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Messen und Prüfen | Geschichte | Elektrotechnik

Elektrische Messtechnik im Wandel der Zeit

ep10/2007, 3 Seiten

Es war ein weiter Weg von den Anfängen der Elektrostatik über Edisons elektrotechnische Industrialisierung und die ersten Sicherheitsvorschriften für elektrische Starkstromanlagen bis hin zum heutigen IT-Zeitalter. Mit den Fortschritten der Technik und im Normenwesen einher ging die Entwicklung der Messtechnik.


Am Anfang stand die Elektrostatik Die Elektrizitätslehre entwickelte sich aus der Elektrostatik, d. h. aus der Lehre der ruhenden elektrischen Ladungen. Gewisse Erscheinungen der Elektrostatik waren schon im Altertum bekannt: So wussten z. B. die alten Griechen bereits, dass Bernstein (griechisch = Elektron) leichte Gegenstände anzog, nachdem man ihn mit einem Wolltuch gerieben hatte. Vom griechischen Wort für Bernstein hat dieses physikalische Teilgebiet auch seinen Namen. An technische Anwendungen dachte lange niemand. Versuche zur Elektrizität blieben in der Öffentlichkeit interessante Kuriosa und wurden allenfalls in Vorträgen von wissenschaftlichen Akademien zur Belustigung des Publikums vorgeführt. Bereits im Jahr 577 v. Chr. wurden die ersten Erfahrungen mit den elektrostatischen Eigenschaften des Bernsteins beschrieben. In den darauf folgenden Jahrhunderten machte die Menschheit hinsichtlich der Elektrizität viele verschiedene Erfahrungen. Beispiele sind die Naturschauspiele des Blitzes während eines Gewitters oder die Wirkungen des Magnetismus, um nur zwei zu nennen. Im Jahr 1600 kennt William Gilbert wesentliche Unterschiede zwischen elektrischen und magnetischen Erscheinungen. Er weiß, dass außer Bernstein auch andere Stoffe wie Glas, Wachs und Schwefel durch Reiben elektrisiert werden können. 1749 regt Benjamin Franklin schließlich die Bezeichnungen „positiv“ und „negativ“ für die Elektrizität an. 1778 führt Georg Christoph Lichtenberg die beiden „Elektrizitätsarten“ „positive“ und „negative“ Elektrizität ein. Erst im Jahr 1800 erfindet Alessandro Volta die „Volta'sche Säule“, die als Vorläuferin heutiger Batterien im 19. Jahrhundert eine große Bedeutung als Stromquelle hatte. Im Jahr 1879 entwickelte Thomas A. Edison (Bild ) eine Glühlampe mit einem Glühfaden aus Kohlenstoff, die 45 Stunden leuchtete. Gleichzeitig legte er die Grundlagen der Elektrizitätsversorgung mit Stromerzeugung, Stromverteilung und Kundenanlagen. 16 Jahre später - 1895 in Eisenach am Fuße der Wartburg - wurden die ersten Sicherheitsvorschriften für elektrische Starkstromanlagen in Deutschland einstimmig beschlossen. Als eine der ersten Prüfungen sahen die Sicherheitsvorschriften die Isolationsmessung vor. Sie wurde bereits im Jahre 1911 in Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 10 Messen und Prüfen FÜR DIE PRAXIS Autor Thomas Buchner ist Mitarbeiter der Fa. Fluke, Glottertal. Elektrische Messtechnik im Wandel der Zeit Th. Buchner, Glottertal Es war ein weiter Weg von den Anfängen der Elektrostatik über Edisons elektrotechnische Industrialisierung und die ersten Sicherheitsvorschriften für elektrische Starkstromanlagen bis hin zum heutigen IT-Zeitalter. Mit den Fortschritten der Technik und im Normenwesen einher ging die Entwicklung der Messtechnik (Bild ). Messgeräte - damals und heute EP1007-901-905 20.09.2007 8:14 Uhr Seite 901 Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 10 902 FÜR DIE PRAXIS Messen und Prüfen der Reichsversicherungsordnung erwähnt und ist eine der ältesten Messungen gemäß VDE. Auch heute ist die wichtige Isolationsmessung ein fester Bestandteil der Normen und quasi der Inbegriff der „Dichtigkeitsprüfung“ von elektrischen Anlagen. Denn bereits ab einer Verlustleistung von etwa 60 W zwischen den aktiven Leitern können Brände entstehen. Solche Verlustleistungen treten z. B. in schadhaften Leitungen auf, deren Isolationswiderstand etwas kleiner als 800 ist. Bis aber die passenden Messgeräte erhältlich waren, hatte die Technik eine Reihe von Entwicklungsstufen zu durchlaufen. Entwicklung der Messtechnik Die Suche in den Archiven nach Messgeräten, die aus der Zeit unserer Urväter stammen, fördert Geräte zu Tage, die aus heutiger Sicht recht abenteuerlich anmuten. Eines der ersten Stromstärkenmessgeräte (Galvanometer), über das Bildmaterial gefunden werden konnte, stammt aus der Zeit vor der deutschen Revolution Mitte des 19. Jahrhunderts (Bild ). Es kam zunächst in der Telegraphentechnik zum Einsatz. Physikalisch wurde die Abweichung einer Magnetnadel durch den elektrischen Strom ausgenutzt. Zu Beginn einer Messung musste die waagerecht angebrachte Magnetnadel so justiert werden, dass der magnetische Nordpol (Spitze der Magnetnadel) mit der Nullstellung der Messskala übereinstimmte. Während der nächsten 100 Jahre durchlief die Elektrotechnik viele weitere Epochen der technischen Erfindungen und Neuentwicklungen, wie die folgenden Bilder noch zeigen werden. 