Betriebsführung
Die schöne "ELENA" - mehr Aufwand oder Entlastung?
ep3/2010, 2 Seiten
Gesundheits-Check zum wiederholten Mal Gesundheitsprüfung - auch das ist längst noch kein durchgängiges Thema bei den Anbietern. Mehr als drei Viertel der aktuellen Tarife am Markt lassen eine Aufstockung der Summe, z. B. bei Ausbildungsabschluss, Hochzeit oder Geburt eines Kindes, anstandslos zu. Der Rest verlangt den Check zum wiederholten Mal. „Häufig ist es ja so, dass man vom Start weg bei der Berufsunfähigkeit zunächst nur eine BU-Rente von 1000 Euro hat“, fügt Lüschen hinzu. 1500 Euro sollten es gerade bei Selbstständigen nach Möglichkeit schon sein, das raten auch Verbraucherschützer. Bei einigen wenigen Gesellschaften kann man darüber hinaus vereinbaren, dass die Rente im Falle einer Berufsunfähigkeit jährlich um einen fest vereinbarten Prozentsatz steigt. „Sonst bekommt man nur die normalen Überschusserhöhungen, sofern die Gesellschaft welche erwirtschaftet“, erläutert Lüschen. Diesen Punkt - im Fachjargon Leistungsdynamik genannt - bietet von den aktuell abschließbaren Tarifen nach seinen Recherchen jedoch gerade mal etwa jeder zehnte an. Anzeigepflicht. Ein wichtiger Punkt, der bei Vertragsabschluss leider häufig untergeht, aber geregelt sein sollte: keine Anzeigepflicht bei einem späteren Wechsel in einen anderen bzw. auch gefährlicheren Beruf oder bei Aufnahme eines gefährlichen Hobbys. „Knapp die Hälfte Gesellschaften versichert den Betreffenden dann grundsätzlich ohne Wenn und Aber weiter“, so Lüschen. „Die andere Hälfte begutachtet den Kandidaten erneut und entscheidet dann, ob sie ihn weiter nimmt. Und wenn er dann vielleicht in der Zwischenzeit irgendein ,Zipperleiden' bekommen hat, ist er raus“, schildert der Versicherungsberater den Ablauf. Um sich keine Nachteile einzuhandeln, sollte man sich bei den komplexen BU-Policen etwa zwei Monate Zeit für das Einholen und die Bewertung der Angebote lassen, empfiehlt zudem Verbraucherschützer E. Schaarschmidt. C. Fritz Das neue Entgeltnachweis-System Das einschlägige Gesetz ist bereits seit Anfang des Jahres in Kraft. Wer die Entwicklung verfolgt hat, kennt noch den Vorläufer von ELENA, die „Job-Card“. Die Idee klingt zunächst gut. Arbeitgeber und Behörden sollen vom Ausfüllen und Bearbeiten zahlloser Formulare aus dem Sozialbereich entlastet werden. Durch eine automatisierte Bearbeitung will man zudem auch Zeit einsparen. Dieser Teil von ELENA wird allerdings erst voraussichtlich ab 2012 wirksam sowie auch dann erst für einige „handverlesene“ Formulare. Was aber schon jetzt gilt. Die Arbeitgeber müssen ihre Abrechnungsdaten für jeden Beschäftigten an eine zentrale Datensammelstelle übermitteln. Die Daten werden dort gesammelt und für Leistungsanträge ab 2012 bereitgehalten (Zeitplan - Tafel ). Die einzige Ausnahme Geringfügig Beschäftigte in Privathaushalten werden generell auf Vordrucken, dem so genannten Haushaltsscheck, gemeldet. Die so erhobenen Daten werden dann von der Minijobzentrale in die Datensammelstelle eingespeist. Verantwortlichkeit und Verfahrensweise Meldepflichtig ist der Arbeitgeber (Bild ). Genau wie die Meldungen zur Sozialversicherung ist für die Abrechnungsdaten die elektronische Übertragung vorgeschrieben. Zu übermitteln sind nahezu alle Daten aus der monatlichen Entgeltabrechnung und noch weitere ergänzende Angaben (IM ÜBERBLICK). Neben der monatlichen Übermittlung können auch im Laufe des Monats einzelne Meldungen erforderlich sein, etwa bei einer Kündigung, damit die Daten zeitnah von der zuständigen Behörde abgerufen werden können und der Antragsteller seine Sozialleistung erhalten kann. Zugelassene Abrechnungsprogramme von Vorteil Wer ein für die Datenübermittlung zugelassenes Abrechnungsprogramm verwendet, ist auf der sicheren Seite und hält die Mehrarbeit in Grenzen. Alle anderen haben ein Problem. Zwar ist das Programm sv.net, das von den gesetzlichen Krankenkassen für die Übermittlung von Meldungen und Beitragsnachweisen kostenfrei zur Verfügung gestellt wird, ab 2010 erweitert worden. Gleichwohl müssen zuvor alle Daten manuell in sv.net eingepflegt werden, bevor sie übermittelt werden können. Das ist ein Aufwand, der bei mehreren Mitarbeitern