzt: Es sind „Two-in-one“-Module, die über Anschlussmöglichkeiten für GG45- und RJ45-Stecker verfügen. Technisch funktioniert das so, dass je nach eingesetztem Stecker maximal acht der 12 Kontakte im Modul aktiviert werden: im GG45-Modus viermal zwei Kontakte in den oberen und unteren Ecken, im RJ45-Modus die oberen acht. Die Liste typischer Einwände gegen die GG45-Anschlusstechnik ist lang: Die Module sind teurer als RJ45. Sie gelten als unhandlicher und schwerer zu verarbeiten. Es gibt noch keine Anwendungen, die 1000 MHz verlangen, und auch noch keine aktiven Geräte, die auf dieser Technik basieren. Dennoch wurden im deutschsprachigen Raum in den letzten Jahren mehrere große Projekte mit GG45-Modulen realisiert, viele davon mit dem Verkabelungssystem Unilan Prime Solution (PS) GG45 von Dätwyler Cables (Bild ). Ihre hohe Zukunftssicherheit ist die am häufigsten genannte Begründung. Sorgfältige Konfektionierung nötig Einer der ersten Anwender in Deutschland war eine Dienststelle der Bundespolizei in Rosenheim. Im Frühjahr 2008 nahm sie eine normgerechte Klasse-F-Verkabelung auf der Basis von PS GG45-Anschlüssen in Betrieb. Die Planung, Errichtung, Dokumentation und Zertifizierung des Netzwerks wurde unter Einbeziehung von Auszubildenden mehrerer regionaler Werkstätten des Bundespolizeipräsidiums als Ausbildungsprojekt durchgeführt. Das normgerechte High-End-Datennetzwerk stellt derzeit durchgängig eine Datenrate von 1 Gbit/s zur Verfügung, ist aber auch für Anwendungen mit Durchsätzen von 10 und 40 Gbit/s gerüstet. Es verfügt über eine sternförmige Struktur ohne Unterverteiler und wurde mit Cat. 7-PiMF-Kabeln (Paar in Metallfolie) und der geschirmten PS GG45-Anschlusstechnik errichtet, um zugleich eine hohe Abhörsicherheit zu gewährleisten. Unter der Anleitung eines erfahrenen Bauleiters haben die Auszubildenden das gesamte Netzwerk selbst konzipiert und innerhalb von drei Monaten installiert. Dazu gehörten unter anderem 368 Kupferstrecken, die das Team vor Ort händisch konfektionieren musste (Bilder und ). Größere Arbeitsräume erhielten bis zu 20 Doppelanschlussdosen, da laut Projektleiter „pro Arbeitsplatz mehrere Rechner und Monitore, zwei bis drei Telefone und dazu noch Drucker, Fax-Elektropraktiker, Berlin 63 (2009) 11 906 AUS DER PRAXIS Netzwerk-Anschlusstechnik für übermorgen Private und öffentliche Auftraggeber verlangen nach immer leistungsfähigeren und zukunftssicheren Netzwerkkabeln sowie entsprechenden Komponenten. Wo große Bandbreiten und gute Übertragungseigenschaften gefordert sind, bietet sich als Anschlusstechnik das GG45-Modul an. Die Erfahrungen mit dieser Technik werden im Folgenden anhand einiger Praxisbeispiele dargestellt. GG45 im Patchpanel GG45-Steckgesicht Komponenten des Verkabelungssystems Unilan Prime Solution (PS) GG45 Konfektionierung der Kupferstrecken Anschluss der Datendosen im Brüstungskanal geräte und andere dienststellenspezifische Endgeräte vorgesehen waren“. Bei ersten Messungen auf 600 MHz fielen einige Strecken allerdings durch, da die PS GG45-Module fehlerhaft konfektioniert waren. Erst nach einer speziellen Schulung zu typischen Montagefehlern (Tafel ), mit dem nötigen Spezialwerkzeug (Bild ) und mit neuem Messequipment konnten die Auszubildenden die Arbeit einwandfrei abschließen: „Wir erreichten bei den NEXT-Reserven Standardwerte von 6 bis 7 dB und Spitzenwerte von 11 bis 12 dB. Das sind für diesen hohen Frequenzbereich bemerkenswert gute Ergebnisse“, so der zuständige Projektleiter. (NEXT: Near End Crosstalk, Nahnebensprechdämpfung). Langfristiger Investitionsschutz Seit einigen Monaten ist auch im frisch renovierten Bundeshaus in Bern (Bild ) ein hochleistungsfähiges Kommunikationsnetzwerk in Betrieb. Auf der Tertiärebene hat das Installationsunternehmen Gasser+Bertschy Elektro rund 100 km Multimediakabel vom Typ Uninet 7150 (Cat.7A) eingebracht und mithilfe der PS GG45-Module ein Netzwerk der neuen Klasse FA errichtet. In den Sälen von Nationalrat und Ständerat sowie in den Büros der Parlamentsdienste wurden rund 250 Anschlüsse geschaffen (Bild ). In das Netzwerk sind außerdem alle Voice-over-IP-Telefone, Drucker, die Infotafeln für die Parlamentarier und Pressevertreter sowie diverse WLAN-Hotspots integriert. „Die Parlamentsdienste erhalten durch die hohen Leistungsreserven des Verkabelungssystems einen langfristigen Investitionsschutz“, erklärt Hans Peter Gerschwiler, stellvertretender Generalsekretär der schweizerischen