Skip to main content 
Regenerative/Alternative Energien | Elektrotechnik

Montage von PV-Anlagen - Teil 2: Standsicherheit und Statik

ep6/2007, 4 Seiten

Beim Errichten des Solargenerators müssen die allgemein anerkannten Regeln der Bautechnik ebenso eingehalten werden wie die der Elektrotechnik, um insbesondere die Standsicherheit, Dachdichtigkeit und Statik zu gewährleisten. Befasst sich der erste Teil in ep 5/07 mit Montagesystemen für Schrägdächer, stehen in diesem Beitrag die anzunehmenden Lasten im Mittelpunkt.


Standsicherheit und Statik Solaranlagen sind bauliche Anlagen und müssen nach den Landesbauordnungen im Ganzen und in den einzelnen Teilen standsicher sein. Das Montagesystem muss so bemessen werden, dass der Solargenerator unter den am Einsatzort anzunehmenden Lasteinwirkungen nicht abhebt, umkippt, bricht oder abrutscht. Das bedeutet, das z. B. die Anzahl der Dachbefestigungen und die Stärke der Tragschienen und Befestigungselemente je nach Standort, Dach- und Gebäudegeometrie sowie Modulanordnung festgelegt werden. Außerdem ist zu prüfen, ob die Dachkonstruktion die zusätzlichen Lasten aufnehmen kann. Zur Feststellung, welche Lasten am Solargenerator auftreten, gibt es in der DIN 1055 „Einwirkungen auf Tragwerke“ [2] Planungs- und Berechnungsgrundlagen. In den folgenden Abschnitten wird detaillierter darauf eingegangen. 1.1 Grundsätzliches An den Modulen wirken Druck- und Sogkräfte [3]. Die Druckkräfte resultieren aus der Schneelast, dem Staudruck des Windes und dem Eigengewicht der Module sowie der Unterkonstruktion. Die Sogkräfte resultieren aus der Sogwirkung des Windes. PV-Module in Aufdachkonstruktionen können wie Tragflächen von Flugzeugen wirken. Für den Abhebewiderstand gegen Sogkräfte und die zulässige Druckbelastung der Anlage spielen die statischen Eigenschaften der einzelnen Bauteile sowie ihre Anordnung und Abstände eine Rolle. Viele Hersteller von Montagesystemen haben für die gängigsten Standardfälle innerhalb definierter Einsatzgrenzen (Dachneigung, Gebäudehöhe, Schneelastzonen (SLZ)) Lastberechnungen beispielsweise im Rahmen einer Systemstatik durchführen lassen und geben in Tabellenform Dimensionierungswerte beispielsweise für die erforderliche Mindestanzahl der Dachbefestigungen pro m2, maximale Spannweite (= Abstand der Unterstützungen) und Kragarmlänge der Profile an. So kann in vielen Fällen auf eine Einzelfallberechnung verzichtet werden, wenn die jeweilige Anwendung mit den Berechnungsgrundlagen in allen wesentlichen Punkten (z. B. Flächengewicht der Module, verwendete Schrauben und Befestigungselemente) übereinstimmt. Zu beachten ist, dass mitunter die Statiktabellen nur für den Mittenbereich gelten und keine Werte für die Rand- und Eckbereiche enthalten. Die Systemstatik liefert den rechnerischen Nachweis aller Bauteile eines Montagesystems für bestimmte Modulgewichte, -größen und -anordnungen bei verschiedenen Schnee-und Windlasten auf der Basis der geltenden Normen. Die Systemstatik schließt allerdings weder die Dachkonstruktion noch den Modulrahmen ein. Es sollten die Tragfähigkeitseigenschaften des Modulrahmens aus der Montageanleitung des Modulherstellers hervorgehen und die ausreichende statische Belastbarkeit der Dachkonstruktion (z. B. Sparren, Pfetten) bauseits geprüft werden. Da der Dachstuhl bereits zur Aufnahme von Schneelast, Winddruck und Dachdeckungseigengewicht ausgelegt ist, ist die zusätzliche Belastung durch die PV-Anlage bei Zimmermannskonstruktionen oft von untergeordneter Bedeutung. An besonders windexponierten oder schneereichen Standorten, bei industriell gefertigten Bauten oder Hallen mit großen Spannweiten der Tragkonstruktion ist im