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Gebäudesystemtechnik

Funklösungen für die Hausautomation - Teil 1: ZigBee - Standard mit vielen Möglichkeiten

ep1/2008, 2 Seiten

Die im Bereich der Haus- und Gebäudeautomation tätige Elektrofachkraft wird gegenwärtig mit einer Fülle von Produkten der verschiedensten Hersteller konfrontiert. Funklösungen erfreuen sich dabei in letzter Zeit besonderer Beliebtheit. Um bei der Vielfalt des Angebotes an Produkten die Übersicht nicht zu verlieren, ist die Kenntnis grundlegender Technologien und Standards unumgänglich.


Historie Seit einigen Jahren haben sich Chiphersteller, Softwarefirmen, Entwickler und Lieferanten von Automatisierungstechnik unter dem Label Zig Bee zu einem Verbund zusammengeschlossen (www.zigbee.org). Derzeit gehören der Zig Bee-Allianz fast 250 Firmen an. Ziel der Zusammenarbeit ist die Entwicklung und Vermarktung von Funklösungen für die Haus- und Gebäudeautomation, die Industrieautomation und die Medizin. Dabei ist unübersehbar, dass der Heimbereich (Bild ) durchaus ein Schwerpunkt bei den anvisierten Einsatzbereichen darstellt. Die Anfänge von Zig Bee lassen sich auf das von Philips im Jahre 1998 vorgestellte Funksystem Home RF zurückverfolgen. Dieser Ansatz ist danach unter verschiedenen Bezeichnungen, mit anderen Partnern weiter entwickelt worden. Seit dem Jahre 2002 erfolgt diese Entwicklung unter dem Label Zig Bee. Der Begriff Zig Bee ist aus den Flugbewegungen der Honigbienen abgeleitet, mit denen diese Artgenossen den Weg zu den Nahrungsquellen weisen. Es handelt sich also um einen reinen Marketingbegriff. Wichtige Merkmale Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass mit Bluetooth und WLAN bereits ausgereifte drahtlose Vernetzungslösungen mit einer erheblichen Marktdurchdringung existieren, stellt sich die Frage nach den besonderen Merkmalen von Zig Bee. Von diesen Lösungen unterscheidet sich Zig Bee insbesondere bezüglich der Kosten pro Knoten und des Energieverbrauches der Knoten. Ein geringer Energieverbrauch ist speziell für Sensorik-Knoten ein wichtiges Kriterium, um möglichst hohe Standzeiten für die eingesetzten Batterien zu erreichen. Andererseits benötigt man für den vorgesehenen Einsatzbereich vergleichsweise geringe Übertragungsraten, was wiederum kostengünstige Lösungen bei den dafür benötigten HF-Chips ermöglicht. Zig Bee und IEEE 802.15.4 Zig Bee gehört wie Bluetooth zu den Wireless Personal Area Networks (WPAN). Im Unterschied zu den Wireless Lokal Area Networks (WLAN) wird hierbei von zu überbrückenden Entfernungen ausgegangen, die etwa eine Größenordnung kleiner sind. Der Standard IEEE 802.15.4 definiert ein drahtloses Netzwerk (WPAN), das vor allem auf einen geringen Energieverbrauch der Knoten optimiert ist. Die im Standard IEEE 802.15.4 getroffenen Festlegungen beschränken sich jedoch auf die Bitübertragungsschicht (Schicht 1 im OSI-Modell) und die untere Subschicht (MAC-Schicht) der Sicherungsschicht (Schicht 2 im OSI-Modell). Die seitens des Zig Bee-Verbundes getroffenen Festlegungen beziehen sich auf die - im Sinne des OSI-Modells - darüber liegenden Schichten. Schichtenmodell. Das Zig Bee-Schichtenmodell ist sehr modular aufgebaut. Es weist neben der vom OSI-Modell bekannten horizontalen Gliederung noch eine vertikale Gliederung innerhalb der Schichten auf. Dieser Aufbau gestattet zwar im konkreten Fall eine gute Skalierbarkeit, aber das bedingt auch viele Schnittstellen. Die daraus resultierenden vielfältigen Optionen beeinträchtigen letztlich die Interoperabilität [1, 2]. Im Allgemeinen wird der durch diese Vorgehensweise bedingte erhebliche Beschreibungsaufwand kritisch angemerkt. Um sich einen ersten Überblick zu verschaffen, genügt die Betrachtung eines stark vereinfachten Zig Bee-Schichtenmodelles (Bild ) [3, 4, 5]: · Die Bitübertragung und der Kanalzugriff basieren auf den Festlegungen der