kaum zu leisten ist - vgl. dazu auch Informationen im Internet unter www.itsg.de/svnet_home.ITSG und Beitrag: „sv.net - Lösung für kleine und mittlere Betriebe“, ep Heft 11/2005, S. 876-877). Hinweis Der Arbeitgeber muss seine Beschäftigten mit der Lohnabrechnung über die Datenübermittlung an ELENA informieren. Dabei sind keine Details anzugeben, sondern nur die Tatsache Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 3 205 Die schöne „ELENA“ - mehr Aufwand oder Entlastung? Große EDV-Projekte sind zur Genüge bekannt, sei es die LKW-Maut oder die elektronische Gesundheitskarte - häufig mit holprigem Start und erheblichen Datenschutzproblemen, aber immer mit wohlfeilen Begründungen, die nicht so ganz der Realität entsprechen. So hat auch das neueste Produkt, der Elektronische Entgeltnachweis, so seine Tücken. BETRIEBSFÜHRUNG Verfahrensweise bei ELENA Tafel Zeitplan von ELENA Termine seit 1.1.2010 Abgabe der Daten auf elektronischem Weg, parallel können Angaben auf Vordrucken angefordert werden. ab 1.1.2012 verpflichtende Anwendung in der Praxis ab 1.1.2015 Einbindung möglichst aller Bescheinigungen im Sozialrecht Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 3 206 BETRIEBSFÜHRUNG der Übermittlung und der Anspruch auf Auskunft über die zur Person gespeicherten Daten. Zuordnungsschlüssel ist die Sozialversicherungsnummer (Rentenversicherungsnummer). Für Mitarbeiter, die nicht in der Sozialversicherung versichert sind, wie z. B. Beamte, wird eine Alternativnummer vergeben. Inhalt der Datenübermittlung Die zu übermittelnden Daten sind auf mehrere Datenbausteine verteilt. Bereits die auszugsweise Übersicht zeigt, welches Datenvolumen bei der zentralen Speicherstelle zusammengetragen wird (IM ÜBERBLICK). Heftige Kritik von Datenschützern gab es in den vergangenen Wochen, insbesondere was die Daten über Fehlzeiten anbetrifft. So soll der Arbeitgeber u. a. angeben, ob es sich um eine Fehlzeit aufgrund eines rechtmäßigen oder rechtswidrigen Arbeitskampfes handelt. Die Bundesregierung hat angekündigt, die zu übermittelnden Daten noch einmal überprüfen zu lassen und ggf. zu entschärfen. Gestärkt wird der Datenschutz dadurch, dass der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber nicht mehr informieren muss, wenn er eine Sozialleistung beantragt. Bisher erfährt dieser davon, weil er ja den entsprechenden Vordruck mit den notwendigen Entgeltangaben ausfüllen muss. Datenspeicherung ELENA ist im Rechenzentrum der Deutschen Rentenversicherung in Würzburg angesiedelt. Allerdings werden die Daten getrennt vom Bestand der Rentenversicherung gespeichert und nicht miteinander verknüpft. Die Wahl für den Speicherort ist auf die Rentenversicherung gefallen, da dort bereits langjährige Erfahrung im Umgang mit sensiblen Daten besteht. Neben den üblichen baulichen und technischen Sicherheitseinrichtungen werden die gespeicherten Daten pseudonomysiert - also ohne den dazugehörigen Namen gespeichert. Sollte trotz aller Sicherungsmaßnahmen ein Unbefugter Zugang zu den Daten erhalten, wäre eine Zuordnung zu einzelnen Personen wesentlich erschwert. Wie die Behörde an die Daten kommt Stellt ein Arbeitnehmer einen Antrag auf eine Sozialleistung, so bekommt er bisher einen Vordruck ausgehändigt, den er von seinem Arbeitgeber ausfüllen lassen muss. Aus diesen Eintragungen berechnet die Behörde dann die Leistung. Künftig soll es anders laufen. Der Antragsteller übergibt zusammen mit seinem Antrag seine qualifizierte Signatur an die Behörde, z. B. auf einer Chipkarte. Damit gibt er sein Einverständnis für den Datenabruf durch die Behörde. Der Sachbearbeiter übermittelt die Signatur des Antragstellers zusammen mit seiner eigenen als Behördenmitarbeiter an die zentrale Datensammelstelle und beantragt die Übermittlung der entsprechenden Daten. Die Speicherstelle prüft die Authentizität der Signaturen und überträgt die geforderten Daten verschlüsselt an die Behörde (Bild ). Digitale Signatur ist mit Kosten verbunden Bis zum Start des Abrufverfahrens 2012 müssen die potentiellen Antragsteller mit einer digitalen Signatur ausgestattet sein. Diese Signatur gibt es aber nicht zum Nulltarif. Die Bundesregierung ging bei der Gesetzesverabschiedung von