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Schema einer hydrothermalen Heizzentrale (Quelle: BMU)
Energietechnik/-Anwendungen | Regenerative/Alternative Energien | Energieerzeugung | Kraft-Wärme-Kopplung

Aus dem Facharchiv: Elektropraxis

Energie – Erzeugung, Handel und Transport (7)

21.07.2022

Im Gegensatz zur oberflächennahen Geothermie, auf die im vorherigen Teil eingegangen wurde, nutzt die Tiefengeothermie Wärmeenergie aus wasserführenden Schichten oder aus heißen Gesteinsmassen, die über Tiefenbohrungen erschlossen werden muss. Im ersten Fall spricht man von der hydrothermalen Geothermie, beim zweiten von der Hot-Dry-Rock-(HDR-) Geothermie.

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Darüber hinaus geht der Beitrag auf ORC-Kraftwerke ein. Sie arbeiten im Gegensatz zu den etablierten Wärmekraftwerken mit deutlich niedrigeren Drücken und Temperaturen und kommen damit den Bemühungen entgegen, auch Erdreichwärme niedrigen Temperaturniveaus zur Stromerzeugung zu nutzen. Bei der hydrothermalen Geothermie wird über eine Tiefenbohrung und mithilfe einer leistungsstarken Pumpe heißes Wasser, das in durchlässigen Schichten (Aquiferen) zirkuliert, an die Oberfläche gefördert. Dort wird die enthaltene Wärmeenergie in einer geothermischen Heizzentrale über einen Wärmetauscher direkt an einen Heizkreislauf übertragen und das abgekühlte Wasser den Aquiferen über eine zweite Tiefenbohrung wieder zugeführt (Bild). Bei Temperaturen von mehr als 100 °C und bei ausreichend hoher Ergiebigkeit der Förderbrunnen ist auch das Betreiben eines konventionellen Kraftwerks zur Stromerzeugung möglich, wobei aus ökologischer und ökonomischer Sicht die Technik der Kraft-Wärme-Kopplung zum Zuge kommen sollte. Leider sind geeignete Standorte für hydrothermale Anlagen in Deutschland rar, denn nicht alle Regionen bieten gleich gute geologische Voraussetzungen. Lediglich der Oberrheingraben, einige Bereiche der Norddeutschen Tiefebene sowie das nordalpine Molassebecken (Gebiet zwischen Donau und Alpen) lassen derzeit eine wirtschaftliche Nutzung unterirdischer Energiequellen zu. Das sogenannte HDR-Verfahren (von Hot Dry Rock) macht Erdwärme nutzbar, das im heißen Untergestein gespeichert ist. Das „dry“ im Namen stammt noch aus der Pionierzeit, als man nicht mit Wasservorkommen in den tiefen Gebirgsmassen rechnete; die Realität sieht anders aus. Der technische Vorgang zur Erdwärmegewinnung läuft so ab, dass man zunächst mithilfe leistungsstarker Pumpen über Tiefenborungen Wasser mit hohem Druck (bis zu 600 bar) in die Gesteinsformationen presst. Das hat zur Folge, dass im Gestein neue Klüftungen gebildet oder vorhandene erweitert werden und damit die Gesteinsformation zu einem Wärmetauscher mutiert, der riesige Dimensionen annehmen kann. In einem zweiten Schritt wird dann erneut Wasser eingepresst, das sich im Gestein erhitzt und über einen Förderbrunnen wieder nach oben transportiert wird, wo es als Dampf eine Turbine zur Stromerzeugung antreibt oder in einem Wärmeversorgungssystem als Energiequelle dient.

Hydrothermale Tiefengeothermie-Projekte

Zwar sind die geologischen Voraussetzungen nicht mit denen in Island oder Ungarn zu vergleichen, aber auch in Deutschland wurden in der Vergangenheit bereits einige hydrothermale tiefengeothermische Projekte realisiert. Sie lassen sich drei Bereichen zuordnen: der Warmwasserversorgung für Heilbäder und anderen Einrichtungen, der Gewinnung von thermischer Energie für Heiz-zwecke und der kombinierten Wärme- und Stromerzeugung.

Warmes Wasser für Heilbäder

Ein klassisches Gebiet der hydrothermalen Geothermie ist die direkte Nutzung natürlicher Thermalwasservorkommen zum Baden. Diese Nutzungsart ist schon seit mehr als tausend Jahren bekannt und hat beispielsweise besonders am Oberrhein eine lange Tradition. So bieten die vier Thermalheilbäder Freiburg, Bad Krozingen, Badenweiler und Bad Bellingen ihren Gästen Thermalwässer an, die aus unterschiedlich tiefen Schichten gefördert werden. In der benachbarten Schweiz entstanden sechs neue Thermalbäder, als sich nach Probebohrungen herausstellte, dass die ermittelten Fördermengen für ein größeres Kraftwerk nicht ausreichten.


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