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Aus dem Facharchiv: Elektropraxis
Thermografie 
von Messobjekten

Saubere, rostfreie und blanke Metalloberflächen haben einen relativ niedrigen Emissionsgrad. Dieser ist so niedrig, dass die Objekte mit einer Wärmebildkamera nur schwer zu messen sind. In der industriellen Forschung und Entwicklung 
begegnen wir in diversen Anwendungsbereichen, insbesondere in der Elektronik, zahlreichen Messobjekten mit niedrigem Emissionsgrad. Um hier eine zuverlässige Messung zu gewährleisten, muss der Emissionsgrad dieser schwierigen Objekte erhöht werden.

Bei realen Messobjekten handelt es sich nicht um ideale schwarze Körper. Die gemessene Objekttemperatur resultiert aus einer Kombination von emittierter, transmittierter und reflektierter Strahlung (Quelle: Flir)

Eine Wärmebildkamera nimmt die Strahlungsstärke im Infrarotbereich des elektromagnetischen Spektrums auf und wandelt sie in ein sichtbares Bild um. Die von einem Gegenstand ausgesendete Infrarotenergie wird von der Kameraoptik auf einen Infrarotdetektor fokussiert. Der Detektor sendet die Informationen zu einer Sensorelektronik zwecks Bildverarbeitung. Diese Elektronik übersetzt die vom Detektor kommenden Daten in ein Bild, das im Sucher oder auf einem herkömmlichen Videomonitor bzw. LCD-Bildschirm dargestellt werden kann. Die Infrarot-Thermografie ist die Kunst der Umwandlung eines Infrarotbildes in ein radiometrisches Bild, aus dem sich die Temperaturwerte ablesen lassen. Dies bedeutet, dass jedes Pixel im radiometrischen Bild für eine Temperaturmessung ste

Wärmebilder 
richtig interpretieren

Um Wärmebilder richtig zu interpretieren, muss man wissen, wie unterschiedliche Materialien und Bedingungen die Temperaturmesswerte der Wärmebildkamera beeinflussen. Der Emissionsgrad gibt an, wie viel Infrarotstrahlung ein Körper im Vergleich zu einem idealen Wärmestrahler (einem sogenannten schwarzen Körper mit einem Emissionsgrad von 1) abgeben kann. Bei den realen Objekten, die in der Regel gemessen werden, handelt es sich nicht um ideale Wärmestrahler. Ihr Emissionsgrad liegt unter 1. Bei diesen Objekten ergibt sich die gemessene Temperatur aus einer Kombination von emittierter, transmittierter und reflektierter Strahlung (Bild).

Die korrekte Einstellung der Wärmebildkamera auf den jeweiligen Emissionsgrad ist von entscheidender Bedeutung, um die Temperaturmessungen nicht zu verfälschen. Die Wärmebildkameras von Flir-Systems beispielsweise verfügen über vorkonfigurierte Emissionsgradeinstellungen für unterschiedliche Materialien. Werte, die nicht bereits voreingestellt sind, finden sich in einer Emissionsgrad-Tabelle.

Der Emissionsgrad sowie der Reflexionsgrad und die thermische Leitfähigkeit eines Messobjekts hängen entscheidend von den Materialeigenschaften ab. Die meisten Nichtmetalle haben einen Emissionsgrad von ca. 0,9. Dies bedeutet, dass 90 % der gemessenen Strahlung aus der emittierten Strahlung des Messobjekts herrühren. Die meisten polierten Metalle weisen einen Emissionsgrad von ca. 0,05 bis 0,1 auf. Der Emissionsgrad von angelaufenen, oxidierten oder anderweitig durch Korrosion beeinträchtigten Metallen liegt zwischen 0,3 und 0,9, je nach Ausmaß der Oxidation bzw. Korrosion. Werkstoffe mit einem Emissionsgrad unter 0,7 sind schwierig zu messen. Liegt der Wert gar unter 0,2, ist eine Messung nahezu unmöglich, sofern der Emissionsgrad nicht auf die eine oder andere Weise erhöht wird. Glücklicherweise existieren kostengünstige Möglichkeiten zum Ausgleich eines niedrigen Emissionsgrades bei Messobjekten. Diese Verfahren reduzieren den Reflexionsgrad des Objekts und verbessern somit die Messgenauigkeit.

Klebeband, Lacke und
Beschichtungen

Viele qualitativ hochwertigen Klebebänder haben einen Emissionsgrad von 0,95. Insbesondere bei Kameras mit mittlerer Wellenlänge (3-5 μm) ist darauf zu achten, dass das Klebeband undurchsichtig ist. Einige Vinyl-Klebebänder sind so dünn, dass eine gewisse Infrarot- Transmission erfolgt. Sie sind folglich nicht geeignet für den Einsatz als Beschichtung mit hohem Emissionsgrad. Es gibt beispielsweise schwarze Vinyl-Klebebänder, die sowohl bei kurzen Wellenlängen (3–5 μm) als auch bei langen Wellenlängen (8–12 μm) einen Emissionsgrad von 0,96 aufweisen und daher empfehlenswert sind.

