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Fachwissen: Leser fragen, Experten antworten
Diskussion zur Leseranfrage "Phasengleicher Herdanschluss mit einem Neutralleiter"

Zur Expertenantwort auf die Leseranfrage "Phasengleicher Herdanschluss mit einem Neutralleiter" in ep Elektropraktiker 5/2017 erreichte uns ein kritischer Leserkommentar. Daraus entstand eine lebhafte Diskussion zwischen dem Leser und Fachautor Werner Hörmann zu grundlegenden Fragen des Leitungsschutzes.

(Foto: Bosch)

Frage eines Lesers (*)

Sehr geehrte Redaktion,

in ep Elektropraktiker 5/2017 habe ich den Artikel "Phasengleicher Herdanschluss mit einem Neutralleiter" gelesen. Hierzu habe ich eine Frage.

Auf Seite 374, linke Spalte, heißt es unter Hinweis "Ein solches Vorgehen ist zulässig, wenn mit einer Abschalteinrichtung, z. B. einem dreipoligen Leitungsschutzschalter, eine allpolige Abschaltung realisiert wird."

Für diese Leseranfrage ist aus meiner Sicht die Nennung eines dreipoligen Leitungsschutzschalters im Zusammenhang mit einer allpoligen Abschaltung nicht richtig. Allpolig würde im Fall mit dem Herd (5 x 1,5 mm2) bedeuten, dass ein vierpoliger Leitungsschutzschalter eingesetzt werden muss, um ein allpoliges Abschalten zu realisieren.

Ein dreipoliger Leitungsschutzschalter löst das Problem nicht, da der Neutralleiterstrom nicht überwacht wird, dieser aber unzulässig hoch werden kann.

Sicher haben Sie es hier allgemein als ein Beispiel genannt. Dies wird aber aus meiner Sicht möglicherweise vom Leser so nicht verstanden, oder es könnte zu einer Fehlinterpretation durch den Leser kommen, frei nach dem Motto: "Nimm für einen Herd in diesem Fall einfach einen dreipoligen LSS, dann ist es okay".

Möglicherweise habe nur ich solche Befürchtungen und würde mich daher freuen, wenn Sie Ihre Meinung dazu schreiben würden.


Antwort von Fachautor Werner Hörmann

Da liegen Sie mit Ihrem Bezug auf vierpolige Leitungsschutzschalter falsch, da es zu keiner Überlastung des Neutralleiters kommen kann, Ausnahmen siehe nachfolgend. Daher wird in DIN VDE 0100-520 (VDE 0100-520) auch nur die Abschaltung der Außenleiter gefordert, sodass ein dreipoliger Leitungsschutzschalter ausreichend ist, siehe Text aus der Norm.

Wenn aus einem Drehstromkreis Wechselstromkreise gebildet und an unterschiedliche Außenleiter des Drehstromkreises angeschlossen werden, dann spielt es keine Rolle, ob nur ein, zwei oder drei Außenleiter belastet werden.

Im Neutralleiter wird der Strom nie größer als der Strom in einem Außenleiter. Somit kann es nicht zu einer Überlastung des Neutralleiters kommen. Nicht betrachtet habe ich dabei die in letzter Zeit zu berücksichtigenden Oberschwingungen. Dafür muss DIN VDE 0100-430 (VDE 0100-430) immer beachtet werden.

Bei einem Herd mit Drehstromanschluss ist ein dreipoliger Leitungsschutzschalter nicht gefordert, da die Aufteilung in Wechselstromkreise im Betriebsmittel Herd erfolgt. Somit darf man bei einer Herdzuleitung auch einpolige Leitungsschutzschalter verwenden.

Fakt ist, dass die dreipolige Abschaltung ausreichend ist, da die Abschaltung nicht unter dem Gesichtspunkt der möglichen bzw. nicht gegebenen Überlastung des Neutralleiters gefordert wird, sondern wegen möglicher Spannungsverschleppungen.

Aus diesem Grunde war im zurückgezogenen Teil 520 noch gefordert, dass alle ungeerdeten Leiter geschaltet werden müssen. Darauf hat man nun verzichtet, z. B. weil im TN-System der Neutralleiter als wirksam geerdet betrachtet wird und im TT-System auch eine Abschaltung (allpolig) mit der sowieso notwendigen RCD erreicht werden kann.