Bundesversammlung. Dazu trägt zum Beispiel bei, dass die Anwender ihre neue LAN-Verkabelung auch für die Fernspeisung vieler Endgeräte mit Energie (Power over Ethernet) und sogar für die Übertragung von Radio-und TV-Signalen (bis 862 MHz) nutzen. Mithilfe spezieller TV-Panels in den Etagenverteilern können sie diese Signale nach Bedarf an jeder Datendose abrufen. Für alle Dienste muss also nur eine einzige, flexible Netzwerkinfrastruktur betrieben und verwaltet werden. Hohe Performance „Für mich ist das PS GG45-Anschlussmodul zurzeit das einzig zukunftssichere, da man damit bis zu 10 Gigabit pro Sekunde übertragen kann“, erklärt Salvatore Bucca, Netzwerk-Verantwortlicher bei Finnova. Der Entwickler von Bankensoftware hat an seinem neuen Firmensitz im schweizerischen Lenzburg auf den Etagen ebenfalls das PS GG45-System installiert. Es umfasst 1250 Kupfer-Links mit Cat. 7-Kabeln und wird vor allem für die Software-Entwicklung genutzt. „Diese Arbeit braucht Performance“, so Bucca. Und das neue System bringe die gleiche Performance wie eine Fibre-tothe-desk-Verkabelung, „vorausgesetzt, dass alles sauber verarbeitet ist.“ „Die Bauherrschaft setzte in allen Bereichen die neueste Technik ein“, so Dieter Schäfer vom Ingenieurbüro Schäfer Partner. „Insbesondere die Cat. 7-Technik mit den PS GG45-Anschlüssen war eine interessante Herausforderung.“ Das sieht Christoph Schmidmeister, Leiter Telematik bei Jost Brugg, genauso: „Die Schulung von Dätwyler und die guten Informationen des Lieferanten waren sehr hilfreich dabei, die Module korrekt zu verarbeiten.“ Dadurch konnten die Installateure „innerhalb weniger Wochen sehr viele Anschlüsse realisieren.“ Bucca ist mit dem PS GG45-System sehr zufrieden: „Meines Erachtens gibt es auf dem Markt nichts Besseres.“ Vor allem aber sei die installierte Lösung zukunftssicher: „Wir haben über die nächsten Jahre immer wieder die Möglichkeit, neue Hardware einzusetzen, ohne die Infrastruktur auswechseln zu müssen“. Keine Signalverfälschungen Eine der jüngsten und zugleich größten Installationen in Deutschland findet sich im Kranhaus Süd im Kölner Rheinauhafen-Areal. Die gesamte Gebäudeelektrik des südlichen Kranhauses wurde von der Firma Elektro Meißner Industriemontagen realisiert. Auf 16 Etagen und 19100 m² Bruttogeschossfläche hat das Unternehmen unter anderem eine multimediataugliche Cat. 7-Verkabelung mit rund 6000 PS GG45-Modulen verbaut. Dirk Erben, der zuständige EDV-Spezialist, hat vor Ort seine erste Erfahrung mit dieser Anschlusstechnik gemacht. „Eine Schulung ist bei der GG45-Technik zwingend“, bestätigt auch er, „ebenso, dass man vorsichtig und sorgfältig arbeitet. Mit dem nötigen Wissen, dem richtigen Werkzeug und etwas Übung haben wir bei der Konfektionierung aber schnell ähnliche Geschwindigkeiten erreicht wie mit dem RJ45.“ Er hat von den Technikern vor Ort nur positive Reaktionen erhalten: „Die Ausschussquote ist bei vorsichtiger und sorgfältiger Arbeit gleich null.“ Auch wenn die Module vergleichsweise teuer sind und es noch keine aktiven Geräte für diese Technik gibt, ist Erben von dem Steckgesicht überzeugt: „Bei hohen Frequenzen hat man mit dem GG45-Modul - im Gegensatz zu RJ45 - keine Interferenzen, also keine Signalverfälschungen, da die aktiven Kontakte in der Buchse nicht alle in einer Linie liegen sondern weit voneinander getrennt sind. Das macht dieses Steckgesicht hoch interessant für zukünftige Anwendungen.“ D. Rieken Elektropraktiker, Berlin 63 (2009) 11 907 AUS DER PRAXIS WEB-TIPP Informationen zu den genannten Projekten und Produkten sowie Montageanleitungen und Schulungsangebote: www.daetwyler-cables.com Spezielles Montage-Tool für PS-GG45-Module Das Bundeshaus in Bern ist mit hochleistungsfähiger Kommunikationsverkabelung ausgestattet Rund 250 Datenanschlüsse wurden im Bundeshaus installiert Quellen: 1, 2, 3, 6, 7 und 8 Dätwyler Cables; 4 und 5 J. Vogel Tafel GG45 - Auswirkung von Montagefehlern Im Durchschnitt werden 7 dB NEXT-Reserve erzielt, sodass beim Zusammenkommen von Fehlern leicht ein FAIL im Link entsteht. Einfluss der Montage auf Performance NEXT EMV-Abschirmung vergessen -4 dB U-Clip vergessen -2 dB Öl auf der Paarschirmung (Folien) -2 bis -4 dB Adern nicht kurz genug bis zu -7 dB am Wire Organizer abgeschnitten (auf 2-4, 1-3) Folien gehen nicht in den Kabelhalter hinein -2 dB Offene oder beschädigte Folien -4 bis -6 dB

Autor
  • D. Rieken
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