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Sicherheitstechnik | Brand- und Explosionsschutz

Aus dem Facharchiv: Leseranfrage

Schulungserfordernis für Prüfung von Ex-Anlagen

27.08.2019

In welchem zeitlich periodischen Abstand müssen befähigte Personen insbesondere in Bezug auf Ex-Anlagen geschult werden?

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Frage: Wie ist die an mehreren Stellen angegebene „regelmäßige Schulung“ befähigter Personen aufzufassen? Wie lang sollte der Zeitraum zwischen zwei Schulungen maximal sein? Die Aussagen, die selbst von Anbietern solcher Schulungen kommen, reichen von Jahresunterweisung bis zu „nichtunbedingt mehr als drei Jahre“. Ich würde gern an den bisherigen Jahresunterweisungen festhalten, da unsere Monteure viel in Abwasseranlagen arbeiten und diese Ex-Anlagen auch prüfen müssen. Wenn unser Geschäftsleiter aber nun Schulungen alle zwei Jahre festlegt, wie ist dann der Sachverhalt? Antwort: Die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) [1] verpflichtet den Arbeitgeber, diese Prüfungen zu veranlassen. Der trägt die Verantwortung dafür, dass die Anlage rechtzeitig, in erforderlichem Umfang und mit qualifiziertem Sachverstand geprüft wird. Nicht selten fehlt es ihm jedoch an einer dafür unerlässlichen Fähigkeit – dem fachspezifischen Beurteilungsvermögen. Dann muss ein dazu Fähiger beratend einspringen. Dem Prüfer trägt die BetrSichV auf, seine Qualifikation nachzuweisen und ein Prüfergebnis zu liefern, anhand dessen ein sicherer Zustand mindestens bis zur nächsten Prüfung gewährleistet bleibt. Diesen Zeitraum begrenzt die BetrSichV auf maximal drei bis sechs Jahre. Zur Orientierung: Was kommt da alles auf den Prüfenden zu? Auf den ersten Blick sind im Wortlaut der Anfrage zwei unterschiedliche Schulungsziele erkennbar. Beide beziehen sich auf Tätigkeiten an elektrischen Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen: einerseits die Fähigkeit zur sicherheitsgerechten Installation, andererseits die Fähigkeit zur sicherheitsgerichteten Prüfung der Anlage. Dass man für beides fachlich fähig sein muss, also Fachkundiger, gilt wohl jedem als selbstverständlich. Aber zum Prüfen im Sinne der BetrSichV bedarf es neben der Fachkunde noch einer rechtlichen Erlaubnis, teilweise sogar der behördlichen Anerkennung. In diesem Zusammenhang bedeutet „befähigt“, nach Maßgabe dieser Verordnung zum Prüfen befugt zu sein. An das persönliche Rüstzeug zum Prüfen stellen die rechtlichen und normativen Grundlagen [1][2][3] besondere Anforderungen. Das gilt vor allem für überwachungsbedürftige Anlagen (ÜA) also auch für Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen. Die BetrSichV verwendet den Begriff „Arbeitsmittel“ sowohl für ein einzelnes Gerät als auch für eine gesamte ÜA. Dazu definiert die Verordnung: „Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen sind die Gesamtheit der explosionsschutzrelevanten Arbeitsmittel einschließlich der Verbindungselemente sowie der explosionsschutzrelevanten Gebäudeteile.“ Sofern die BetrSichV nicht – wie bei erlaubnisbedürftigen Anlagen – eine „zugelassene Überwachungsstelle“ (ZÜS) bindend vorschreibt, dürfen Prüfungen an ÜA auch von einer „zur Prüfung befähigten Person“ (zPbP, früher kurz bP) vorgenommen werden. Dazu heißt es in der BetrSichV, „Zur Prüfung befähigte Person ist eine Person, die durch ihre Berufsausbildung, ihre Berufserfahrung und ihre zeitnahe berufliche Tätigkeit über die erforderlichen Kenntnisse zur Prüfung von Arbeitsmitteln verfügt; soweit hinsichtlich der Prüfung von Arbeitsmitteln in den Anhängen 2 und 3 weitergehende Anforderungen festgelegt sind, sind diese zu erfüllen.“ Weitergehende Anforderungen gibt es allerdings schon in der Verordnung selbst, außerdem im Anhang 2, Abschnitt 3 – Explosionsgefährdungen. Zum Aufgabenbereich einer zPbP: Ähnlich wie die Instandsetzung hat auch das Prüfen von Anlagen retrospektiven Charakter. Da geht es fast immer um „anerkannte Regeln der Technik“, höchst selten um Zukünftiges aus einem Entwurfstext. Der gerätetechnische Fortschritt steht hier nicht im Vordergrund. Trotzdem wird auch ein Prüffachmann ein Auge darauf haben, was sich auf seinem Fachgebiet an Neuem begibt, rechtlich gesehen auf jeden Fall. Art und Umfang der Pflichten einer zPbP hängen maßgeblich davon ab, auf welche Art sie dabei tätig wird. Tabelle 1 fasst zusammen, welche Prüfungen die BetrSichV in ÜA zu Belangen des Explosionsschutzes vorschreibt. Bei Prüfungen der Explosionssicherheit insgesamt handelt es sich um das gesamte Explosionsschutzkonzept und teilweise auch noch um den Brandschutz. Beim Explosionsschutz umfasst das Schutzkonzept prinzipiell drei Gruppen von Maßnahmen mit folgender Rangordnung:

  • Vermeiden gefährlicher explosionsfähiger Gemische (primärer Explosionsschutz);
  • Ausschluss von Zündquellen, z. B. elektrischen (sekundärer Explosionsschutz) und
  • Verhindern schädigender Explosionswirkungen (tertiärer Explosionsschutz).