Ihre Befürchtungen sind daher unbegründet. Vielleicht hätte ich nicht den Begriff „allpolige Abschaltung“ (obwohl nicht falsch) in der ersten Zeile der mittleren Spalte von Seite 374 verwenden sollen, sondern so wie es in der Norm heißt „Abschaltung aller Außenleiter“.


Antwort des Lesers

Sehr geehrter Herr Hörmann, wir reden offenbar etwas aneinander vorbei. Ihre Ausführungen sind okay, die stelle ich auch nicht in Frage. Die beziehen sich immer auf "alles richtig gemacht", also auf einen vorhandenen Drehstromzähler.

Allerdings beziehe ich mich auf die eigentliche Leseranfrage, in deren unmittelbarem Zusammenhang ich Ihre Ausführungen bringe. Hier bestand das Problem im phasengleichen Anschluss der drei einpoligen Leitungsschutzschalter an einem Wechselstromzähler.

Unter dieser Fragestellung habe ich es für etwas unglücklich formuliert gehalten. Ich denke, hier wäre es für den Anfragenden etwas hilfreicher gewesen, das Beispiel sicher zu machen, und das geht nicht mit einem dreipoligen LSS.

Ich bin wie Sie der Meinung, dass der phasengleiche Anschluss, wie er vom Anfragenden geschildert wurde, nicht in Ordnung ist. Der Einsatz eines vierpoligen LSS, der auch den N schaltet, würde in der vorhandenen Situation für Sicherheit sorgen.

Besser wäre unbestritten der Einsatz des Drehstromzählers, aber den gibt es ja aus unerklärlichen Gründen nicht. Zumal da auch noch das Problem der Zuleitung mit 6 mm² steht (aber das kennt man ja).


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Antwort von Fachautor Werner Hörmann

Sehr geehrter Leser, jetzt verstehe ich Sie doch nicht.

In meiner Antwort bin ich doch zuerst direkt auf die Anfrage eingegangen. In diesem Bereich habe ich ganz klar darauf hingewiesen, dass diese Variante nicht zulässig ist. Dabei habe ich keinesfalls gesagt, dass diese Variante durch einen dreipoligen Leitungsschutzschalter zulässig werden könnte.

Zur Verdeutlichung habe ich dann auch noch auf die zulässige Variante hingewiesen und dabei den dreipoligen Leitungsschutzschalter erwähnt. Ich kann mir daher kaum vorstellen, dass hierbei etwas missverstanden werden könnte.

Vor Ihrem Hinweis, dass der Einsatz eines vierpoligen LSS, der auch den N schaltet, in der vorhandenen Situation für Sicherheit sorgen würde, möchte ich absolut warnen. Die Verwendung eines gemeinsamen Neutralleiters für mehrere Hauptstromkreise – was bei Ihrem Vorschlag der Fall wäre –, wie ich auch mit Bezug auf die Norm zitiert hatte, ist unzulässig.

Außerdem stimmt das nur sehr bedingt, da hierbei keine Verbesserung bezüglich möglicher Belastung durch die Herdplatten gegeben ist, sich der Anwender in falscher Sicherheit wiegt und gleichzeitig alle Platten einschalten wird. Das führt zwangsläufig zu einer Temperaturerhöhung, weil der Leitungsschutzschalter nicht bei 16 A auslöst, sondern beim 1,13-fachen Strom innerhalb von einer Stunde nicht auslösen darf.

Solche "Überlastungen" werden durch die Zuordnung nicht abgedeckt, weshalb auch im Teil 430, Abschnitt 433.1, darauf hingewiesen wird.

Mit freundlichen Grüßen, W. Hörmann


Antwort des Lesers

Sehr geehrter Herr Hörmann,

aus meiner Sicht hat bei einem vorhandenen Wechselstromzähler die Absicherung einpolig zu erfolgen und die Brücken sind – wie auch von den Herstellern in deren Bedienungsanleitungen vorgegeben – im Herd zu setzen. Dann funktioniert das und ist sicher.

Nun hatten die Installateure es wohl gut gemeint und wollten so weit wie möglich auf die Umstellung auf Drehstromzähler vorbereiten. Hierbei haben die Installateure einen Fehler gemacht, das ist unbestritten. Die Anlage darf so nicht weiter in Betrieb bleiben.

Mir stellt sich jetzt die Frage: Wie wird das Problem vor Ort kurzfristig gelöst?