Zweifelsfall ein Statiker zu konsultieren. Bei einer Direktbefestigung an der Dachdeckung muss auch diese statisch geprüft werden. Anzunehmende Windlasten Seit vorigem Jahr gelten die neuen DIN 1055-Normen Teil 4 und 5. Bei der Aktualisierung des Teil 4 sind insbesondere bei den Lastannahmen neuere wissenschaftliche Erkenntnisse aufgenommen worden. So werden bei den Windlasten neben den vier Windzonen (WZ 1 bis 4, (Bild ), die regionalen Effekte Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 6 506 FÜR DIE PRAXIS Regenerative Energien Montage von PV-Anlagen Teil 2: Standsicherheit und Statik R. Haselhuhn, Berlin Beim Errichten des Solargenerators müssen die allgemein anerkannten Regeln der Bautechnik ebenso eingehalten werden wie die der Elektrotechnik, um insbesondere die Standsicherheit, Dachdichtigkeit und Statik zu gewährleisten. Befasst sich [1] mit Montagesystemen für Schrägdächer, stehen in diesem Beitrag die anzunehmenden Lasten im Mittelpunkt. Autor Dipl.-Ing. Ralf Haselhuhn ist Vorsitzender des Fachausschusses Photovoltaik der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie, Berlin Verteilung der Windzonen 1 bis 4 in Deutschland nach DIN 1055-4 Quelle: Haselhuhn, Hemmerle EP0607-506-509 21.05.2007 15:20 Uhr Seite 506 berücksichtigt und jetzt auch Geländekategorien (GK I bis IV, (Bild )) beachtet, da Reibungseffekte durch Bewuchs oder Bebauung die Windgeschwindigkeit reduzieren können. Außerdem kann die höhenabhängige Änderung des Staudrucks qz nach der neuen Norm nicht nur stufig sondern auch kontinuierlich angesetzt werden. In Bild sind Windlasten erkennbar, die teilweise nach der neuen DIN 1055 höhere Werte aufweisen, als nach dem auch geltenden stufigen Ansatz (Tafel ) entsprechend alter Normenfassung. Dies betrifft insbesondere die Küstenregionen. Die Windkräfte sind von der Gebäudelage, der Firsthöhe, der Dachform und -neigung und der Luftdurchlässigkeit des Gebäudes abhängig. Meist ist die Sogbelastung bei PV-Anlagen problematischer als der Winddruck. Der senkrecht auf die Außenfläche wirkende Winddruck oder Sog (we) ist das Produkt aus dem aerodynamischen Druckbeiwert cpe und dem Staudruck des Windes q: we = cpe · q Ein positives Vorzeichen des Winddrucks we bzw. des cp-Werts bedeutet Druck, ein negati-Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 6 507 Geländekategorien nach DIN 1055-4 I glattes, flaches Land ohne Hindernisse; II Gelände mit Hecken, einzelnen Gehöften, Häusern oder Bäumen, z. B. landwirtschaftliches Gebiet; III Vorstädte, Industrie- oder Gewerbegebiete, Wälder; IV Stadtgebiete, bei denen mindestens 15 % der Fläche mit Gebäuden bebaut sind, deren mittlere Höhe 15 m überschreitet Tafel Vereinfachte Geschwindigkeitsdrücke für Bauwerke bis 25 m Höhe nach DIN 1055-4, Tabelle 2. Als Küste gelten küstennahe Gebiete in einem Streifen entlang der Küste mit 5 km Breite landeinwärts. Auf den Nordseeinseln ist die Tabelle nur bis zu einer Gebäudehöhe von 10 m gültig. Windzone Geschwindigkeitsdruck q in kN/m² bei einer Gebäudehöhe h in den Grenzen bis 10 m > 10 > 18 ... 18 m ... 25 m 1 Binnenland 0,50 0,65 0,75 2 Binnenland 0,65 0,80 0,90 Küste und Inseln der Ostsee 0,85 1,00 1,10 3 Binnenland 0,8 0,95 1,10 Küste und Inseln der Ostsee 1,05 1,20 1,30 4 Binnenland 0,95 1,15 1,30 Küste und Inseln der Ostsee 1,25 1,40 1,55 Inseln der Nordsee 1,40 - - Böenstaudruck q(z) nach DIN1055-4 Tafel Außendruckbeiwerte cpe bei breitseitig angeströmten Satteldächern für Bauteilflächen über 10 m2 nach DIN 1055-4, Tabelle 6. Für Neigungswinkel zwischen 15 und 30° ändert sich der Druck schnell zwischen positiven und negativen Werten, daher sind beide Werte angegeben. Für Zwischenwerte der