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(Bild: akf/stock.adobe.com)
Sicherheitstechnik | Installationstechnik | Kabel und Leitungen | Brand- und Explosionsschutz

Aus dem Facharchiv: Leseranfrage

Unter-Putz-Installationen in Ex-Bereichen

20.10.2020

Ist die Unter-Putz-Verlegung von Kabeln und Leitungen in explosionsgefährdeten Bereichen erlaubt?

Frage:
Sind Unter-Putz-Installationen von geeigneten Kabeln und Leitungen in explosionsgefährdeten Bereichen (z. B. Zone 1/21 und 2/22) zulässig? Eine frühere und selbstverständlich nicht mehr gültige TGL-Norm der DDR (TGL 200-0621 Teil 2) hat die Verlegung unter Putz für unzulässig erklärt. Die Anfrage bezieht sich auf die Verlegung von Kabeln und Leitungen, aber nicht auf die Verwendung bzw. Installation von Betriebsmitteln für Ex-Bereiche. Antwort:
Näheres zum Anwendungsfall geht aus der Anfrage nicht hervor. Es darf jedoch angenommen werden, dass es triftige Gründe gibt, danach zu fragen. So kann z. B. die uP-Installation von Vorteil sein, wo Ablagerungen brennbarer Stäube oder mechanischen Beanspruchungen aus dem Weg gegangen werden soll. Es könnte sich aber auch als Nachteil herausstellen, keine Sicht mehr auf den Leitungsweg zu haben, so in Räumen mit öfter wechselnden Einbauten, z. B. in einem Technikum. Nicht zuletzt wäre interessant, ob es sich um eine sicherheitsgerichtete Leitung handelt. Verglichen mit anderen im Explosionsschutz aufkommenden Fragen zur aktuellen Normung erscheint das Problem zunächst trivial. Überdenkt man dann die Bandbreite möglicher anlagetechnischer Konstellationen, kommt Diskussionspotential auf. Auch frühere Ausgaben von DIN EN 60079-14 (VDE 0165-1)[1] gehen darauf nicht ein. Recherchen in der Fachliteratur und im Internet blieben ergebnislos. Weshalb in alten nach TGL 200-0621 [2] errichteten Ex-Anlagen die uP-Installation nicht angewendet werden durfte, weiß heutzutage niemand mehr. Allgemein gesehen findet man in der Praxis zwei Arten:
  1. die klassische Variante, d. h., Geräte und Leitungen in uP;
  2. eine Mischvariante, d. h., nur die Leitungen uP, Geräte in aP-Ausführung.
Bei a) stellt sich die Frage, ob denn eine bautechnisch komplett und dicht umhüllte Leitung sich überhaupt noch im explosionsgefährdeten Bereich befindet. Da eine uP-Installation nach a) jedoch entsprechende Geräte voraussetzt, die es in Ex-Ausführung nicht gibt, wäre die Anfrage hier mit Nein zu beantworten. Dem Anfragenden geht es aber nicht um Variante a), sondern nur um Variante b). Angesichts dieser etwas diffusen Situation versuchte es der Verfasser mit einer Umfrage. Im Ergebnis bestätigte sich, was schon zu vermuten war: Jeder Anwendungsfall hat seine eigene Spezifik. Manche Fragen, auf die das Normenwerk nicht konkret eingeht, spalten die Fachwelt in zwei Lager. Nach anderweitigen Informationsquellen suchen zu müssen, strapaziert die Geduld erheblich. Obendrein kann es auch noch negativ enden. Daran scheiden sich die Geister. Zeit ist Geld, meinen manche. Da könnte doch die geniale Formel helfen, dass erlaubt sei, was nicht ausdrücklich verboten ist. Noch zumal, wenn vielleicht im speziellen Fall ein denkbares Sicherheitsrisiko recht theoretisch anmutet. Andere fragen, welche Rechtsgrundlage das denn so zulässt, weil sie eine so rustikale Philosophie ganz allgemein für überaus zweifelhaft halten. Eine gewissenhafte Elektrofachkraft kennt ja nicht nur seine Elektronormen, sondern ebenso die DGUV-Vorschrift 4 [3] mit dem § 4. Dort geht es allgemein um die Grundsätze beim Fehlen elektrotechnischer Regeln. Am historischen Zeitpunkt der erstmaligen Drucklegung dieser quasi zeitlosen Leitsätze muss man sich nicht stören, denn sie gehören seither zum Einmaleins der Elektrosicherheit. Mit dem besagten § 4 hat man vorerst nur eine Zielbeschreibung vor Augen, noch nicht die gesuchte Lösung, aber das ist eine rechtlich berufbare Entscheidungsgrundlage. Bezogen auf den Kern der Anfrage, das Sicherstellen des elektrotechnischen Explosionsschutzes, stehen die Abschnitte 2 und 3 des § 4 im Fokus: „(2) Elektrische Anlagen und Betriebsmittel müssen sich in sicherem Zustand befinden und sind in diesem Zustand zu erhalten. Zu § 4 Abs. 2: Der sichere Zustand ist vorhanden, wenn elektrische Anlagen und Betriebsmittel so beschaffen sind, dass von ihnen bei ordnungsgemäßem Bedienen und bestimmungsgemäßer Verwendung weder eine unmittelbare (z. B. gefährliche Berührungsspannung) noch eine mittelbare (z. B. durch Strahlung, Explosion, Lärm) Gefahr für den Menschen ausgehen kann. Der geforderte sichere Zustand umfasst auch den notwendigen Schutz gegen zu erwartende äußere Einwirkungen (z. B. mechanische Einwirkungen, Feuchtigkeit, Eindringen von Fremdkörpern) (3) Elektrische Anlagen und Betriebsmittel dürfen nur benutzt werden, wenn sie den betrieblichen und örtlichen Sicherheitsanforderungen im Hinblick auf Betriebsart und Umgebungseinflüsse genügen. Zu § 4 Abs. 3: Elektrische Anlagen und Betriebsmittel können in ihrer Funktion und Sicherheit durch Umgebungseinwirkungen (z. B. Staub, Feuchtigkeit, Wärme, mechanische Beanspruchung) nachteilig beeinflusst werden. Daher sind sowohl die einzelnen Betriebsmittel als auch die gesamte Anlage so auszuwählen und zu gestalten, dass ein ausreichender Schutz gegen diese Einwirkungen über die üblicherweise zu erwartende Lebensdauer gewährleistet ist. Hierzu zählen unter anderem die Wahl der Schutzart, der Schutzklasse, der Isolationsklasse sowie der Kriech- und Luftstrecken. Bei der Wahl sind in jedem Fall die speziellen Einsatzbedingungen zu berücksichtigen, z. B. auf Baustellen oder in aggressiver Umgebung.“ Autor: J. Pester Literatur: [1] DIN EN 60079-14 (VDE 0165-1):2014-10 Explosionsgefährdete Bereiche – Teil 14: Projektierung, Auswahl und Errichtung elektrischer Anlagen. [2] TGL 200-0621 Blatt 02:1984-04 – Elektrotechnische Anlagen in explosionsgefährdeten Arbeitsstätten, Allgemeine sicherheitstechnische Forderungen. [3] DGUV Vorschrift 4 Elektrische Anlagen und Betriebsmittel, Erscheinungsdatum: 1978:12, Aktualisierte Fassung vom: 1997:01, Durchführungsanweisung vom 2005. Der vollständige Artikel ist in unserem Facharchiv nachzulesen.