Blitzblindleistung
10 l Heizöl oder: Wenn Strom und Spannung sich kaum treffen
ep 12/2020 [1176.98kB] 5 Seite(n) S. Fassbinder
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Die wahrscheinlich bekannteste deutsche Fachfirma auf diesem Gebiet berichtet allerdings, dass sie Fragen zum Energie-Inhalt von Blitzen und ähnliche sehr oft gestellt bekommt und deswegen schon einen Abschnitt auf ihrer Webseite dazu veröffentlicht hat [2].
Die erste Frage, die es in diesem Zusammenhang zu beantworten gilt, ist:
Wie viel Energie steckt denn darin?
Energie von Blitzen
Folgende Abschätzung mag hier helfen:
Die Durchschlagsfestigkeit von Luft liegt bei etwa 2 – 3 kV/mm, also 3 × 103 V/10-3 m. Bei Gewitter liegt der Wert wegen des hohen Feuchtegehalts und vor allem wegen der Ionisation der Luft aber wesentlich niedriger: „Allerdings wurden solche Feldstärken in einer Gewitterwolke noch nie gemessen. Messungen ergeben nur extrem selten Feldstärken von über 200 kV/m.“ [3]
Die Länge eines Blitzes schwankt sehr stark. Als Mittelwert kann man von etwa 2 – 3 km ausgehen [2]. Demnach müsste unter „normalen“ Umständen eine Spannung deutlich über 1 010 V (10 GV) „dahinter stecken“, ehe es zum Überschlag kommt. Rechnen wir also hier mit 1 GV weiter.
Der Scheitelwert eines Blitzstoßstroms kann bei 200 kA liegen, in tropischen Regionen auch 400 kA. Rechnen wir mit 100 kA, also 105 A, für einen mehr oder weniger üblichen Blitz.
Nun fehlt noch die Zeit. Der Blitz ist „blitzschnell“ wieder vorbei, aber die Dauer ist schwierig einzugrenzen, da sie stark streut. In den Normen gibt es z. B. eine Standard-Stoßwelle mit einer „Stirnsteilheit“ t1 von 1 µs und einer „Rückenhalbwertszeit“ t2 von 200 µs. Eine andere Norm-Stoßwelle wartet mit t1 = 0,25 µs und t2 = 100 µs auf und eine dritte als energiereichste, die uns nachfolgend als Beispiel dienen soll, mit 10/350 µs (Tabelle 1). Nehmen wir also vereinfacht einen Rechteck-Impuls von 105 A und einer Dauer von 10-3 s an.
So gelangen wir zur Energie: 109 V × 105 A × 10-3 s = 1 011 Ws = 102 GJ ≈ 28 MWh.
Damit hätte ein Blitz im Jahresmittel von 2019 an der Energiebörse EEX immerhin 1 144 € erbracht!
Die genannte Fachfirma vergleicht den Energie-Inhalt einer Blitzentladung allerdings mit dem von 10 l Heizöl [2].
Diese Menge liefert jedoch nur einen Heizwert von etwa 100 kWh (während bezüglich der Spannung auch dort und an anderen Stellen [4] von „mehreren 100 Millionen Volt“ die Rede ist). Das ist ein Widerspruch. Wie ist dieser aufzulösen?
Elektrische Energie direkt aus der Natur?
Denn natürlich melden sich sofort wieder die Enthusiasten mit Abschätzungen zu Wort, denen zu Folge auf der Erde insgesamt im Durchschnitt ständig 2 000 Gewitter niedergehen, die zusammen etwa 30 bis 100 Blitze pro Sekunde auf der Erde einschlagen lassen. 100 Blitze pro Sekunde repräsentieren nach obiger Rechnung rein theoretisch immerhin schon die unvorstellbare Leistung von 10 TW. Das Wasserkraftwerk von Itaipú [5] schafft „nur“ 14 GW Dauerleistung.
