
Normen und Vorschriften: Verwirrung um Spannungsfall [Teil 2]
DIN VDE 0100-520: Das Normenkomitee reagiert
Im ersten Teil erläuterte Fachautor Stefan Fassbinder Probleme bei der Berechnung des Spannungsfalls nach DIN VDE 0100-520. In Teil 2 gibt er einen Überblick über den aktuellen Stand der Fehlersuche und die Korrekturvorschläge des Normenkomitees.
Sind die Ströme nicht symmetrisch verteilt, so tritt zwar eine Belastung des N-Leiters auf, doch ist diese von mindestens einem Außenleiter wieder abzuziehen, der dann nicht voll ausgelastet sein kann – ansonsten könnte die Last nicht unsymmetrisch sein, ohne die Leitung zu überlasten. Auch spräche man hierbei besser nicht von einem Drehstromsystem, sondern von einem Dreiphasen-Wechselstromnetz.
Nur wenn die Verläufe der Ströme deutlich von der Sinusform abweichen, kann es vorkommen, dass drei nach Kurvenform, Effektivwert und Phasenlage gleiche Außenleiterströme dennoch einen Neutralleiterstrom hervorrufen. Dieser kann im Extremfall sogar größer sein als die Ströme in jedem Außenleiter. In diesen Fällen ist die Belastung entsprechend zu reduzieren [3] (*).
Ein exotischer, theoretisch denkbarer Ausnahmefall wäre ein solches Dreiphasen-Wechselstromnetz, das mit drei gleich großen Strömen, aber auf einem Außenleiter mit einer um 60° kapazitiven und auf einem anderen mit einer um 60° induktiven (und auf dem dritten Außenleiter einer ohmschen) Last belastet wäre.
Hier wären alle vier aktiven Leiter mit dem Bemessungsstrom belastet – der nach den üblicherweise angewandten Auswahlkriterien demjenigen für drei belastete Adern entspräche. Bei vier belasteten Adern müsste anders gerechnet werden – und dieser Fall läge hier vor, wenn die Außenleiterspannungen zwar um 120°, die Außenleiterströme jedoch um 60° gegeneinander versetzt verliefen.
Für besondere, extreme oder gar exotische Einzelfälle auch noch Grenzwerte und Rechenverfahren für den Spannungsfall vorzuhalten ginge jedoch deutlich über den Rahmen dessen hinaus, was von einer Norm erwartet werden sollte [...]