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Elektrotechnik

NYM-Leitungen und Heizungsrohre im Fußleistenkanal

ep9/2002, 1 Seite

In unserer neuen Wohnung befindet sich das Kabel für den Steckdosenring (NYM 3 x 1,5) in einem Fußleistenkanal zusammen mit den Heizungsrohren. Es ist direkt an den nichtisolierten Heizungsrohren auf einer Länge von 22 m befestigt. Die Heizungsrohre haben eine Vorlauftemperatur von mindestens 65 °C. Ist dies zulässig? Wird z. B. bei Einsatz eines Computers die „Spannungsqualität" noch gewährleistet? Was ist, wenn im Winter voll geheizt wird und die Temperatur der Rohre noch weiter steigt? Ist es dann noch gewährleistet, dass die Sicherungen richtig ansprechen? Können auch noch andere Fehler auftreten? Wer springt im Falle eines Unfalls oder einer Beschädigung für die Kosten ein?


NYM-Leitungen und Heizungsrohre im Fußleistenkanal ? In unserer neuen Wohnung befindet sich das Kabel für den Steckdosenring (NYM 3 x 1,5) in einem Fußleistenkanal zusammen mit den Heizungsrohren. Es ist direkt an den nichtisolierten Heizungsrohren auf einer Länge von 22 m befestigt. Die Heizungsrohre haben eine Vorlauftemperatur von mindestens 65 °C. Ist dies zulässig? Wird z. B. bei Einsatz eines Computers die „Spannungsqualität“ noch gewährleistet? Was ist, wenn im Winter voll geheizt wird und die Temperatur der Rohre noch weiter steigt? Ist es dann noch gewährleistet, dass die Sicherungen richtig ansprechen? Können auch noch andere Fehler auftreten? Wer springt im Falle eines Unfalls oder einer Beschädigung für die Kosten ein? ! Einleitende Zusammenhänge: Eine Mantelleitung oder ein Kabel an fremden Rohrleitungen festzubinden, ist und bleibt handwerklicher Pfusch. Wenn die „Installation“ dann auch noch an Heizungsrohren mit einer Vorlauftemperatur von 65 °C geschieht, so ist das durch nichts zu entschuldigen. Derartige Verlegearten findet man in keinem Ausbildungsprogramm. Zudem weiß heute jeder technisch interessierte Laie, dass zu hohe Temperaturen Schäden an Kabeln und Leitungen hervorrufen können und die Lebensdauer herabsetzen. Zu hohe Temperaturen können schon durch den elektrischen Strom entstehen, wenn die bei normaler Raumtemperatur von z. B. 25 °C zulässige Strombelastbarkeit der angeschlossenen Kabel und Leitungen überschritten wird. Befinden sich diese in der Nähe von Wärmeerzeugern oder werden sie unmittelbar an wärmeführenden Rohren oder Kanälen montiert, so wirkt deren Wärme durch Wärmeleitung und -strahlung sowie Konvektion in beträchtlichem Umfang zusätzlich auf die Kabel und Leitungen ein und bewirkt in ihnen eine weitere Temperaturerhöhung. Werden Kabel und Leitungen unter dieser Bedingung dauernd mit dem bei z. B. 25 °C zulässigen Belastungsstrom belastet, so führt das zur plastischen Verformung und Versprödung der Isolierung und zur Minderung der Lebensdauer. Betriebs- und Funktionssicherheit können gestört oder nicht mehr gewährleistet sein und in der Folge an der Anlage und am Gebäude Schäden auftreten. Nun zu Ihren Fragen. Normgerechte Leitungsverlegung. Verbindliche Norm für das Verlegen ist DIN VDE 0100-520 [1]. Die Installation in Fußleistenkanälen ist unter der Referenz-Nr. 72 in Tabelle 52 H (Beispiele für Verlegearten) aufgeführt und damit zulässig. Die obere Grenze der zulässigen Betriebstemperatur für NYM-Leitungen ist in DIN VDE 0298 Teil 3 mit 70 °C ausgewiesen [2]. Da beim Anbinden nicht die Raum-, sondern die Vorlauftemperatur 65 °C als Umgebungstemperatur anzusehen ist, darf die Mantelleitung nach Tabelle 15 in DIN VDE 0298-4 nur noch mit 35 % des zulässigen Belastungsstroms belastet werden [3]. Für Mantelleitungen in Fußleistenkanälen ist nach Tabelle 7 in [3] die Referenzverlegeart B2 ausgewiesen. Die zulässige Strombelastbarkeit für eine dreiadrige Mantelleitung (zwei belastete Adern) beträgt bei 30 °C Umgebungstemperatur und einer Betriebstemperatur von 70 °C nach Tabelle 3 in [3] 16,5 A. Damit darf die Leitung nur noch mit 16,5 x 0,35 = 5,8 A belastet werden. Sollte dem Steckdosenring ein LS-Schalter der B- oder C-Charakteristik 10 A oder 16 A vorgeschaltet sein, so ist der Schutz bei Überlast damit nicht