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Messen und Prüfen | Elektrotechnik

Infrarotkameras für Thermografiemessungen - Kostenüberblick für betriebsinterne und -externe Messungen

ep2/2008, 3 Seiten

Durch neuartige Infrarotkamera-Konzepte und drastische Einsparungen bei der Kameratechnik sind einfache Geräte in den letzten Jahren relativ stark im Preis gesunken. Dies veranlasst viele Betriebe darüber nachzudenken, ob sich eine eigene Infrarotkamera rechnet. Oft wird bei diesen Überlegungen jedoch nicht berücksichtigt, dass mit einer preiswerten Infrarotkamera nur eingeschränkte Messungen möglich sind. Außerdem stellen die Versicherer zur Anerkennung solcher Überprüfungen einige Anforderungen an Technik und Messpersonal, wodurch weitere Kosten entstehen.


Entwicklung der Infrarotkamera-Technik Seitdem Infrarotkamera-Systeme hergestellt werden, sind sie sehr kostenintensiv. Ab dem Jahr 1955 werden bildgebende kommerzielle Geräte verwendet, in denen unterschiedliche Detektoren zum Einsatz kommen. Die Firma AGA baute 1960 z. B. die erste transportable Infrarotkamera mit einem Gewicht von 43 kg. Scannerkameras. Besonders unter dem Einfluss des Militärs, ist die Infrarotkamera-Technik mit der Zeit immer kleiner und leistungsfähiger geworden. Bis 1996 produzierten die Hersteller überwiegend Scannerkameras, die im kurzwelligen Infrarotbereich (3 - 5 m) arbeiten. Die dabei verwendeten Detektoren wurden entweder mit Hilfe von flüssigem Stickstoff (- 196 °C), thermoelektrischer Kühlung (Peltier-Kühler bis -110 °C bei mehrstufigem Aufbau) oder einer Kältemaschine (mit Helium gefüllter Stirling-Kühler bis -196 °C) gekühlt. Aufgrund relativ hoher Entwicklungskosten, der Verwendung hochwertiger Materialien, dem Einsatz vieler feinmechanischer Bauteile und der Produktion geringer Stückzahlen sanken die Preise jedoch viele Jahrzehnte nicht. Mikrobolometerkameras. Inzwischen werden seit 1996 auch ungekühlte Mikrobolometerkameras hergestellt, in denen nur wenige bewegte Teile enthalten sind. Anders als die Scannerkameras arbeiten Mikrobolometerkameras mit Wellenlängen im langwelligen Infrarotbereich (7 - 13 m). Für die meisten Messaufgaben hat der Wellenlängenbereich zwar nur eine untergeordneten Bedeutung, doch die physikalischen Gesetzmäßigkeiten müssen bei beiden Systemen berücksichtigt werden. Außerdem gibt es zum Beispiel auch spezielle Messungen, die nur durchgeführt werden können, wenn dafür entweder eine kurzwellige oder langwellige Infrarotkamera bzw. eine besonders schnelle Kamera zur Verfügung steht. Somit haben beide Systeme auch heute noch ihre Berechtigung. Preisentwicklung durch Mikrobolometer-Technik Durch Anwendung der neuen Mikrobolometer-Technik ist es erstmals gelungen, den Preis der Kameras zu senken. Als Ergebnis aus den Forschungen in diesem Technologoiebereich wurden vor ungefähr drei Jahren neben den qualitativ sehr hochwertigen Infrarotkameras, die weiterhin relativ preisintensiv sind, auch kostengünstigere Modelle entwickelt. Um diese billigeren Geräte bauen zu können, wurde immer mehr eingespart und vereinfacht. Unter der Reduzierung von allem, was nicht unbedingt benötigt wird, sowie dem Einbau einfacher, unempfindlicher Detektoren leiden in erster Linie die Qualität, die Empfindlichkeit, die Messgenauigkeit, die Reproduzierbarkeit und die Auflösung der Geräte. Man muss immer unterscheiden, was mit dem Einsatz der Kamera ereicht werden soll. Die einfachen und kostengünstigen Geräte eignen sich für den gelegentlichen Einsatz oder für die Kontrolle von Messdaten. Zum Lösen komplexer Messaufgaben sind diese Infrarotgeräte jedoch nicht geeignet. Technik für ausreichend genaue Infrarotmessungen Um reproduzierbare Infrarotbilder mit hohen Messgenauigkeiten und kleinen Messflecken zu erhalten, müssen trotz der angebotenen kostengünstigen Kameras Kosten ab etwa 10000 Euro veranschlagt werden. Erst in diesem Preissegment sind