Ich sehe hier nur zwei Möglichkeiten:

  1. Das Umklemmen auf einen einpoligen LSS und Aufteilung im Herd oder
  2. einen vierpoligen LSS einsetzen, der 3 x L und N schaltet.

Ich kann in der von Ihnen zitierten Norm kein Verbot erkennen, einen vierpoligen LSS einzusetzen. Sicher wird der Betreiber alle Platten einschalten, dann löst aber meiner Meinung nach der vierpolige LSS aus, weil der N den Summenstrom führt, der logischerweise zu hoch ist. Damit ist die Überlastung vom N doch abgewendet?

Ich gebe zu, mein Vorschlag mit der Variante vierpoliger LSS lässt nicht das Betreiben aller Platten zu, aber es würde zumindest erst mal eingeschränkt gehen, ohne dass eine unmittelbare Brandgefahr von N ausgeht.

Ihre Angabe des 1,13-fachen Stroms innerhalb einer Stunde sollte doch auch bei richtigem Anschluss für den LSS gelten oder? Warum ist das dann hier ein Problem?

In der DIN VDE 0100-430 Abschnitt 433.1 steht: "Der Schutz in Übereinstimmung mit diesem Abschnitt kann den Schutz in bestimmten Fällen nicht sicherstellen [...]".

Über den Querschnitt der Herdleitung haben wir uns ja noch gar nicht unterhalten. Bei Wechselstromzähler werden 1,5 mm2 für den Herd wohl nicht ausreichen. Im angefragten Fall kann die Leitung sicher nicht ausgetauscht werden. 5 x 1,5 mm2 funktioniert so nur bei Drehstromanschluss, der muss also umgesetzt werden.


Antwort von Fachautor Werner Hörmann

Sehr geehrter Leser,

eigentlich ist schon alles gesagt, da wir beide der Meinung sind, dass die Ausführung unzulässig ist.

Fakt ist, dass ich nicht behauptet habe, dass vierpolige Leitungsschutzschalter verboten wären. Vierpolige Leitungsschutzschalter wird es in Zukunft sogar verstärkt geben müssen, um den N bei Oberschwingungsströmen zu schützen.

Des Weiteren habe ich durch Zitieren des normativen Textes von Abschnitt 521.8.2 versucht, klar zu machen, dass die Verwendung eines Neutralleiters für mehrere Hauptstromkreise unzulässig ist, sodass sich das Thema vierpoliger Leitungsschutzschalter derzeit erübrigt. Das heißt, er kann dieses Verbot nicht aufheben.

Bezüglich der möglichen Überlastung des Neutralleiters sei zu bedenken, dass hierbei der zitierte Abschnitt aus DIN VDE 0100-430 (VDE 0100-430) zum Tragen kommen kann, weil z. B. nur zwei Platten (mit je ca. 8,6 A, was je 2.000 W entspricht) über längere Zeit eingeschaltet sein können.

Der sich ergebende Strom von 17,2 A wäre der Grenzfall, bei dem der Leitungsschutzschalter innerhalb einer Stunde nicht auslösen darf. Der Neutralleiter mit seinem Querschnitt gleich Außenleiter (z. B. von 1,5 mm2) würde nun über diese Zeit belastet werden, was zu erhöhten Temperaturen und sehr schnell zur Alterung der Isolation führen wird und dann eben eine Brandgefahr darstellt.

Fakt ist, dass sich hierbei der Elektriker nicht ausreichend informiert hat. Sonst hätte er wissen müssen, dass es nur Wechselstromzähler gibt. Somit hätte er einen entsprechenden Querschnitt und eventuell – um für die Zukunft gerüstet zu sein – ein 5 x ... mm2 oder ggf. auch zusätzlich ein Drehstromkabel verlegen müssen. Wobei ein Kabel oder eine Leitung von 5 x 1,5 mm2 auch nicht gerade zukunftssicher ist, da heute die Herde Drehstromleistungen von z. B. 13 kW aufweisen.

Es wird kein Weg an einer Neuverlegung eines Kabels oder einer Leitung mit entsprechendem Querschnitt vorbeiführen.

Denken Sie daran: Murks kann man nicht gesundbeten!

Mit freundlichen Grüßen, W. Hörmann

(*) Der Name des Lesers ist der Redaktion bekannt

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