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Aus dem Facharchiv: Installationstechnik
Typische Fehler in der Elektroinstallation – Häufung von Betriebsmitteln

Die Häufung von elektrischen Betriebsmitteln (wie LS-Schalter auf Hutschienen in Verteilungen oder Kabelbündeln in Kanälen) erzeugt beim Betrieb Verlustwärme.

(Foto: salita2010/stock.adobe.com)

Angelehnt an das Web-Lernmodul „Häufung von Betriebsmitteln“ [1] des GDV werden mögliche Schadenursachen sowie entsprechende Schutzmaßnahmen im Beitrag näher erläutert wird.

Auswirkungen von Häufungen

Bei einer Häufung von Betriebsmitteln ist unbedingt darauf zu achten, dass die durch den Betriebsstrom erzeugte Wärme ausreichend abgeführt werden kann.

Das gilt unabhängig davon, ob es sich um Leitungen in Bündeln auf Pritschen oder um Betriebsmittel in einem Verteilergehäuse oder Schaltschrank handelt. Ungenügende Wärmeabfuhr oder Übertemperaturen an Betriebsmitteln können Brände entzünden, Fehlfunktionen auslösen und die Lebensdauer der Betriebsmittel verkürzen. Schon 10 °C über der Grenztemperatur verkürzt die Lebenszeit der Betriebsmittel auf die Hälfte, 20 °C darüber sogar auf ein Viertel.

Beim Einsatz von elektrischen Betriebsmitteln ist deshalb jeweils der zulässige Temperaturbereich zu berücksichtigen, den die Hersteller in der Regel in den Datenblättern angeben. Bei der Planung von elektrischen Anlagen sind zudem bzgl. der Wärmeentwicklung folgende Punkte zu berücksichtigen:

  • Höhe der entstehenden Verlustleistung als mögliche Wärmequelle,
  • Schutzart des Gehäuses,
  • Umgebungstemperatur,
  • Gleichzeitigkeitsfaktoren.

Temperaturbereiche

Mit Umgebungstemperatur wird in der DIN EN 60204-1 diejenige Temperatur der Luft oder eines anderen Mediums bezeichnet, in dem eine Ausrüstung bzw. ein Betriebsmittel bestimmungsgemäß verwendet werden kann. Dagegen be
zeichnet die Betriebstemperatur die optimale Temperatur bzw. den optimalen Temperaturbereich für den Betrieb von elektronischen Anlagen oder einzelner Betriebsmittel. Werden diese Temperaturbereiche nicht eingehalten, drohen insbesondere bei Überhitzung brandgefährliche Risiken.

Verteilungen sind üblicherweise für Umgebungstemperaturen bis 40 °C und im Mittelwert über 24 Stunden bis 35 °C ausgelegt (VDE 0660-100 Niederspannungsgeräte Teil 1). Bei höheren Umgebungstemperaturen muss wegen der hohen Wärmebelastung möglicherweise die elektrische Leistung des Betriebsmittels reduziert werden.

Zu hohe Umgebungstemperaturen können z. B. entstehen durch:

  • Strahlungswärme von nahen Betriebsmitteln,
  • Sonneneinstrahlung,
  • Häufung von stark belasteten Betriebsmitteln,
  • Eingeschränkte Wärmeabfuhr, etwa durch Verschmutzung.

Bei elektronischen Betriebsmitteln sind für deren einwandfreie Funktion die Grenztemperaturen besonders zu beachten.

Belastungsfaktor

Meist werden nicht alle Verbrauchsmittel gleichzeitig und auch nicht ständig mit Volllast betrieben. Dies wird in einem Gleichzeitigkeitsfaktor „g“ angegeben. g = 1 bedeutet, alle Verbrauchsmittel werden gleichzeitig mit Volllast betrieben. Üblicherweise wird mit einem Gleichzeitigkeitsfaktor von 0,4 bis 0,8 gerechnet. Bei Photovoltaikanlagen sollte man mit dem Gleichzeitigkeitsfaktor g = 1 planen.

Bei Schaltgerätekombinationen ist analog der Bemessungsbelastungsfaktor zu berücksichtigen. Nach DIN EN 61439-1 ist dieser der vom Hersteller der Schaltgerätekombination angegebene Prozentwert des Bemessungsstroms, mit dem die Abgänge einer Schaltgerätekombination dauernd und gleichzeitig unter Berücksichtigung der gegenseitigen thermischen Einflüsse belastet werden können.

