Energietechnik/-Anwendungen
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Elektrotechnik
Elektrische Systemlösungen für die Haustechnik 2000
ep6/1999, 4 Seiten
Niedrigenergiehaus wird Standard Die Energieeinsparverordnung (EnEV) wird die Anforderungen an den baulichen Wärmeschutz um ca. 30 Prozent erhöhen. Durch die Zusammenfassung der Wärmeschutzverordung mit der Heizungsanlagenverordnung zur EnEV wird bereits deutlich, daß zukünftig Gebäude und haustechnische Anlagen wie Heizung, Lüftung und Warmwasser als integrale Einheit betrachtet werden. Setzt man die Anforderungen der einzelnen Wärmeschutzverordnungen ins Verhältnis, wird deutlich, wie stark der Jahres-Heizwärmebedarf bereits gesunken ist und weiter sinken wird (Bild ). Grundlage dieser drastischen Senkung des Heizenergiebedarfs ist eine bessere Wärmedämmung. Sie verringert die Transmissionswärmeverluste, die durch Wärmeleitung über die Gebäudehülle abgegeben werden. Zu diesen Verlusten kommen Lüftungswärmeverluste hinzu. Da gut gedämmte Gebäude ohnehin einen erhöhten Lüftungsbedarf haben, ist bereits der Ansatz zu intergierten Systemen gegeben. Durch die ständige Verbesserung der Wärmedämmung steigt die Bedeutung und der relative Anteil des Lüftungswärmeverlustes am Gesamt-Heizenergiebedarf. Durch Einsatz der Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung werden diese Lüftungswärmeverluste als „hausinterne Wärmequelle“ nutzbar gemacht. Dieser integrale Ansatz der Haustechnik wird noch erweitert, wenn die Warmwasserbereitung ebenfalls in den Kreislauf von Heizung und Lüftung mit einbezogen wird. Der Hauptanteil der Jahresheizenergie liegt zwar immer bei der Raumwärmeversorgung, der Investitionsaufwand für die Warmwasserbereitung ist jedoch gemessen am Jahres-Heizenergiebedarf relativ hoch. Das erhöht den Anteil der Warmwasserbereitung an den Gesamtkosten und somit auch die Notwendigkeit, Einsparungen durch integrierte Planung zu erreichen. Bei optimaler Abstimmung von Wärmeverlustminderung und Wärmerückgewinnung steht als Ergebnis das Niedrigenergiehaus (NEH). Das gibt zwar einen Quasi-Standard hinsichtlich der Energiebilanz vor, setzt aber kein einheitliches Raster für die Realisierung dieser Anforderungen. Klassische Heizungsanlagen werden in Deutschland überwiegend mit gas- bzw. ölgefeuerten Niederdruckkessel-Anlagen realisert. Die Brennwerttechnik kam als energetisch sinnvolle Lösung in den letzen Jahren hinzu. Beim Niedrigenergiehaus stellt sich nun auch die Frage, welche Primärenergie die wirtschaftlichsten Lösungen liefert. Rechtzeitiges Erscheinen sichert gute Plätze Elektrische Systeme - früher in der Regel die reine Elektroinstallation - werden erfahrungsgemäß erst spät in die Planungs-und Realisierungsphase behandelt. Der Beratungs- und Orientierungsbedarf beim Bauherren ist jedoch etwa ein halbes Jahr vor Baubeginn am größten. Hier werden bereits die Weichen für den Einsatz der späteren Systeme gestellt. Gerade beim Niedrigenergiehaus ist ein Systemwechsel in der Heizungstechnik durchaus realistisch. Je günstiger das Verhältnis von Wärmeverlusten und Fremdwärmezufuhr in einem Gebäude wird und so die Leistung einer Heizungsanlage geringer ausfallen kann, desto mehr fallen Bereitsstellungsaufwendungen ins Gewicht. So ist es vorstellbar, daß sich die Verlegung eines Gasanschlusses gar nicht mehr lohnt und auch die kleinste gas- bzw. ölgefeuerte Heizanlage überdimensioniert ist. Daß dies durchaus im Bereich des Möglichen