Skip to main content 
Fachplanung | Elektrotechnik

BACnet - ein Standardprotokoll der Gebäudeautomation setzt sich durch

ep1/2001, 3 Seiten

Offene Datenkommunikation auf der Basis von Standards ist ein immer wichtigeres Thema unserer Zeit. Unter offener Kommunikation versteht man dabei die Möglichkeit, dass Geräte unterschiedlicher Hersteller miteinander Daten austauschen können.


Innerhalb des europäischen Komitees für Normung CEN (Comité Européen de Normalisation) beschäftigt sich das Komitee TC 247 mit der Definition von Standards für die Gebäudeautomation. Die Arbeitsgruppe 4 (WG 4 - Working Group 4) behandelt dabei das Thema „Kommunikationsprotokolle“. Unter Abwägung von technischen Gründen, aber auch nationaler Interessen, wurden für den Bereich der Gebäudeautomation mehrere Standards in den Status einer Vornorm aufgenommen. Auf Basis der VDI 3814 „Gebäudeautomation (GA)“ unterteilt sich ein Gebäude in die Bereiche Feld-, Automations- und Managementebene [1]. Hinsichtlich der bevorzugten Systeme ergibt sich die Situation im Bild . Geschichte von BACnet Die Entwicklung von BACnet begann 1987 in den USA. Sie wurde getragen von der ASHRAE (American Society of Heating, Refrigerating & Air-Conditioning Engineers), einer amerikanischen Ingenieurvereinigung. Bereits während der Entwicklung des Protokolls bestand erhebliches internationales Interesse. Im Juni 1995 wurde BACnet offiziell von der ASHRAE akzeptiert und veröffentlicht. Im gleichen Jahr erfolgte ebenfalls die Anerkennung durch ANSI. BACnet wurde amerikanischer Standard. 1996 kamen erstmals Produkte auf den Markt, die miteinander über BACnet kommunizierten. BACnet wandelte sich vom Papiertiger zum realen Protokoll mit entsprechenden Anwendungen. Große realisierte Projekte, wie beispielsweise der Technikverbund Parlamentsbauten mit dem Reichstagsgebäude in Berlin (Bild ) oder die Charité Berlin, in denen Geräte unterschiedlicher Hersteller über BACnet kommunizieren, bewiesen, dass das Protokoll den Anforderungen gerecht wird. Es ist davon auszugehen, dass BACnet alleine als Normierungs-Kanditat der Managementebene bestehen bleibt. BACnet wird zum einzigen Protokoll für die Gebäudetechnik mit ISO-Status, der Weltnorm, werden. BACnet ist an keine Hardware gebunden Worin liegen die Vorteile, die letztendlich für das Durchsetzen dieses Protokolls verantwortlich waren? BACnet eignet sich für alle Arten von Gebäudeautomationssystemen einschließlich HLK-, Brand- und Einbruchmeldesystemen. Es besteht aus einem objektorientierten Datenmodell, dass die Konfiguration und den Betrieb verschiedenster Bedien- und Regelgeräte repräsentiert. Weiterhin sind Nachrichten und Dienste definiert, die nach dem Client-Server-Prinzip zwischen Geräten ausgetauscht werden. Gebäudetechnik Elektropraktiker, Berlin 55 (2001) 1 BACnet - ein Standardprotokoll der Gebäudeautomation setzt sich durch H. Symanczik, Berlin Offene Datenkommunikation auf der Basis von Standards ist ein immer wichtigeres Thema unserer Zeit. Unter offener Kommunikation versteht man dabei die Möglichkeit, dass Geräte unterschiedlicher Hersteller miteinander Daten austauschen können. Sofern sich solche Geräte an den vereinbarten Standard halten, wird das Ziel einer Hersteller übergreifenden Verständigung erreicht. Ein dazu geeignetes Protokoll, das der Gebäudetechniker eines Fachbetriebs kennen sollte, ist BACnet - Building Automation and Control networking protocol. Hans Symanczik ist Leiter Vertrieb & Marketing bei Kieback & Peter Gmb H & Co. KG, Berlin. Autor Ebenenmodell eines Gebäudes Zur Struktur von BACnet M T Automationsebene Managementebene Feldebene Standards: BACnet ENV 1805-1 FND ENV 1805-2 Standards: BACnet ENV 13321-1 Profibus FIP (EIBnet) ENV 13321-2 Standards: LON EIB ENV 13154-2 Batibus EHS GLT Objekte BACnet definiert eine Anzahl von Standardobjekten Binary Input Binary Output Binary Value Analog Input Analog Output Analog Value Averraging Multi state Input Multi state Output Multi state Value Loop Calendar Notification Class Command File Program Schedule Group Event Enrollment Device Trend Log Für die Übertragung der Informationen können unterschiedliche lokale (LAN) und Weitverkehrsnetze (WAN) benutzt werden. Zur Verfügung stehen einfache Zweidraht-, Ethernet-Verbindungen ebenso wie TCP/IP-Verbindungen (Bild ). In Abhängigkeit vom Fortschritt der Technologie in der Datenkommunikation eröffnen sich neue Möglichkeiten. BACnet ist an keine Hardware gebunden. Weder spezielle Chips noch zugeschnittene Kommunikationsmedien müssen genutzt werden. BACnet ist lediglich ein Protokoll, das auf nahezu jeder Hardwarebasis implementiert werden kann. Außerdem fallen keine Lizenzgebühren für die Nutzung von BACnet an. Die Übertragungsgeschwindigkeit richtet sich nach dem verwendeten Medium (z. B. Ethernet 10 MBit/s). Struktur von BACnet Grundlegend für BACnet ist das Objektmodell, in welchem jede Funktion eines Automationsgerätes (Eingaben, Ausgaben, Regelkreise, Zeitpläne) als Sammlung von Informationen (Objekt) dargestellt wird (Bild ). Jedes Objekt verfügt Gebäudetechnik Elektropraktiker, Berlin 55 (2001) 1 (Fast) Ethernet (Hochgeschwindigkeits-)Bus für die Datenübertragung, Übertragungsgeschwindigkeit (100 MBit/s) 10 MBit/s TCP/IP Transmission Control Protocol/Internet Protocol Protokoll für die Übertragung von Datenpaketen über Ethernet BACnet Building Automation Control Network Protokoll für die Automations- und Managementebene in der Gebäudetechnik, alle Teilnehmer sind gleichberechtigt EIBnet Protokoll für die Automatisierungsebene auf Basis Ethernet FND Protokoll zur Integration von Inselsystemen verschiedener Hersteller (Stützung durch die deutsche Öffentliche Hand) Profibus FMS Process Field Bus - Fieldbus Message Specification Feldbus für den Einsatz auf der Systemebene, Industriestandard Profibus DP Process Field Bus - Dezentrale Peripherie Feldbus für den objektnahen Systembereich und anspruchsvolle Sensoren und Aktoren, Industriestandard EIB European Installations Bus Feldbus für die Gebäudetechnik LON Local Operating Network offenes Bussystem für die dezentrale Lösung von Automatisierungsaufgaben in Industrie- und Gebäudetechnik Batibus preisgünstiger Feldbus (vor allem in Frankreich) EHS European Home System Gebäudebussystem (gefördert von der EU) Konnex (KNX) Zusammenführen von EIB, Batibus und EHS zu einem gemeinsamen Standard auf Basis EIB Einsatz in der Gebäudetechnik, Wohnbau bis großer Zweckbau Interbus Feldbus für die Systemebene und den feldnahen Bereich, Industriestandard Sercos Serial Real Time Communication System Hochgeschwindigkeitsbus auf Lichtwellenleiterbasis für numerische Steuerungen und Antriebe CAN Controller Area Network Bussystem für feldnahen Bereich bis zur Gebäudeleittechnik (Ursprung: Bussystem für Kraftfahrzeuge) AS-Interface Aktuator-Sensor-Interface preisgünstiger Zubringerbus für die unterste Feldebene, serielle Übertragung von binären Signalen und digitalisierten Analogwerten. Standard-Bus-Technologien Überblick Gebäudetechnik Elektropraktiker, Berlin 55 (2001) 1 · BACnet-Interest-Group-Europa www.big-eu.org · offizielle BACnet-Seite www.bacnet.org INFO BACnet im Internet dabei über Eigenschaften. Dazu zählen: aktuelle Werte, physikalische Standorte, Skalierungsparameter, Alarmgrenzen, Beschreibung der Objektfunktion usw. Zurzeit hält der Standard 21 Objekt-Typen bereit. BACnet wird ständig weiterentwickelt. Eine seiner großen Stärken besteht darin, dass sich neue, selbst herstellerspezifische Objekttypen für zusätzliche Anwendungen leicht hinzufügen lassen. Das Protokoll besitzt neben den Funktionen der offenen Kommunikation auch die Fähigkeit der herstellerspezifischen Erweiterung. Diese Möglichkeit widerspricht aber dem Geist der offenen Kommunikation und erschwert die Zusammenarbeit zwischen den Systemen verschiedener Hersteller (Interoperabilität). Jedes BACnet-Gerät ist eine Ansammlung von den entsprechenden Objekten, welche das Gerät repräsentieren. Ein Feldgerät mit 16 digitalen Eingängen könnte repräsentiert werden durch 16 Objekte vom Typ binary-input (binärer Eingang). Beliebig komplexe Geräte entsprechen einer Anzahl von solchen Elementar-Objekten auch gleichen Typs und deren Eigenschaften. Dieser Ansatz macht BACnet für nahezu jede Anwendung nutzbar. Der zweite wesentliche Bestandteil von BACnet ist die Definition von BACnet-Diensten (Nachrichten bzw. sogenannte