Dachneigungen darf linear interpoliert werden, sofern nicht das Vorzeichen wechselt. Dachneigung Dachbereich F G H I J 5° -1,7 -1,2 -0,6 - 0,6/+ 0,2 -0,6/+ 0,2 10° -1,3 -1,0 -0,4 - 0,5/+ 0,2 -0,8 15° -0,9/+ 0,2 -0,8/+ 0,2 -0,3/+ 0,2 - 0,4 -1,0 30° -0,5/+ 0,7 -0,5/+ 0,7 -0,2/+ 0,4 - 0,4 -0,5 45° + 0,7 + 0,7 + 0,6 - 0,4 -0,5 60° + 0,7 + 0,7 + 0,7 - 0,4 -0,5 75° + 0,8 + 0,8 + 0,8 - 0,4 -0,5 EP0607-506-509 21.05.2007 15:20 Uhr Seite 507 Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 6 508 FÜR DIE PRAXIS Regenerative Energien ves Vorzeichen bedeutet Sog. Der anzusetzende Staudruck hängt von der Gebäudehöhe, der Geländekategorie und der Windzone ab und kann aus dem Diagramm in Bild ermittelt werden. Dabei wird die Gebäudehöhe vom tiefsten Geländepunkt am Gebäude senkrecht bis zur Oberkante des Daches gemessen. Die Windzone kann für den Standort aus Bild und die entsprechende Geländekategorie aus Bild abgelesen werden. Als Küste gelten küstennahe Gebiete in einem Streifen entlang der Küste mit 5 km Breite landeinwärts. Der Druckbeiwert für Satteldächer in Abhängigkeit von der Dachneigung ist in den Tafeln und für Satteldächer bis zu einer Höhe von 25 m angegeben. Die Dachflächen sind für beide Anströmrichtungen zu untersuchen (Bild ), der jeweils ungünstigere Wert ist maßgeblich. Dies gilt auch für die Auswahl zwischen Sog- und Druckbeiwert, wenn zwei Werte angegeben sind. An den Kanten zwischen Wänden und Dachflächen treten Sogspitzen auf, die in den Eckbereichen des Daches am größten sind und über den Randbereich zur Mitte hin abnehmen. Auch die Druckkräfte sind nicht über das ganze Dach konstant. Deshalb müssen im Rand- und Eckbereich die Anzahl der Dachbefestigungen pro m2 erhöht werden. Mitunter kann in diesen Bereichen auch die Last von 2,4 kN, mit denen die Module nach der Bauartzertifizierung der Module IEC 61215 [4] geprüft werden, überschritten werden. Modultypen, die den erweiterten Lasttest mit 5,4 kN nach dieser Norm bestanden haben, ermöglichen Alternativen. Für Flach-, Pult-, Trog-, Walm- oder Sheddächer und freistehende Dächer gelten andere Winddruckbeiwerte. Dabei liefert der Eurocode 1 [5] wichtige Anhaltswerte für die Auslegung. So sollte als Faustwert bei Flachdachanlagen ein Dachradabstand von 1,5 m eingehalten werden. Höhere Gebäude, Gebäude an exponierten Standorten sind mit dem genaueren Verfahren nach DIN 1055-4 zu berechnen. Anzunehmende Schneelasten In schneereichen Gebieten stellt die Schneelast die größte Herausforderung für das Montagesystem dar. Die Schneelast wird nach DIN Leeseite Luvseite Einteilung der Dachflächen bei Satteldächern nach DIN 1055-4, Bild 7. Bei Dachüberständen kann auf der Oberseite der Druck der anschließenden Dachfläche angenommen werden. Fy = b/4 oder h/2; Fx = b/10 oder h/5; Hx = b/2 oder h; Jx = b/10 oder h/5 (Der jeweils kleinere Wert ist maßgebend) Quelle: Haselhuhn, Hemmerle Schneelastzonen nach DIN 1055-5 Der Dt. Wetterdienst empfiehlt Schneelastzone 3 für folgende Orte im Schwarzwald: Triberg, Freudenstadt, Freudenstadt-Kniebis, Lauterburg, Schönwald, Schonach, Bad Rippoldsau-Schapbach, Loßburg, Baiersbronn, Heubach, Esslingen Tafel Außendruckbeiwerte cpe bei giebelseitig angeströmten Satteldächern für Bauteilflächen über 10 m2 nach DIN 1055-4, Tabelle 6. Für Zwischenwerte der Dachneigungen darf linear interpoliert werden. Dach- Dachbereich neigung F G H I 5° -1,6 -1,3 -0,7 -0,6/+0,2 10° -1,4 -1,3 -0,6 -0,6/+0,2 15° -1,3 -1,3 -0,6 -0,5 30° -1,1 -1,4 -0,8 -0,5 45° -1,1 -1,4 -0,8 -0,5 60° -1,1 -1,2 -0,9 -0,5 75° -1,1 -1,2 -0,8 -0,5 EP0607-506-509 21.05.2007 15:20 Uhr Seite 508 1055-5 ermittelt. Die Schneelast s ist die auf die Grundrissprojektion der