liegt, zeigt auch die Entwicklung der Brennstoffzellen-Technologie (siehe ep 4/99, S. 334), die aus Gas Wärme und elektrische Energie gewinnt. Der Gasanschluß übernimmt die Stromversorgung und gleicht so Wirtschaftlichkeitsverluste wieder aus. Der Trend zur integrierten Haustechnik wird also auch versorgungsseitig bereits vorgegeben. Um die Möglichkeiten integrierter elektrischer Haustechniksysteme in die Entscheidungsphase zu bringen, spielen neben dem bereits erwähnten Zeitpunkt der Beratung natürlich die Inhalte eine Rolle. Daß es hier an Argumentationshilfen nicht fehlt, wird im folgenden deutlich. Vier Anlagenbeispiele im Vergleich Es braucht einen starken Anreiz, um sich für etwas Neues zu entscheiden. Das beste Argument ist heute immer noch der geldwerte Vorteil. Auch wenn Umweltbewußtsein und Innovationsfreudigkeit wichtige Verkaufsargumente sind, so zählt meist am Ende doch nur was unter dem Strich steht. Im Kontext Niedrigenergiehaus/Jahreswärmebedarf steht hier das Verhältnis von erhöhten Baukosten versus Energiekosteneinsparung im Mittelpunkt. Die Hauptbera-Haustechnik Elektropraktiker, Berlin 53 (1999) 6 546 Elektrische Systemlösungen für die Haustechnik 2000 R. Lüders, Berlin Auch wenn die geplante Energieeinsparverordnung 2000 (EnEV) noch nicht in ihrer gesetzlich verbindlichen Form vorliegt, gibt es doch eindeutige Richtwerte dafür, wohin die Reise geht. Der Energiebedarf eines Gebäudes wird in Zukunft drastisch abnehmen. Neue Lösungen für den wirtschaftlichen Betrieb der Haustechnik sind daher gefragt. Elektrische Systemlösungen haben gute Chancen hier eine wesentliche Rolle zu spielen. Roland Lüders ist Redakteur der Fachzeitschrift Elektropraktiker, Berlin Autor 160 kWh/m2a 120 100 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1/m3 1,2 Jahresheizwärmebedarf Verhältnis Außenfläche/Volumen 152,2 100 Wärmeschutzverordnung 1984 Energieeinsparverordnung 2000 Wärmeschutzverordnung 1995 Reduzierung des Jahresheizwärmebedarfs seit 1984 tungsstelle für Elektrizitätsanwendung (HEA) hat vier Systemlösungen konzipiert, die wirtschaftlich interessante Ergebnisse liefern. Als Vergleichssystem wurde eine Niedertemperatur-Heizanlageineinem Modellhaus gewählt. Die genauen Daten sind in Tafel zusammengestellt. Dieser Anlage wurden vier Systemlösungen mit verschiedensten Kombinationen elektrischer Komponenten für Heizung, Lüftung und Warmwasseraufbereitung gegenübergestellt. Systemlösung A Mit einer monovalenten Erdreich-Wärmepumpe mit Erdreich-Wärmesonde oder Erdwärmekollektoren wird die Wärme für eine Niedertemperaturheizung bereitgestellt. Die Lüftung wurde als zentrale Wohnungslüftung mit zentraler Zuluft oder zentraler Abluft realisiert. Die Warmwasserbereitung erfolgt über ein dezentrales System. Bild zeigt das Funktionsschema der Systemlösung. Systemlösung B Herzstück dieser Variante ist eine zentrale Wohnungslüftungsanlage mit zentraler Zuluft und zentraler Abluft. Die Anlage nutzt die Wärmerückgewinnung aus der Abluft über einen Wärmetauscher und ist mit einer Abluft-Wärmepumpe ausgestattet. Dieses System deckt den Lüftungswärmebedarf und einen Teil des Transmissionswärmebedarfs. Die Wohnungslüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung übernimmt die Grundlastheizung, während die Speicherheizung als Ergänzung an Tagen mit niedrigen Außentemperaturen arbeitet. Eine Zentralheizungsanlage ist wegen der geringen restlichen Bedarfsdeckung (10 - 20%) nicht mehr sinnvoll. Die