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Netzwerktechnik | Elektrotechnik

Einsatz von Ethernet in der Gebäudeautomation

ep6/2002, 5 Seiten

Ethernet ist heute der weltweite Standard in der Daten- und Netzwerktechnik. Innerhalb eines Gebäudes kommunizieren Rechner und Rechnernetze auf Basis des Ethernet-Protokolls. Durch den Einsatz des Ethernet in der Gebäudeautomation lassen sich Datennetze ohne Schnittstellen mit der Gebäudetechnik verbinden – und dies auch weltweit über das Internet. Im Folgenden werden erste Anwendungen vorgestellt.


Global und gewerkeübergreifend Die IT-Welt über das Ethernet bis in die Sensor- und Aktorebene der Gebäudetechnik einzubinden bringt folgende Vorteile: · viele Gewerke werden über eine einheitliche Kommunaiktionssprache mit einander verbunden · Kostenersparnis durch wegfallende Schnittstellen · keine Einschränkungen der Performance durch Wechsel von verschiedenen Kommunikationsebenen · einfachere Planung und Installation · schneller Zugriff (auch weltweit) auf alle Komponenten im Netzwerk. Bisher gab es trotz der wesentlichen Vorteile keine nennenswerten Anstrengungen von Herstellerseite, Sensoren und Aktoren, die auf dem Ethernet-Standard kommunizieren, zu entwickeln. Vor allem in der Industrieautomation war hingegen einiges an Initiative in diese Richtung zu erkennen. Mit dem TOPNET-System hat jedoch nun die Fa. Wago, Minden, ein Automatisierungskonzept, das auf Ethernet basiert, entwickelt und auf den Markt gebracht. Gewerkeübergreifende Planung vereinfacht Mit dem System TOPNET ergeben sich für Planer, Systemintegratoren und Anwender neue Möglichkeiten in der globalen, gewerkeübergreifenden Gebäudeautomation. TOPNET verfolgt das Ziel, die Gebäudeautomation direkt mit der IT-Welt zu verbinden. Durch die Einhaltung der aus der IT-Welt bekannten Standards ist eine einfache Anbindung einer programmierbaren und modular aufgebauten Steuerung an vorhandene lokale und globale Netze (LAN, Internet) möglich. Visualisierung, Fernwartung und weitere IT-Dienste sind damit global nutzbar. Das System bietet dafür drei aufeinander abgestimmte Komponenten: · Ethernet TCP/IP Controller · Software · Schulungsangebot. Die Verfügbarkeit von Daten jederzeit und überall ist Voraussetzung für dezentrale, intelligente Automation. Die Bustechnik hat hierfür Entscheidendes geleistet. Inzwischen ist mehr gefordert, als perfekte, in sich geschlossene Systeme. Die Anforderungen der IT-Welt nach grenzenloser Kommunikation treffen mehr und mehr auch auf die Gebäudetechnik zu. Ethernet, die universelle Datenautobahn aus der Computertechnik, erfüllt auch die spezifischen Belange der Gebäudeautomation. Ob Visualisierung auf der Workstation des Systemintegrators während der Inbetriebnahme oder der Wartung, ob Alarmmeldungen der Heizung via SMS oder Fax - mit Ethernet besteht global an beliebiger Stelle direkter Zugriff auf alle benötigten Daten (Bild ). Das TOPNET-Hardwarekonzept Seit 1985 hat man bei der Fa. Wago die Trennung von Verdrahtungs- und Funktionsebene mit steckbaren Bausteinen auf Bustechnik Elektropraktiker, Berlin 56 (2002) 6 Einsatz von Ethernet in der Gebäudeautomation M. Witzsch, Minden Ethernet ist heute der weltweite Standard in der Daten- und Netzwerktechnik. Innerhalb eines Gebäudes kommunizieren Rechner und Rechnernetze auf Basis des Ethernet-Protokolls. Durch den Einsatz des Ethernet in der Gebäudeautomation lassen sich Datennetze ohne Schnittstellen mit der Gebäudetechnik verbinden - und dies auch weltweit über das Internet. Im Folgenden werden erste Anwendungen vorgestellt. Diplom Physiker Martin Witzsch arbeitet als Technischer Redakteur bei der Wago Kontakttechnik Gmb H, Minden. Autor Parametrierung und Visualisierung gebäudetechnischer Funktionen von jedem PC ohne Schnittstellen direkt über Ethernet Reihenklemmen eingeführt. 