Blitzblindleistung
Das zeigt ganz nebenbei schon, dass im Labor vergleichsweise (Vorsicht: Nicht wörtlich nehmen!) nur mit „Spielzeugblitzen“ von sehr viel geringerer Spannung gearbeitet wird, denn der Kondensator zur Erzeugung des Stromstoßes (Bilder 2 und 3) ist in wenigen Sekunden aufgeladen.
Um ihn mit 13,8 MWh aufzuladen, wäre ein 630-kVA-Transformator einen ganzen Tag lang voll ausgelastet. Berücksichtigt wurde bei der Rechnung nur der Norm-Zeitbereich, also derjenige, bis der Strom auf die Hälfte seines Scheitelwerts abgeklungen ist (hier 350 µs). Der „Auslauf“ des Blitzstroms wurde vernachlässigt.
Während die „Leerlaufspannung“ der Gewitterwolke als realistisch angesehen werden kann (siehe Anmerkungen in der Einleitung), ist die zweite Annahme weit von der Realität entfernt, denn natürlich bricht die Spannung sehr wohl ein – sonst dürfte man u. a. auch nicht von „Blitz-Entladung“ sprechen. Eine Quelle spricht auch ziemlich treffend von einem „Kurzschluss am Himmel“ [4].
Die Frage ist:
Wie schnell und um wie viel bricht die Spannung ein? Darüber kann man lange spekulieren. Nach der Vorstellung vom „Kurzschluss am Himmel“ ist sie praktisch sofort praktisch auf null.
Einige Experimente mit Microsoft Excel lassen es als praxisnah erscheinen, von folgender Berechnungsmethode auszugehen:

Darin ist:
u(t) die Spannung in Abhängigkeit von der Zeit,
i(t) der Strom in Abhängigkeit von der Zeit nach der Formel aus der Norm (Abschnitt „Genormte Blitzströme“),
Qkum(t) die bis zum Zeitpunkt t kumulierte Ladung (vgl. Bild 3),
û die angenommene anfängliche Spannung (hier û = 1 GV = 1 000 MV),
x1, x2 Korrektur-Parameter (hier x1 = x2 = ln(1 000) ≈ 6,91).
Dabei handelt es sich nun natürlich um eine auf Grund einer Hypothese „gebastelte“ Formel (die Formel aus der Norm ist auch „gebastelt“). Ihr liegen aber die Überlegungen zu Grunde, dass der Blitzkanal immer leitfähiger wird, bzw. die Lichtbogenspannung immer geringer wird,
je höher der fließende Strom und
je länger dieser Strom schon geflossen ist und Ionen hinterlassen hat.
Literatur
NEON: Unnützes Wissen 2021: 365 skurrile Fakten, die man nie mehr vergisst. Tages-Abreißkalender.
Deutsche Version des International Electrotechnical Vocabulary (Normenreihe IEC 60050, siehe www.electropedia.org), www2.dke.de/de/Online-Service/DKE-IEV/Seiten/IEV-Woerterbuch.aspx
DIN EN 62305-1 (VDE 0185-305-1):2011-10 Blitzschutz Teil 1: Allgemeine Grundsätze.
IEC 60027-1:1992 Letter symbols to be used in electrical technology.
de.wikipedia.org/wiki/Marx-Generator, hier insbesondere das erste Bild, Marx-Generator an der TU Dresden.
www.itaipu.gov.br, siehe auch Fassbinder, S.: Der Weg zur Energiewende Chancen und Hindernisse, Teil 4 Knackpunkt Energiespeicher. Elektropraktiker, Berlin 70 (2016) 4, S. 206.
www.dehn.de/de/haeufig-gestellte-fragen
Fassbinder, S.: Der Weg zur Energiewende Chancen und Hindernisse, Teil 7.1: Bilanz Regelenergie, Kosten, Sensationsmeldungen, Statistik. Elektropraktiker, Berlin 70 (2016) 7, S. 560.
Weitere Bilder
- S. Fassbinder
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