Warmwasserbereitung wird durch den Einsatz elektronischer Durchlauferhitzer und Kleinspeicher übernommen (Bild ). Systemlösung C Diese Lösung baut auf eine Kombination von dezentralem Speicherheizgerät mit Lüftungsgerät, das die Wärme über einen Wärmetauscher zurückgewinnt. Lüftung und Ergänzungsheizung werden in diesem Fall dezentral raumweise ausgeführt. Die Warmwasserbereitung erfolgt ebenfalls dezentral (Bild ). Haustechnik Elektropraktiker, Berlin 53 (1999) 6 548 Systemlösung A Systemlösung B Systemlösung C Systemlösung D Tafel Angaben zum Vergleichssystem Modellhaus Einfamilienhaus mit drei Personen Wärmeschutz nach EnEV Wohnfläche = 140 m2 Nutzfläche nach WSVO 95 = 179,2 m2 Norm-Gebäude-Heizlast = 4,9 kW Jahresheizwärmebedarf = 10500 kWh/a Energiebedarf Warmwasser = 1200 kWh/a Anlage Moderne Niedertemperatur-Heizanlage (gas- oder ölgefeuert) Pumpen-Warmwasser-Zentralheizung mit Heizkörpern und mit integrierter Trinkwassererwärmung (Speicher im Heizkreis) Zentrale Warmwasserversorgung Lüftungstechnische Mindestausstattung: mechanische Abluftanlage mit dezentralem Nachströmen der Zuluft Systemlösung D Diese technisch umfangreichste Lösung stellt eine Art Kompromiß dar: ein integriertes System aus Lüftung, Wärmerückgewinnung, Zentralheizung und Warmwasserbereitung. Es handelt sich hierbei um ein zentrales Lüftungsgerät mit zentraler Abluftanlage und einen Gaskessel als Zusatzheizung. Die Anlage nutzt die Wärmerückgewinnung aus der Abluft sowie Wärme aus dem Abgas über den Verdampfer einer eingebauten Wärmepumpe. Das System liefert die Wärme an ein zentrales Heizungssystem. Ein integrierter Warmwasserspeicher wird ebenfalls von der Abluft der Wärmepumpe bzw. vom Gaskessel versorgt (Bild ). Die Zuluft wird durch spezielle dezentrale Zuluftventile herangeführt. Die Systemlösungen im Vergleich Ein Vergleich der vier Systemlösungen mit der Referenzanlage zeigt deutlich die Vorteile der integrierten elektrischen Haustechnik (Tafel ). Es sind die relativen Kennziffern hinsichtlich Energiebedarf, CO2-Emission, Investititons-, Betriebs- und Gesamtkosten gegenübergestellt. Die Vorteile der Systemlösungen liegen eindeutig bei den geringen Energie- und Betriebskosten. Die höheren Investitionskosten gegenüber der Referenzanlage könnten durchaus geringer ausfallen. Fördermittel und Bonuszahlungen, die im Zusammenhang mit der EnEV diskutiert werden, sind bei der Berechnung nicht berücksichtigt worden [1]. Ausblick Insgesamt zeigt sich, daß die Zukunft der Haustechnik von integrierten Systemen beherrscht sein wird. Die Heizungsanlage im NEH muß nur noch 10 bis 50% der Wärmeverluste des Gebäudes ausgleichen. Die HEA rechnet mit ca. 20 Prozent Marktanteil elektrischer Systemlösungen in der integralen Haustechnik. Wie bereits erwähnt, ist hier ein Wertewechsel nötig. Die Vermarktung elektrischer Komponenten muß in Zukunft früher ansetzen. Literatur [1] Plate, J.; Sperling, L.: Energieeinsparverordnung 2000. HLH Heizung, Klima/Lüftung, Haustechnik3/99 Haustechnik Energiebedarf CO2-Emision Investition Betriebskosten Gesamtkosten Lösung A 26 % 67 % 120 % 80 % 102 % Lösung B 24 % 63 % 115 % 89 % 107 % Lösung C 43 % 118 % 95 % 85 % 90 % Lösung D 52 % 79 % 117 % 101 % 108 % Referenzsystem - gasgefeuert 100 % 100 % 100 % 100 % 100 % - ölgefeuert 102 % 136 % 108 % 85 % 98 % mit Gas-Brennwertkessel 88 % 88 % 108 % 93 % 102 % Tafel Die Systemlösungen im Vergleich
Autor
- R. Lüders
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