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(Symbolbild: Michal Jarmoluk/pixabay.com)
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Aus dem Facharchiv: Leseranfrage

Auskunft über erforderlichen Kurzschlussstrom

18.06.2019

Kann für eine Anlage der Wert des Kurzschlussstromes vom Energieversorger eingefordert werden?

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Frage: Bei der Arbeit mit einer Planungssoftware muss beim Anlegen der Netzeinspeisung der Wert für den Kurzschlussstrom angegeben werden, um brauchbare Berechnungsergebnisse zu erhalten. Auf Nachfrage bei zwei verschiedenen Energieversorgern konnten diese uns keinen Wert nennen. Eine Anfrage bei der Bundesnetzagentur ergab folgende Auskunft: „Netzbetreiber sind nach § 17 und § 18 Energiewirtschaftsgesetz verpflichtet, elektrische Anlagen an ihre Netze anzuschließen, solange ein solcher Netzanschluss nicht wirtschaftlich oder technisch unzumutbar im Sinne des § 17 Absatz 2 Energiewirtschaftsgesetz ist. Die allgemeinen Bedingungen, unter denen ein Netzanschluss vorgenommen wird, sind in der Niederspannungsanschlussverordnung geregelt. In § 6 der Niederspannungsanschlussverordnung heißt es unter anderem, dass der Anschlussnehmer vom Netzbetreiber bei der Wahl der Art, Zahl und Lage der Netzanschlüsse‘ beteiligt werden soll. Zudem muss der Netzbetreiber Auskunft über den voraussichtlichen Zeitbedarf für die Herstellung des Anschlusses geben. Weitere gesetzliche Vorgaben, die Netzbetreiber verpflichten Anlagenplanern beziehungsweise Anschlussnutzern Auskunft hinsichtlich bestimmter spezifischer Informationen (wie zum Beispiel Angaben zum Kurzschlussstrom) zu erteilen, bestehen nicht. Anlagenbetreibern obliegt es hinreichend konkrete Vorschläge zu unterbreiten, so dass Netzbetreiber in der Lage sind entsprechende Auskünfte zu erteilen. Von Netzbetreibern kann nicht verlangt werden, Berechnungen für jeden eventuell möglichen Netzanschluss vorzunehmen. Netzbetreiber und Anlagenbetreiber sind gefordert, gemeinsam Netzanschlussmöglichkeiten zu identifizieren. Der Bundesnetzagentur ist bisher nicht bekannt, dass Netzbetreiber die Zusammenarbeit im Rahmen eines solchen Vorgehens verweigert haben.“ Welche Möglichkeiten haben wir, diesen Wert beim Energieversorger einzufordern? Gibt es hier eine Pflicht auf Auskunft? Wie ist hier die Rechtslage?“

Antwort: Die Kenntnis der im Fehlerfall auftretenden möglichen unbeeinflussten Kurzschlussströme ist erforderlich zur Bestimmung der Bemessungsgrößen von Schutzorganen, die einen fehlerhaften Stromkreis unterbrechen, ehe der Kurzschlussstrom eine schädliche Erwärmung an Kabel- und Leitungsanlagen, deren Isolierung, Anschluss- und Verbindungsstellen oder deren Umgebung bewirkt. Das Ausschaltvermögen der Schutzeinrichtung muss mindestens dem größten Strom bei vollkommenem Kurzschluss entsprechen. Die Zeit bis zum Ausschalten des durch einen vollkommenen Kurzschluss in einem beliebigen Punkt des zu schützenden Stromkreises hervorgerufenen (kleinsten) Kurzschlussstromes darf dabei nicht länger sein als die Ausschaltzeit, in der der Kurzschlussstrom die Leiter auf deren zulässige Kurzschlusstemperatur erwärmt. DIN VDE 0100-430 (VDE 0100-430), Abschnitt 434.1 [1] verlangt die Bestimmung von unbeeinflussten Kurzschlussströmen für jede relevante Stelle der elektrischen Anlage. Dies darf entweder durch Berechnung oder Messung erfolgen. Die Berechnung der Kurzschlussströme in Drehstromnetzen erfolgt nach DIN EN 60909-0 (VDE 0102) [2]. In der Anmerkung zum Abschnitt 434.1 von DIN VDE 0100-430 (VDE 0100-430) [1] steht: „Der unbeeinflusste Kurzschlussstrom am Speisepunkt kann bei dem Netzbetreiber erfragt werden.“ Üblicherweise werden aber nicht Kurzschlussströme, sondern die Schleifenimpedanz an der Übergabestelle, in der Regel dem Hausanschluss, auf Anfrage vom Netzbetreiber mitgeteilt. Hierüber liegen in der Regel Erfahrungswerte vor. Sollte das nicht genügen, muss die Schleifenimpedanz gemessen werden. Für den Netzbetreiber sind solche Angaben allerdings für eine dauerhafte Festlegung nicht möglich. Verteilungsnetze sind nicht statisch. Im Betrieb erfolgen netztopologische Veränderungen, Schalthandlungen, Austausch von Kabeln mit unterschiedlichen Querschnitten, Netzverstärkungen, Maschenbildung oder -auflösung etc., wodurch sich zwangsläufig auch die Netzimpedanz ändert. Und damit auch die Ergebnisse einer vorherigen Berechnung. Als Richtwert in Kabelnetzen der öffentlichen Versorgung im TN-System können für die Schleifenimpedanz je nach Netzverknüpfungspunkt Werte von 0,04 Ω bei Netzanschlüssen direkt an der Sammelschiene der Netzstation bis zu 0,3 Ω beim Muffenanschluss am Netzkabel angenommen werden. Je nach Netzsystem, Netztopologie, innerstädtisch, Stadtrand oder Flächennetze können diese Werte weiter variieren. Als erster Schritt sollte daher der größte Wert der Schleifenimpedanz im jeweiligen Netzgebiet erfragt werden. Führt eine Kurzschlussberechnung über die verwendete Planungssoftware mit diesem Wert nicht zu einem vertretbaren Ergebnis, muss beim Netzbetreiber der genaue Wert erfragt werden. Autor: T. Haubner

Der Artikel ist in unserem Facharchiv nachzulesen.


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