Energiewende
10 Jahre Energy-Charts: Fakten statt Fake News
Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE stellte vor einem Jahrzehnt die Datenplattform "Energy-Charts" online. Die Webseite bietet heute umfassende interaktive Daten zur deutschen Stromerzeugung, zu Klimadaten, Emissionen und Preisen sowie zu Stromerzeugungs- und Börsendaten für 42 europäische Länder.
Kann Deutschland seinen Strombedarf aus erneuerbaren Energien decken? Wie viel Atom- und Kohlestrom wird importiert? Führt eine Sonnenfinsternis zu einem Blackout? Antworten darauf bieten Daten der Energy-Charts. Die Webseite zählt zu den umfangreichsten Datenplattformen für den Energiemarkt in Europa.
Es begann mit einer Pressemitteilung: Im Jahr 2011 warnten die Medien vor einem möglichen Blackout zu Pfingsten aufgrund einer hohen Solarstromeinspeisung und einer gleichzeitig geringen Nachfrage. Diese Meldung verärgerte Prof. Bruno Burger vom Fraunhofer ISE so sehr, dass er beschloss, Daten zur Stromerzeugung in einer Präsentation zusammenzustellen. "Ich wollte die Debatte um die Energiewende versachlichen, indem ich der Öffentlichkeit Daten leicht verständlich zur Verfügung stelle."
Foliensatz wuchs schnell auf 280 Seiten an
Aufgrund der hohen Nachfrage wuchs der Foliensatz rasch auf 280 Seiten an. Dies führte zur Idee, eine Webseite zu entwickeln, auf der Daten flexibel in interaktiven Grafiken abgerufen werden können. Nutzerinnen und Nutzer sollten in der Lage sein, Daten zur Energiewende selbst zu konfigurieren. Die Webseite startete mit Informationen zu Leistung, Energie und Börsenstrompreisen und wurde nach und nach um Produktionsdaten zu Solar- und Windstrom, Import/Export, Klimadaten, Kraftwerksemissionen und eine interaktive Kraftwerkskarte erweitert.
Heute bezieht das Team von Energy-Charts Daten aus 16 verschiedenen Quellen. Diese Daten werden mathematisch bereinigt und für die Darstellung in interaktiven Grafiken aufbereitet. Zur kontinuierlichen Verbesserung der Plattform führte das Team Umfragen und Workshops mit Nutzerinnen und Nutzern durch. In zwei von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt finanzierten Projekten wurden neue Designs und Datenkategorien eingeführt.
Energy-Charts bietet mittlerweile Daten in vier Sprachen (Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch) und für 42 europäische Länder an. Die zeitliche Auflösung der Daten wurde von wöchentlich über täglich bis hin zu viertelstündlich erweitert. Für einige Daten, wie die erwartete Stromerzeugung und Börsenstrompreise, sind auch Prognosewerte verfügbar.
Seit Dezember 2023 wird die Webseite durch die "Stromampel-App" ergänzt, die für zwölf europäische Länder den aktuellen Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung und für 34 Länder den Day-Ahead-Börsenstrompreis anzeigt. Besitzerinnen und Besitzer von Elektroautos, Wärmepumpen oder Smart Homes können damit ihren Stromverbrauch so steuern, dass sie einen möglichst grünen Strommix nutzen. Der führende europäische Hausgerätehersteller BSH Hausgeräte GmbH, zu dem Marken wie Bosch, Siemens, Gaggenau und Neff gehören, nutzt die Daten der Stromampel bereits. Das Fraunhofer-Team stellt die Daten auch auf der Webseite sowie über eine offene Schnittstelle (API) für alle Interessierten zur Verfügung.
Medien und Öffentlichkeit greifen auf Daten zurück
Heute sind die Energy-Charts eine stark frequentierte Webseite für Energiedaten in Deutschland. Sie wird von Wissenschaftlern, Medienvertretern, Politikern und Fachleuten aus der Energiewirtschaft sowie von zahlreichen an der Energiewende Interessierten genutzt. Pro Jahr verzeichnet die Webseite rund 100 Millionen Aufrufe und liefert etwa 250 Millionen Grafiken aus. Zwischen 8 Uhr und 16 Uhr wird sie stündlich 200.000- bis 250.000-mal besucht.
Die Aufklärung über die Energiewende beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Webseite: Prof. Bruno Burger gibt jährlich über 100 Interviews, hält zahlreiche Vorträge und Seminare. Etwa 400 Medienbeiträge pro Jahr zitieren die Daten der Energy-Charts oder Prof. Burger selbst. Auf der Plattform X, auf der die Energy-Charts seit 2016 aktiv sind und über 25.000 Follower haben, wurden mehr als 7.500 Posts mit aktuellen Energie-Grafiken veröffentlicht.
Um dem wachsenden Interesse am Austausch über Energiedaten gerecht zu werden, bietet das Team der Energy-Charts seit Juni 2021 monatlich die "Energy-Charts Talks" an. Diese Veranstaltungen, bei denen aktuelle Stromerzeugungszahlen sowie neue Funktionalitäten und Daten vorgestellt und diskutiert werden, haben regelmäßig zwischen 100 und 150 Teilnehmende.