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Energiewende: KWKG-Novelle 2017
Kraft-Wärme-Kopplung: Gabriel nimmt Dampf aus den Kesseln

Die Bundesregierung novelliert das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz. Nach der Kehrtwende bei den Erneuerbaren Energien stehen auch der Kraft-Wärme-Kopplung schwere Zeiten bevor — Kritiker befürchten ein hartes Ausbremsen der KWK in Deutschland.

Das Heizkraftwerk Berlin-Mitte ist eine hocheffiziente KWK-Anlage mit Gas- und Dampfturbinen (Bild: Georg Slickers, CC BY-SA 2.5)

Was beinhaltet das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz?

2002 trat das Gesetz für die Erhaltung, Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK-Gesetz) in Kraft. Es regelt die Einspeisung und Vergütung des Stroms aus KWK-Anlagen.

Das KWK-Gesetz wurde 2009 und 2012 novelliert. Am 1. Januar 2016 trat die dritte Novelle in Kraft. Darin wird die Förderung neuer und modernisierter KWK-Anlagen, Fernwärmenetze und -speicher festgeschrieben. Anlagen, die mit Stein- oder Braunkohle betrieben werden, sind nicht förderfähig.

Mit der Novelle änderte die Bundesregierung die Förderbedingungen. Neue KWK-Anlagen mit einer Leistung zwischen einem und 50 Megawatt unterliegen jetzt einer Ausschreibungspflicht.

Die KWKG-Novelle 2016 wird bis Mitte 2017 noch einmal überarbeitet (Mitteilung der Bundesregierung vom 19. Oktober 2016). In diesen Wochen befindet sich der neue Gesetzesentwurf in der Abstimmung zwischen Bundesregierung und Bundesrat.

Warum muss die KWKG-Novelle bis 2017 novelliert werden?

Die Bundesregierung hat versäumt, das KWK-Gesetz auf EU-Ebene rechtssicher zu machen. Parallel dazu will sie mit der Novelle die Förderpraxis für KWK-Anlagen ändern.

Nach Verabschiedung der KWKG-Novelle 2016 erhob die EU-Kommission Einwände gegen die deutsche Förderpraxis. Am 24. Oktober 2016 genehmigte die Kommission schließlich die Förderung hocheffizienter KWK-Anlagen, weil sie sich positiv auf Energieeffizienz und CO2-Emissionen auswirken und die Integration des KWK-Stroms in den Strommarkt erleichtern (Mitteilung der Bundesregierung vom 20. August 2016).

Bedenken äußerte die Kommission zu den Ermäßigungen der KWK-Umlage für große Stromverbraucher und energieintensive Unternehmen. Ob diese Ermäßigungen mit dem EU-Beihilferecht vereinbar sind, wird von der Kommission zur Zeit geprüft.

Wie reagieren Politik und Verbände auf die KWKG-Novelle 2017?

Der Bundesrat leitete am 4. November 2016 eine 30-seitige Stellungnahme an die Bundesregierung weiter. Darin übte er massive Kritik am Gesetzentwurf.

In ihrer Stellungnahme kritisieren die Bundesländer, dass sich KWK-Anlagen, die Strom auch zum Eigenbedarf produzieren, nicht an Ausschreibungen beteiligen dürfen. Nach Angaben von Experten verbrauchen zwei Drittel aller deutschen KWK-Anlagen mit einer Leistung von bis zu 50 Megawatt selbst erzeugten Strom. Der Bundesrat befürchtet deshalb das Ende des KWK-Ausbaus, wenn die Bundesregierung den Ausschluss dieser Anlagen durchsetzt.

Auf besonders scharfe Reaktionen stößt die Ausschreibungspflicht für KWK-Anlagen zwischen einem und 50 Megawatt. Nicht nur der Bundesrat, auch die Stadtwerke fordern, Anlagen bis zwei Megawatt von dieser Pflicht auszunehmen.

Der Bundesrat und der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft wenden sich auch gegen die Deckelung des Ausschreibungsvolumens für neue KWK-Anlagen auf 100 Megawatt im Jahr 2017 und 200 Megawatt jährlich von 2018 bis 2021. Bis 2015 lag der Ausbau bei ca. 350 Megawatt pro Jahr, der Bundesrat erwartet deshalb ein gesetzlich garantiertes Ausschreibungsvolumen von mindestens 400 Megawatt jährlich.

Die Bundesländer erwarten außerdem, dass Organic-Rankine-Cycle-Motoren (ORC) nicht – wie von der Bundesregierung geplant – von KWK-Ausschreibungen ausgeschlossen werden. Die ORC-Technologie gilt als besonders innovativ für KWK-Anlagen.

Welche Auswirkungen hat die Novelle 2016?

Die Kraft-Wärme-Kopplung war auf dem Weg, sich in Deutschland als effiziente Technologie für eine emissionsfreie Energieversorgung zu etablieren. Zwischen 2014 und 2015 wurden vom zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) ca. 7.000 KWK-Anlagen gefördert.

Nach der KWKG-Novelle 2016 kam die Förderung zum Erliegen. Da die Novelle unter Vorbehalt der beihilferechtlichen Genehmigung durch die EU-Kommission stand, wurden in diesem Jahr keine Fördermaßnahme für KWK-Anlagen bewilligt. Beim BAFA liegen ca. 1.400 Anträge, die noch entschieden werden müssen.

Welche Folgen werden für die Novelle 2017 erwartet?

Für die KWKG-Novelle 2017 befürchtet die Umweltministerin von Thüringen, Anja Siegesmund (Bündnis 90/Die Grünen), ein weiteres Ausbremsen der Energiewende durch die Bundesregierung:

"Es beunruhigt mich, dass wir sehenden Auges Regelungen beschließen, die es unmöglich machen, die Klimaschutzziele von Paris zu erreichen."

Julia Verlinden, Sprecherin für Energiepolitik der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, wirft Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel vor, mit dem Gesetzesentwurf die KWK-Technologie zu blockieren:

"Statt die gleichzeitige Erzeugung von Strom und Wärme konsequent zu fördern und so die Energieeffizienz zu steigern, lässt Wirtschaftsminister Gabriel die Kraft-Wärme-Kopplung am ausgestreckten Arm verhungern."

Auch der Geschäftsführer des Bundesverbandes Erneuerbare Energie, Hermann Falk, beurteilt den Gesetzentwurf negativ:

"Sollte es keine Korrekturen geben, wird eine KWK zementiert, die nicht mehr in das künftige System passt … Die Kosten für diese Fehlausrichtung der KWK zahlt der Stromkunde."

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