IEEE 802.15.4. Dieser Teil wird im Prinzip durch die Chiphersteller als Hardware gefertigt. Die Realisierung der Logical-Link-Control (LLC) Layer ist bei Zig-Bee optional. · Der Zig Bee-Network-Layer dient der Bereitstellung der Ende zu Ende Kommunikation. Ein Routing über mehrere Zwischenknoten ist ggf. möglich. Die Funktion dieser Schicht ist mit der Netzwerkschicht (Schicht 3) des OSI-Modells bzw. der Internetschicht des TCP/IP-Protokollstapels vergleichbar. Elektropraktiker, Berlin 62 (2008) 1 BETRIEBSFÜHRUNG Funklösungen für die Hausautomation Teil 1: Zig Bee - Standard mit vielen Möglichkeiten Die im Bereich der Haus- und Gebäudeautomation tätige Elektrofachkraft wird gegenwärtig mit einer Fülle von Produkten der verschiedensten Hersteller konfrontiert. Funklösungen erfreuen sich dabei in letzter Zeit besonderer Beliebtheit. Um bei der Vielfalt des Angebotes an Produkten die Übersicht nicht zu verlieren, ist die Kenntnis grundlegender Technologien und Standards1) unumgänglich. MEISTERWISSEN 1) Der Beitrag wurde im Wesentlichen auf der Basis einer Auswertung der angegebenen Quellen erarbeitet. Gerätetyp aus Anwendungsperspektive logischer Gerätetyp gemäß Zig Bee Gerätetyp gemäß IEEE 802.15.4 z. B. Bewegungsmelder z. B. Lichtschalter Zig Bee Coordinator Zig Bee Router Zig Bee End Device FFD Full Function Device RFD Reduced Function Device Zig Bee - Anwendungsbereiche im Heimbereich aus der Sicht eines Chipherstellers Quelle: www.ti.com Application Layer Zigbee Profiles - Building Automation - Industrial Control - ... Network Layer Physical Layer Logical Link Control (optional) Media Access Control Zigbee IEEE 802.15.4 Stark vereinfachtes Zig Bee-Schichtenmodell (in Anlehnung an [4] und [5]) Gerätetypen und Zuordnung (in Anlehnung an [4] und [5]) · Der Zig Bee-Applications-Layer umfasst die OSI-Schichten 4-7. Hier sind die Anwendungen angesiedelt. Die Beschreibung derselben erfolgt durch so genannte Anwendungsprofile. Wobei neben standardisierten Zig Bee-Anwendungsprofilen (z. B. für die Hausautomation) auch kundenspezifische Profile zulässig sind. Im Bereich der Anwendungsschicht ist die Weiterentwicklung und Ausgestaltung des Zig Bee-Standards noch in vollem Gange. Gerätetypen und Netztopologie. Im Standard IEEE 802.15.4 werden zwei Gerätetypen unterschieden (Bild ): · Full Functions Device (FFD) und · Reduced Functions Device (RFD). Aus den Bezeichnungen wird deutlich, dass die Unterscheidung der Geräte anhand des realisierbaren Funktionsumfanges erfolgt. Geräte mit reduziertem Funktionsumfang sind lediglich in der Lage mit dem ihnen jeweils zugeordneten Vollfunktionsgerät zu kommunizieren. Vollfunktionsgeräte realisieren den gesamten Funktionsumfang und können daher für verschiedene Aufgaben im Netz eingesetzt werden. Aus der Sicht der zu realisierenden Funktionen wird bei Zig Bee unterschieden zwischen: · Endgeräten · Routern und · Koordinatoren. Geräte mit reduziertem Funktionsumfang (RFD) können nur als Endgeräte eingesetzt werden. Vollfunktionsgeräte können alle genannten Funktionen übernehmen. Die typische Topologie (Bild ) eines Zigbee-Netzes ist der Stern. Ein Gerät übernimmt die Funktion des Koordinators. Ausschließlich über dieses Gerät erfolgt die gesamte Kommunikation. Darüber hinaus sind Baumstrukturen möglich, bei denen ggf. auch alternative Übertragungswege (Masche ?) zum Koordinatorknoten konfiguriert werden können. Aber auch hier übernimmt ein Gerät - und nur ein Gerät - die Rolle des Koordinators. Inwiefern bei Ausfall dieses Gerätes ein anderes Vollfunktionsgerät dessen Funktion mit übernimmt, ist derzeit nicht eindeutig geklärt. Adressierung. Für die Adressierung gibt es zwei Modi - die direkte und die indirekte Adressierung. Bei der direkten Adressierung kann eine 64-Bit-große Adresse genutzt werden. Die indirekte Adressierung wird durch den Koordinator übernommen und erfolgt