Alle Flüsse dieser Welt in einen einzigen Staudamm zu leiten wäre zwar auch absurd, aber immer noch ein wenig weniger absurd als ständig allen Gewittern dieser Welt hinterher zu jagen.
Rekord
100 Blitze pro Sekunde klingt nach viel, doch umgerechnet auf die gesamte Oberfläche der Erde ergibt das nur einen Blitz im Jahr auf jeweils 4 km².
Vielleicht sollte man sich getreu dem Motto, überall das zu nutzen, was sich am Ort des Geschehens jeweils anbietet, einmal die Unterschiede ansehen: Die höchste Blitzdichte wird vom Maracaibo-See in Venezuela gemeldet [6]. Dort ist von 183 Blitzen pro Stunde auf jedem Quadratkilometer die Rede. Das ist mal gleich das 250 000-Fache des Durchschnitts!
Wenn man also Blitze einfangen möchte, dann sollte man hier anfangen – auch wenn die Zahl dadurch geschönt ist, dass von Blitzen insgesamt die Rede ist und nicht von Einschlägen auf die Erde. Nur rund jeder zehnte Blitz schlägt auf der Erde ein – aber dann liegt der Faktor noch immer bei 25 000.
Der Spannungsabgriff?
Eine weitere Frage ist jedoch, ob es denn theoretisch überhaupt möglich wäre, die Spannung des Blitzes „zwischen seinen Enden abzugreifen“ und zu nutzen – ganz abgesehen von dem weiteren praktischen Problem, dass man nicht vorher weiß, wann es wo blitzen wird. Die Feldstärke ließe sich schon messen, und durch geeignete Vorrichtungen lässt sich ein Blitz auch in Grenzen triggern.
Doch besteht dieses eine Feld überhaupt in dieser Form, oder muss man sich den gigantischen Kondensator zwischen Wolke und Boden nicht eher als eine Reihenschaltung vieler keiner Teilladungen vorstellen? Schließlich weiß man heute sehr genau, dass der Blitz – so schnell er auch ist – nicht auf der ganzen Länge gleichzeitig zündet, sondern meist in „Ruckstufen“.
Der erste Kondensator schlägt also zuerst durch. Hiermit trifft dessen Spannung auf den zweiten – zusätzlich zu der dort schon anstehenden Spannung – und die Kettenreaktion setzt ein.
Blitze im Prüflabor
Diese wird auch im Hochspannungslabor nachgebildet, z. B. um Überspannungs-Schutzgeräte zu prüfen (Bild 1; siehe zu möglichen Dimensionen auch [7]). Dabei ist allerdings immer nur vom Strom-Impuls die Rede. Die betreffende Norm [8] schlägt eine Reihe von Schaltungen vor, um die Impulse in eine reproduzierbare Form zu bringen (z. B. Bild 2, Bild 3).
Eine Spannung im Gigavolt-Bereich lässt sich natürlich im Labor nicht handhaben; für Blitze von mehreren Kilometern Länge ist auch kein Platz. Die Energie schlüge hier doch sehr zu Buche – auf dem Stromzähler ebenso wie bei den Sicherheitsvorkehrungen und beim „Donner“ (Zuschauern werden ohnehin trotz einer vorhandenen Glasscheibe auch noch Gehörschützer verpasst).
Deswegen ist in der Norm nur von einer „spezifischen Energie“ die Rede, die beim Durchgang des Blitzstroms durch einen bestimmten Normwiderstand in Wärme umgesetzt würde. Die verwendeten Spannungen reichen aber immerhin bis 3,5 MV (Bild 3; Tabelle 2).
Genormte Blitzströme
Um die vielen, recht verschiedenen Arten von Blitzen möglichst gut abdecken zu können, hat man sich auf die drei genannten Norm-Stoßströme geeinigt (Tabelle 1).
