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Bild (1): An den Energiemonitoring-Server können bis zu 31 Modbus-fähige Messgeräte beziehungsweise Geräte mit integrierter Messfunktion angeschlossen werden. Somit lassen sich an allen relevanten Stellen einer Niederspannungsverteilung Messwerte für ein umfassendes Monitoring abgreifen (Bild: Hager)
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Energieeffizienz von Niederspannungsanlagen

Anforderungen und Empfehlungen nach DIN VDE 0100-801

24.01.2019

Die DIN VDE 0100-801 definiert erstmals unter dem Aspekt der Energieeffizienz umfassende Anforderungen für die Planung und Errichtung von elektrischen 
Anlagen in Wohn-, Gewerbe- und Zweckbauten. Vorrangiges Ziel ist es, bei 
der Planung von neuen und bei der Modifizierung bestehender Anlagen die 
Verwendung elektrischer Energie zu optimieren.

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Die Norm rückt das Thema Energieeffizienz beim Bau von Niederspannungsanlagen stärker als bisher in den Fokus – und zwar umfassend. Denn der Anwendungsbereich des Regelwerks erstreckt sich nicht nur auf sämtliche Wohngebäude vom Ein- bis hin zum großen Mehrfamilienhaus, sondern auch auf gewerbliche Gebäude wie Büros, Shopping-Center, Museen, Krankenhäuser oder Hotels. Aber auch auf Industriegebäude wie Werkstätten, Produktionen oder Fertigungen und Infrastruktur-Einrichtungen wie Bahnhöfe, Tunnel oder Flughäfen zielt die Norm ab. Während sich die DIN-VDE-Normenreihe 0100 bisher vornehmlich der Sicherheit von Niederspannungsanlagen widmete, definiert die DIN VDE 0100-801 erstmals Maßnahmen und Anforderungen, die darauf abzielen, die Energieeffizienz von Anlagen zu steigern. Dabei bezieht sie sich ausdrücklich auf die elektrischen Anlagen von Gebäuden oder Systemen und nicht auf einzelne Produkte. Konkret erweitert die Norm auch die Vorgaben zur Planung und Errichtung um Aussagen zur technischen „Intelligenz“ von Niederspannungsanlagen. Sie unterstützt den Planer und Errichter damit, die notwendige Versorgungssicherheit mit möglichst niedrigem Energieverbrauch zu erreichen.

Klassifizierung von elektrischen Anlagen

Das zentrale Element der Norm ist die Einordnung von Gebäuden in eine der insgesamt fünf Energieeffizienzklassen EIEC0 bis EIEC4. Dabei geht es ausschließlich um die Energieeffizienz der elektrischen Anlage, nicht um die des gesamten Gebäudes! Um in eine hohe EIEC eingeordnet zu werden, gilt es, innerhalb von 16 vorgegebenen Bewertungskriterien jeweils eine möglichst große Punktzahl zu erreichen. Die Bewertungskriterien teilen sich auf in 13 Effizienzmaßnahmen und drei Energieeffizienz-Perfomance-Level. Je nach Effizienz der Installation und Messmethode können pro Kriterium maximal vier Punkte und somit eine Gesamtpunktzahl von 64 Punkten erreicht werden. Aus der Summe der Punkte ergibt sich die Effizienzklasse der Anlage (Tabelle 1). Zu den Bewertungskriterien der Effizienzmaßnahmen zählen beispielsweise der Standort der Hauptverteilung, die Bemessung der Leitungsquerschnitte oder auch die Bestimmung des Lastprofils, für das beispielhaft die Erreichung folgender Punktzahlen möglich ist: Erfolgt keine Betrachtung, so erhält die Anlage auch keine Punkte in diesem Bereich. Wird das Lastprofil des Anlagenverbrauchs einmalig an einem Tag betrachtet, wird der Anlage ein Punkt zugewiesen. Bei täglicher Betrachtung über den Verlauf einer Woche hinweg gibt es zwei Punkte und bei täglicher Betrachtung über ein Jahr hinweg sind es drei Punkte. Die Zuweisung der maximal erreichbaren Zahl von vier Punkten erfolgt bei der permanenten Protokollierung des Lastprofils während der gesamten Anlagenbetriebsdauer (Tabelle 2). Die Bewertungskriterien „Energieeffizienz-Performance-Level“ (EEPL) umfassen die Verteilung des Jahresverbrauchs, den Leistungsfaktor sowie die Effizienz von Transformatoren. Dieser Bereich bezieht sich daher ausschließlich auf industriell-gewerbliche Anwendungen und auf Infrastruktureinrichtungen. Das Bewertungskriterium „Leistungsfaktor“ beispielsweise beschreibt die Minimalanforderungen zur Reduzierung der Blindleistung. Auch hier wird ohne Betrachtung kein Punkt vergeben. Bei einem Leistungsfaktor cos φ > 0,85 wird ein Punkt zugewiesen, bei cos φ > 0,90 sind es zwei, bei cos φ > 0,93 drei und bei cos φ > 0,95 vier (Tabelle 3). Durch den Einsatz einer Blindleistungs-Kompensationsanlage lässt sich der Leistungsfaktor optimieren und eine höhere EEPL-Punktzahl erreichen. Da in Wohngebäuden üblicherweise keine Blindleistungskompensationsanlagen benötigt werden, muss dieses Kriterium bei Wohngebäuden keine Betrachtung finden: es können automatisch vier Punkte erreicht werden. Die Summe der jeweils erreichten Punktzahl ergibt dann die Effizienzklasse der elektrischen Anlage. Zur Erreichung der Effizienzklasse EIEC 4 sind für Wohnbauten mindestens 50 Punkte erforderlich; für alle anderen Bereiche mindestens 58 Punkte.

