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Aus dem Facharchiv: Elektropraxis
Ladeinfrastrukturen für 
Elektrofahrzeuge (2)

Bei Lademöglichkeiten für Elektrofahrzeuge handelt es sich längst nicht mehr nur um einfache Steckdosen im Außenbereich. Vielmehr sind es komplexe Ladeeinrichtungen, die beim Errichten und Betreiben das Beachten weitaus mehrerer Aspekte erfordern. Nach Teil 1 vermittelt dieser Teil nun die normativen Grundlagen zu Stromversorgung und Schutzmaßnahmen.

Anschlussfall D nach E DIN EN 61851-23-1 [5] (Quelle: Fengel; ep)

Der Verteilnetzbetreiber (VNB) hat den Netzanschluss leistungsgerecht auszulegen. Bei der Auslegung und Bereitstellung der Anschlussleistungen hat der VNB neben der gleichzeitig benötigten Leistung, die Art der Nutzung und die möglichen Netzrückwirkun-gen zu beurteilen. Sollen elektrische Anlagen um Ladeeinrichtungen für Elektrofahr-zeuge erweitert oder Ladeeinrichtungen neu errichtet oder geändert werden, sind die Anforderungen nach VDE-AR-N 4100 [11] und VDE-AR-N 4105 [12] zu beachten.

Anschlussleistung

Werden Ladeeinrichtungen in bestehende Anschlussnutzeranlagen installiert, entspricht dies aufgrund der Leistungserhöhung und der Erweiterung der Verwendung einer Nutzungsänderung. Hier ist der Netzbetreiber gefordert, die benötigte Anschlussleistung am Anschlusspunkt zur Verfügung zu stellen, gleichzeitig darf die Netzqualität nicht beeinträchtigt werden. Ladeeinrichtungen für Elektrofahrzeuge mit einer Bemessungsleistung ≥ 3,6 kVA sind beim Netzbetreiber anzumelden. Übersteigt die Summen-Bemessungsleistung je Anschlusspunkt 12 kVA, ist zusätzlich eine Zustimmung des Netzbetreibers erforderlich.

Gleichzeitigkeitsfaktor

Kabel und Leitungen der Anschlussnutzeranlage dürfen aufgrund der Betriebsströme nicht unzulässig thermisch beansprucht werden. Für die Auslegung der Betriebsmittel sind deshalb die zulässigen Strombelastbarkeiten nach DIN VDE 0100-520 (VDE 0100-520)[13] und DIN VDE 0298-4 (VDE 0298-4)[14] unter Berücksichtigung der Reduktionsfaktoren und des Gleichzeitigkeitsfaktors zu beachten.

Bei Anschlusspunkten ist davon auszugehen, dass das EV mit dem Nennstrom geladen wird. Deshalb ist grundsätzlich von einer gleichzeitigen Strombeanspruchung in Höhe des Nennstromes für jeden Anschlusspunkt sowie einer entsprechenden Beanspruchung der Verteilerstromkreise auszugehen. Hierfür ist für die Planung ein Gleichzeitigkeitsfaktor g = 1 anzunehmen. Eine Reduktion des Gleichzeitigkeitsfaktors auf g < 1 ist möglich, wenn eine Lastregelung die Summe der Lastströme (= Ladeströme) sicher regelt.

Allerdings erhöhen sich bei gleichzeitiger Verwendung der Ladepunkte zu Lasten der Ladezeiten die Ladeleistungen. Bei Ladeströmen in Richtung 200 A sind hingegen die Betriebsmittel wie Klemmen, Stecker und Leitungen hierfür zu dimensionieren.

Unsymmetrie

Ungleichmäßige Scheinleistungen zwischen den Außenleitern bzw. Außenleiter und Neutralleiter beeinträchtigen die Netzstabilität. Durch übermäßige Belastung eines Außenleiters im Drehstromsystem kann es zur Abschaltung der Überstrom-Schutzeinrichtung des Außenleiters kommen. Die Außenleiterströme der übrigen Außenleiter addieren sich im Neutralleiter geometrisch. Dadurch kann es zu einer Überlastung im Neutralleiter kommen. Demnach sind in Drehstromsystemen unsymmetrische Lasten gering zu halten. Ladeeinrichtungen für Elektrofahrzeuge sind nach VDE-AR-N 4100 [11] ab einer Bemessungsleistung von 4,6 kVA dreiphasig am Niederspannungsnetz anzuschließen. Einphasige Ladeeinrichtungen sind auf maximal drei Geräte mit einer Bemessungsleistung von jeweils höchstens 4,6 kVA begrenzt. Die anschließbare Summenleistung beträgt maximal 13,8 kVA je Außenleiter. Sind Schieflasten über 4,6 kVA nicht zu vermeiden, sind Symmetrieeinrichtung an der Übergabestelle zu installieren. Diese müssen dann auf Basis des 1-Minuten-Leistungswertes innerhalb von 100 ms Schieflasten auf den Grenzwert von 4,6 kVA begrenzen. Bei Ladeeinrichtungen mit einer Bemessungsleistung über 4,6 kV, ist grundsätzlich an der Übergabestelle eine Symmetrieeinrichtung erforderlich.

Netzrückwirkungen

Ladepunkte für Elektrofahrzeuge sind wie alle elektrischen Betriebsmittel einer Kundenanlage nach VDE-AR-N 4100 [11], Abschnitt 5.4 so zu planen, zu bauen und zu betreiben, dass Rückwirkungen auf das Niederspannungsnetz oder andere Kundenanlagen durch schnelle Spannungsänderungen, Flicker und Oberschwingungen auf ein zulässiges Maß begrenzt werden. Erfüllen die Betriebsmittel nachweislich einzuhaltende Grenzwerte nicht oder übersteigt die gleichzeitig benötigte Leistung 12 kVA, ist eine Beurteilung durch den Netzbetreiber oder ein in ein Installateurverzeichnis eingetragenes Installationsunternehmen durchzuführen.

Lastmanagement

Die Ladeeinrichtungen können je nach Vorgaben des Netzbetreibers am Lastmanagement des öffentlichen Niederspannungsnetzes zur Netzstabilisierung teilnehmen. Dies erfolgt beispielsweise auf Grundlage gesonderter vertraglicher Regelungen zwischen Anlagen- und Netzbetreiber durch eine Fernsteuerung der Ladeleistung.

Autor: M. Fengel

Literatur:

[10] Fengel, M.: Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge – Teil 1: Anschluss- und Ladebetriebsarten; Elektropraktiker, Berlin 73 (2019) 8, S. 602-605.

[11] VDE-AR-N 4100 Anwendungsregel:2019-04 Technische Regeln für den Anschluss von Kundenanlagen an das Niederspannungsnetz und deren Betrieb (TAR Niederspannung).

[12] VDE-AR-N 4105 Anwendungsregel:2018-11 Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz – Technische Mindestanforderungen für Anschluss und Parallelbetrieb von Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz.

[13] DIN VDE 0100-520 (VDE 0100-520):2013-06 Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 5-52: Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel – Kabel- und Leitungsanlagen.

[14] DIN VDE 0298-4 (VDE 0298-4):2013-06 Verwendung von Kabeln und isolierten Leitungen für Starkstromanlagen – Teil 4: Empfohlene Werte für die Strombelastbarkeit von Kabeln und Leitungen für feste Verlegung in und an Gebäuden und von flexiblen Leitungen.

Der vollständige Artikel ist in unserem Facharchiv nachzulesen.

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