Diese weisen – unabhängig vom Scheitelwert des Blitzstroms – qualitativ jeweils den gleichen Verlauf auf. Zusätzlich werden sie natürlich auch noch quantitativ nach diesem Scheitelwert unterschieden. In den einzelnen in der Norm beschriebenen Blitzschutzzonen kommen verschiedene Scheitelwerte zur Anwendung.
Betrachtet wird hier nur die Schutzzone I mit den stärksten Strömen, da es im vorliegenden Zusammenhang um den höchstmöglichen Energie-Inhalt gehen soll.
In der Norm wird zur rechnerischen Darstellung der Stoßwellen folgende Formel angegeben:
Darin ist
t die Zeit (die gegebene unabhängige Variable),
i der Augenblickswert des Stroms (die abhängige gesuchte Variable),
î der Scheitelwert des Stroms (nach Tabelle/Blitzschutzzone),
k ein Korrekturfaktor für den Stromscheitelwert (hier in Tabelle 1 enthalten),
τ1 die Stirnzeitkonstante,
τ2 die Rückenzeitkonstante (beide hier in Tabelle 1 enthalten).
Mit diesen Werten und den angegebenen Schaltungen (Bilder 2 und 3 u. a.) erhält man qualitativ stets die gleiche Stromkurvenform und quantitativ die gleichen Blitzparameter.
t1 Stirnzeit (die Zeit, in der der Strom von 10 % auf 90 % seines Scheitelwerts steigt),
t2 Rückenhalbwertzeit (die Zeit, bis der Strom auf 50 % des Scheitelwerts fällt).
Die Stirnzeit und die Rückenhalbwertszeit sind in der Blitznorm [8] als T1 bzw. T2 bezeichnet. Dies ist nicht ganz korrekt und wurde hier normkonform in t1 bzw. t2 geändert. Nach der betreffenden Norm [9] bezeichnet man mit T nur (absolute) Temperaturen (gemessen in [K]), Zeiten aber stets mit Kleinbuchstaben t.
Blindleistung am Himmel?
Nun divergieren aber die Verläufe von Spannung und Strom, sodass sie nicht gleichzeitig in jeweils einander entsprechender Höhe vorliegen, sondern zuerst nur die enorm hohe Spannung ansteht, doch während der Strom gerade erst anfängt, steil anzusteigen, bricht die ihn treibende Spannung auch schon wieder steil ein. Wenn diese Vorstellung halbwegs zutrifft, stellt eine Blitzentladung überwiegend Blindleistung dar: Immer, wenn Spannung und Strom nicht proportional zueinander verlaufen, hat man es mit Blindleistung zu tun.
Eine völlig andere Überlegung führt zum gleichen Ergebnis:
Ein Blitzstrom steigt rund 1 000-mal so schnell von 0 auf seinen Scheitelwert wie ein üblicher Netzwechselstrom.
Dieser Scheitelwert ist rund 1 000-mal so hoch wie der eines üblichen Netzwechselstroms.
Die Strom-Anstiegsgeschwindigkeit (Steilheit) ist also ganz grob 106-mal so hoch wie bei üblichen Netzwechselströmen.
Damit geht ein großer Teil der Spannung in die Überwindung der Selbst-Induktion des Blitzstromkreises. Fachleute rechnen mit einem induktiven Spannungsfall von rund 1 000 V/m entlang des Strompfads eines Blitzableiters.
Dies ist ganz nebenbei auch der Grund, warum die Anschlussleitungen für Überspannungs-Schutzgeräte kürzer als 1 m sein sollten und warum eine Vergrößerung des Leiterquerschnitts zum Ausgleich einer größeren Länge nichts nützt. Auch dies weist wieder in Richtung Blindleistung.
Blindleistung bei Gleichspannung?