1995 ging man dann mit dem kleinsten modularen feldbusunabhängigen I/O-System auf den Markt. Seit 1999 bietet Wago das System auch im Bereich der halbdezentralen Gebäudeautomation auf Basis von LON an. Nun kam in diesem Jahr die Erweiterung auf Ethernet mit dem Einsatz einer universellen Programmier-Umgebung nach IEC 61131-3. Der Programmierbare Ethernet Controller ist mit 1-, 2- und 4-polige Funktionen in einer Busklemme gekoppelt. Das System gewährleistet eine höchstmögliche Betriebssicherheit durch rüttelsichere, schnelle und wartungsfreie Verbindungstechnik. Es sind Kombinationen digitaler/analoger Ein- und Ausgänge mit verschiedenen Potentialen, Leistungen und Signalen an einem Feldbusknoten möglich. Auf einem Knoten sind bis zu 256 digitale oder bis zu 128 analoge Datenpunkte verfügbar. Die einzelnen Bausteine lassen sich schnell werkzeuglos aus dem Verband lösen bzw. ersetzen. In einem intelligenten Netzwerk muss nicht jeder Sensor und Aktor zwangsläufig über eigene teure Intelligenz verfügen. TOPNET ist deshalb halbdezentral konzipiert. Große Objekte verfügen über einzelne Unterverteilungen, die zum Beispiel einzelne Stockwerke, Flure oder Hallen versorgen. Dort sitzen TOPNET-Controller als Schnittstelle von der Standardverdrahtung zur Bustechnik (Bild ). Sind die Räume sehr aufwendig ausgestattet - bei technischen Büros ist dies oft der Fall - kann auch jedem Raum ein eigener Feldbuscontroller zugeordnet und beispielsweise im Zwischenboden oder in der Zwischendecke platziert werden. Ein Controller verarbeitet bis zu 256 digitale oder bis zu 128 analoge Datenpunkte, die innerhalb dieses Rahmens beliebig kombinierbar sind. Angeschlossene Komponenten, wie Schalter oder Leuchten müssen nicht busfähig sein. Die Nutzung konventionell verdrahteter Installationsgeräte reduziert die Kosten des Gesamtsystems weiter. Programmierbarer Ethernet Controller Der Schlüssel für komplexe und zeitkritische Applikationen ist der über IEC 61131-3 frei programmierbare Ethernet Controller. Er ist die Basis zur Realisierung anwendungsgerechter Funktionen in der Gebäudeautomation. Der Prozessdatenaustausch findet mit Hilfe des MODBUS/TCP-Protokolles statt. Der Programmierer kann den Controller über interne Socket-API Clients und Server für alle Transportprotokolle (TCP, UDP, usw.) mit Funktionsbausteinen programmieren. Er hat Zugriff auf alle Ethernet-und E/A- Daten. Funktionsblöcke lassen sich frei und gezielt kombinieren für die Anwendung. Es lassen sich digitale und analoge E/A mit verschiedenen Potenzialen, Leistungen, Mess-Signalen und Sonderfunktionen in einem Feldbusknoten integrieren. Durch die feine Granularität von ein, zwei oder vier Datenpunkten pro Klemme, wird nur soviel Hardware installiert wie unbedingt notwendig. Folgende Klemmen stehen zur Verfügung: - Digitale Eingänge - Sonderklemmen (Einspeiseklemmen, Zähler und weitere Funktionen) - Digitale Ausgänge - Analoge Eingänge - Analoge Ausgänge. Programmierwerkzeug Mit dem IEC 61131-3 konformen Programmierwerkzeug „WAGO PRO 32“ lassen sich für den programmierbaren Ethernet Controller die gewünschten Applikationen realisieren. Die Verbindung zwischen dem Ethernet-Netzwerk und dem erstellten Programm erfolgt in der IEC 61131-3 Applikation. Dabei besteht die Möglichkeit HTML-Seiten zu implementieren und E-mails zu versenden. Die freie Programmierung von komplexen und zeitkritischen Applikationen ist in verschiedenen Sprachen möglich. Zur Verfügung stehen die grafischen Editoren FUP, CFC, KOP und AS sowie die Texteditoren AWL und ST. Einmal erstellte Applikationen sind auf allen programmierbaren Feldbuscontrollern der Serie 750 von Wago lauffähig. Aus einer Bibliothek können zahlreiche vorprogrammierte Funktionsblöcke für die verschiedensten Bereiche der Gebäudeautomation und der Kommunikation im Netzwerk ausgewählt werden. Dazu