Dafür maßgeblich ist seit 2015 nicht mehr die BetrSichV, sondern die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) [5]. Man muss sich also auch in den Technischen Regeln zur GefStoffV (TRGS) auskennen. Das Explosionsschutzkonzept der jeweiligen Betriebsanlage, enthalten im betrieblichen Explosionsschutzdokument, ist die maßgebende Basis für anlagentechnische Prüfungen. Aktualität wird dabei vorausgesetzt, sollte aber trotzdem kontrolliert werden, denn die rechtlichen Änderungen von 2015 wirken sich teilweise auch auf vorher entstandene Explosionsschutzdokumente aus. Damit ist allerdings nur der große Rahmen dafür abgesteckt, was auf eine zPbP zukommen kann. Wer das alles beherrschen wollte, müsste ein Universalgenie sein. Prüffachleute tendieren, je tiefer sie sich spezialisiert haben, naturgemäß eher zum Gegenteil. Und daher haben es Spezialisten oft schwer, einen gleichartig tätigen Partner für den Erfahrungsaustausch zu finden. Zur Rechtslage: Rechtstexte erschließen sich nicht jedem sofort in voller Tiefe. Das gilt auch für die aktuellen Änderungen im rechtlichen Rüstzeug des Explosionsschutzes, der GefStoffV und der BetrSichV. Beide Verordnungen sind in letzter Zeit mehrfach geändert worden. Dabei haben sich die Anforderungen an eine zPbP erhöht, und das ist nicht nur eine Folge des erweiterten Begriffes „Explosionsgefährdung“. Dass es bei mehreren der zugehörigen Technischen Regeln (TRGS und TRBS) nun Anpassungsbedarf gibt, macht es nicht leichter. Vieles hängt von einander ab oder steht wechselseitig in Beziehung. Während im Rechtswesen die Deregulierung Fuß fasst, nimmt der Umfang international dominierter Normative weiter zu. Damit steigen der Orientierungs- und der Abstimmungsbedarf. Was greift da außerdem noch ineinander in der Automatisierungstechnik, bei der funktionalen Sicherheit oder wenn Import-Geräte beim Prüfen auffällig werden? Aus dieser diffizilen Sachlage erklärt sich, weshalb sich die BetrSichV einschließlich der TRBS 1203 [6] bei der Weiterbildung einer zPbP zurückhalten mit konkreten Regularien und Zeitabständen. Zu viele Einflüsse wirken jeweils neben- und gegeneinander, z. B. das Tätigkeitsprofil des Prüfers (fachspezifische Breite und/oder Tiefe, zeitnahe berufliche Tätigkeit, persönliche Kompetenz), Komplexität und Alter des Prüfungsobjektes (zu überblickende Zeitspanne bei wiederkehrenden Prüfungen, Wertigkeit betriebsbegleitender Prüfungen) und vieles mehr. Zur zeitlichen Weiterbildung: Gemäß BetrSichV, Anhang 2, Abschnitt 3 muss eine im Explosionsschutz tätige zPbP „ihre Kenntnisse im Explosionsschutz auf aktuellem Stand halten und sich regelmäßig durch Teilnahme an einem einschlägigen Erfahrungsaustausch auf dem Gebiet des Explosionsschutzes fortbilden“. Mehr ist dazu rechtlich nicht festgelegt. Etwas seitab, nicht unmittelbar an die zPbP adressiert, enthält die DIN EN 60079-19 (VDE 0165-20-1) [7] eine auch für die Prüffachleute interessante Orientierung. Auf elektrotechnische Belange ausgerichtet, betrachtet diese Norm die Erfordernisse zur Weiterbildung von Verantwortlichen und Handwerkern der Instandsetzung folgendermaßen: „Geeignete Schulung und Bewertung muss von Zeit zu Zeit in Abständen vorgenommen werden, die von der Häufigkeit des Gebrauchs der Technik oder der Fachkunde und von Veränderungen der Normen oder Vorschriften abhängen. Normalerweise sollten die Abstände drei Jahre nicht überschreiten.“ In analoger Weise helfen diese Kriterien auch den Prüffachleuten, ihren persönlichen Schulungsbedarf zu kontrollieren. Ist der empfohlene Zeitabstand von drei Jahren auch für die Belange der zPbP akzeptabel? Gemessen am Überarbeitungsturnus von Ex-Normen, der fünf Jahre beträgt, erscheinen drei Jahre nicht als zu lang. Bezogen auf das aktuelle Geschehen im Zusammenhang mit der BetrSichV und der GefStoffV samt Regelwerk stellt sich das jedoch deutlich anders dar. Weitere Anlässe für kürzere oder operativ erforderliche Schulungen können sich aus technischer Sicht ergeben, z. B. bei sicherheitsbezogenen anspruchsvollen anlagentechnischen Schutzmaßnahmen (Zündschutzarten eigensicherer Stromkreis, Überdruckbelüftung, Schutz von Einrichtungen mit optischer Strahlung), betriebsbedingt auftreten oder anderweitig entstehen.  Tafel 1: Prüfungsspektrum gemäß BetrsichV:2015 bei elektrischen Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen gemäß GefStoffV:2017


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