Spätestens an dieser Stelle mag eine Erläuterung fällig werden: Die allgemein angenommenen Definitionen von Gleichspannung und Gleichstrom sind nämlich insofern etwas „lasch“, als hiermit lediglich eine gleichbleibende Richtung/Orientierung gemeint ist. Überall, wo keine Nulldurchgänge erfolgen, spricht man mit gewissem Recht – und wenn es nur das Gewohnheitsrecht ist, aber auch das kann man so oder so sehen – von Gleichspannung bzw. Gleichstrom. Laut IEV [10] ist Gleichstrom
„ein Strom, dessen Stärke zeitunabhängig ist, oder, in erweiterter Bedeutung, ein periodischer elektrischer Strom, dessen Gleichanteil vorrangige Bedeutung hat.“
Man hätte es schärfer fassen und das Vorkommen von Nulldurchgängen als klare Abgrenzung heranziehen können – wie es wohl auch dem allgemeinen elektrotechnischen Sprachgebrauch entspricht.
Nun hat ein Blitzstrom gemäß üblichen Darstellungen keine Nulldurchgänge, die ihn treibende Blitzspannung schon erst recht nicht. Es handelt sich also um Gleichspannung bzw. Gleichstrom. Von „zeitunabhängigen“ Vorgängen kann man aber keinesfalls sprechen. Kaum etwas ändert sich schneller, wie ausgeführt, und wann immer Spannung und Strom nicht proportional zueinander verlaufen, ist Blindleistung im Spiel.
Annäherung mit einer Hypothese
Nimmt man nun an, ein Blitz mit dem genormten Stromverlauf nach der Stoßwelle 10/ 350 µs und dem für die Blitzschutzzone I geltenden Scheitelwert von 200 kA (Bild 4) werde in der Natur durch eine Spannung von 1 GV getrieben und diese Spannung bliebe über den zeitlichen Verlauf des Blitzstroms konstant, dann enthielte dieser Blitz eine Energie von 13,8 MWh (macht an der EEX noch 566 € gegenüber dem in der Einleitung noch angenommenen Rechteckstrom).
Das zeigt ganz nebenbei schon, dass im Labor vergleichsweise (Vorsicht: Nicht wörtlich nehmen!) nur mit „Spielzeugblitzen“ von sehr viel geringerer Spannung gearbeitet wird, denn der Kondensator zur Erzeugung des Stromstoßes (Bilder 2 und 3) ist in wenigen Sekunden aufgeladen.
Um ihn mit 13,8 MWh aufzuladen, wäre ein 630-kVA-Transformator einen ganzen Tag lang voll ausgelastet. Berücksichtigt wurde bei der Rechnung nur der Norm-Zeitbereich, also derjenige, bis der Strom auf die Hälfte seines Scheitelwerts abgeklungen ist (hier 350 µs). Der „Auslauf“ des Blitzstroms wurde vernachlässigt.
Während die „Leerlaufspannung“ der Gewitterwolke als realistisch angesehen werden kann (siehe Anmerkungen in der Einleitung), ist die zweite Annahme weit von der Realität entfernt, denn natürlich bricht die Spannung sehr wohl ein – sonst dürfte man u. a. auch nicht von „Blitz-Entladung“ sprechen. Eine Quelle spricht auch ziemlich treffend von einem „Kurzschluss am Himmel“ [4].
Die Frage ist:
Wie schnell und um wie viel bricht die Spannung ein? Darüber kann man lange spekulieren. Nach der Vorstellung vom „Kurzschluss am Himmel“ ist sie praktisch sofort praktisch auf null.
Einige Experimente mit Microsoft Excel lassen es als praxisnah erscheinen, von folgender Berechnungsmethode auszugehen:
Darin ist:
u(t) die Spannung in Abhängigkeit von der Zeit,
i(t) der Strom in Abhängigkeit von der Zeit nach der Formel aus der Norm (Abschnitt „Genormte Blitzströme“),
Qkum(t) die bis zum Zeitpunkt t kumulierte Ladung (vgl. Bild 3),
û die angenommene anfängliche Spannung (hier û = 1 GV = 1 000 MV),
x1, x2 Korrektur-Parameter (hier x1 = x2 = ln(1 000) ≈ 6,91).