automatisch. Hierfür steht eine 16-Bit-große Adresse zur Verfügung. Damit sollen rund 4000 Geräte adressierbar sein. Die anderen „Adressen“ sind offenbar für Sicherungs- und Verwaltungsfunktionen reserviert. Neben der Adressierung der Geräte auf der Ebene der Netzwerkschicht, gibt es innerhalb der Anwendungsschicht einen Mechanismus zur Adressierung von Anwendungen. Hier besteht eine gewisse Parallele zur Adressierung von Prozessen mittels der Ports auf der Transportschicht beim TCP/IP-Protokollstapel. Übertragungsraten und Kanalzugriff Gemäß IEEE 802.15.4 können für Zig Bee verschiedene frei verfügbare Frequenzen genutzt werden. Die Unterschiede bei den erreichbaren Übertragungsraten (Tafel ) sind zwar erheblich, aber unter Berücksichtigung des beabsichtigten Verwendungszweckes wohl eher unbedeutend. Für den Kanalzugriff findet stochastisches Zugriffsverfahren (CSMA/CA) Verwendung. Dieses Verfahren unterscheidet sich vor allem durch die Vorgehensweise bei der Kollisionsvermeidung/-behandlung vom bekannten CSMA/CD-Verfahren des Ethernets. Darüber hinaus sind Algorithmen implementiert, · die den Energieverbrauch der Knoten minimieren und · bei Bedarf einzelnen Knoten Zeitbereiche zuweisen, die diesen ausschließlich zur Verfügung stehen. Zur Senkung des Energieverbrauches werden die Knoten abwechselnd in einen „Schlaf- bzw. Wachzustand“ versetzt (Bild ). Die Koordination dieser Phasen wird durch ein spezielles Signal des Koordinators erreicht. Dieser einmal vorgegebene Rhythmus erlaubt es die „Wachphase“ wiederum in zwei Phasen zu unterteilen. In der einen Phase erfolgt der Kanalzugriff nach dem CSMA/ CD-Verfahren und in der anderen Phase stehen vereinbarte Zeitbereiche zur ausschließlichen Nutzung einzelner Knoten zur Verfügung. Es kann wahlweise mit oder ohne Empfangsbestätigung gearbeitet werden. Bei Zig Bee wird von Sendeleistungen im Bereich von 0,5 mW bis etwa 10 mW und einer Reichweite in Gebäuden von bis zu 100 m ausgegangen. Schlussbemerkungen Mit Zig Bee vollzieht sich derzeit eine sehr interessante Entwicklung, die der Verbreitung funkbasierter Automatisierungslösungen in der Hausautomation neue Impulse verleihen wird. Für diese Vermutung spricht nicht zuletzt die Tatsache, dass die Chip-Preise inzwischen bei niedrigen einstelligen Euro-Beträgen angekommen sind. Damit ergeben sich u. U. völlig neue Anwendungsbereiche. Auch wenn die Informationen zu dieser Technik noch recht lückenhaft und teilweise auch widersprüchlich sind, mit einigem Wissen um das OSI-Modell und den TCP/IP-Protokollstapel lassen sich die wichtigsten Grundzusammenhänge verständlich machen. Literatur [1] Sikora, A.: Short-Range Wireless Networking mit IEEE802.15.4 und Zig Bee; Möglichkeiten und Herausforderungen. Design & Elektronik Entwicklerforum München 06/2004. [2] Sikora, A.: Funkvernetzung - einfach und zuverlässig; Zig Bee: Netzwerk- und Anwendungsschicht. Elektronik Wireless 10/2004. [3] Latuske, R.: Zig Bee - Protokollsoftware und Entwicklungsumgebung. Pdf-Datei vom Sept. 2004 (www.ars2000.com). [4] Latuske, R.: Bluetooth, Zig Bee und IrDA; Vergleich und Industrieanwendung. Pdf-Datei ohne Datum (www.ars2000.com). [5] Drahtlose Kommunikationssysteme und ihre Sicherheitsaspekte. Pdf-Datei des BSI (www.bsi.de). [6] www.wikipedia.de/zigbee [7] www.zigbee.org [8] www.ti.com/zigbee H. Möbus Elektropraktiker, Berlin 62 (2008) 1 45 BETRIEBSFÜHRUNG E E E E K E R R E E E E E E K - Koordinator R - Router E - Endgerät Stern Baum Topologien und Gerätetypen ((Zeichnung)) a) Stern; b) Baum „Wachphase“ „Schlafphase“ CSMA/CA fest zugeteilte Zeitabschnitte Verschiedene Phasen des Kanalzugriffs Tafel Frequenzen und Übertragungsraten Frequenz Anzahl Datenrate Verbreitung Kanäle kBit/s 2,4 - 2,4835 GHz 16 250 weltweit 902 - 928 MHz 10 40 Amerika und Asien 868 - 868,6 MHZ 1 20 Europa

Autor
  • H. Möbus
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