Kosten in Höhe von 10 Euro für drei Jahre aus. Derzeit liegen die Kosten für eine digitale Signatur allerdings noch beträchtlich höher. Ob sich das durch die größere Nachfrage im Rahmen von ELENA tatsächlich ändern wird, muss man abwarten. Zwar sieht das Gesetz vor, dass in bestimmten Fällen die Kosten in angemessener Höhe von der Behörde erstattet werden können, für die Mehrzahl der Betroffenen wird das aber nicht gelten. Andererseits ist es nicht möglich, die beantragte Sozialleistung ohne Zustimmung zum Datenabruf durch die Behörde zu erhalten. Und für die Dokumentation der Zustimmung ist eben die Signatur erforderlich. Voraussetzung für die sinnvolle Nutzung ist die schnelle Verbreitung der elektronischen Signatur bei den beantragenden Arbeitnehmern. Vorteile für den Arbeitgeber Beginnen wird das Abrufverfahren mit den Formularen für Arbeitslosen-, Eltern- und Wohngeld. Bis 2015 sollen dann sukzessive etwa 50 weitere Vordrucke aus dem Sozialbereich in das Verfahren integriert werden. Bescheinigungen für Kranken- oder Verletztengeld sind nach bisherigem Stand davon ausgenommen. Bis zum Jahr 2015 bleiben aber noch genügend Formulare, die vom Arbeitgeber im Einzelfall ausgestellt werden müssen. Muss sich der Arbeitgeber bisher auf diverse unterschiedliche Formulare mit teilweise unterschiedlicher Bedeutung derselben Begrifflichkeit - z. B. derzeit unterschiedliche Auslegung des Begriffs Nettoentgelt - einstellen, entfällt das künftig. Die Fehlermöglichkeiten werden minimiert. Damit sinkt die Anzahl der späteren Rückfragen und letztlich auch das Risiko, wegen fehlerhafter Angaben von der Behörde in Regress genommen zu werden. Fordert sich die Behörde die Daten aus dem Pool an, liegt die Verantwortung für die richtige Auswertung und Interpretation allein bei ihr - vorausgesetzt der Arbeitgeber hat die zutreffenden Daten an die Speicherstelle übermittelt. Ein großer Schritt hin zum „gläsernen Bürger“ Ob das neue Verfahren die daran geknüpften Erwartungen wirklich erfüllt, wird die Zukunft zeigen. Eine Reihe von Unwägbarkeiten lassen Zweifel aufkommen. So ist die Frage erlaubt, ob die große Anzahl elektronischer Signaturen wirklich zeitnah und zu einem niedrigen Preis verfügbar sein werden. Zwar ist nach dem heutigen Stand gegen den Willen des Arbeitnehmers ein Abruf der Daten nicht möglich, allerdings ist sie Voraussetzung für die Gewährung der beantragten Leistung - von „Freiwilligkeit“ also keine Spur. Zudem zeigt die Erfahrung mit anderen Datensammlungen, dass solche stets den Appetit verschiedener Behörden, besonders der Finanzverwaltung, wecken. Es glaubt doch wohl niemand im Ernst daran, dass die Datensammlung dauerhaft vor den Zugriffen von Finanzämtern oder Ermittlungsbehörden verschlossen bleiben wird. Daher ist ELENA offensichtlich ein weiterer großer Schritt hin zum gläsernen Bürger. Die Proteste der Datenschützer werden ggf. das eine oder andere Datenfeld ein wenig entschärfen helfen - am Grundprinzip wird sich aber nichts ändern. J. Heidenreich IM ÜBERBLICK Auszug aus den Daten, die vom Arbeitgeber übermittelt werden · Grunddaten - wie z. B. Steuerklasse, Kinderfreibetrag, Berufsbezeichnung, Befristung der Beschäftigung, Beitragsgruppen, Arbeitszeit, Bruttoentgelt, Abzüge · Name, Geburtsdatum, Anschrift · Firmenangaben · von Firmenanschrift abweichender Beschäftigungsort · Fehlzeiten z. B. Beginn und Ende und Art der Fehlzeit · Kündigung/Entlassung - Ende des Arbeitsverhältnisses, Befristung, Verlängerung der Befristung, Kündigung/Entlassung, Kündigung durch wen, Art der Kündigung, Kündigungsfrist, Kündigungsschutzklage, Abmahnungen, Art des vertragswidrigen Verhaltens, Abfindungen usw. · steuerpflichtige Einmalbezüge · weitere steuerfreie Bezüge · Ausbildung/Praktikum - z. B. Ausbildungsverhältnis, Praktikum, Beginn und Ende der Ausbildung, Abschlussprüfung bestanden, Datum der Abschlussprüfung usw. · Zusatzdaten - z. B. Kurzarbeit, Fahrtkostenzuschüsse, Sonn- und Feiertagszuschläge, Zuschuss zum Mutterschaftsgeld, Abfindung, Arbeitgeberzuschüsse, Arbeitszeiten, Zeiten der Freistellung usw. · Nebeneinkommen von Arbeitslosen · Heimarbeit
Autor
- J. Heidenreich
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