Dabei handelt es sich nun natürlich um eine auf Grund einer Hypothese „gebastelte“ Formel (die Formel aus der Norm ist auch „gebastelt“). Ihr liegen aber die Überlegungen zu Grunde, dass der Blitzkanal immer leitfähiger wird, bzw. die Lichtbogenspannung immer geringer wird,
je höher der fließende Strom und
je länger dieser Strom schon geflossen ist und Ionen hinterlassen hat.
So liefert diese Rechnung zumindest plausible Verläufe von Spannung, Strom und Leistung (Bild 5) und damit eine Vorstellung davon, dass zwar die Stromstärke enorm groß und die Spannung geradezu unvorstellbar groß ist, sich beide aber nur geringfügig überlappen. Die Rechnung läuft dabei über die Normzeit von 0 bis 350 µs, nicht nur von 10 µs bis 50 µs, wie im Ausschnitt (Bild 5) dargestellt. Innerhalb dieser Zeit fällt die Spannung von 1 GV auf etwa 5 MV.
Es sieht auf den ersten Blick etwas „großzügig“ aus, die Spannung bis auf 5 ‰ ihres Ausgangswerts einbrechen zu lassen, erscheint aber doch wieder realistisch, wenn man bedenkt, dass der Blitz auch nichts anderes ist als ein Lichtbogen.
Für Lichtbögen wird – weitgehend unabhängig von ihrer Länge – allgemein ein Spannungsfall von nur ≈ 35 V angegeben. Je größer die Stromstärke, desto geringer wird der Spannungsfall am Lichtbogen – und wir befinden uns hier immer noch im Kiloampere-Bereich. Dann erscheint die Annahme, dass der Spannungsfall an dem etwa 2 – 3 km langen „Lichtbogen“ mittlerweile von 1 GV auf nur noch 5 MV zurückgegangen sein soll, schon realistisch.
Plausibel erscheint auch die Tatsache, dass die Spannung schon auf 30 % ihres Scheitelwerts eingebrochen ist, bis der Strom gerade mal auf 30 % seines Scheitelwerts angestiegen ist.
Mit dieser Hypothese errechnet sich nun ein Energie-Inhalt von 223 kWh für den Blitz (gerade mal 9,18 € an der EEX). Mit Sicherheit liegt dies näher an der Wahrheit als die anfangs ohne jeden Spannungseinbruch errechneten 13,8 MWh und beträgt nur noch das Doppelte der von Fachleuten zitierten 10 l Heizöl. Bedenkt man die mit 1 GV noch immer etwas reichlich angenommene Spannung und den Umstand, dass hier mit Bedacht der größte der Normblitze ausgewählt wurde, trifft das Ergebnis fast schon gut.
Der Blitz wurde für obige Analysen in 700 „Scheiben“ zu je 0,5 µs zerlegt und mittels der Formel aus der Norm [6] (siehe Kapitel „Genormte Blitzströme“) iterativ berechnet. Hiermit lässt sich diesem Normblitz Folgendes zuordnen:
Ein arithmetischer Strom-Mittelwert von 141,4 kA,
ein Effektivstrom von 147,5 kA,
ein Mittelwert der hypothetischen Spannung von 60 MV,
ein Effektivwert der hypothetischen Spannung von 210 MV.
So gesehen weist dieser Blitz eine Scheinleistung von S = 210 MV × 147,5 kA = 31 TVA auf. Die Wirkleistung als Mittelwert der Produkte aus den jeweils 700 Augenblickswerten von (hypothetischer) Spannung mal (echtem) Strom errechnet sich zu 2,29 TW.
Der Blitz enthält also eine Blindleistung von 30,9 Tvar und weist damit einen „Phasenwinkel“ von fast 86° auf.