Infrarotkameras verfügbar, die solides Arbeiten ermöglichen. Aufgrund der kleinen Bildpunktanzahl, der Elektropraktiker, Berlin 62 (2008) 2 141 Infrarotkameras für Thermografiemessungen Kostenüberblick für betriebsinterne und -externe Messungen S. Krüll, Tabarz Durch neuartige Infrarotkamera-Konzepte und drastische Einsparungen bei der Kameratechnik sind einfache Geräte in den letzten Jahren relativ stark im Preis gesunken. Dies veranlasst viele Betriebe darüber nachzudenken, ob sich eine eigene Infrarotkamera rechnet. Oft wird bei diesen Überlegungen jedoch nicht berücksichtigt, dass mit einer preiswerten Infrarotkamera nur eingeschränkte Messungen möglich sind. Außerdem stellen die Versicherer zur Anerkennung solcher Überprüfungen einige Anforderungen an Technik und Messpersonal, wodurch weitere Kosten entstehen. Autor Dipl.-Ing. Sönke Krüll ist Geschäftsführer der Industrie Thermografie Krüll, Tabarz. schlechten geometrischen Auflösung (IFOV - Instantaneous Field Of View) und der verwendeten kleinen optischen Linsen sind die preisgünstigeren Geräte nicht in der Lage, beispielsweise Kabel mit kleinem Querschnitt sicher zu erfassen und richtig zu messen. Für viele Messaufgaben ist es wichtig, verschiedene Infrarotobjektive zu verwenden. In der Regel ist dies nur mit teureren Geräten möglich. Hierbei ist aber zu bedenken, dass ein Infrarotobjektiv oftmals den Kamera-Kaufpreis übersteigt, da spezielle Materialien eingesetzt werden müssen. Die Linsen der Objektive können physikalisch bedingt nicht aus Glas hergestellt werden, da Glas für die Infrarotstrahlung nicht durchlässig ist. Demnach können nur spezielle Linsen aus geeigneten Materialien (z. B. Silizium, Saphir, Germanium usw.) Verwendung finden, was den Preis doch relativ stark in die Höhe treibt. Daher kostet auch in der jetzigen Zeit z. B. ein einzelnes Teleobjektiv mit einem Linsendurchmesser von 15 cm mehr als 10000 Euro. Weil dieses teure Linsenmaterial auch in den Kameras im untersten Preissegment verwendet werden muss, kommen darin möglichst kleine Linsen zum Einsatz, um so Kosten einzusparen. Der Linsendurchmesser einer teuren Kamera ist oft viermal so groß, wie der einer billigen. Die Empfindlichkeit des Billiggeräts, die vergleichbar mit der Lichtempfindlichkeit einer Fotokamera ist, sinkt dadurch drastisch. Das heißt, je größer der Objektivdurchmesser ist, desto lichtempfindlicher ist die Kamera. Um professionelle Infrarotmessungen durchführen zu können, muss auf Profigeräte zurückgegriffen werden, mit denen der Einsatz von Filter, Blenden oder unterschiedlichen Objektiven möglich ist. Profigeräte bieten zudem eine hohe Messgenauigkeit, ein kleines IFOV (Bild ) und sind auch für Messungen unter rauheren Bedingungen konzipiert. Es ist jedoch davon auszugehen, dass diese Geräte ab 30000 Euro zu erwerben sind. Mit einigen Objektiven ist es jedoch kein Problem, mehr als 60000 Euro auszugeben. Doch auch der Bundesverband für Angewandte Thermografie (VATh) empfiehlt für qualitativ hochwertige Messungen nur solche Geräte. Qualifizierung des Messpersonals Jede Infrarotmessung ist eine berührungslose Messung, bei der Grundlagen der Strahlungsphysik, wie Messentfernung oder Emissions-und Reflektionseigenschaften der zu messenden Oberflächen, genau so beachtet werden müssen, wie die fachgerechte Handhabung und Bedienung der Kameratechnik. Auch die spätere Auswertung der Messdaten ist nicht unproblematisch. Da diese Voraussetzungen durch den Einsatz der billigen Geräte seitens ungeschulter Anwender meist nicht mehr gegeben sind, besteht der Verband der Sachversicherer (VdS) bei der mit den Messaufgaben beauftragten Personen auf eine Qualifizierung und Zertifizierung. Denn leider kam es immer wieder vor, dass die Kombination, bestehend aus unqualifiziertem Personal und preisgünstiger Infrarotkamera-Technik, zu gravierenden Falschmessungen geführt hat. Bunte Bilder erhält der Auftraggeber in jedem