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Schaltnetzteil: Schaltung sowie Strom- und Spannungsverlauf (Quelle: Kuhnhenne/ep)
Energietechnik | Energieverteilung | Energieerzeugung

Aus dem Facharchiv: Elektropraxis

Effektive Beseitigung von Netzresonanzen

17.06.2021

Neben der „klassischen“ niederfrequenten Oberschwingungsproblematik machen sich in unseren Energieversorgungsnetzen seit geraumer Zeit – in immer stärker werdendem Maße – Schwingungen deutlich höherer Frequenz bemerkbar, die sich der Grundschwingung überlagern, diese häufig stark verzerren und infolgedessen zu einer Vielzahl von Problemen führen.

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Die höherfrequenten Schwingungen werden von der Fachwelt als „Resonanzen“ tituliert. Plastisch formuliert: Das Netz gerät aus dem Gleichgewicht. Diese Disbalance ist häufig durch ein „Surren“ oder „Summen“ der resonanzbeteiligten und folglich stärker belasteten Betriebsmittel akustisch wahrnehmbar (beispielsweise Transformatoren, Drosseln, Netzteile). Solche resonanten Schwingungen treten – was den Frequenzbereich angeht – typischerweise oberhalb von ca. 1 000 Hz (20. Ordnung im 50-Hz-Netz) auf. Sie werden somit den sogenannten „Supra-Harmonischen“ zugeordnet. Bei welcher Frequenz sich eine Resonanz genau ausbildet und welche Ausmaße (Amplitude) sie annimmt, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z. B. der tatsächlichen Netzkurzschlussleistung und der gesamt zugeschalteten Kapazität im jeweiligen Netz. Die Erfahrung zeigt eindeutig, dass Störpotentiale, ausgehend von Resonanz-Phänomenen, zumeist wesentlich höher als die von niederfrequenten Störpegeln sind. Insofern ist diesbezüglich besondere Vorsicht geboten, da meist bereits ein nicht allzu hoher resonanzbedingter Störpegel in einem Netz gravierende „Komplikationen“ (wie beispielsweise Anlagenausfälle) zur Folge haben kann.

Auffrischung 
der Grundlagen

Was sind die „klassischen“ niederfrequenten Oberschwingungen und wie entstehen sie? Betriebsmittel mit nicht-linearer U-I-Kennlinie (nicht-lineare Strom-Spannungs-Charakteristik) oder nicht stationärem Betriebsverhalten nehmen, trotz sinusförmiger Netzspannung, zwangsläufig einen nicht-sinusförmigen Strom auf. Dieser führt, durch dessen Einspeisung gegen die vorhandene Netzimpedanz, zu nichtsinusförmigen Spannungsfällen und damit zur Verzerrung der speisenden Spannungsversorgung – es entstehen somit Netzrückwirkungen. Es handelt sich bei diesen Betriebsmitteln vorwiegend um Frequenzumrichter, Stromrichter oder Netzteile, also Geräte, die auf der Eingangsseite (Netzseite) einen Gleichrichter enthalten. Wie Oberschwingungsströme im Einzelnen zustande kommen, wird an folgendem Beispiel eines Schaltnetzteils, exemplarisch veranschaulicht: Bedingt durch den Glättungskondensator auf der Gleichspannungsseite des Netzteils, nimmt der Dioden-Gleichrichter auf der Netzseite nur dann Strom auf, wenn die – idealisiert sinusförmig dargestellte – Netzspannung UAC größer als die Gleichspannung UDC ist. Da diese Tatsache nur im Bereich des Scheitelpunktes der AC-Netzspannung gegeben ist (wenn der Glättungskondensator nachgeladen wird), liegt seitens des Gleichrichters dementsprechend eine pulsförmige Stromaufnahme mit relativ geringem Stromflusswinkel vor (Bild). Analysiert man nun das Frequenzspektrum dieses nicht-sinusförmigen, aber periodisch verlaufenden Stroms, stellt man fest, dass hinsichtlich der enthaltenen Frequenzanteile neben der Grundschwingungsfrequenz (1. Ordnung) auch diverse ganzzahlige Vielfache vorhanden sind. Es zeigt sich, dass in diesem spezifischen Stromverlauf die 3., 5., 7. und 9. Harmonische dominieren. Diese Oberschwingungsströme treffen im Netz auf die Netzimpedanz und bilden dann nach dem Ohmschen Gesetz äquivalente Spannungspegel, die eine entsprechende Verzerrung der Spannung bewirken und des Weiteren etwaige Resonanzstellen im Netz anregen. Die IEC 61000-2-4 als Produktleitnorm gibt fest definierte Grenzwerte für die maximal zulässige Spannungsverzerrung vor. Innerhalb dieser Grenzwerte müssen Anlagen einwandfrei funktionieren. Bei Überschreitung dieser Grenzwerte dürfen Betriebsmittel und Prozesse gestört werden, ohne dass deren Hersteller in die Haftung genommen werden können (Verlust der Gewährleistungsansprüche). Der Kunde muss in solchen Fällen die entstehenden Kosten für Reparaturen und Produktionsausfälle selbst tragen. Hierbei können sich, gerade beim Ausfall von gesamten Produktionsprozessen, die finanziellen Zusatzbelastungen auf ein Vielfaches dessen summieren, was geeignete Maßnahmen zur Reduzierung der verursachenden Spannungsverzerrungen im Vorfeld gekostet hätten. Es obliegt also der Verantwortung des Kunden, sicherzustellen, dass die vorhandenen Spannungsverzerrungen in seinem Versorgungsnetz auf ein normativ verträgliches Maß reduziert werden.


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