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Elektrosicherheit | Blitz- und Überspannungsschutz | Elektrotechnik

Interview mit Prof. Michael Rock: "Elektrosicherheit mit Blitz- und Überspannungsschutz"

ep11/2015, 1 Seite

Blitz- und Überspannungsschutz beinhaltet nicht nur den Schutz von Anlagen, sondern auch von Menschen und Tieren. Grundlagenforschung ist auch hier von besonderer Bedeutung, um mit den technischen und klimatischen Entwicklungen Schritt zu halten. Die so gewonnenen Erkenntnisse fließen dann in neue Schutzkonzepte und Normen ein. Wir sprachen dazu mit ep-Autor Prof. Dr.-Ing. habil. Michael Rock vom Fachgebiet Blitz- und Überspannungsschutz der Technischen Universität Ilmenau.


851 Ganz Vorne Elektropraktiker, Berlin 69 (2015) 11 | www.elektropraktiker.de Elektrosicherheit mit Blitz- und Überspannungsschutz Blitz- und Überspannungsschutz beinhaltet nicht nur den Schutz von Anlagen, sondern auch von Menschen und Tieren. Grundlagenforschung ist auch hier von besonderer Bedeutung, um mit den technischen und klimatischen Entwicklungen Schritt zu halten. Die so gewonnenen Erkenntnisse fließen dann in neue Schutzkonzepte und Normen ein. Wir sprachen dazu mit ep-Autor Prof. Dr.-Ing. habil. Michael Rock vom Fachgebiet Blitz- und Überspannungsschutz der Technischen Universität Ilmenau. Herr Rock, Sie haben seit 2011 die Professur „Blitz- und Überspannungsschutz“ an der TU Ilmenau inne. Das gleichlautende Fachgebiet wurde damals neu geschaffen. Wie kam es dazu? M. Rock: Das Fachgebiet wurde über eine Stiftung seitens des Unternehmens Dehn + Söhne im April 2011 neu aufgestellt. Hintergrund war die langjährige gute Zusammenarbeit mit der TU Ilmenau, insbesondere mit dem leider 2013 verstorbenen Prof. Friedhelm Noack, der das Fachgebiet „Elektrische Geräte und Anlagen“ bis zu seinem Ruhestand 2003 leitete und mit seiner Arbeit maßgeblich zum exzellenten Ruf der TU Ilmenau beitrug. Er war übrigens bereits mein Lehrer im Studium, später mein Doktorvater und führte mich als langjähriger Vorsitzender des VDE|ABB an das Gebiet Blitzschutz heran. Mit dem Jubiläum „100 Jahre Dehn + Söhne“ 2010 wurde der schon länger gehegte Plan einer Professur für Blitz- und Überspannungsschutz dann in die Tat umgesetzt. Wie würden Sie das Ziel Ihrer Arbeit zusammenfassen? M. Rock: Klares Ziel ist die Reduzierung der Schäden und Gefährdungen durch Blitzeinwirkungen. Daher arbeiten wir daran, Schutzeinrichtungen und Schutzkonzepte gegen direkte Blitzeinwirkungen sowie gegen leitungs- und feldgebundene Störgrößen weiter zu entwickeln und leistungsfähiger zu machen. Zudem ist die Heranführung und Aus bildung von Studenten auch auf diesem Spezialgebiet von wesentlicher Bedeutung. Können Sie uns ein aktuelles Beispiel Ihrer Arbeit nennen? M. Rock: Aktuelle Themen beziehen sich auf den Schutz von Erzeugungsanlagen regenerativer Energien, wie PV- und Windenergieanlagen (WEA), die aufgrund ihrer Gestaltung gegenüber Blitzentladungen besonders exponiert sind. Zum Beispiel werden die Blitzstromverteilung sowie auftretende räumliche Verteilungen von Magnetfeldern innerhalb von WEA untersucht. Dazu sollen neben Berechnungen auch Messungen an realen Anlagen vorgenommen werden. Daraus lassen sich dann Aussagen zur Verbesserung der Schutzkonzepte gegen den elektromagnetischen Blitzimpuls ableiten. Die erwähnten Messungen sind notwendig, um tatsächliche Angaben zu natürlichen Blitzstromparametern an WEA zu erhalten. Nicht zuletzt ist aufgrund fortschreitender klimatischer Veränderungen damit zu rechnen, dass zumindest örtlich begrenzt bzw. auch für solche exponierten Objekte eine Zunahme der Häufigkeit und der Intensität von Blitzereignissen eintritt. Was beinhaltet Ihre Arbeit hinsichtlich der Einwirkungen von Blitzentladungen auf Menschen und Tiere? M. Rock: Bei den Betrachtungen zur Einwirkung von Blitzentladungen auf Menschen und Tiere konnten zuerst die physikalisch mög lichen Einwirkarten zusammengestellt und dann eine definierte Trennung der bekannten Einwirkarten zu den daraus folgenden Schädigungsmechanismen gegeben werden. Analog dem Elektrounfall ist auch beim Blitzunfall der durch den Menschen fließende Strom entscheidend, wobei sich die Stromform und vor allem die Einwirkdauer deutlich unterscheiden. In Zusammenarbeit mit Medizinern wurde herausgearbeitet, dass bei der Ein wirkung kurzer Blitzstromimpulse einzelne Stromwerte keine ausreichende Aussage über die Gefährdung liefern können. Sinnvolle Angaben sind integrale Größen, vermutlich ist die geflossene Ladung geeignet. Daneben gibt es noch immer Wege der Blitzeinwirkung auf den Menschen, die unklar sind, bei denen alle bekannten Einwirkarten nicht greifen (beispielsweise Induktions- oder Influenz effekte). Daraus ergeben sich hochinteressante Forschungsfelder für die weitere Arbeit. Sie arbeiten auch mit dem Ausschuss für Blitzschutz und Blitzforschung (ABB) im VDE eng zusammen? M. Rock: Ja, das gesamte Fachgebiet Blitz-und Überspannungsschutz an der TU Ilmenau bearbeitet aktiv Forschungsprojekte zusammen mit dem ABB im VDE. Ich bin dort zudem Mitglied im Technischen Ausschuss sowie Leiter des AK Schritt- und Berührungsspannung. In diesem Rahmen war der Ausgangspunkt, dass Reaktionen im menschlichen Körper oder in Organen bei sehr kurzen elektrischen Impulsen (Blitzspannungen, Teilblitzströme) weitgehend unbekannt sind. Eine große Einschränkung für die Arbeit ist, dass keine neuen experimentellen medizinischen Untersuchungen an Menschen oder Tieren angestellt werden können. Besondere Zielstellung der Arbeit im AK ist es, Vorschläge für Grenzwerte blitzbedingter Schritt- und Berührungsspannungen aufzustellen, welche für die Auslegung von Blitzschutzanlagen herangezogen werden können. Lesen Sie dazu auch den Teil 5.2 „Normen als sichere Vorgaben oder Orientierung für Schutzmaßnahmen zum gefahrlosen Umgang mit Elektroenergie“ der Beitragsreihe „Elektrosicherheit - wichtige Grundlagen“ ab S. 884 in dieser Ausgabe. ep-Autor Prof. Michael Rock beim Aufbau eines Stoßstromgenerators zur Erzeugung energiereicher Blitzströme im Labor der TU Ilmenau

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