Fall, doch ob die Aufgabenstellung damit erfüllt wird, bleibt mehr als fraglich. Sicherheitsrelevante Messungen von unqualifiziertem Personal mit ungeeigneter Kameratechnik durchführen zu lassen, ist fahrlässig. Bei zertifiziertem Personal kann in der Regel ein hoher Fachwissensstand vorausgesetzt werden. Aus diesem Grund gibt es seit einigen Jahren eine Zertifizierung in drei Stufen gemäß DIN EN 473 [1]. Dabei ist Stufe 1 die niedrigste Qualifizierungsstufe. Bei selbstständig tätigen Messingenieuren oder Betriebsmitarbeitern, die mit diesen Aufgaben beauftragt werden, sollte eine Zerifizierung nach Stufe 2 vorhanden sein. Erst ab dieser Stufe sind die Personen zum selbständigen Arbeiten berechtigt. Sie ist also Grundlage für eine seriöse Auftragsabwicklung mit hoher Fachkompetenz. 4.1 Die drei Qualifizierungsstufen nach DIN EN 473 [1] Stufe 1. Eine für Stufe 1 zertifizierte Person hat die Fähigkeit nachgewiesen, thermografische Messungen nach einer Prüfanweisung unter Aufsicht von Personal auszuführen, das höher zertifiziert ist (Stufe-2- oder 3-Personal). Stufe-1-Personal ist innerhalb des auf dem Zertifikat festgelegten Aufgabenbereichs autorisiert und wird in der Regel bei Gruppenarbeit oder in der Fertigung eingesetzt. Stufe 2. Eine für Stufe 2 zertifizierte Person hat die Fähigkeit nachgewiesen, thermografische Messungen nach aufgestellten oder allgemein anerkannten Verfahrensweisen durchzuführen und zu überwachen. Das Stufe-2-Personal ist innerhalb des auf dem Zertifikat festgelegten Aufgabenbereichs autorisiert, insbesondere Prüfanweisungen für sektorspezifische Anwendungen zu erstellen. Es sind fünf Anwendungsbereiche, auf dem Zertifikat als Sektoren bezeichnet, vorgesehen: · Aktive Thermografie (Materialprüfungen auf Trennungen und Einschlüsse), · Bauthermografie, · Industriethermografie, · Elektrothermografie sowie · Sondermessungen. Stufe 3. Eine für Stufe 3 zertifizierte Person hat die Fähigkeit nachgewiesen, jede Tätigkeit auszuüben und zu leiten, für die sie zertifiziert ist. Eine in der Stufe 3 zertifizierte Person darf Prüfungsanweisungen und Verfahrensbeschreibungen aufstellen und alle Aufgaben der Stufe 1 und Stufe 2 übernehmen und über- Elektropraktiker, Berlin 62 (2008) 2 142 FÜR DIE PRAXIS Messen und Prüfen Heißstellen an Leitungen mit geringem Querschnitt (Pfeile), die mit billigen Infrarotkameras kaum erkennbar gewesen wären wachen. Eine Stufe-3-Person ist als Prüfungsaufsicht autorisiert und kann die Qualifizierungsprüfungen im Auftrag der Zertifizierungsgesellschaft abnehmen. Weitere Kriterien der Zertifizierungsstufen 1, 2 und 3 sind in der DIN 54162 [2] enthalten, die alle Zertifizierungen in Deutschland regelt. Möchte eine Person z. B. eine Stufe-2-Zertifizierung ablegen, muss zuvor eine Stufe-1-Zertifizierung durchgeführt werden. Nachdem diese Prüfung bestanden ist, kann nach einer vorgeschriebenen Praxiszeit die Stufe-2-Zertifizierung erworben werden. Die Zertifizierungsstufen beinhaltet einen fünftägigen Lehrgang mit anschließender Prüfung. Für jede Zertifizierungsstufe müssen Kosten von rund 2200 Euro veranschlagt werden (Hotel-, Fahrtkosten, Arbeitsausfall usw. nicht eingerechnet). Die Zertifizierung nach Stufe 3 weicht von den anderen Zertifizierungen ab, da sie in einen fünf Tage dauernden Objektkunde-Teil und einen viertägigen Basic-Teil unterteilt ist. Die Kosten liegen hier bei rund 4000 Euro (Hotel-, Fahrtkosten, Arbeitsausfall usw. nicht eingerechnet). Jede Zertifizierung nach [1] besitzt eine Gültigkeitsdauer von fünf Jahren. Nach Ablauf dieser Zeit ist eine Rezertifizierung notwendig, die weitere Kosten verursacht. Wie bereits erwähnt, werden für die Untersuchung von Elektroanlagen seitens der deutschen Versicherungswirtschaft besondere, weitergehende Anforderungen an Prüfpersonal und Ausrüstung gestellt, was in der Zertifizierung als VdS-anerkannter Sachverständiger für Elektrothermografie zum Ausdruck kommt. 