Die meisten Lacke haben einen Emissionsgrad von ca. 0,9 bis 0,95. Lacke auf Metallbasis weisen einen niedrigen Emissionsgrad auf und sind somit nicht zu empfehlen. Die Farbe des Lacks ist nicht die ausschlaggebende Variable für seinen Infrarot-Emissionsgrad. Wichtiger als die Farbe des Lacks ist seine Mattheit. So sind Mattlacke Glanzlacken vorzuziehen. Wichtig ist auch, dass die Beschichtung so dick sein muss, dass sie undurchsichtig ist. In der Regel genügen zwei Schichten.

Klebeband eignet sich gut für kleine Flächen. Bei größeren Flächen ist ein Lackauftrag die bessere Lösung, allerdings ist diese Beschichtung dauerhaft. In Fällen, in denen Klebeband nicht geeignet ist und größere Flächen mit einer wieder entfernbaren Beschichtung zu versehen sind, können Pulversuspensionen in Pasten- oder Sprayform gute Dienste leisten. Der Emissionsgrad mancher Pulver liegt bei ca. 0,9 bis 0,95, sofern sie ausreichend dick aufgetragen werden.

Korrekturflüssigkeiten

Weiße Korrekturflüssigkeit eignet sich hervorragend zur Erhöhung des Emissionsgrads einer Oberfläche. Anders als Klebeband, das auf kleinen Flächen nicht haftet, kann dieses Verfahren selbst bei kleinsten Bauteilen angewandt werden. Die Korrekturflüssigkeit lässt sich mit einer kleinen Bürste und Alkohol abwaschen. Der Emissionsgrad der Korrekturflüssigkeit liegt im Falle einer LW-Kamera bei ca. 0,95 bis 0,96.

Weitere Empfehlungen

Es ist wichtig, dass die Beschichtung eine ausreichend große Fläche abdeckt. Zu prüfen ist das für die Messung relevante Abstand/Ziel-Verhältnis der eingesetzten Kamera und der Mindestabstand, der sicherheitshalber für den Betrieb eingehalten werden muss. So kann zum Beispiel eine Kamera mit einem Abstand/Ziel- Verhältnis von 250:1 ein Objekt mit einer Größe von 1 cm aus einer Entfernung von maximal 250 cm bzw. 2,5 m messen.

Für Anwendungen im höheren Temperaturbereich sollten hitzebeständige Lacke verwendet werden. Klebebänder und Pulver eignen sich nur für einen begrenzten Temperaturbereich. So kann das Schmelzen des Klebebandes erhebliche Schäden verursachen.

Feststellen 
des Emissionsgrades

Der Emissionsgrad muss bekannt sein, um eine korrekte Temperaturauswertung auf Grundlage der gemessenen Strahlung durchzuführen. In Tabellen aufgeführte Emissionsgrade sind jedoch stets mit Vorsicht zu genießen. In vielen Fällen ist nicht eindeutig, in welchem Wellenlängenbereich der angegebene Emissionsgrad zutrifft. Emissionsgrade ändern sich je nach Wellenlänge. Außerdem können die Oberflächenbeschaffenheit, Struktur und Form des Materials den Emissionsgrad entscheidend beeinflussen.

Anhand des nachfolgenden Beispiels lässt sich nachvollziehen, wie sich der Unsicherheitsfaktor hinsichtlich des Emissionsgrads auf die Messgenauigkeit auswirkt: Gehen wir einmal von einer Emissionsgradunsicherheit des Objekts von ±0,05 aus. Bei einem Emissionsgrad von 0,95 entspräche dies einer möglichen Abweichung von 5 %. Bei einem Werkstoff wie glänzendem Kupfer mit einem Emissionsgrad von 0,05 läge die mögliche Abweichung somit bei 100 %. Diese Abweichungen schlagen sich in der Berechnung der Temperatur nieder und erhöhen folglich die Fehlerrate in der Temperaturmessung. Aufgrund dieser Zusammenhänge ist von einer Temperaturmessung von Objekten mit einem Emissionsgrad unter ca. 0,5 abzuraten. Stattdessen sollte das Objekt mit einem Material mit hohem Emissionsgrad beschichtet werden.

Emissionsgrade 
auf Platinen

Im Rahmen der Fehlersuche kann die Messung der Bauteiltemperaturen einer bestückten Platine (PCB) ein nützliches und gleichzeitig kostengünstiges Verfahren darstellen, das jedoch aufgrund der unterschiedlichen Emissionsgrade der einzelnen Bauteile schwierig umzusetzen ist. In der Regel sind Platinen mit einer Vielzahl von Metall- und Kunststoffbauteilen unterschiedlicher Hersteller bestückt, die ihre Bauelemente jeweils mit ihrer herstellerspezifischen Oberflächenbeschichtung behandeln. Wird die Platine mit einer bekannten, geprüften und klar beschriebenen Beschichtung versehen, so erleichtert dies die Sachlage. Nach der Beschichtung haben die Bauteiloberflächen den gleichen Emissionsgrad, sodass die jeweiligen Temperaturen durch ein Thermogramm ermittelt werden können.

Autoren: J. Templin, F. Liebelt

Dieser Beitrag wurde unserem Facharchiv entnommen.

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