Transparentes Energiemonitoring in der Praxis

Bei der Umsetzung der normativen Vorgaben der DIN VDE 0100-801 erweisen sich Energiemonitoring-Systeme als unverzichtbare Hilfsmittel. So hat beispielsweise das Unternehmen Hager speziell für kleinere Wohn- und Zweckbau-Anwendungen ein Monitoring-System entwickelt, das aufgrund seiner einfachen Installation und Konfiguration komfortabel zu handhaben ist. Das System ermöglicht mit geringem Aufwand die Erfüllung aller in der Norm festgelegten Hauptaufgaben des Energiemonitorings, zu denen unter anderem Leistungskontrolle und -vergleich, Identifikation der Energienutzung oder auch die Untersuchung der Netzqualität gehören. So lässt sich der Alltagsbetrieb von Niederspannungsanlagen auf einfache Weise optimieren. Zentrale Einheit ist ein Energiemonitoring-Server, mit dem sich sechs der insgesamt 16 Bewertungskriterien positiv beeinflussen lassen. An dieses Modulargerät zur Hutschienenmontage können bis zu 31 Modbus-fähige Messgeräte beziehungsweise Geräte mit integrierter Messfunktion angeschlossen werden (Bild 1). Dazu zählen beispielsweise die offenen Leistungsschalter und die Blindleistungskompensationsanlagen mit Modbus-Schnittstelle oder auch die Multifunktionsmessgeräte mit Darstellung der Netzqualität zum Türeinbau oder die Energiemessgeräte zur Hutschienenmontage. Mit diesen Systemkomponenten lassen sich an allen relevanten Stellen einer Niederspannungsverteilung Messwerte für ein umfassendes Monitoring abgreifen. Dies ermöglicht eine notwendige Energietransparenz für eine Optimierung des Verbrauchs. Der Anschluss aller Messgeräte erfolgt übrigens im Plug-&-Play Verfahren, da alle passenden Komponenten im Server hinterlegt sind. Das gewünschte Produkt muss lediglich per Mausklick dem System hinzugefügt und eine Modbus-Adresse vergeben werden. Der Zugriff auf die erfassten Messwerte und die Visualisierung im Server kann mit jedem Internet-Browser erfolgen, beispielsweise am Computer oder an mobilen Endgeräten wie Tablets; eine spezielle Software ist nicht erforderlich. Die Darstellung der Werte erfolgt in Anlehnung an die DIN VDE 0100-801, sodass diese Informationen den Nutzer beim Eingruppieren von Gebäuden in die oben genannten Energieeffizienzklassen EIEC 0 bis 4 unterstützen.


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