Oberschwingungen

In heutigen Anlagen treten zunehmend Ströme höherer Frequenzen auf, die zu erheblichen Verlustleistungen führen können. Die Auswirkungen dieser Oberschwingungsströme können sich durch sofortige Störungen oder aber auch durch Langzeiteffekte bemerkbar machen. Aufgrund der verzerrten Schwingungsform kann es unmittelbar zu

  • Resonanzen,
  • falschem Ansprechen von Steuerungen,
  • dem Auslösen von Sicherungen und Leistungsschaltern,
  • zu Ausfällen durch Spannungsspitzen, usw. kommen.

Zudem bewirken Oberwellen diverse Langzeiteffekte wie beispielsweise den vorzeitigen Ausfall aufgrund der thermischen Überlastung oder Überhitzung von Maschinen und Geräten. Außerdem wird die Lebensdauer von elektrischen Bauteilen durch eine verzerrte Spannung beeinträchtigt und verkürzt. Die Gleichrichterlasten führen in der Netzrückwirkung zu einer Abflachung der Sinusform und damit zu Oberschwingungen auch in der Netzspannung. Der Neutralleiter führt einen Teil der Oberschwingungsströme ab und wird dadurch unerkannt überlastet. Er brennt oft unbemerkt ab (Neutralleiterunterbrechung). Die dann eintretende Spannungsverlagerung durch offenen Sternpunkt hat verheerende Ausmaße für die angeschlossenen Geräte. Ebenfalls besteht die Gefahr des Brandes durch den überhitzten Neutralleiter.

Herstellerverantwortung

Hersteller einer Schaltgerätekombination (Verteilung) ist jede Elektrofachkraft, die selbst eine Verteilung baut. Sie ist verantwortlich für die betriebsfertige Verteilung oder Schaltanlage. Aus den zuvor genannten Gründen ist eine gute Vorplanung unter Beachtung aller Umgebungsbedingungen und Belastungen und eine sorgfältige Auswahl der Betriebsmittel entscheidend, damit die Anlage den gestellten Anforderungen genügt und ordnungsgemäß funktioniert.

Praxisbeispiel

In diesem Beispiel wird der Frage nachgegangen, wie sich Häufungen von Betriebsmitteln in der Praxis auswirken können. Für die Betrachtung der thermischen Belastung in einer Verteilung werden folgende Temperaturwerte unterschieden:

  • Umgebungstemperatur des Verteilers, z. B, die Raumtemperatur → bis 40 °C, im Mittelwert über 24 Stunden bis 35 °C.
  • Innentemperatur im Verteiler (Umgebungstemperatur der Betriebsmittel im Verteiler) → übliche Temperatur: max. 55 °C.
  • Grenzübertemperatur der Betriebsmittel im Verteiler → Temperaturdifferenz zwischen der Temperatur eines Betriebsmittels zur Umgebungstemperatur (Raumtemperatur).

Die Belastbarkeit von Leitungsschutzschaltern in einem Verteiler richtet sich nach der Umgebungstemperatur sowie nach der Häufung der Leitungsschutz-
schalter innerhalb der Verteilung.

Einfluss der Umgebungstemperatur

Deratingkurven geben an, wie hoch ein Betriebsmittel bei einer vorgegebenen Umgebungstemperatur belastet werden kann.

Erweiterung berücksichtigen

Die Möglichkeit einer späteren Erweiterung der elektrischen Anlage ist unbedingt zu berücksichtigen. Werden im Beispielfall jedoch nur freie Reserveplätze gefüllt, ohne den maximalen Bemessungsbetriebsstrom der Anlage und die geänderten Temperaturverhältnisse zu berücksichtigen, sind thermisch bedingte Schäden oder Fehlauslösungen vorprogrammiert. Bei Erweiterung einer Anlage sind die Belastungsund Temperaturverhältnisse neu zu bestimmen! Nach DIN VDE 0298-4 muss die maximale mögliche Strombelastbarkeit von Kabeln und Leitungen reduziert werden, wenn mehrere stark belastete Kabel oder Leitungen gehäuft verlegt werden. Aus Tabelle 3 lässt sich ablesen, mit wie viel Prozent mehrere nebeneinanderliegende Leitungen im Installationskanal belastet werden dürfen.

Autor: M. Heberer

Literatur
[1] Web-Lernmodul: des GDV „Häufung von Betriebsmitteln“.

Der vollständige Artikel ist in unserem Facharchiv nachzulesen.

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