4.2 VdS-anerkannte Sachverständige Folgende Grundvoraussetzungen muss ein VdS-anerkannter Sachverständiger für Elektrothermografie erfüllen: · Ausbildung als Geselle, Meister, Techniker oder Ingenieur im Fach Elektrotechnik; · für Ingenieure anderer technischer Fachrichtungen ist der Nachweis als Elektrofachkraft nach DIN VDE 1000-10 [3], Abs. 4.2, zu erbringen; · mindestens Stufe-1-Zertifikat gemäß [1]; · mindestens einjährige Berufspraxis; · Einsatz der geeigneten IR-Kameratechnik; · Bescheinigung einer ausreichenden Sehfähigkeit gemäß [1], Abs. 6.3. Auch die Zertifizierung zum Sachverständigen für Elektrothermografie (IT 2 Elektro) oder dem VdS-anerkannten Sachverständigen für Elektrothermografie beinhaltet einen fünftägigen Lehrgang mit anschließender Prüfung. Die Kosten für jede der beiden Zertifizierungen betragen etwa 3000 Euro (Kosten für Hotel, Fahrt, Arbeitsausfall usw. nicht eingerechnet). Außerdem ist auch hier eine Rezertifizierung nach fünf bzw. vier Jahren notwendig, um die Gültigkeit weiter zu erhalten. Dabei entstehen natürlich ebenfalls Rezertifizierungskosten. Werden Elektroanlagen entsprechend den Forderungen der Brandschutzversicherungen untersucht, so schreibt der VdS eine jährliche Kalibrierung der Kameratechnik vor, was erneut Kosten von etwa 1500 Euro im Jahr (abhängig von der Kameratechnik und der Anzahl der Objektive) hervorruft. Fazit Oftmals stehen nicht genug betriebsinterne Arbeitskräfte zur Verfügung, um anstehende Arbeiten termingerecht abzuarbeiten. Wenn sie sich zusätzlich noch mit der Thermografiemessung von Elektroanlagen, der notwendigen Auswertung und den Berichten für die Versicherungen beschäftigen, bleibt noch mehr Arbeit liegen oder eine weitere Person muss eingestellt werden. Dies bedeutet aber auch wieder Kosten von rund 60000 Euro pro Person und Jahr. Renommierte Ingenieurbüros verfügen über umfangreiches Wissen und viele Erfahrungen sowie meist auch über mehrere hochwertige Infrarotsysteme. Somit kann für die unterschiedlichsten Aufgaben die optimale Kameratechnik gewählt werden - ein großer Vorteil externer Dienstleister. Alle genannten Kosten muss man dem Dienstleistungssatz eines externen Ingenieurbüros gegenüberstellen, will man die Überprüfungen im eigenen Hause durchführen. Die reinen Kamerakosten sind dabei nur ein Teil des finanziellen Aufwands. Personal-, Schulungs-, Zertifizierungs- und Kalibrierungskosten sind mindestens genau so hoch wie die Gerätekosten. Zudem ist man mit einem Billiggerät in den Messaufgaben sehr eingeschränkt. Es ist also davon auszugehen, dass ein turnusmäßiger Dienstleistungseinkauf in den überwiegenden Fällen kostengünstiger sein wird. Die Versicherungswirtschaft fordert, in erster Linie im eigenen Interesse, die Überprüfungen der Elektroanlagen zum vorbeugenden Brandschutz durch ein externes, qualifiziertes und zertifiziertes Ingenieurbüro. Unter diesen Gegebenheiten werden oft Preisnachlässe bei den Versicherungspolicen gewährt, da die Brandrisiken durch die Infrarotmessungen erheblich reduziert werden. Nicht zuletzt wird durch die turnusmäßigen Überprüfungen auch die Verfügbarkeit der Energieversorgung für die eigene Produktion erhöht und somit die Stillstandszeiten reduziert. Die Begutachtung der Elektroanlagen durch betriebsinternes Personal akzeptiert die Versicherung in der Regel nicht. Literatur [1] DIN EN 473:2006-01 Zerstörungsfreie Prüfung - Qualifizierung und Zertifizierung von Personal der zerstörungsfreien Prüfung - Allgemeine Grundlagen. [2] DIN 54162:2006-09 Zerstörungsfreie Prüfung - Qualifizierung und Zertifizierung von Personal für die thermografische Prüfung - Allgemeine und spezielle Grundlagen für Stufe 1, 2 und 3. [3] DIN VDE 1000-10 (VDE 1000-10):2006-09 Anforderungen an die im Bereich der Elektrotechnik tätigen Personen. Elektropraktiker, Berlin 62 (2008) 2 143

Autor
  • S. Krüll
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