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Aus dem Facharchiv: Leseranfrage
Abtasten des Schutzleiters

Wie wird insbesondere in Prüfungssituationen der Nachweis über die Durchgängigkeit des Schutzleiters geführt?

Bild: Cachaco/stock.adobe.com

Frage:
Ich bin als Ausbilder in unserem Unternehmen u. a. auch für die Mechatroniker zuständig und darüber hinaus in einem Prüfungsausschuss der IHK tätig. Im Rahmen der Abschlussprüfung Teil 1 haben die Prüflinge in einem Schaltschrank und an einem externen Lochraster-Gestell die Durchgängigkeit des Schutzleiters nach DIN VDE 0100-600 nachzuweisen. Ich vertrete die Auffassung, dass dieser Nachweis im Grunde ausschließlich vom PE des Anschlusssteckers/der Anschlussdose zu den Verbindungs-/Anschlussstellen des Schutzleiters mit berührbaren leitfähigen Teilen sowie verbauter Betriebsmittel (Steckdose, Netzteil usw.) erfolgt. Das Abtasten blanker berührbarer leitfähiger Teile führt zu nicht reproduzierbaren Ergebnissen hinsichtlich der Eigenschaften der verwendeten Materialien, der Oberflächenbeschaffenheit (Beschichtung, Korrosion), Anpressdruck der Prüfspitze u. ä. Liege ich da falsch?

Antwort:
Das Ziel der Prüfung liegt in dem Nachweis, dass die berührbaren leitfähigen Teile zuverlässig mit dem Schutzleiter und somit mit dem Erdpotential verbunden sind. Die Fehlerquelle, die es auszuschließen gilt, ist dabei nicht unbedingt die Unterbrechung des Leiters selbst, sondern fehlerhafte Verbindungen zwischen dem Leiter und dem Körper selbst.

Darstellung in der Norm. Die DIN VDE 0100-600 (VDE 0100-600) [1] kennt dazu folgenden Text unter 6.4.3.2 Durchgängigkeit der Leiter: „Die Prüfung der Durchgängigkeit der Leiter und Verbindungen zu Körpern, falls zutreffend, muss durch eine Widerstandsmessung durchgeführt werden bei:

  1. Schutzleitern, einschließlich Schutzpotentialausgleichsleitern,
  2. Körpern [...]

Anmerkung 2:Ein höchstzulässiger Widerstandswert ist nicht vorgegeben. Der gemessene Wert sollte nicht höher sein als der der Leitungslänge entsprechenden [sic] Leiterwiderstand [...] zuzüglich der üblichen Übergangswiderstände.“

Es wird also von den Körpern selbst gesprochen, deren Anschluss zu prüfen ist – nicht deren Anschlusspunkte. Die Anmerkung geht dann schon auf ihr geschildertes Problem ein: die Übergangswiderstände. Die prüfende Elektrofachkraft muss hier mit Erfahrungswerten arbeiten – exakt reproduzierbare Messergebnisse lassen sich aus mehreren Gründen nicht erzielen.

Richtig erkannt wurde auch, dass der Übergangswiderstand vom Material des Körpers und des Anpressdrucks abhängen. Ursächlich ist der kleine Messstrom, der verwendet wird. Die Begrenzung auf „etwas mehr“ als 200 mA führt bei einer Prüfspannung von wenigen Volt zu relativ ungenauen Ergebnissen. Höhere Stromstärken (wie bei der Geräte- oder Maschinenprüfung) sind hier nicht zulässig, da i. d. R. nicht der gesamte Leitungsverlauf im Blick des Prüfers ist und man bei einem Fehler eine Brandzündung nicht unbedingt direkt bemerken würde.

Die Messgenauigkeit ist ein wichtiges Thema. Aufgrund der kleinen Stromstärke (s. o.) ist der bewertbare Messbereich bei den Prüfgeräten erst ab 0,1 oder 0,16 Ω aufwärts spezifiziert. Bei den beschriebenen kurzen Wegen auf dem Lochraster-Gestell kann man davon ausgehen, dass die Messwerte deutlich niedriger ausfallen als der bewertbare Messbereich. In diesem Fall kann die Fehlerabweichung deutlich größer als 30 % vom Messwert sein.

Fazit. Ich halte es für wichtig, nicht nur die Kontakte der Steckdosen abzutasten, sondern auch die fremden leitfähigen Teile. Das wäre dann z. B. das Lochrastergestell, die Motoren, der Schaltschrank und andere Gehäuse. Dabei ist nicht die Reproduzierbarkeit von Messwerten wichtig, sondern vielmehr die Bestätigung, dass das gemessene „Ding“ wirklich mit dem Erdpotential verbunden ist. Das reine Abtasten der Anschlussklemmen halte ich nicht für zielführend und lässt sich so auch nicht aus der Norm lesen.

Die Entscheidung, welche Teile in den Schutzpotentialausgleich einbezogen werden müssen, also auch gemessen werden müssen, ist dagegen eine ganz andere.

Autor: M. Lochthofen

Literatur:

[1] DIN VDE 0100-600 (VDE 0100-600):2017-06 Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 6: Prüfungen.

Dieser Artikel wurde unserem Facharchiv entnommen.

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