Wenn man betrachtet, wie sehr die hypothetische Spannung in jenem Bereich noch ansteigt, wo der Norm-Blitzstrom schon stark fällt, so wird dieser Wert anschaulich und plausibel:
Die „Phasenverschiebung“ zwischen Blitzspannung und Blitzstrom und damit die Grundschwingungs-Blindleistung sind beträchtlich, und hinzu kommt noch die Verzerrungs-Blindleistung wegen der ungleichen Kurvenformen von Spannung und Strom.
Dies setzt voraus, dass unsere Hypothese wenigstens näherungsweise stimmt, doch nach allen vorliegenden Erkenntnissen müsste sich die Blitzspannung zumindest tendenziell so verhalten wie angenommen.
Blitzenergie abgeblitzt
Leistungen im Bereich von Terawatt trifft man eher selten an. Aus dem deutschen Stromnetz wurden im Jahr 2019 minimal 32 GW und maximal 77 GW entnommen.
Demnach ist die Leistung eines Blitzes mit 21 TW in der Spitze und 2,3 TW im Mittel des betrachteten Zeitraums von 350 µs in der Größenordnung um mehr als das 100-Fache höher als der Leistungsbedarf der deutschen Stromversorgung!
Um so mehr facht dies die Fantasie an, ob nicht hier die Stromquelle der Zukunft liegt, denn ein Blitz könnte die ganze Welt mit Strom versorgen – aber leider nur für 350 µs.
Die Anzahl von etwa 30 bis 100 Blitzen, die jede Sekunde auf der Erde einschlagen (siehe erste Seite), müsste also schon auf etwa 3 000 gesteigert werden bzw. könnte bestenfalls 1 % des weltweiten Strombedarfs decken.
Wie ausgeführt, brächte es uns um Größenordnungen weiter, sämtliche Fließgewässer dieser Welt aufzustauen. Obendrein bräuchten wir außer dem schon lange gesuchten extremen Langzeitspeicher (Saisonalspeicher) für Monate auch noch einen extremen Kurzzeitspeicher für Mikrosekunden, da der Stromfluss ausgeglättet werden muss.
Einen Akkumulator, der sich in Mikrosekunden aufladen lässt, hat noch nicht einmal die Firma Tesla im Angebot. Ein Kondensator müsste her. Wohlgemerkt entstammt die Energie einer „atmosphärischen Entladung“ prinzipiell schon einem Kondensator, aber Spannungen um 1 GV sind bislang recht schwierig zu handhaben.
Und welche Auswirkungen hätte es auf das Klima, wenn es überhaupt keine Gewitter mehr gäbe?
Nun haben wir der Blitzspannung und dem Blitzstrom nebenbei auch noch einen arithmetischen Mittelwert und einen Effektivwert zugeordnet. Nicht, dass die Welt diese Informationen unbedingt gebraucht hätte, aber sie fielen nun mal mit an, und der „Kalender des unnützen Wissens“ [11] muss schließlich auch jährlich neu gefüllt werden.
Literatur
Bilder:

(2) DIN EN 62305-1 schlägt im Bild C.3 diese Schaltung zur Erzeugung vom Blitzstrom-Impulsen 10/350 µs vor (Quelle: ep nach [5])

(3) DIN EN 62305-1 schlägt im Bild C.4 diese Schaltung zur Erzeugung von Blitzstrom-Impulsen 1/200 µs und 0,25/100 µs vor (Quelle: ep nach [5])

(4) Stoßwelle 10/350 µs, Scheitelwert 200 kA (Blitzschutzzone I) und kumulierte Ladung (Quelle: Fassbinder/ep)

(5) Stoßwelle 10/350 µs, Scheitelwert 200 kA, mit dem hypothetischen Verlauf der Spannung und daraus errechnetem Verlauf der Leistung (Quelle: Fassbinder/ep)
Tafeln:
Literatur:
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