60 Jahre nach dem obigen Galvanometer muten das Amperemeter (Bild ) und das Voltmeter (Bild ) aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts noch immer archaisch an - und das nicht nur, weil es noch keinen mechanischen Berührungsschutz der elektrischen Anschlüsse gab. Weiterentwicklungen dieser Geräte sind die in Bild gezeigte Stromzange aus den 1950er-Jahren und das in Bild darstellte Voltmeter aus dem Jahr 1938. In den Anfängen der Messungen nach VDE wurde die Isolationsmessung nicht mit batteriebetriebenen Messgeräten durchgeführt, sondern mit handangetriebenen Kurbelinduktoren (Bild a und b). Solche Geräte sind zum Teil bis heute im Einsatz. Der Vorteil liegt auf der Hand: Der Prüfer ist autark von jeglicher Stromquelle und benötigt keine Batterien. Er hat zudem im Vergleich zu batteriebetriebenen Geräten (1 mA) einen höheren Prüfstrom (ca. 6-10 mA) zur Verfügung In den 1970er Jahren hielten Halbleiterbauelemente Einzug in die Messtechnik. In den 1980er und 1990er Jahren kamen verstärkt Thomas A. Edison (1847-1931) Galvanometer (ca. 1840-1845) Amperemeter (ca. 1913) Voltmeter (ca. 1913) Stromzange (ca. 1955-1960) Voltmeter (1938) Handangetriebene Kurbelinduktoren (ca. 1935-1965) a) b) EP1007-901-905 20.09.2007 8:14 Uhr Seite 902 Messgeräte auf den Markt, die mehrere Funktionen in einem einzigen Gerät vereinten. Es begann die Zeit der mikroprozessorengesteuerten Messeinheiten. Gegen Ende der 1980er Jahre wurden die ersten Messgeräte für VDE-Prüfungen mit Datenspeicherfunktion angeboten. Es hat sich also nicht nur die Normenwelt weiter entwickelt, sondern natürlich auch die Anforderungen an die Messtechnik. Gleichzeitig mit dem Wandel der Technik und der Normen wuchsen auch die Sicherheitsanforderungen an die Messgeräte. So sind die Geräte in ihren Bedienfunktionen erheblich sicherer geworden. Der in Bild gezeigte Installationstester war eines der ersten Messgeräte mit einem eingebauten Drucker und integriertem Speicher. Hiermit ließen sich Abnahmeprotokolle bereits vor Ort beim Kunden ausdrucken oder Protokolle später über eine Software generieren. Folgende Messfunktionen waren ausführbar: Isolationsmessung, Niederohmmessung, Schleifenwiderstandsmessung, FI/RCD-Prüfungen und Erdungswiderstandsmessungen. Diese Geräte waren zwar schon recht gut durchdacht, aber vor allem noch relativ groß und schwer. Heute gibt es leistungsstarke Messgeräte für Prüfungen nach VDE, die klein, handlich, leicht und leistungsstark sind. Beispielweise verfügt das in Bild gezeigte Messgerät über einen internen Speicher auf zwei Ebenen und kann wahlweise über eine optische Infrarot-Schnittstelle, ein RS232-Interface- oder einen USB-Port ausgelesen werden. Fazit Im Rückblick kann festgestellt werden, dass sich die Messtechnik gerade in den letzten Jahrzehnten rasant entwickelt hat. Aus unhandlichen Apparaturen in schweren Holzkisten sind leichte und leistungsstarke Messgeräte entstanden, die zahlreiche Prüfroutinen beinhalten. Bei alledem darf aber eines nicht vergessen werden: Zu den Zielen der Messtechnik gehört es, die Sicherheit der Stromkunden zu gewährleisten und unter allen Umständen einen möglichen Brand zu vermeiden. Ist dies erreicht, so ist bereits viel gewonnen. Die verschiedenen DIN-VDE-Normen helfen dabei, das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 10 Unfall durch Elektrizität und eine wundersame Heilung Im Jahr 1879 berichtete die Zeitschrift für angewandte Elektrizitätslehre: „Im Reichtagsgebäude zu Berlin fand am 4. November abends die Probe der neu eingerichteten elektrischen Erleuchtung statt. Es waren im Ganzen acht Flammen in Tätigkeit gesetzt.“ Folgende Geschichte im Zusammenhang mit diesem Ereignis ging in die Chronik ein: „Ein bemerkenswerter Vorgang trug sich im Reichstaggebäude zu, kurz nachdem die Anlage in Betrieb gesetzt war. Ein Angestellter wollte einigen Herren erklären, wie die Lampen arbeiten. Zu diesem Zweck hatte er eine von den Laternen heruntergelassen, die an Aufziehvorrichtungen hingen. Dabei war er unvorsichtig, berührte bei geöffnetem Stromkreise beide Pole und fiel in Folge des Schlages zu Boden. Einer der umstehenden Herren machte den Vorschlag, den in den Körper eingedrungenen Strom unschädlich in die Erde abzuleiten. Der Verunglückte wurde sofort in den Garten geschafft, wo beide Hände in den Erdboden gesteckt wurden. Dort lag der Elektrisierte, bis er sich erholt hatte.“ Installationstester mit integriertem Drucker (1993) Multifunktions-Installationstester (2003) EP1007-901-905 20.09.2007 8:15 Uhr Seite 903

Autor
  • T. Buchner
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