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Laborversuch (Foto: TU Ilmenau)
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Zukunft der Elektrizität könnte in der Vergangenheit liegen

Comeback der Gleichstromtechnik?

20.11.2017

Die Gleichstromtechnik spielt in Europa seit mehreren Jahrzehnten kaum noch eine Rolle. In naher Zukunft könnte sie jedoch eine Renaissance erleben. Dank des weltweiten Siegeszuges erneuerbarer Energien wird das Stromnetz dezentraler. Die Versorgung mit Wechselstrom ist nicht mehr effizient genug.

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In den letzten Jahren ist die Anzahl an Elektrogeräten und LED-Beleuchtungen, die Gleichstrom nutzen, stetig gestiegen. Eine Steckdose versorgt sie mit einer 230-Volt-Wechselspannung mit Strom. AC/DC-Wandler transformieren ihn anschließend. Die Kosten für Anschluss und Verbrauch werden dadurch in die Höhe getrieben. Auch bei Antrieben in der Industrie kommen zur Drehzahlregelung immer häufiger Frequenzumrichter mit einem Gleichspannungszwischenkreis zum Einsatz. Gleichzeitig hat der Anteil von Batteriespeicheranlagen und Gleichstromgeneratoren, die Gleichstrom direkt produzieren, zugenommen. Unter Wissenschaftlern und Entwicklern wurde nun die Diskussion Gleichstrom versus Wechselstrom neu entfacht.

Erneuerbare Energien als Treiber der Gleichstromtechnik

Seit Beginn der 1990er-Jahre ist der Stromverbrauch in Deutschland gestiegen. Mit 228 Terawattstunden verbrauchte die Industrie im Jahr 2015 den meisten Strom, gefolgt vom Gewerbe-, Handels- und Dienstleistungssektor, den privaten Haushalten sowie dem Bereich Verkehr. Die Energieerzeugung erfolgte bisher mit Wechselstrom wie etwa in Generatoren großer Kohle- und Kernkraftwerke oder Wasserturbinen. Ein Wechselspannungs-Stromnetz verteiltdie Energie und wird mit dem weltweiten Siegeszug erneuerbarer Energien dezentraler. Wo man den Strom erzeugt, verbraucht man ihn.   Solaranlagen gewinnen Gleichstrom. Um ihn über das Wechselstrom-Netz zu transportieren, muss er zunächst in AC umgewandelt. Elektromotoren, die einen Gleichstromkreis haben, wandeln ihn wieder in Gleichstrom zurück. Dadurch entstehen mehrfach Wandlungsverluste von AC zu DC. Durch die Gleichstromversorgung lassen sie sich reduzieren.

Einsparung des Energiebedarfs

Guido Ege, Leiter des Produktmanagements bei Lapp, ist davon überzeugt, dass bei einer kompletten Umstellung des gesamten Stromnetzes in Deutschland auf Gleichstrom eine ungefähre Einsparung des Gesamtenergiebedarfs von 35 Prozent möglich wäre. Das Thema Normung spielt laut Ege eine zentrale Rolle bei der Verbreitung von Gleichstrom in Deutschland. Normen würden helfen, Produkte für Anwender zu entwickeln und gleichzeitig eine Nachfrage nach DC zu erzeugen. Es sei nötig für die entsprechende Spannungsklasse, die Farbcodes sowie die Installationsrichtlinien zu normen. Dazu bedarf es Antworten auf Fragen: Wie werden die entsprechenden Stromkreise, wenn ich AC und DC zusammen verlege, voneinander getrennt? Darf ich sie zusammen verlegen? Man müsse außerdem Standards für Schutzeinrichtungen definieren. Professor Frank Berger forscht in Ilmenau, Thüringen, an der Frage, wie Kabel, Schaltgeräte und Leitungen für Gleichstrom optimiert werden können. Er ist sich sicher, dass sich der Schwerpunkt der Elektrotechnik verlagern wird. Schalter tun sich laut Berger besonders schwer mit Gleichstrom. Beim Ausschaltvorgang bildet sich ein kräftiger Lichtbogen. Ohne spezielle gerätetechnische Maßnahmen würde er nicht erlöschen. Das Trennen von Kontakten funktioniert hingegen bei Wechselstrom zuverlässig, da er im Takt seiner Frequenz für den Bruchteil einer Sekunde auf null absinkt. Bei einem geöffneten Schalter steigt er nicht wieder an. Dagegen fließt Gleichstrom über einen entstehenden Lichtbogen kontinuierlich weiter. Ohne Gegenmaßnahmen würde er den Schalter in Brand setzen und zerstören. Aus diesem Grund kombiniere man die Mechanik des Schalters mit einer elektronischen Trennvorrichtung, erklärt Berger. Der Strom fließe im geschlossenen Zustand fast verlustfrei über die Metallkontakte. Beim Öffnen nehme er hingegen den Weg über die Leistungselektronik, die den Stromfluss dann ohne Lichtbogen unterbreche, sagt Berger.  


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Autor
Name: Aldina Hasanovic