Digitaler Zwilling eines Hochspannungsnetzes
SH Netz, Tochter von HanseWerk, nutzt künstliche Intelligenz, hochauflösende Multisensorik und cloudbasierte Plattformen, um einen digitalen Zwilling des Hochspannungsnetzes zu erstellen.
Ab Montag, 12. August 2024, fliegt in Schleswig-Holstein ein Hubschrauber im Auftrag von Schleswig-Holstein Netz (SH Netz), einem Tochterunternehmen von HanseWerk, entlang von Hochspannungsfreileitungen, um diese mit Spezialsensorik am Bauch des Helikopters zu vermessen. So kommen pro Leitungskilometer eine Vielzahl an 3D-Daten und Bildern zusammen - insgesamt 300 GB pro km. Die HanseWerk-Tochter SH Netz setzt mit dem System Sieaero von Siemens Energy künstliche Intelligenz, hochauflösende Multisensorik und cloudbasierte Plattformen ein, um einen digitalen Zwilling ihres Hochspannungsnetzes zu erstellen.
Um die Freileitungstrassen der HanseWerk-Tochter SH Netz mit den Sensoren und Kameras am Helikopter zu erfassen, steuert der Pilot den Hubschrauber bis auf rund 30 Meter an die Hochspannungsleitungen heran. Nach zwei bis drei Stunden landet er für einen Tank-Stopp, bevor er den Flug fortsetzt. Die genauen Flugrouten und die Dauer planen System-Operator und Pilot tagesaktuell und abhängig vom Wetter, denn für die Aufnahmen benötigen sie klare Sicht. Daher können sich die Flüge kurzfristig verschieben.
600 Kilometer durch Schleswig-Holstein
In diesem Jahr werden innerhalb von voraussichtlich drei Wochen rund 600 Kilometer des Hochspannungsnetzes des HanseWerk-Tochterunternehmens SH Netz abgeflogen. Von Weding geht es über Flensburg und Klixbüll nach Breklum und weiter nach Husum. Der Heli fliegt außerdem entlang der Hochspannungsfreileitungen von Weding über Schuby und Audorf nach Husum. Von Husum geht es nach St. Peter-Ording und Strübbel. Eine weitere Flugroute führt von Husum über Heide nach Itzehoe; weiter geht es nach Ostermoor und Brunsbüttel. Mit der diesjährigen Befliegung erfasst SH Netz, Teil der HanseWerk-Gruppe, rund die Hälfte ihres Hochspannungsnetzes nach 2022 zum zweiten Mal und wird Abweichungen zu der vorherigen Inspektion auswerten. 2025 soll die Wiederholung der zweiten Hälfte erfolgen.
Ein digitaler Zwilling des Netzes
Mit der Multi-Sensor-Technologie Sieaero digitalisiert die HanseWerk-Tochter SH Netz ihre Hochspannungsnetze, inventarisiert sie und inspiziert sie auf Schäden, die potentiell zu Störungen führen können. Dies führt zu einer weiteren Erhöhung der Versorgungssicherheit. Die Befliegung erfolgt mithilfe eines Multi-Sensor-Systems, das Laserscans, Fotokameras, Thermalkameras und Koronakameras umfasst. "Wir digitalisieren mit Sieaero unsere Hochspannungsnetze und kombinieren dabei eine Vielzahl an Informationen mit dem Ziel, einen digitalen Zwilling unseres Netzes zu erzeugen", erklärt Steffen Kupke, zuständiger Projektleiter bei SH Netz, das zur HanseWerk-Gruppe gehört. Künftig will der Verteilnetzbetreiber u. a. die Inspektion des Netzes damit genauer und effizienter machen. Der digitale Zwilling soll helfen, den Zustand der Leitungen in kürzeren zeitlichen Abständen exakt zu bewerten.
"Das Modell des digitalen Zwillings fügt sich zudem ideal in unser Prinzip der Digitalisierung ein. Hierdurch können wir u. a. Details vom Mast vom Bildschirm aus bewerten sowie Baumaßnahmen besser und effektiver planen", sagt Steffen Kupke.
Dr. Haris Balta Leiter der Projektdurchführung Sieaero ergänzt: "Mit unserem innovativen digitalen Portfolio Sieaero möchten wir bei Siemens Energy neue Maßstäbe setzen und den Digitalisierungs- und Inspektionsprozess von Stromleitungen revolutionieren. Dabei setzen wir auf fortschrittliche Technologien und KI-unterstützte Datenanalysen, um den Weg für den Stromnetzbetreiber der Zukunft zu ebnen. Gemeinsam mit unserem Partner SH Netz gehen wir diesen Weg Hand in Hand."
Auswertung in 3D-Ansicht
Bei einem Überflug wird sowohl das gesamte Freileitungsnetz als auch das Umfeld der Stromleitungen multisensorisch erfasst. "Mit der anschließenden Auswertung am Computer lassen sich ohne zusätzlichen Aufwand Details an jedem beliebigen Betriebsmittel darstellen oder auch der Abstand von Bäumen und Pflanzen von den Freileitungen für das Trassenmanagement beurteilen", berichtet Steffen Kupke von der HanseWerk-Tochter SH Netz. Bisher inspizieren Techniker regelmäßig mit bloßem Auge bei Hubschrauber-Kontrollflügen die Freileitungen, um Schäden und Bewuchs in der Trasse festzustellen. Dank des digitalen Zwillings sollen diese Leitungsinspektionen künftig schneller und genauer werden. Bei der Bildschirm-Auswertung werde in einer 3D-Ansicht beispielsweise sichtbar, ob Mastverstrebungen beschädigt wurden, Isolatoren defekt oder verschmutzt sind oder Leiterseile ausgebessert werden müssen. Zukünftig sei vorstellbar, dass als Ergebnis der digitalen Auswertung eine künstliche Intelligenz etwa auf Abweichungen zu vorherigen Inspektionen oder Minderabstände beim Bewuchs der Trassen hinweist.