gehören unter anderem Jalousiesteuerungen, Lichtsteuerungen und Regelungen, Funktionen aus dem Bereich HLK und weitere generische Bausteine. Die Möglichkeit der Wiederverwendung von Funktionsblöcken spart Zeit und senkt somit Kosten. Von den Einzelkomponenten zum Netzwerk Beim Aufbau einer weltweiten Kommunikation von der ganz gewöhnlichen Installationskomponente einer elektrischen Anlage aus geht des TOPLON-System folgende Schritte: · Auswahl der Sensorik und Aktorik sowie der zugehörigen Busklemmen · Zusammenstellung eines Knotens sowie Verdrahtung der Sensorik und Aktorik · Erstellung der Applikationen für Einzelräume oder zusammengefasste Achsen · Einbindung des interoperablen TOP-NET Knotens in das Ethernet TCP/ IP · Internetdienste unterstützen die Liegenschaftsverwaltung und Fernwartung von beliebigen Standorten aus · Inbetriebnahme der Einzelräume und Achsen zu einer etagenweiten Lösung · Ergänzung um gebäudeweite Zentralfunktionen ergeben die Gesamtlösung · Anbindung an den Server ermöglicht den Fernzugriff Erste Anwendungen realisiert In zwei Projekten wurde TOPNET durch die Fa. Comsys Bärtsch, Pfäffikon/Schweiz, eingesetzt (Bild ). Gemeinsam mit der IWB Generalunternehmung AG wurden das Bauvorhaben „HUOB III“ und das Bürogebäude „Churerstraße“ in Pfäffikon am Zürichsee realisiert. Beide Projekte sind Verwaltungsgebäude mit gehobener technischer Ausstattung. In beiden Projekten basiert die Gebäudeleittechnik auf Ethernet. Das Konzept ähnelt einem PROFIBUS-Netz. Die Etagen-SPS wurden durch Switche (3com Super Stack 3) in Kombination mit Feldbusknoten als Etagen-Controller ersetzt. Die weiteren dezentralen I/O-Knoten in den Böden und Zwischendecken sind ebenfalls mit Ethernet-Controllern ausgestattet. In den fünf Stockwerken von „HUOB III“, wurden insgesamt 75 Controller installiert. In jedem Stockwerk waren dies jeweils zehn in Böden und Decken sowie ein übergeordneter Etagen-Controller. Die restlichen Geräte dienen der Regelung von Heizung, Klima und Lüftung. Die große Zahl hat ihren Grund in der ausgefeilten Technik des Gebäudes. So dienen zur Raumklimatisierung spezielle Kühldecken mit einem Wasserkreislauf. Diese Art der Kühlung ist sehr wirtschaftlich aber auch anfällig gegen Schwitzwasser. Deshalb wird in jedem Raum die Temperatur und relative Luftfeuchte erfasst. Aus diesen lässt sich der Taupunkt, d.h. die Temperatur, ab der mit Schwitzwasser gerechnet werden muss, errechnen und gegebenenfalls die Temperatur erhöhen. Bustechnik Elektropraktiker, Berlin 56 (2002) 6 488 Halbdezentrale Lösungen im Zweckbau (Busknoten in Unterverteilungen, Fußböden, Decken oder Wänden) senken die Kosten für die Gebäudeautomation Der Taupunkt kann durch menschliche Faktoren schlagartig steigen, wenn z. B. zu Arbeitsbeginn viele feuchte Schirme und Regenmäntel in die Abteilungen gebracht werden. Hier erweist sich der Prozessor im Ethernet-Controller als besonders hilfreich. Für 50 Taupunkt-Berechnungen braucht er nur 30 ms. Eine klassische SPS, die nicht für Fließkomma-Berechungen ausgelegt ist, kann für eine Berechnung gut 150 ms benötigen. Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit zur Querkommunikation zwischen den Knoten. Hierfür wurden Bodencontroller (Bild ) entwickelt, die neben schaltbaren Steckdosen auch die Heizkörperventile steuern. Sie erhalten die Temperaturwerte direkt von den Deckencontrollern (Bild ), an die die Temperatursensoren angeschlossen sind. Dezentrale Intelligenz in der Zwischendecke Die kleinen Controller-Knoten in Decken und Wänden minimieren die Verkabelung mit Netzspannung. Sie dient einzig der Energieversorgung und ist entsprechend einfach gehalten. Besondere Installationsverdrahtungen, die bei großen Projekten leicht unübersichtlich werden, etwa verzweigte Eltako-Schaltungen, werden nicht benötigt. Dies erleichterte auch die Planung