Services), die BACnet-Geräte untereinander austauschen. Im Standard sind 35 Dienste in fünf Kategorien definiert. Dabei handelt es sich um · Alarm- und Ereignismeldungen (Alarm- and Event-Services) · Datei-Zugriffs-Mechanismen (File-Access-Services) · Objekt-Zugriffs-Dienste (Object-Access-Services) · Geräte-Fernbedienungs-Dienste (Remote-Device-Management-Services) · virtuelle Terminal-Dienste (Virtual-Terminal-Services) Weitere Dienste werden zurzeit für die Übernahme in den Standard diskutiert. Auch bei ihnen zeigt sich, dass BACnet prinzipiell erweiterbar ist und laufend weiterentwickelt wird. Zur letzten Komponente von BACnet zählen die verwendbaren Netzwerktechnologien. Diese wurden entsprechend den Anforderungen an Gebäudeautomationssysteme wie Geschwindigkeit, Durchsatz, Kosten und Verbreitungsgrad gewählt. Ethernet-Vernetzungen gehören zur Standardverkabelung in Gebäuden. Entsprechend einfach ist es also, auf diese Verkabelung für die Belange der Gebäudeautomation zurückzugreifen. BACnet kann auch über ARCnet für industrielle Anwendungen oder über das Echolon-Lon Talk-Protokoll betrieben werden. Seit Januar 1999 besteht gleichfalls die Möglichkeit, BACnet über das Internet-Protokoll zu betreiben. Hinsichtlich der Netzwerktechnologien wird BACnet ebenfalls ständig weiterentwickelt. Gewinnen neue Systeme an Bedeutung, werden sie problemlos in den BACnet-Standard übernommen. Anwendung von BACnet Wegen der beschriebenen Eigenschaften wird BACnet bevorzugt auf der Management- und Automationsebene eingesetzt (Bild ). Neben BACnet findet sich auf der Managementebene als Vornorm ebenfalls das Protokoll FND. Letztere Vereinbarung konnte sich aber nicht durchsetzen, so dass FND wahrscheinlich als Vornorm gestrichen wird. Auf der Automationsebene konkurriert BACnet mit den Systemen Profibus, FIP und EIBnet. BACnet-Lobby Rund um BACnet haben sich weltweit Interessen- und Nutzergruppen gegründet. Deutsche Hersteller sind in der 1998 gegründeten BACnet-Interest-Group-Europa vertreten. Diese Gruppen vereinigen Nutzer und Hersteller von BACnet-Produkten mit dem gemeinsamen Interesse, Marketing, Schulung und Zertifizierung von BACnet voranzutreiben. Die verschiedenen Nutzergruppen kommunizieren untereinander und tragen Sorge dafür, dass BACnet weiterhin ein universelles Protokoll bleibt und sich keine nationalen Dialekte und Ausprägungen ergeben. Offene Kommunikation beginnt nämlich immer mit verbaler Verständigung. Die Mitglieder sprechen miteinander, tauschen sich über Landes-und Kontinentsgrenzen aus. Dies führt zu einer sinnvollen Weiterentwicklung und Anpassung des BACnet-Standards. Ein wichtiges Ziel des BACnet-Ausschusses der BACnet-Interest-Gruppen und der BMA (BACnet Manufacturer Association in den USA) besteht darin, einen einheitlichen Test- und Zertifizierungsmechanismus für BACnet-Produkte zu finden. Außerdem werden auch Marketing-, Schulungs- und Ausschreibungshilfen zur Verfügung gestellt. Wie wird sich BACnet weiterentwickeln? Die ersten Anwendungen erfolgten ausnahmslos in der Heizungs-, Lüftungs-, Klimatechnik. Zum Beispiel wurde im Berliner Reichstag für diesen Bereich BACnet implementiert (Bild ; die Einzelraumregelung übernimmt übrigens LON [2]). Neuerdings kommen aber immer mehr Erzeugnisse von Firmen der Brandmelde- und Sicherheits- sowie Beleuchtungstechnik hinzu. BACnet ist also nicht nur auf die Belange einer speziellen Branche zugeschnitten. Eine wichtige, gegenwärtig laufende Arbeit sind begleitende Standards zum Konformitätstest. Diese Vorschriften bilden die Grundlage für eine BACnet-Zertifizierung. Das ASHRAE-BACnet-Komitee entwickelt Geräteprofile und ein Planungshandbuch rund um BACnet. ISO/TC205 arbeitet an der Übernahme von BACnet als internationalen Standard. Literatur: [1] Krause, J.: Sicherheit und Automation bilden im Gebäude eine Einheit. Elektropraktiker, Berlin 54(2000)4, S. 294 - 295. [2] Krause, J.: Progressive LON-Technologie und klassische Installationstechnik im Reichstag. Elektropraktiker, Berlin 53(1999)9, S. 836. Im Berliner Reichstag wurden von Kieback & Peter BACnet-Server für die HKL-Technik installiert (Foto: Hager)

Autor
  • H. Symanczik
Sie haben eine Fachfrage?