Dachfläche entfallende rechnerische Schneelast in kN/m2. Sie ergibt sich aus der Regelschneelast sk des Standorts am Boden und einem Minderungswert - dem Formbeiwert (Bild ) in Abhängigkeit von der Dachneigung: s = Formbeiwert·sk Die Regelschneelast ergibt sich aus der Schneelastzone (SLZ) nach Bild und der Geländehöhe des Standorts über dem Meeresspiegel N. N. (Normalnull) (Bild ). Die Zonen 1a und 2a erfordern dabei eine Erhöhung der Schneelast um 25 %. Mit steigenden Lasten erhöhen sich natürlich auch die Kosten der Montagesysteme. So kann an Standorten mit hohen Schneelasten wie in den Alpen mit fast doppelt so hohen Kosten gerechnet werden. Je steiler das Dach ist, umso mehr verringert sich die Regelschneelast. Der Formbeiwert kann aus Bild abgelesen werden. Bei Dachflächen über 60° Dachneigung ist die Schneelast gleich Null. An bestimmtem Dachbereichen kann es zu Schneehäufungen kommen: am Übergang eines Schrägdaches zu einem Flachdach, an der Kehle eines Sheddaches oder auch Schneefanggittern. Hier muss ein zusätzlicher Korrekturfaktor, abhängig von der Dachneigung nach Tafel , angesetzt werden. Aus der ermittelten Schneelast und dem Eigengewicht des Solargenerators ergibt sich die wirkende Gesamtlast. Für übliche Module kann ein Eigengewicht von 12 bis 20 kg/m2 angesetzt werden. Für Montagesysteme gilt je nach Material ein Eigengewicht von 7,85 kg/dm3 bei Stahl und 2,7 kg/dm3 bei Aluminium. Somit muss die gesamte Modulunterkonstruktion einschließlich der Module darauf geprüft werden, ob die geltenden Sog- und Druckkräfte resultierend aus Windsog- und Winddruckkräften abhängig vom Dachbereich (Mittel-bzw. Rand- oder Eckbereich) sowie aus Schneedruck und Eigengewicht beherrscht werden. Dem entsprechend müssen Module, Dachhaken sowie deren Anzahl, Montageschienen sowie sonstige Befestigungen dimensioniert und ausgeführt sein. So sollte im Regelfall pro m2 Modulfläche nicht weniger als ein Dachhaken verwendet werden. Bei erhöhter Schneelast über 0,75 kN/m2 sowie im Eck- bzw. Randbereich des Daches müssen deutlich mehr Dachhaken gesetzt werden. Die konkrete Dimensionierung der Dachhakenanzahl, der Montageschienen, der Modulabstände etc. sind den Unterlagen des Montagesystemherstellers zu entnehmen. Aus den Unterlagen muss zweifelsfrei hervorgehen, dass die beschriebenen Wind- und Schneelasten am Dach mit dem Montagesystem beherrscht werden. Ansonsten muss ein anderes System oder eine andere konstruktive Lösung gewählt werden. Literatur [1] Haselhuhn, R.: Montage von PV-Anlagen - Teil 1: Befestigungssysteme für Schrägdachanlagen. Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 5, S. 413 - 417 [2] DIN-1055. Einwirkungen auf Tragwerke Teil 4: Windlasten 03/2005 und DIN 1055 Teil 5: Schnee- und Eislasten 06/2005, Beuth-Verlag [3] Haselhuhn, R.; Hemmerle, C.: „DGS-Leitfaden Photovoltaische Anlagen“, 3. Auflage Berlin 2005, www.dgs-berlin.de [4] DIN/IEC 61215 Terrestrische Photovoltaik- (PV)Module mit Silizium-Solarzellen - Bauarteignung und Bauartzulassung, 02/2006, VDE-Verlag [5] Eurocode 1: Einwirkung auf Tragwerke, Ausgabe 06/2002 Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 6 Schneelast am Boden nach DIN 1055-5 Zone 1: 0,65 kN/m2 bis 400 m ü. N. N; Zone 2: 0,85 kN/m2 bis 285 m ü. N. N; Zone 3: 1,10 kN/m2 bis 255 m ü. N. N. Formbeiwert für geneigte Dächer nach DIN 1055-5 Dach- Schnee- Schneeneigung häufung fanggitter 0° 1,00 1,00 10° 1,33 1,00 20° 1,67 1,00 25° 1,83 1,00 30° 2,00 1,00 35° 2,40 1,20 40° 3,00 1,50 45° 4,00 2,00 50° 6,00 3,00 Tafel Neigungsabhängiger Korrekturfaktor bei Schneehäufungen EP0607-506-509 21.05.2007 15:20 Uhr Seite 509

Autor
  • R. Haselhuhn
Sie haben eine Fachfrage?