des Elektroinstallations-Konzeptes. Die übersichtliche Gestaltung hilft Verdrahtungsfehler zu vermeiden. Bustechnik Elektropraktiker, Berlin 56 (2002) 6 489 Einbindung der Gebäudeautomation inklusive Gebäudeleittechnik in das Ethernet im Bauvorhaben „HUOB III“ im schweizerischen Pfäffikon Das Konzept sieht eine weitestgehend dezentrale Steuerung lokaler Funktionen vor, die dadurch auch bei einem Ausfall übergeordneter Komponenten weiterhin zur Verfügung stehen. Die Verbindung der einzelnen Knoten übernehmen die erwähnten Switche. In den Büros kann die Arbeit weitergehen. Bei besonders wichtigen Funktionen besteht Redundanz durch alternative Wege. So bleibt bei einem Serverausfall Kontakt zur Außenwelt über einen ISDN Router bestehen. Schlägt in so einem Fall ein Kondensationsmelder Alarm, kann der zugehörige Knoten in der Zwischendecke direkt über den Router eine E-Mail an den Haustechniker absetzen. Ethernet leistungsfähiger als Bussysteme Ein weiterer Vorteil der Switche ist, dass selbst bei weit verzweigten Anlagen keine Loops auftreten können, die das Netz lahm legen. Die Netzstruktur ist dem hohen Datenverkehr gewachsen. Das Projekt „HUOB III“ verkraftet bis zu 2700 messages (jede mit bis zu 256 Worten) pro Sekunde. Trotz dieser Leistungsfähigkeit ist das Konzept überschaubar. Die Boden-und Deckencontroller sind nahezu identisch aufgebaut. Nur die Zahl der Ein- und Ausgänge variiert nach Bedarf. Der Wunsch nach einem Ethernet-Netzwerk entstand bei den Planern der Fa. Bärtsch aus folgenden Gründen: „Einige dieser Anforderungen hätten wir auch mit weniger leistungsfähigen Protokollen, wie z. B. EIB oder LON erfüllen können. Diese sind jedoch nicht allen Aufgaben gewachsen. Die Kältemaschinen zum Beispiel, brauchen einen schnellen Bus. Im Notfall müssen sie innerhalb einer Sekunde vollständig heruntergefahren werden, sonst drohen irreparable Schäden. Natürlich kann man hierfür mit verschiedenen Netzen arbeiten, handelt sich aber damit riesige Probleme in der Fernwartung ein. Mit MODBUS TCP auf Basis Ethernet stehen hier alle Möglichkeiten offen, sogar viele Windows-Funktionalitäten. Das offeriert neue Möglichkeiten. Bei Servicearbeiten kann sich der Techniker mit dem Laptop an beliebiger Stelle in die Anlage einklinken und hat alle Daten zur Verfügung (Bild ). Fehlen ihm Informationen zu den angeschlossenen Geräten, kann er sich an Ort und Stelle sogar ins Internet einloggen und von der Homepage des Herstellers die neuesten Datenblätter downloaden. Darüber hinaus haben wir mehr Flexibilität hinsichtlich der vernetzten Arbeitsplätze gewonnen. Häufig kann in der Planungs-und Bauphase niemand vorhersagen, wie die einzelnen Räume im Detail genutzt werden. Steuertableaus für die Heizung lassen sich dann nicht sinnvoll platzieren. Mit Ethernet jedoch haben die späteren Nutzer den Zugriff auf ihren Bereich über den eigenen PC. Dafür genügt eine Verbindung der Gebäudeleittechnik und des Intranets des Unternehmens über eine Firewall und schon kann jeder sein Büro über einen passwortgeschützten Standardbrowser vom Schreibtisch aus steuern.“ Bustechnik Elektropraktiker, Berlin 56 (2002) 6 Bodencontroller für die Steuerung der Radiatorenventile und das Schalten von Steckdosen In der Kühldecke installiert: der Controller zur Steuerung von Raum temperatur, Raumfeuchte, Kühldeckenventil, Licht u.a. Der Zugriff auf die Kältemaschinen in „HUOB III“ kann von jedem PC oder Laptop innerhalb oder des außerhalb des Gebäudes quasi in Echtzeit erfolgen Weitere Fachinformationen und praxisnahe Präsentationen zum Thema Gebäudeautomation finden Sie auf der e/home 2002 - Das Intelligente Heim, Internationale Messe und Kongress, vom 29. bis 31. August 2002 in Berlin. Die Messe im Internet: www.ehome-berlin.de INFO Messe

Autor
  • M. Witzsch
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