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Stromerzeugender Faden (Foto: The University of Texas)
Energietechnik/-Anwendungen | Energieerzeugung | Sonstige Bereiche

Nanotechnologie: Kleidung als zukünftige Minikraftwerke

Twistron – Die energieerzeugende Textilfaser

07.11.2017

Wissenschaftler haben aus Kohlenstoff-Nanoröhrchen ein Garn entwickelt, das effizient mechanische in elektrische Energie umwandelt. Die geringe Bewegung durch einen Atemzug genügt, um Strom zu erzeugen.

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Der ep berichtete bereits über Bakterien, die mit Bio-Brennstoffzellen Energie aus organischen Stoffen erzeugen, über energieerzeugende Wandfarbe und über transparente Solarzellen auf Fensterscheiben. Einem Forscherteam der University of Texas und der Hanyang University in Südkorea ist es nun gelungen, eine Textilfaser zu entwickeln, die Strom generieren kann, sobald sie gedehnt oder gezwirbelt wird. Twistron heißt das Garn, das in Kleidungsstoffe integriert werden könnte, um Energie aus Körperbewegungen zu gewinnen.

Elektrische Spannung bei Dehnung

„Prinzipiell sind diese Fasern Superkondensatoren“, sagt Na Li von der University of Texas in Dallas. Zunächst züchteten die Forscher mehrwandige Nanoröhrchen aus Kohlenstoff, die 10.000 Mal dünner sind als ein Haar. Diese wurden dann zu robusten, aber dennoch leichten Fäden versponnen. Anschließend verdrehte man sie stark, um sie so elastisch zu machen. Das Gummiband ähnliche Garn tränkte man danach in eine Kochsalzlösung, da sich in solchen Elektrolyten elektrische Ladungen gut bewegen können. Auf diese Weise verwandelten sich die gezwirbelten Fasern zu einer Art Kondensator, der auch kleine Mengen elektrischer Ladung speichert. Dehnt man diese Stromfasern um ein Drittel aus, werden sie schmaler, das Volumen des Kohlenstoff-Nanoröhren-Garns nimmt ab.  Die elektrischen Ladungen des Elektrolyten nähern sich so einander an. Dabei entsteht elektrische Energie, die geerntet werden kann, erklären die Entwickler. Im Experiment erzeugte die mechanische Bewegung kleine Spannungspulse von etwa 80 Millivolt bei einer Stromstärke von einigen Dutzend Mikroampere.  Die Wissenschaftler erzielten mit den besten gezwirbelten Fasern bei dreißig zyklischen Dehnungen pro Sekunde eine Leistung von bis zu 250 Watt pro Kilogramm. Einzelne Fasern waren sehr leicht (einige Mikrogramm) und die Stromausbeute pro Faser fiel gering aus. Dennoch reichte sie zum Betrieb einer Leuchtdiode. Verarbeitet in einen Kleidungsstoff, reichte es auch für die Versorgung eines Pulssensors aus.

Mobile Stromquelle und Wellenkraftwerk

Das Material benutzten die Entwickler in einem Hemd, um eine potenzielle Anwendungsmöglichkeit aufzuzeigen. Schon die normale Atmungsbewegung reichte aus, um das Garn zu strecken und dadurch elektrische Spannung zu erzeugen. In diesem Fall diente es als ein selbst betriebener Atmungssensor. „Elektronische Textilien sind von großem kommerziellem Interesse", sagt Co-Autor Ray Baughman vom NanoTech Institut. „Die Ernte von elektrischer Energie aus menschlichen Bewegungen ist dabei eine vielversprechende Strategie zur Beseitigung der Notwendigkeit von Batterien. Unser Garn produziert im Vergleich zu bisherigen Gewebefasern über hundertmal höhere elektrische Leistung pro Gewicht", so Baughman. Stromfasern, die zu dickeren Strängen gebündelt sind, eignen sich außerdem für einen neuen Typ kleiner Wellenkraftwerke. In einem weiteren Experiment verband einer der Forscher durch ein zehn Zentimeter langes Stück des Fadens einen Ballon und ein Gewicht, das sich auf dem Meeresboden im flachen Brandungsbereich befand. Der Ballon wurde jedes Mal, wenn eine Welle ankam, angehoben. Das Garn wurde um bis zu 25 Prozent angehoben und erzeugte dadurch elektrische Energie. Dieses Konzept könnte man im größeren Maßstab nutzen, um Energie aus der Meeresbrandung zu gewinnen. Messbojen ließen sich mit dem auf diese Weise gewonnenen Strom autark betreiben.  Vor einer praktischen Anwendung gilt es jedoch, die Fertigungskosten der heute noch relativ teuren Nanoröhrchen aus Kohlenstoff zu senken. Realistischer auf absehbarer Zeit ist wohl die Anwendung der Nanofasern für das Internet der Dinge. Studien haben gezeigt, dass bereits auf dem heutigen Entwicklungsstand 31 Milligramm der Fasern ausreichen, um so viel Energie zu erzeugen, dass damit alle zehn Sekunden ein Datenpaket von 2 Byte über 100 Meter übertragen werden kann.


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Autor
Name: Aldina Hasanovic