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Netz mit parallel geschalteten Transformatoren (Quelle: Jörg Schulz)
Installationstechnik | Erdung und Potentialausgleich

Aus dem Facharchiv: Elektropraxis

Keine Patentlösung in Sicht

15.07.2021

Theoretisch ist es ganz einfach: In jeder Versorgungsanlage sollte es nur einen zentralen Erdungspunkt (ZEP) geben, der den Neutralleiter der Anlage einerseits und den Sternpunkt der Stromquelle andererseits mit dem Erdungssystem verbindet. Praktisch kommt es jedoch vor, dass es mehr als ein Versorgungsnetz gibt (Redundanz). Welche Probleme und Lösungsmöglichkeiten sich hieraus 
ergeben, wird im Folgenden behandelt.

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Eine wesentliche Voraussetzung aller Schutzmaßnahmen in TN-Netzen ist die Erdung des Neutralleiters. Früher wurde es durchaus als richtig angesehen, diesen Neutralleiter so oft wie möglich mit dem Erdungssystem zu verbinden, um ein stabiles Bezugspotential zu erzeugen. Das Vorgehen folgte dabei ein wenig dem Prinzip „Try & Error“.

Vagabundierende Ströme 
halten Einzug in die Norm

Aus heutiger Sicht ist es nachvollziehbar, dass mit einer Mehrfach-Erdung des Neutralleiters diesem ein komplexes Leitungssystem parallelgeschaltetet wird. Diese sich in der Praxis durchsetzende Erkenntnis hatte Folgen, die hinlänglich bekannt und im Grunde die gleichen sind wie bei einem ebenfalls früher üblichen TN-C-System: Neutralleiterströme, die keine lineare Charakteristik haben und sich deshalb nicht gegenseitig aufheben, verlagern sich als sogenannte vagabundierende Ströme den Kirchhoffschen Regeln folgend auf das Erdungssystem und alle damit galvanisch verbundenen Elemente. Dies können Stahlkonstruktionen, Rohrleitungen, Fassaden oder Dachsysteme sein, aber auch Antennen-, Kommunikations- und Datennetze. Obwohl diese Ströme da nicht hingehören, verursachen sie Schäden, wie Korrosion oder Verschleiß bei gebäudetechnischen Systemen sowie Störungen, Datenverluste und Hardwareschäden im Bereich der informationstechnischen Anwendungen. Diese Erkenntnisse sind lange bekannt und spätestens seit Oktober 2010 in die Normung eingeflossen. In Punkt 4.3 der DIN VDE 0100-444 [1] wird seit diesem Zeitpunkt gefordert, dass TN-C-Systeme in neu errichteten Gebäuden, die eine wesentliche Anzahl von informationstechnischen Betriebsmitteln enthalten oder wahrscheinlich enthalten werden, nicht verwendet werden dürfen. Weiter wird empfohlen, in bestehenden Gebäuden TN-C-Systeme nicht beizubehalten, wenn diese Gebäude eine wesentliche Anzahl von informationstechnischen Betriebsmitteln enthalten oder wahrscheinlich enthalten werden.


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