gewährleistet. Diese Ausführungen sind die üblichen Varianten. Sie schalten erst beim 1,45fachen Nennstrom nach einer Stunde ab, also erst bei 14,5 A (LS 10) bzw. 23,2 A (LS 16). Ein LS-Schalter 6 A könnte ggf. den geforderten Schutz gerade noch übernehmen, wenn man die Differenz von 0,2 A zu 5,8 A vernachlässigt. Sieht man von der dann in Kauf zu nehmenden erheblichen Minderbelastung ab, so ist das keinesfalls als erstrebenswerte Lösung zu betrachten. Da bereits ohne Belastung mit einer dauernden Betriebstemperatur der Leitung von 65 °C gerechnet werden muss, altert die Leitung zu einem frühen Zeitpunkt. Um den Schutz sicherzustellen, sollten mindestens eine oder mehrere Ausführungen nach den technischen Forderungen im Abschnitt 522.2.1 in [1] realisiert werden. Darunter sind zu nennen: · Die Leitung ist zu lösen und in einem ausreichenden Abstand anzuordnen. · Eine Abschirmung (Reflexschicht) ist vorzusehen. · Die Heizungsleitung ist zu isolieren. · Eine weitere Möglichkeit besteht darin, den Leitungsquerschnitt zu erhöhen, so dass die Erwärmung durch den Belastungsstrom reduziert wird. Da hier zwei unterschiedliche Gewerke zusammentreffen, dürfte es unumgänglich sein, dass eine Entscheidung über die möglichen Lösungen gemeinsam getroffen wird. Sollte die Vorlauftemperatur 70 °C oder noch höhere Werte erreichen können, wovon Sie offenbar ausgehen, dann dürfte mit den genannten Lösungen möglicherweise der Schutz gegen die Wirkung äußerer Wärmequellen bei einer gemeinsamen Verlegung von Heizungs- und Elektroleitungen in einem Fußleistenkanal nicht mehr erreichbar sein. Welche Lösung dann zu treffen ist, muss an Hand der gegebenen Bedingungen dann örtlich entschieden werden. Spannungsfall und Spannungsgrenzen. Bei höheren Leitertemperaturen nimmt auch der elektrische Widerstand der Leiter zu, so dass auch der Spannungsfall steigt. Negative Auswirkungen auf die angeschlossenen Betriebsmittel sind dabei nicht zu erwarten. Die Anschlussleistung der im privaten Bereich eingesetzten Computer ist so gering, dass der Spannungsfall nicht bedeutsam werden kann. Die Veränderungen dürften sich in der Spannungstoleranz bewegen, von denen sowohl die Energieversorger als auch die Hersteller von Betriebs- und Verbrauchsmitteln ausgehen. Grundlage ist DIN IEC 38. Diese Norm sieht bei einer Nennspannung 230 V eine Spannungsdifferenz von 10 % vor. Die Geräte nehmen also bei Spannungen zwischen 207 V und 253 V ihre Aufgabe in vollem Umfang wahr. Auf die Frequenz hat die Erwärmung keinen Einfluss. Rechtliche Zuständigkeit. Als Mieter einer Wohnung ist Ihr Vertragspartner der Vermieter. Mit ihm haben Sie ja auch einen Mietvertag abgeschlossen. Gemäß BGB § 536 hat Ihnen der Vermieter die vermietete Sache, hier ist es die Wohnung, in einem dem vertragsgemäßen Gebrauche geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Diese gesetzliche Regelung schließt die Elektroanlage Ihrer Wohnung ein. Mit dem Auftrag zur Elektroinstallation Ihrer Mietwohnung hat der Vermieter die Voraussetzung dafür geschaffen, dass diese gesetzliche Regelung in einem wichtigen Teilbereich erfüllt wird. Werden nun von Ihnen Mängel festgestellt, so sollten Sie sich an Ihren Vermieter als Vertragspartner wenden. Seine Aufgabe ist es dann, mit dem Installationsbetrieb die notwendigen Änderungen zu veranlassen, die zur Gewährleistung einer vorschriftengerechten Ausführung notwendig sind. Auch bei hoffentlich niemals auftretenden Unfällen und Schäden sollte entsprechend verfahren werden. Literatur [1] DIN VDE 0100-520:1996-01 Errichten von Starkstromanlagen mit Nennspannungen bis 1000 V; Teil 5: Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel; Kapitel 52: Kabel- und Leitungssysteme (-anlagen). [2] DIN VDE 0298 Teil 3:1983-08 Verwendung von Kabeln und isolierten Leitungen für Starkstromanlagen; Allgemeines für Leitungen. [3] DIN VDE 0298-4:1998-11 - ; Teil 4: Empfohlene Werte für die Strombelastbarkeit von Kabeln und Leitungen für feste Verlegung in Gebäuden und von flexiblen Leitungen. H. Senkbeil Leseranfragen Elektropraktiker, Berlin 56 (2002) 9 724

Autor
  • H. Senkbeil
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