Nutzung von Abwärme
Prozesswärme: Milliardenchance für deutsche Industrie durch Energieeffizienz
Klimaneutrale und energieeffiziente Prozesswärme wird zu einer entscheidenden Frage für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie. Eine neue Kurzstudie der Hochschule Niederrhein, durchgeführt im Auftrag der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF), zeigt, dass in deutschen Unternehmen durch gezielte Maßnahmen insgesamt bis zu 21 Milliarden Euro jährlich an Energiekosten eingespart werden könnten.
Schmelzen, härten, backen – der weit überwiegende Teil an Energie und CO₂-Emissionen von Unternehmen fließt in diese und ähnliche Bereiche. „Für industrielle Wärmeanwendungen wird in Deutschland genauso viel Energie verbraucht wie für die Gebäudewärme – und das noch überwiegend fossil“, erklärt Christian Noll, Geschäftsführender Vorstand der DENEFF. „Es ist überfällig, dass die Politik das Thema strategisch adressiert. Sicher wird es eines der bestimmenden Wirtschaftsthemen für die nächste Legislaturperiode.“
Die Hälfte der Prozesswärme lässt sich einsparen
Einige Vorreiterunternehmen haben bereits Schritte eingeleitet. Doch die Ergebnisse der Studie zeigen, dass im Schnitt die Hälfte der aktuell verwendeten Prozesswärme in der Industrie wirtschaftlich eingespart werden kann. Prof. Dr. Jörg Meyer, einer der Autoren der Studie, hebt hervor: „Das entspricht einem Drittel des gesamten industriellen Energiebedarfs in Deutschland.“ Die möglichen Potentiale und Maßnahmen unterscheiden sich nach Branche und Temperaturniveau. Eine große Rolle spielen Wärmerückgewinnung, bessere Steuerung und die exakte Bestimmung der benötigten Temperatur. In Bereichen, in denen Temperaturen bis 200 °C benötigt werden, könne Abwärme direkt in Industriewärmepumpen recycelt werden und so ganze 80 % im Energieeinkauf gespart werden. Elektrifizierung kann auch im Bereich der Industriewärme helfen, erneuerbare Energien direkt zu nutzen – bis in hohe Temperaturbereiche. Die individuellen Einsparmöglichkeiten einzelner Unternehmen können unterschiedlich ausfallen – abhängig insbesondere von Temperaturniveaus, Prozessen und bereits umgesetzten Maßnahmen.
Wettbewerbs-Chance für deutsche Unternehmen
Um die Transformation der Prozesswärme kommen Unternehmen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten nicht herum, um die Klimaziele zu erreichen. Ohne Wärme ist kaum ein Produkt herstellbar. Mit einer klugen, energieeffizienten Lösung könnten insgesamt jährlich 21 Milliarden Euro an Energiekosten für die Prozesswärmebereitstellung vermieden werden. Dies stellt eine riesige Chance für Unternehmen dar, ihre Wettbewerbsfähigkeit am Standort Deutschland zu sichern und langfristig von den Einsparungen zu profitieren.
Energiesparen lohnt sich: Renditen durch Effizienzmaßnahmen
Die Studie zeigt auch, dass das Energiesparen sich bereits heute rentiert: Der überwiegende Teil der wirtschaftlichen Einsparpotentiale besteht aus Maßnahmen, die eine attraktive Rendite bieten und sich innerhalb weniger Jahre amortisieren. „Am besten sollten Unternehmen jetzt direkt loslegen, und das tun auch immer mehr“, ergänzt Dr. Tatjana Ruhl, Leiterin des Bereichs Dekarbonisierung der Industrie bei der DENEFF. Doch wie bei vielen anderen Energieeffizienzmaßnahmen scheitere es immer wieder an der Kenntnis geeigneter Maßnahmen, Finanzierungsmöglichkeiten, der Prioritätensetzung im Unternehmen, sehr kurzfristigen Renditeerwartungen, Unsicherheiten bezüglich der Entwicklung von Energiepreiskomponenten und oft schlicht an der Verfügbarkeit von ausreichend großen Stromnetzanschlüssen.
Die DENEFF appelliert daher an die Bundesregierung, eine Strategie für die energieeffiziente Dekarbonisierung der Prozesswärme aufzustellen. Neben einem stabilen Förderrahmen muss Energieeffizienz auch Priorität bei der Kraftwerkstrategie und beim Netzausbau erhalten. Bestehende Regelungen wie beispielsweise das Energieeffizienzgesetz müssen konsequent umgesetzt werden.